Rede:
ID1105004300

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 12
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Minister: 1
    7. für: 1
    8. Bundesangelegenheiten: 1
    9. des: 1
    10. Landes: 1
    11. Nordrhein-Westfalen,: 1
    12. Einert.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/50 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 50. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 Inhalt: Eintritt des Abg. Dr. Mahlo in den Deutschen Bundestag 3545 C Erweiterung der Tagesordnung 3545 C Begrüßung einer Delegation aus der Volksrepublik Angola 3572 C Zusatztagesordnungspunkt 10: Aktuelle Stunde betr. Einhaltung des Beschlusses des Deutschen Bundestages für den Betrieb des Kraftwerks Buschhaus Reuter SPD 3531 B Dr. Laufs CDU/CSU 3532 C Brauer GRÜNE 3533C, 3539 B Baum FDP 3534 C Dr. Remmers, Minister des Landes Nieder- sachsen 3535 D Seidenthal SPD 3537 B Schmidbauer CDU/CSU 3538 B Harries CDU/CSU 3540 A Stahl (Kempen) SPD 3540 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 3541D Schäfer (Offenburg) SPD 3543 B Lattmann CDU/CSU 3544 B Tagesordnungspunkt 21: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Lage der deutschen Stahlindustrie zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Krise in der Eisen- und Stahlindustrie zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Sicherung der Stahlstandorte und der Arbeitsplätze in der Stahlindustrie und in den Stahlregionen (Drucksachen 11/402, 11/123, 11/398, 11/1305) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Sicherung der Stahlstandorte und der Stahl-Arbeitsplätze: Umbau der Stahlindustrie und der Stahlregionen (Drucksache 11/1477) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Krise in der Eisen- und Stahlindustrie (Drucksache 11/1504) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkte: Antrag der Abgeordneten Frau Hillerich und der Fraktion DIE GRÜNEN: Sicherung des Stahlstandortes Duisburg-Rheinhausen (Drucksache 11/1522) Antrag der Fraktion der SPD: Solidarität mit den Beschäftigten in Duisburg-Rheinhausen (Drucksache 11/1524) Roth SPD 3546 A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 3548 C Frau Hillerich GRÜNE 3552D, 3569 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 Dr. Blüm, Bundesminister BMA 3554 A Einert, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 3554 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 3558 A Stratmann GRÜNE 3560C, 3569 C Dr. Vondran CDU/CSU 3562 B Schreiner SPD 3564 B Müller (Wadern) CDU/CSU 3566 A Kraus CDU/CSU 3567 C Dr. Lammert CDU/CSU 3569 A Tagesordnungspunkt 23: Aussprache zu Afghanistan in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN: 8 Jahre Krieg in Afghanistan (Drucksache 11/1500) Dr. Todenhöfer CDU/CSU 3570 B Bindig SPD 3571A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 3572 D Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 3574 B Schäfer, Staatsminister AA 3575 C Dr. Holtz SPD 3577 A Nächste Sitzung 3578 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3579* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3579* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 3531 50. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1987 Beginn: 8.31 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 11. 12. Dr. Ahrens * 11. 12. Andres 11. 12. Antretter 11. 12. Bahr 11, 12. Frau Becker-Inglau 11. 12. Frau Beck-Oberdorf 11. 12. Bernrath 11. 12. Bindig 11. 12. Frau Blunck * 11. 12. Böhm (Melsungen) * 11. 12. Frau Brahmst-Rock 11. 12. Dr. Briefs 11. 12. Büchner (Speyer) * 11. 12. Dr. von Bülow 11. 12. Catenhusen 11. 12. Doss 11. 12. Ebermann 11. 12. Frau Fischer * 11. 12. Dr. Friedrich 11. 12. Frau Ganseforth 11. 12. Dr. Geißler 11. 12. Glos 11. 12. Dr. Glotz 11. 12. Grünbeck 11. 12. Dr. Grünewald 11. 12. Haack (Extertal) 11. 12. Dr. Hauchler 11. 12. Dr. Haussmann 11. 12. Frau Dr. Hellwig 11. 12. Frau Hoffmann (Soltau) 11. 12. Frau Hürland-Büning 11. 12. Kalb 11. 12. Kastning 11. 12. Frau Kelly 11. 12. Kiechle 11. 12. Kittelmann * 11. 12. Kolb 11. 12. Koschnick 11. 12. Kreuzeder 11. 12. Lemmrich * 11. 12. Lowack 11. 12. Frau Luuk * 11. 12. Dr. Mahlo 11. 12. Marschewski 11. 12. Frau Matthäus-Maier 11. 12. Dr. Mechtersheimer 11. 12. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 12. Dr. Möller 11. 12. Dr. Müller * 11. 12. Dr. Neuling 11. 12. Frau Oesterle-Schwerin 11. 12. Oswald 11. 12. Petersen 11. 12. Rappe (Hildesheim) 11. 12. Rauen 11. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Reuschenbach 11. 12. Roth 11. 12. Scharrenbroich 11. 12. Frau Schmidt (Nürnberg) 11. 12. von Schmude 11. 12. Schröer (Mülheim) 11. 12. Schütz 11. 12. Schulze (Berlin) 11. 12. Frau Seuster 11. 12. Dr. Spöri 11. 12. Dr, Struck 11. 12. Tietjen 11. 12. Tillmann 11. 12. Frau Dr. Timm * 11. 12. Frau Trenz 11. 12. Uldall 11. 12. Vahlberg 11. 12. Frau Vennegerts 11. 12. Dr. Warnke 11. 12. Wieczorek (Duisburg) 11. 12. Frau Wieczorek-Zeul 11. 12. Wissmann 11. 12. Würtz 11. 12. Dr. Zimmermann 11. 12. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mitgeteilt, daß sie ihren Gesetzentwurf - Änderung strafrechtlicher und strafprozessualer Regelungen bei Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen - Drucksache 11/1040 - und ihren Antrag - Nahrungsmittelhilfe an Äthiopien - Drucksache 11/1155 - zurückgezogen hat. Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 11/138 Nr. 1.3, 1.7 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/1107 Nr. 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, 2.6, 2.7 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/138 lfd. Nr. 3.52 bis 3.131 Drucksache 11/779 lfd. Nr. 2.24 bis 2.51 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/253 Nr. 2.27 Drucksache 11/439 Nr. 2.9 Drucksache 11/561 Nr. 2.14, 2.15 Drucksache 11/779 Nr. 2.52 Drucksache 11/883 Nr. 103 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/883 Nr. 112 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/138 Nr. 3.157
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte alle Mitglieder des Hohen Hauses um Verständnis bitten, wenn der Kollege Bangemann und ich um 11 Uhr zur Kohlerunde gehen müssen, einer für Nordrhein-Westfalen wie für die Saar gleich wichtigen Veranstaltung, wie Sie sicher verstehen werden.
    Ich denke, es sind ja auch genügend Worte gewechselt worden. Eine Wortarmut bezüglich der Lösung der Probleme ist nicht zu beklagen.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Vor allem bei Herrn Blüm nicht!)

