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ID1105201200

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    Plenarprotokoll 11/52 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 52. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll Nr. 6 vom 28. April 1983 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe (Drucksache 11/1468) Engelhard, Bundesminister BMJ 3625 B Klein (Dieburg) SPD 3626 C Seesing CDU/CSU 3628 D Frau Olms GRÜNE 3630 C Irmer FDP 3632 C Dr. Schmude SPD 3633 C Lummer CDU/CSU 3635 C Tagesordnungspunkt 3: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Laufs, Dörflinger, Dr. Friedrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Baum, Frau Dr. Segall, Wolfgramm (Göttingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Entsorgung der Abfälle, insbesondere der Sonderabfälle (Drucksache 11/1429) b) Beratung des Berichts der Bundesregierung über den Vollzug des Abfallgesetzes vom 27. August 1986 (Drucksache 11/756) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Gautier, Schäfer (Offenburg), Frau Blunck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Recycling von Katalysatoren (Drucksache 11/1151) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Hensel und der Fraktion DIE GRÜNEN: Vollzug des Abfallgesetzes (Drucksache 11/1624) Schmidbauer CDU/CSU 3638 B Frau Dr. Hartenstein SPD 3640 B Baum FDP 3643 B Frau Hensel GRÜNE 3645B, 3651 D Dr. Friedrich CDU/CSU 3646 D Stahl (Kempen) SPD 3648 C Frau Garbe GRÜNE 3651 A Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 3652 A Tagesordnungspunkt 22: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Verbesserte Sicherheitseinrichtungen für Gefahrgut-LKW (Drucksache 11/1110) b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Überladung von Gefahrgut-LKW (Drucksache 11/1112) c) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Bruchsichere Transportbehälter und Tanks (Drucksache 11/1113) d) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Bremssysteme für Gefahrgut-LKW (Drucksache 11/1114) e) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Antiblockier-Systeme und Geschwindigkeitsbegrenzer für Gefahrgut- LKW (Drucksache 11/1115) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 f) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Einschränkungen für den Straßentransport gefährlicher Güter (Drucksache 11/1367) g) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Qualifikation der Fahrer beim Transport gefährlicher Güter (Drucksache 11/1368) h) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Gesundheitsuntersuchung für Gefahrgut-Fahrer (Drucksache 11/1369) i) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Verschärfte Ahndung von Verstößen bei Gefahrgut-Transporten (Drucksache 11/1370) j) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Sonderkonzessionierung für Gefahrgut-Transporte (Drucksache 11/1371) k) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Gefahrgutbeauftragte (Drucksache 11/1372) 1) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Informationssystem für GefahrgutTransporte (Drucksache 11/1373) m) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Unbeschränkte Haftung beim Transport gefährlicher Güter (Drucksache 11/1374) n) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Sperrung von Wohngebieten und besonders unfallgefährdeten Straßen für Gefahrguttransporte (Drucksache 11/1375) o) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Transportbedingungen für besonders gefährliche Güter (Drucksache 11/1376) p) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Unfallrisiken bei Gefällestrecken (Drucksache 11/1377) q) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Grenzüberschreitende Transporte gefährlicher Güter (Drucksache 11/1378) r) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Verbesserte Überwachung der Gefahrgut-Transporte (Drucksache 11/1380) Daubertshäuser SPD 3658 A Jung (Limburg) CDU/CSU 3659 C Frau Wollny GRÜNE 3661 B Kohn FDP 3661 D Frau Faße SPD 3663 B Hinsken CDU/CSU 3664 C Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 3666 A Tagesordnungspunkt 5: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 20. Oktober 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Nepal über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/998, 11/1513) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 6: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 23. März 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bolivien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/999, 11/1512) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 7: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 4. Mai 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Östlich des Uruguay über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 11/1002, 11/1514) 3667 C Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Verbot von Selbstbedienung beim Verkauf von Arzneimitteln (Drucksache 11/1127) . 