Herr Abgeordneter Kleinert, der nächste Satz, den ich sagen wollte, lautet wie folgt — das ist auch die Antwort auf Ihre Frage —: Was wir unbedingt tun müssen, ist, die Abfallbeseitigungsfrage, wo immer möglich, aus parteipolitischen Diskussionen herauszuhalten. Das ist mein Punkt.
— Herr Abgeordneter Mechtersheimer, nur um das aufzugreifen und dann zum Ende dieser Frage zu kommen, weil ich noch Weiteres ausführen möchte: Ich habe die GRÜNEN aufgefordert, endlich einmal aus der reinen Ablehnungshaltung herauszukommen und solche Dinge mitzutragen. Das einzige, was Sie mir bisher als Gegenpunkt gesagt haben, ist: Es gibt auch Beispiele, wo welche von der CDU oder der SPD vor Ort dagegen sind. Mir ist bestens bekannt, daß es die einzige schwarz-grüne Koalition in der Bundesrepublik Deutschland in Mainhausen gegeben hat. Warum? Weil man vor Ort gegen eine Sondermülldeponie gewesen ist. Deswegen haben wir die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, uns nicht nur in eine Vor-Ort-Diskussion zu verstricken, sondern aus der Verantwortung für das Ganze heraus solche Entscheidungen zu treffen.
Deswegen verwende ich mich mit so großem Nachdruck für die Einheit der Umweltminister in der Bundesrepublik Deutschland. Ob das der Herr Kollege Matthiesen in Nordrhein-Westfalen ist oder der Kollege Vetter in Baden-Württemberg: Wir alle sind der Überzeugung, daß wir vermeiden und wiederverwerten müssen. Da ist doch in der Bundesrepublik Deutschland dank unserer Mitbürger unendlich vieles in Gang gekommen: Altglasrecycling, Papierrecycling usw. Das ist großartig in Gang gekommen. Vergleichen Sie das mal mit unseren nationalen Nachbarn. Ich muß wirklich mit Respekt auch vor Kommunalpolitikern sagen, was dort alles an Phantasie, an Kreativität entwickelt worden ist. Wir haben sehr, sehr viel mehr erreichen können als andere, weil Bürger mitmachen. Die Gemeinsamkeit müssen wir erhalten, weil wir die Kommunen, ob von SPD oder CDU regiert, ob mit GRÜNEN oder nicht, zu dieser Politik mit heranziehen wollen. So verstehe ich Kooperation.
Dazu, meine Damen und Herren, brauche ich die Wirtschaft genauso. Mein ehemaliger Kollege Weiser aus Baden-Württemberg — der ist dort immer noch Kollege, aber jetzt nicht mehr der für Umwelt zuständige —
— das ist eine Perspektive, die Ihnen erspart bleibt —, hat einen Satz geprägt, den ich für richtig halte: Es macht keinen Sinn, getrennt zu sammeln und vereint zu deponieren. — Das heißt, wir brauchen für das, was wir getrennt gesammelt haben, Märkte. Wir müssen es irgendwo hinbringen können. Der Abgeordnete Friedrich hat es ja auch hier gesagt: Was macht es für einen Sinn, wenn wir Kunststoffe aussortieren, sie dann aber nirgends absetzen können und sie letztlich dann doch verbrennen oder deponieren? Deswegen müssen wir mit der Wirtschaft kooperieren, Märkte entwickeln, natürlich auch in der Verantwortung des Staates,
damit wir wiederverwertetes Papier usw. einsetzen.
Alles das ist doch nicht eine Position zu ideologischer Profilierung, sondern eine Position zum Nachdenken und Mitmachen.
Dasselbe gilt für das Instrument des Abfallbeseitigungsgesetzes, das ja heute anders heißt: Vermeidung und Entsorgung. Frau Abgeordnete Hartenstein, Sie haben gefragt: Warum nutzt ihr das Instrument des § 14 nicht — Vermeidung und Verwertung?
Erstens — da stimme ich dem Abgeordneten Baum sehr zu — ist allein die Tatsache, daß es dieses Gesetz und diesen Paragraphen gibt, außerordentlich gut. Es hat noch nie vorher so viele Angebote seitens der Wirtschaft zur Kooperation, zur Vermeidung, zur Selbstverpflichtung gegeben wie nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, weil dies allein als Drohpotential unheimlich wichtig ist.
Das zweite: Nachdem wir gesehen haben, daß es nicht um PET-Flaschen geht, sondern um Kunststoffflaschen — ich sage das mit großem Nachdruck; denn unter den Kunststoffen, die wir für Flaschen einsetzen,
3656 Deutscher Bundestag — 1 1. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988
Bundesminister Dr. Töpfer
ist PET ohne Zweifel ein umweltverträglicher Stoff; es gibt noch ganz andere,
es gibt die PVC-Flaschen — , haben wir es nicht mit einem bestimmten Stoff zu tun. Ich will nicht PET verbieten oder belasten, sondern ich will erreichen, daß Kunststoff als Flasche nicht so in diesen Markt hineinkommt, daß Mehrwegsysteme kaputtgehen. Das ist das Ziel.
Wenn mir heute jemand sagt, er habe einen anderen Stoff als Glas, aus dem man Mehrwegflaschen machen könne, und er das tut, dann hat er meinen Segen, meine freudige Bereitschaft mitzugehen. Ich bin kein Lobbyist der Glasindustrie, sondern ein Lobbyist der Umwelt, der verhindern will, daß wir mehr Abfälle bekommen, indem wir das Mehrwegsystem in der Bundesrepublik Deutschland kaputtmachen. Darum geht es.
Deswegen, meine Damen und Herren, haben wir eine Zielvorgabe gemacht, daß in zwei Jahren 80 % des Kunststoffs wiederverwertet werden muß. Wir haben diese Zielvorgabe der Wirtschaft im Oktober mitgeteilt. Wir haben im Dezember darüber mit der Wirtschaft gesprochen. Diese Zielvorgabe ist nicht akzeptiert worden. Deswegen haben wir eine Verordnung fertig, die jetzt in der Abstimmung ist, in der steht: Kunststoffflaschen müssen von denen, die sie in Verkehr bringen, zurückgenommen werden, und sie müssen bepfandet werden. — Und da können Sie sich darüber unterhalten, ob ein 50-Pfennig-Pfand für die Kunststoffflasche richtig oder nicht richtig ist, ich halte das für die Nutzung des Instrumentariums, das uns vorgegeben ist.
Wenn Sie sagen, das gehe Ihnen zu langsam, muß ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich hoffe nur, daß sich, bevor_ wir so plakativ und vollmundig weiteres fordern, wenigstens dieses Instrumentarium europarechtlich bestätigen wird.
Eines möchte ich hier nur gesagt haben, damit es nicht in Vergessenheit gerät: Wir haben seit 1985 eine EG- Richtlinie bezüglich flüssiger Nahrungsmittel. Da steht „Pfand" drin. Deswegen haben wir es ja auch mit gutem Gewissen jetzt für uns übernommen. Nur, eines ist klar: Diese Verordnung, die bei mir auf dem Tisch liegt, muß nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland durchgesetzt werden.
Ich hoffe, daß wir uns da — das gilt wiederum für alle Fraktionen — nicht nur als Umweltpolitiker einig sind, sondern das auch unseren Wirtschaftspolitikern so mit verdeutlichen.
Diese Verordnung muß hinterher auch in Brüssel notifiziert werden.