    — Es kehre jeder vor seiner Tür. Worte sind genug gewechselt worden. Die Bundesregierung hat mit Taten geholfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir haben die Stahlindustrie mit 2,6 Milliarden DM unterstützt.
    Wissen Sie, wenn Sie den Zwischenruf nicht gemacht hätten, käme ich gar nicht auf diese Art der Darstellung. Aber Tausende, Zehntausende von Stahlkochern an Rhein und Ruhr wissen, daß wir, die Bundesregierung, mit Kurzarbeiterregelungen und mit Montanunionshilfen sie vor der Entlassung bewahrt haben.
    Ich finde, es bringt jetzt nichts, ständig darüber zu streiten, wer was macht. Laßt uns Zusammenarbeit organisieren! Diese gelingt allerdings nicht, indem die eine Seite Vorwürfe erhebt und dann die andere Seite um des lieben Friedens willen nickt. So geht es nicht. Laßt uns die Anstrengung machen, gemeinsame Lösungen zu finden!
    Ich sage noch einmal: Die deutschen Stahlarbeiter brauchen eine faire Wettbewerbschance in Europa — das ist anders als die Lage im Kohlebergbau gestern; da ging es um unsere Energiesicherheit. Für faire Wettbewerbschancen kämpft die Bundesregierung. Der Kampf wird schwerer, wenn wir selber Vorwände liefern, unsere Subventionskritik in Brüssel um ihren Wert zu bringen. Wir müssen also selber eine saubere Weste haben.
    Die Quotenregelung ist der Versuch einer geordneten Überführung in eine geordnete Marktwirtschaft. Wir brauchen Strukturwandel auch an Rhein und Ruhr. Zu produzieren, ohne daß Absatz dafür vorhanden ist, ist nicht nur sinnlose Arbeit, es macht ein Volk auch arm. In Planwirtschaften passiert es schon einmal, daß ohne Bedarf produziert wird; wir wollen für Bedarf produzieren. Deshalb brauchen wir einen Strukturwandel.
    Die Bedingung — jedenfalls in einer Sozialen Marktwirtschaft — ist allerdings, daß dort, wo Altes abgebaut wird, Neues geschaffen wird, daß dieser Prozeß in der sozialen Balance bleibt und daß geprüft werden muß, was erhaltenswert ist.
    Deshalb bin ich dafür, daß die Rechnungen noch einmal mit Betriebsräten, mit Gewerkschaften und von Krupp Stahl überprüft werden, alle Alternativen noch einmal ohne Verkrampfungen durchgerechnet werden. Es kann durchaus sein, daß die betriebswirtschaftlich beste Lösung volkswirtschaftlich vielleicht
    die zweitbeste ist. Insofern bitte ich auch in die Überlegungen einzubringen, was wir einer Region, die es
    schwer hat, schuldig sind.
    Es bleibt dabei, daß wir solche Fragen am besten durch Zusammenarbeit lösen können. Ich mahne noch einmal, jetzt nicht alle Sicherungen durchbrennen zu lassen. Unser Ziel bleibt, Massenentlassungen zu verhindern, mit allen Kräften. Deshalb: Erhaltung des Erhaltenswerten, neue Arbeitsplätze schaffen, auch Übernahme in andere Unternehmen. Ich halte es für einen Solidaritätsbeitrag, wenn Bayer Leverkusen und wenn Henkel Stahlarbeiter übernehmen. Das ist ein Solidaritätsbeitrag, den man auch von anderen erwarten sollte.