3668 B Tagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung in die Veräußerung bundeseigener Grundstücke in München gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (Drucksache 11/1366) Weiss (München) GRÜNE 3668 C Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 02 Titel 681 15 — Erziehungsgeld — (Drucksachen 11/921, 11/1089) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 02 Titel 642 07 des Haushaltsjahres 1986 — Ausgaben nach § 8 Abs. 2 des Unterhaltsvorschußgesetzes — (Drucksachen 10/6653, 11/1091) in Verbindung mit Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 III Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 02 Titel 681 15 — Erziehungsgeld — (Drucksachen 10/6698, 11/1092) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 13: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 14 05 Titel 525 21 — Aus- und Fortbildung, Umschulung — (Drucksachen 11/902, 11/1182) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 60 04 Titel 646 21 — Nachversicherung nach § 99 Allgemeines Kriegsfolgengesetz — (Drucksachen 11/836, 11/1363) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 10 04 Titel 682 04 — Von den EG nicht übernommene Marktordnungsausgaben — (Drucksachen 11/1119, 11/1452) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 16: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 1112 Titel 68101 — Arbeitslosenhilfe — (Drucksachen 11/1099, 11/1453) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 17: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 12 Titel 681 41 — Leistungen für die Teilnahme von Aussiedlern, Asylberechtigten und Kontingentflüchtlingen an Deutsch-Lehrgängen mit ganztägigem Unterricht — (Drucksachen 11/1101, 11/1454) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 18: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 13 Titel 656 03 — Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung — (Drucksachen 11/1100, 11/1456) in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 19: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 13 Titel 656 04 — Zuschüsse zu den Beiträgen zur Rentenversicherung der in Werkstätten beschäftigten Behinderten — (Drucksachen 11/1098, 11/1457) 3669D Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung der Fortsetzung eines Strafverfahrens (Drucksache 11/1567) 3670 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Äußerungen des Bundesministers für Wirtschaft zur Schließung des Stahlstandortes Rheinhausen Stratmann GRÜNE 3670 B Wissmann CDU/CSU 3671 C Wieczorek (Duisburg) SPD 3672 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 3673 B Frau Hillerich GRÜNE 3674 C Dr. Lammert CDU/CSU 3675 B Dr. Jens SPD 3676 A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 3677 B Müller (Wesseling) CDU/CSU 3679 A Weiermann SPD 3680 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 3681 B Dreßler SPD 3683 B Beckmann FDP 3684 B Breuer CDU/CSU 3685 D Gerstein CDU/CSU 3686 C Dr. Jens SPD (Erklärung nach § 30 GO) 3687 B Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. de With, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Bachmaier, Klein (Dieburg), Dr. Pick, Reschke, Schmidt (München), Schütz, Singer, Stiegler, Wiefelspütz, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Beistand und mehr Rechte für geistig behinderte und psychisch kranke Menschen (Drucksache 11/669) Dr. de With SPD 3687 C Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 3690 C Frau Unruh GRÜNE 3692 A IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 Funke FDP 3694 C Engelhard, Bundesminister BMJ 3695 D Kirschner SPD 3697 C Seesing CDU/CSU 3699 A Frau Becker-Inglau SPD 3699 D Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Schmidt-Bott und der Fraktion DIE GRÜNEN: Novellierung des Paßgesetzes (Drucksache 11/1391) Wüppesahl GRÜNE 3701 C Clemens CDU/CSU 3702 C Tietjen SPD 3703 C Dr. Hirsch FDP 3705 A Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . . 3705 D Nächste Sitzung 3706 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3707* A Anlage 2 Kosten der Anzeigenaktion der Bundesregierung zu den Themen Schaffung des Friedens und Gestaltung des Friedens ohne Erwähnung der Massenarbeitslosigkeit MdlAnfr 5, 6 08.01.88 Drs 11/1619 Menzel SPD SchrAntw StSekr Ost BPA 3707* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 52. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988 3625 52. Sitzung Bonn, den 14. Januar 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein ** 15.1. Dr. Ahrens * 15.1. Frau Beck-Oberdorf 15.1. Bahr 14. 1. Frau Brahmst-Rock 15. 1. Büchner (Speyer) * 14. 1. Dr. von Bülow 15. 1. Egert 15.1. Dr. Ehrenberg 15.1. Grünbeck 15.1. Grüner 15.1. Grunenberg 15.1. Heimann 14. 1. Frau Dr. Hellwig 15. 1. Frau Hoffmann (Soltau) 15.1. Dr. Köhler (Wolfsburg) 15.1. Kreuzeder 15.1. Lamers 14. 1. Lemmrich * 15. 1. Lenzer * 15.1. Lowack 15.1. Dr. Mahlo 15.1. Menzel 15.1. Michels 14. 1. Nelle 15. 1. Niegel * 14. 1. Frau Pack * 15. 1. Petersen 15.1. Reddemann * 14. 1. Schartz (Trier) 15. 1. Dr. Scheer * 15.1. Frau Schmidt-Bott 15.1. Dr. Spöri 14. 1. Stahl (Kempen) 15. 1. Stiegler 14. 1. Stobbe 15. 1. Dr. Vondran 15.1. Vosen 14. 1. Zierer * 15. 