Rede von
Hans-Werner
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch mit der soeben gehörten Rede haben wir nicht die Möglichkeit, eine einzige Tonne Stahl mehr zu verkaufen; es ist auch kein einziger Ersatzarbeitsplatz mit einer solchen Diktion zu schaffen.
Meine Damen und Herren, es ist leider so, daß die Probleme im Stahl sehr oft mit den Problemen der Kohle kumulieren. Das hat dann seine verheerenden Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Deswegen ist es schon befriedigend, festzustellen, daß jetzt zu dieser Stunde oben im Bundeswirtschaftsministerium die Kohlerunde läuft, wo berechtigte Aussichten bestehen, daß man sich einvernehmlich über die unvermeidlichen Kapazitätsabbauten verständigen wird, einvernehmlich, weil man hier eine Kraftanstrengung gemacht hat zwischen Unternehmen, Verbänden, Gewerkschaften, Arbeitnehmern, Bundesregierung und Landesregierung. So war auch gestern die Debatte zur Kohle angelegt, wenn ich einmal von den energiepolitischen Flegeleien des Herrn Lafontaine hier absehe.
Meine Damen und Herren, es ist klargeworden, daß die Bewältigung der aktuellen Krise im deutschen Steinkohlebergbau nicht nur eine Frage des politischen Wollens ist, sondern auch eine Frage objektiver Widrigkeiten. Diese Einsicht ist — Gott sei es gedankt — bei der Kohle inzwischen eingekehrt; beim Stahl ist sie noch nicht vorhanden, obwohl man sich im Wirtschaftsausschuß in der dort verabschiedeten Entschließung sehr nahegekommen war.
In der öffentlichen Diskussion ist es nicht so. So wirft die SPD der Bundesregierung vor, sie würde die SPD-geführten Länder, die ja hauptsächlich Stahlstandorte sind, vernachlässigen — eine törichte Behauptung, wo doch alle Unterlagen das Gegenteil beweisen.
Ich frage mich, meine Damen und Herren: Sind die Arbeitsplatzverluste und Grubenschließungen der 70er Jahre die Angelegenheiten des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Helmut Schmidt gewesen? Ich frage mich: Ist das, was wir jetzt diskutieren, ausschließlich eine Angelegenheit der CDU und der CDU-geführten Bundesregierung? So einfach und so simpel, wie hier derzeit die Schuldzuweisungen gemacht werden, kann man doch die Bewältigung des Strukturwandels im Rahmen einer Industriegesellschaft nicht diskutieren.
Graf Lambsdorff, wenn Sie freundlicherweise die Einladung des Herrn Schreiner angenommen haben, in den Wahlkreis zu kommen, den ich hier als direkt gewählter Abgeordneter seit 1976 vertrete, wäre ich sehr dankbar, wenn ich da mitgehen könnte.
Wir könnten dann bei den Stahlarbeitern abfragen und feststellen, was nicht alles 1985 von der SPD als damaliger Opposition im Saarland im Zusammenhang mit der Stahlkrise den Arbeitern und deren Familien versprochen wurde und wie dürftig die Bilanz jetzt ist.
Nur, meine Damen und Herren, eines ist anders als 1985: Damals protestierte die IG Metall an Ihrer Seite, damals gab es nur Hohn und Spott seitens der IG Metall über die Anstrengungen und Erfolge von z. B. Ministerpräsident Werner Zeyer. Heute haben wir eine konstruktive IG Metall, konstruktive Betriebsräte bei Saarstahl, die den dramatischen Arbeitsplatzabbau bei Saarstahl begleiten.
Der Betriebsratsvorsitzende von Saarstahl hat im Frühjahr dieses Jahres sogar gesagt: Wir haben keine Veranlassung zu besonderer Unruhe. Bei uns ist es anders als an Rhein und Ruhr; hier sind keine Arbeitsplätze gefährdet. Wie sich doch die Zeiten ändern, meine Damen und Herren. Es soll nur ja keiner meinen, daß die Bevölkerung nicht merkt, daß hier anders argumentiert wird.
Wenn hier darüber diskutiert wird, daß der Stahlrat am vergangenen Mittwoch in Brüssel getagt hat, und wenn hier die Quotenregelung für Walzdrähte und Stabstahl angesprochen wird, die nicht verlängert worden ist, so muß ich hier sagen: Das hat jeder vorher gewußt. Insofern ist das, was in dem Antrag der SPD steht, auch nicht richtig.