    (Abg. Reimann [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Lieber Kollege, lassen Sie mich im Zusammenhang darstellen.
    Dann: Sozialpläne. Ich bleibe dabei: Niemand sollte der Versuchung anheimfallen, die Frankfurter Vereinbarung in Frage zu stellen oder zu zerreden. Sie ist das einzig sichere Netz, das wir haben. Sie sollte deshalb nicht aus parteipolitischem Neid, weil die Bundesregierung geholfen hat, diese Frankfurter Vereinbarung zustande zu bringen, jetzt relativiert werden. Ganz im Gegenteil: Sie muß von allen Seiten akzeptiert werden. Darin steht nämlich: Massenentlassungen vermeiden, neue Arbeitsplätze schaffen. Alle sind in der Verantwortung. Wir, der Bund, bekennen uns dazu, und zwar nicht nur wortreich — wie Sie immer sagen — , nein, das kostet uns 300 Millionen DM. Dazu stehen wir.
    Ich bleibe dabei, daß auch das Land nicht an dieser Verunsicherung teilnehmen sollte. Es hat keinen Zweck, einmal zu sagen, Sie würden Sozialpläne nicht unterstützen, dann wieder zu sagen, Sie würden sie unterstützen, und dann zu sagen: vielleicht. Wir brauchen jetzt Klarheit.

    (Müntefering [SPD]: Der Stillegungsbeschluß muß weg!)