1. Dr. Zimmermann 14.1. *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Antwort des Chefs des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Staatssekretär Ost auf die Fragen des Abgeordneten Menzel (SPD) (Drucksache 11/1619 Fragen 5 und 6) : Wie teuer ist die von der Bundesregierung in der Weihnachtszeit gestartete Anzeigenaktion „In diesem Ziel sind sich alle Deutschen einig: Frieden schaffen" und „Was wir gemeinsam wollen: Zukunft gestalten"? Welche Gründe hatte die Bundesregierung, das derzeitige Hauptproblem unserer Gesellschaft, die Massenarbeitslosigkeit, nicht entsprechend zu erwähnen? Zu Frage 5: Die beiden Anzeigen, die in allen regionalen Tageszeitungen mit Ausnahme von Baden-Württemberg geschaltet worden sind, haben rd. 2,8 Mio. DM gekostet. Die Schlußabrechnung mit den endgültigen exakten Kosten steht noch aus. Zu Frage 6: In der Anzeige „Was wir gemeinsam wollen: Zukunft gestalten", die am 31. Dezember erschienen ist, wurde das Problem der Arbeitslosigkeit sehr wohl behandelt. Da der Bundeskanzler in seiner Neujahrsansprache, die Silvester ausgestrahlt wurde, das Problem der Arbeitslosigkeit mit aller gebotenen Deutlichkeit angesprochen hat, bestand allerdings keine Notwendigkeit, in der am selben Tag erscheinenden Anzeige in gleicher Weise darauf einzugehen. Im übrigen sind Anzeigen, deren Texte notwendigerweise knapp formuliert werden müssen, kaum das geeignete Medium, eine so schwierige Problematik umfassend darzustellen. In den redaktionellen Teilen der meisten Silvester-Ausgaben der Zeitungen sind im übrigen die Ausführungen des Bundeskanzlers zu den Problemen des Arbeitsmarktes weitgehend berücksichtigt worden.
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    Rede von Ellen Olms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Filbinger steht für eine bestimmte Tradition, und es ist längst in den deutschen Sprachgebrauch übergegangen, was damit gemeint ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Die Möglichkeit, Mordtaten — die Todesstrafe ist eine Mordtat — mit Verweis auf das Vorliegen sogenannter Ausnahmesituationen und Notstandsgesetze zu legitimieren, ist ein für allemal zu versperren. Die deutsche Geschichte verpflichtet diese Bundesregierung dazu, mit dem gebotenen Engagement für die Beseitigung jeglicher Hintertürchen in dieser Konvention einzutreten.
    Wir erwarten des weiteren von der Bundesregierung, daß sie auch die inoffiziellen und stillen Formen staatlicher Exekutionspolitik thematisiert. In den offziellen Vereinbarungen, Resolutionen und Konventionen dominiert zumeist ein recht simples, vor allem aber tradiertes Bild von dem, was die Todesstrafe ist. Eine Regierung benötigt eine gesetzliche Verankerung der Todesstrafe, ein rechtkräftiges Urteil, wahlweise einen Galgen oder einen elektrischen Stuhl, also einen Henker. Aus der Realität Lateinamerikas — und nicht nur dort — wissen wir, daß man Zehntausende aber auch einfach verschwinden lassen kann. Hierzu benötigt man weder die gesetzliche Verankerung der Todesstrafe noch ein rechtskräftiges Urteil.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Es ist wirklich an der Zeit, eine Konvention zum Thema Verschwundene hier vom Deutschen Bundestag aus zu initiieren.
    Meine Damen und Herren, Sie mögen nun einwenden, daß Lateinamerika weit weg und eine andere Welt sei. Aber das Beispiel der Colonia Dignidad — und nicht nur dieses — belehrt uns, daß die lateinamerikanische Realität auch eine deutsche ist. Ebenso ist unstrittig, daß die USA wiederholt die berüchtigten Todesschwadrone für ihre Zwecke benutzt haben und seinerzeit dem „großen Reinemachen" des Pinochet-Regimes ihre Weihe erteilt haben. Und sind die eingangs aufgelisteten Beispiele aus Spanien und Nordirland nicht auch Varianten der Todesstrafe? Gerade diese beiden Beispiele belegen, wozu sogenannte demokratische Rechtsstaaten in der Lage sind, wenn sie sich in einem Ausnahmezustand wähnen.
    Meine Damen und Herren, es entspricht dem Selbstverständnis unserer Partei, daß die Menschenrechte unteilbar sind. Die menschenrechtspolitische
    Praxis der Bundesregierung spricht aber eine ganz andere Sprache. Die Bundesregierung konnte es nicht unterlassen, die Debatte über die Konvention des Europarates dadurch zu relativieren, daß sie die Tagesordnung um den Bericht der unabhängigen Wissenschaftlerkommission über die Menschenrechte in den Staaten des Warschauer Pakts ergänzen wollte. Wir verhehlen nicht das Vorkommen von schlimmen Menschenrechtsverletzungen in diesen Ländern, was wir aber kritisieren, das ist das höchst taktische Verhalten, das die Bundesregierung auch hier zu Fragen der Menschenrechte wieder einmal versuchte auszubreiten.
    Wir erinnern uns noch ganz gut daran, wie das „Handelsblatt" die Machtergreifung des polnischen Militärs begrüßte; denn: Dauerstreik, das geht nun wirklich zu weit. Wie soll da das polnische Haus jemals wieder in Ordnung kommen? Wollen wir jemals unsere großzügigen Kredite wiedersehen, dann ist harte und schlecht entlohnte Arbeit angesagt. — Tatsächlich ist das polnische Militär seinerzeit nur den Empfehlungen gefolgt, die die westlichen Regierungen gewöhnlich an die Eliten verbündeter Staaten in der Dritten Welt, die mit einer ähnlichen Misere konfrontiert sind, ausgeben.

    (Klein [Dieburg] [SPD]: Mein Gott!)

    Nichtsdestotrotz macht sich die konservative Presse gleichzeitig für das Streikrecht und für die weiteren Belange der polnischen Arbeiterschaft stark und auch für die Wahrung der Menschenrechte.
    Was uns bezüglich des Berichts mißtrauisch stimmt, was uns an hehren Absichten der Bundesregierung zweifeln läßt, ist, daß solche Berichte und auch andere von Ihnen dazu benutzt werden, von den Menschenrechtsverletzungen im eigenen Lager abzulenken. Diskutiert werden soll lediglich über solche Menschenrechtsverletzungen, für die die Bundesregierung keine Verantwortung trägt, nicht aber etwa über die Menschenrechtsverletzungen in der Dritten Welt, für die die Bundesregierung auf Grund ihrer Außenwirtschaftspolitik und von ihr geleisteter Militärhilfe haftbar zu machen ist.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Vorgeblich handelt es sich bei der westlichen Allianz um eine Wertegemeinschaft für Demokratie und Freiheit. Die Tatsache, daß ein Folterstaat wie die Türkei akzeptiertes Mitglied dieser ehrenwerten Gesellschaft ist, läßt jedoch darauf schließen, daß die Eintrittskarte nicht in der Einhaltung demokratischer Spielregeln besteht, sondern in der prowestlichen Orientierung, gemäß dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Folglich ist das Verhältnis von Demokratie und Diktatur wie folgt zu bestimmen: So viel Demokratie wie möglich, so viel Repression wie nötig.
    Da haben die Menschen in der Türkei halt Pech, daß die NATO derzeit die Repression für unabdingbar erachtet.
    Die Bundesregierung kennt auch keinerlei Berührungsprobleme bezüglich des Apartheid-Regimes in Südafrika. Obgleich über den Köpfen von sechs südafrikanischen Oppositionellen, den sogenannten
    3632 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 52, Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Januar 1988
    Frau Olms
    Sharpville Six, derzeit das Beil des Henkers schwebt, hat Herr Blüm seine Koffer noch nicht gepackt. Statt seiner — so ist zu vernehmen — wird Herr Strauß die Reise antreten, bekanntlich ein dezidierter Befürworter des Regimes,

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Hört! Hört!)

    und zwar mit ausdrücklicher Billigung unseres Bundeskanzlers.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Er hat mehr zu sagen als die Bundesregierung, der Strauß!)