    Mein Beitrag richtet sich darauf, die Frankfurter Vereinbarung mit allen Kräften zu halten. Das heißt, neue Arbeitsplätze zu schaffen und Massenentlassungen zu verhindern. Ich bleibe auch dabei: Man wird den Arbeitsplatz nicht vor der Haustür finden, aber in der Heimat sollte er schon sein. Nordrhein-Westfalen ist kein Auswanderungsland. Deshalb unterstütze ich alle Bestrebungen, daß die Arbeitnehmer ihre Arbeitsplätze in ihrer Heimat behalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Minister für Bundesangelegenheiten des Landes Nordrhein-Westfalen, Einert.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 3555
    Minister Einert (Nordrhein-Westfalen)

    bedaure natürlich, daß Sie nicht mehr anwesend sein können. Ich rüge das nicht. Sie müssen zur Kohlerunde. Ich hätte es begrüßt, wenn Sie bis zum Schluß hätten hier bleiben können. Ich habe das als Mitglied des Bundesrates auch nicht zu monieren. Aber vielleicht wäre es etwas besser gewesen, wenn man den Beginn der Debatte etwas verschoben hätte, um diese wichtige Debatte auch in Anwesenheit der Bundesregierung führen zu können.

    (Jahn [Marburg] [SPD]: Sehr wahr!)

    Aber das ist nicht mein Bier; ich habe das nicht zu rügen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Hören Sie vielleicht erst einmal ein bißchen zu, wenn ich etwas sage. Wir haben uns vorhin auch Ihre Unmöglichkeiten angehört.

    (Bohl [CDU/CSU]: Wenn die Aktuelle Stunde nicht beantragt worden wäre, wäre es in Ordnung gewesen!)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wünschte mir schon, der Kollege Bangemann würde bei dem, was der Kollege Blüm hier ausgeführt hat, die Ohren nicht nur auf Durchzug schalten, sondern er würde sich vielleicht auch eine Scheibe davon abschneiden. Dann wären wir in dieser zum Teil unglücklichen Debatte ein Stückchen weiter,

    (Beifall bei der SPD)

    denn der Appell an Gemeinsamkeiten und gegenseitige Unterstützung kann ja nicht nur einseitig sein, sondern er muß auch für die Bundesregierung und für die Koalitionsfraktionen insgesamt gelten. Es kann sich hier nicht einer hinstellen und auf Gemeinsamkeit machen, während der andere die Leute im Regen stehenläßt. Das ist keine Methode in einer Demokratie.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Gestern haben in den Stahlstandorten des Reviers viele zehntausend Menschen demonstriert. Die Debatte im Bundestag muß sich sicherlich über die Bedeutung dieser verständlichen Emotionen hinaus mit langfristigen Einbettungen in gesamtwirtschaftliche und gesamteuropäische Entwicklungen beschäftigen. Aber ich füge hinzu: Wenn einige beklagen, daß die Demonstrationen gestern eine andere Qualität erreicht haben, und wenn einige kritisieren, daß die Sprache — hoffentlich nicht die Sache — mehr Radikalität enthält,

    (Günther [CDU/CSU]: Bei Herrn Steinkühler vor allem!)

    dann muß ich durchaus hinzufügen: Was erwarten Sie denn wohl eigentlich? Es soll sich niemand täuschen: Das waren doch keine Aktionen, die wie ein Strohfeuer auflodern und dann schnell verlöschen. Was da geschieht und was auch mit Sicherheit weiter geschehen wird, das ist doch schon über den unmittelbaren Kreis der Betroffenen hinaus eine Bürgerbewegung, in der betroffene Menschen — Frauen und Männer — ihre Verzweiflung, ihre Empörung, ihre Wut und in
    vielen Fällen auch ihre Resignation zum Ausdruck bringen.

    (von der Wiesche [SPD]: So ist es!)