    — Ja, ja.
    Der Mensch fragt sich: Wie paßt das zusammen: Blüm in Chile, Strauß in Südafrika? Die Gründe hierfür sind so simpel wie unmoralisch: Pinochet hat seine Schuldigkeit getan. Sollten die Verhältnisse nicht zuungunsten des Westens umkippen, so ist eine präventive und kontrollierte Demokratisierung angesagt. Ähnlich wie in Argentinien steht eine immanente Alternative zur Verfügung. Da haben die Chilenen sozusagen etwas Glück.
    Anders verhält es sich im Fall Südafrika: Eine immanente Alternative ist nicht in Sicht, so daß dem Botha-Regime die Stange gehalten werden muß; denn Südafrika ist in seiner Region strategisch nicht zu ersetzen, was das südafrikanische Beispiel ebenfalls vom chilenischen unterscheidet. Zudem dürfen die vortrefflichen Handelsbeziehungen nicht unnötig gefährdet werden.
    Chile und Südafrika sind somit zwei Seiten einer und derselben Medaille: Die eine Seite trägt das Konterfei von Blüm, die andere das von Strauß. Oder: So demokratisch wie möglich, so repressiv wie nötig.
    Die Frage der sozialen Menschenrechte, also des Rechts auf gesicherte Existenzgrundlage, Nahrung, Wohnung, Bildung und Arbeit, medizinische und soziale Versorgung, eine gesunde Umwelt, spielt in diesem Menschenrechtsverständnis der Regierung keine Rolle. Wenn den Ländern in der Dritten Welt, die in der westlichen Schuldenfalle sitzen, von den westlichen Regierungen Auflagen erteilt werden, die das Überleben breiter Massen schwierig bis unmöglich machen, ist dies selbstverständlich auch als Verstoß gegen die Menschenrechte zu werten.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Soziale und politische Menschenrechte sind nicht voneinander zu trennen; vielmehr bedingen sie sich gegenseitig.

    (Lummer [CDU/CSU]: Reden Sie jetzt von Rumänien?)

    — Ich kann in dem Fall auch von Rumänien reden.

    (Lummer [CDU/CSU]: Dann machen Sie mal!)

    Im Gegensatz zum herrschenden Menschenrechtsbegriff ist unser umfassendes Menschenrechtsverständnis keine je nach Opportunität verwendbare politisch-ideologische Waffe; es ist stets wirkendes Leitprinzip unserer Innen- wie Außenpolitik.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Irmer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulrich Irmer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben vorher von Hammurabi gehört und haben dann Thomas Dehlers gedacht. Ich hatte danach den Eindruck, daß die Menschheit doch zu einem gewissen Fortschritt im Laufe der Jahrtausende fähig ist. Nach dem Beitrag meiner Vorrednerin sind mir daran wieder Zweifel gekommen.

    (Frau Olms [GRÜNE]: Das sagt Herr Hirsch auch jedesmal!)

    Liebe Frau Olms, Sie haben derart maßlos überzogen und wieder alles in einen Topf geworfen — Dinge, die einen Hauch von Wahrheit in sich tragen, Dinge, die Ihren Vorurteilen entsprechen —, daß mir Zweifel kommen, ob Sie es überhaupt mit der Sache, um die es hier geht, ernst meinen. Wer so pauschaliert wie Sie, setzt sich dem Verdacht aus, daß es ihm nicht um die Sache geht, sondern nur um billige Polemik. Ich weise das hiermit zurück.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD — Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Was will denn der Strauß in Südafrika?)

    Meine Damen und Herren, die frühe Stunde, in der wir uns mit diesem Thema beschäftigen, und auch die Tatsache, daß nur relativ wenige Kollegen anwesend sind, zeigen, daß es sich hierbei inzwischen eher um ein Thema für Insider handelt. Man kann das bedauern, kann aber auch sagen: Das ist gut so. Stellen wir uns doch einmal vor, wir würden hier über die Wiedereinführung der Todesstrafe diskutieren. Die ist nach unserem Grundgesetz nicht möglich, sie ist nicht zulässig, und das ist gut so. Dies ist aber ein Beispiel dafür, daß es durchaus einmal einen Konflikt zwischen den Wertvorstellungen, die wir alle gemeinsam haben, und dem demokratischen Prinzip geben kann, denn wir sollten nicht vergessen: Es darf sicher keinen Zweifel daran geben, daß es, wenn nach spektakulären und bestialischen Morden bei uns im Lande eine Volksabstimmung stattfinden würde, wohl eine Mehrheit für die Wiedereinführung der Todesstrafe gäbe. Deshalb war es von den Vätern des Grundgesetzes so weise

    (Klein [Dieburg] [SPD]: Und den Müttern!)

    — ja, und von den Müttern, Verzeihung — , in Art. 102 zu verankern, daß diese Wiedereinführung in diesem Lande nicht möglich ist.
    Ich erwähne das deshalb, weil wir ein gewisses Verständnis für andere Länder haben sollten, die eine andere Verfassungslage haben und sich schwer damit tun, dies in ihren Verfassungen so zu verankern, wie wir es getan haben. Das heißt nicht, daß wir den Art. 2 dieses Zusatzprotokolls für richtig halten können. Der Justizminister hat mit vollem Recht gesagt, daß das mehr als ein Schönheitsfehler ist. Aber mehr ist nun einmal im Augenblick nicht zu erreichen gewesen, und wir sollten nicht dies beklagen und dabei übersehen, was für ein Fortschritt andererseits doch darin liegt, daß dieses Zusatzprotokoll nunmehr existiert und in vielen europäischen Ländern angewandt wird. Vergegenwärtigen wir uns doch einmal, daß im Jahre 1950 in der Menschenrechtskonvention noch aus-



    Irmer
    drücklich stand, die Todesstrafe sei eben als Ausnahme zulässig.

    (Dr. Schmude [SPD]: Das steht auch heute noch darin!)

    — Gut, aber Sie wissen, Herr Kollege Schmude, daß dieses Zusatzprotokoll das eben relativiert und daß insbesondere unsere Verfassungsrechtslage dadurch in keiner Weise eingeschränkt wird. Sie wird voll aufrechterhalten. Hier ist ein Fortschritt zu verzeichnen.
    Der Bundesjustizminister hat auch schon erwähnt, wie begrüßenswert es ist, daß auch die DDR, die nicht dem Europarat, sondern dem Ostblock angehört, die Todesstrafe abgeschafft hat. Dies gibt Hoffnung. Das sollten wir ausdrücklich sagen.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Meine Damen und Herren, es handelt sich um den Europarat, der uns die Menschenrechtskonvention und jetzt dieses Zusatzprotokoll beschert hat. Ich glaube, auch das sollte man positiv anmerken. Das gibt der Tatsache Ausdruck, daß wir in Europa versuchen, eine Wertegemeinschaft zu sein und zu errichten. Das funktioniert nicht immer, Frau Olms. Es gibt bedauernswerte Rückschläge, es gibt Dinge, die wir nicht billigen können. Wir müssen das auch immer anprangern.

    (Frau Olms [GRÜNE]: Aber nicht nur anprangern, sondern auch einmal handeln!)

    Aber wir haben uns doch alle miteinander verpflichtet, genau dies zu tun.
    Jetzt möchte ich ein Wort zur Türkei sagen. Für mich ist es eine große Selbstverständlichkeit, daß die Türkei ihre Menschenrechtssituation ganz grundlegend verbessern muß, ehe wir überhaupt auch nur darüber diskutieren können, daß sie Mitglied etwa der Europäischen Gemeinschaft wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei der SPD)

    Es sind nicht nur wirtschaftliche Schwierigkeiten, die einem Beitritt derzeit entgegenstehen, sondern es sind auch die Menschenrechtsfragen. Ich appelliere von dieser Stelle an die Türkei, die nun schon vieles von dem abgestellt hat, was noch vor Jahren dort zu beklagen war, auch noch die Dinge abzustellen, die wir nicht gutheißen können und immer wieder anprangern müssen.
    Meine Damen und Herren, wir Liberalen betrachten die Europäische Politische Zusammenarbeit, den Zusammenschluß der europäischen Länder eben nicht nur als eine Frage der praktischen Politik, sondern auch als eine Frage der Verteidigung von Menschenrechten und der Verankerung von Grundrechten für ganz Europa. In dem Programm der Europäischen Liberalen, Demokraten und Reformisten, der Föderation der liberalen Parteien der Europäischen Gemeinschaft, steht ausdrücklich drin, daß wir uns den Menschenrechten verpflichtet fühlen und daß wir die Todesstrafe ächten wollen. Für mich kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Verfassung einer europäischen Union, die wir hier anstreben, auch einen Grundrechtskatalog enthalten sollte und daß darin
    ähnlich oder gleich wie im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland stehen muß: Die Todesstrafe ist abgeschafft. Auf dem Wege hierzu ist das Zusatzprotokoll ein wichtiger Schritt.
    Ich bitte Sie, der Ratifizierung des Zusatzprotokolls zuzustimmen.
    Danke.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)