    Was die Menschen erwarten, ist, daß von Unternehmen und von der Politik wieder Ehrlichkeit, Klarheit und — ich füge hinzu — eine wirkliche Perspektive geschaffen wird. Wenn ich das erklären darf, dann meine ich damit folgendes — ich will es in aller Deutlichkeit sagen, damit Sie das gar nicht mißverstehen können— : Wenn die Vertreter der Arbeitnehmer, ihre Betriebsräte, ihre Gewerkschaften, nach langen Verhandlungen ihre Unterschrift unter eine Vereinbarung setzen, die die Reduzierung — ich sage das sehr wertneutral; man kann es auch anders formulieren — von mehr als 35 000 Arbeitsplätzen enthält — dazu gehört auch als ein Bestandteil die Zustimmung von Betriebsräten und Gewerkschaften, daß etwa am Standort Rheinhausen 2 000 Arbeitsplätze wegfallen, das berühmte Optimierungsmodell — , und, während die Tinte unter dieser Vereinbarung noch gar nicht trocken ist, durch eine Indiskretion bekannt wird, daß es nicht um 2 000, sondern um 5 000 Arbeitsplätze geht, und wenn behauptet wird, mit dieser Verabredung sei der Standort Rheinhausen auf lange Zeit gesichert, während es dann 14 Tage später heißt: Dieser Standort wird plattgemacht, um es etwas vordergründig zu sagen, dann wundern wir uns, wenn Emotionen und Radikalität in der Sprache auftauchen! Dann kritisieren Sie und alle anderen das und mokieren sich darüber. Ich sage Ihnen einmal in aller Deutlichkeit: Die Leute fühlen sich doch — jetzt sage ich es ganz unparlamentarisch, vulgär — zu Recht beschissen! Das muß man einmal so deutlich sagen, damit klar wird, was eigentlich Sache ist in dieser Frage.

    (Beifall bei der SPD — Jahn [Marburg] [SPD]: Und das mit Recht! — Dr. Lammert [CDU/ CSU]: Das ist vor einer Woche klar in diesem Hause vorgetragen worden! Nichts Neues!)

    Wir gehen dann sozusagen einfach zur Tagesordnung über. Und dann wird so getan, als ob eine Verabredung, deren sozialer Komponente gegenüber man ja durchaus positiv eingestellt sein kann, nach wie vor der Stein der Weisen sei.
    Jetzt mache ich eine Zwischenbemerkung. Es wird dann auch gesagt: Die Landesregierung sollte doch nun ganz froh sein und sich nicht immer so anstellen. Ich füge hinzu: Für die Betroffenen kann man zu dieser Auffassung gelangen. Aber man darf eines nicht tun: Man darf in diesem Zusammenhang nicht Verträge zu Lasten Dritter schließen, nämlich die Länder, die dafür zahlen sollen, einfach nicht an den Verhandlungen beteiligen. Sie haben aus den Zeitungen zu entnehmen, daß sie dreistellige Millionenbeträge zu zahlen haben. Nach unseren rechtlichen Vorstellungen haben die Länder mit der Sozialplanfinanzierung nichts zu tun. Ich füge hinzu: Insoweit fühlen wir uns politisch erpreßt. Aber wir werden diesen Streit zwischen dem Bund und den Ländern nicht auf dem Rükken der Beteiligten und Betroffenen austragen.

    (Beifall bei der SPD)

    3556 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987
    Minister Einert (Nordrhein-Westfalen)

    In diese Position, daß wir mit dem Rücken an der Wand stehen und keine politische Alternative haben, haben nicht zuletzt Sie uns hineingebracht.

    (Reimann [SPD]: So ist das! — Beckmann [FDP]: So ein Quatsch!)

    Das ist auch die Stunde der Politik. Natürlich sind in einer marktwirtschaftlich geprägten Ordnung zunächst die Unternehmen in der Pflicht, Lösungen zu suchen und zu finden.

    (Abg. Dr. Lammert [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Ich lasse keine Zwischenfragen zu. Ihre Kollegen haben das auch nicht getan. Sie können sich ja anschließend dazu melden.

    (Dr. Lammert [CDU/CSU]: Das leuchtet mir ein! — Beckmann [FDP]: Er drückt sich!)

    Wir werden die Unternehmen auch nicht aus ihrer gesamtwirtschaftlichen Verpflichtung entlassen.
    Wir dürfen es auch nicht zulassen, daß die Diskussion ständig so geführt wird: Solange Gewinne erzielt werden, ist das der Leistungsfähigkeit und der Fähigkeit der Unternehmen zuzuschreiben, sobald aber rote Zahlen auftauchen und Arbeitsplätze wegfallen und es um die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen geht, soll dann plötzlich die öffentliche Hand für alles verantwortlich sein. So geht es auch nicht.
    Im Stahlbereich — und über diesen Bereich diskutieren wir heute — hat es in den letzten Jahrzehnten ja nie einen wirklichen Markt gegeben, sondern dieser Bereich ist durch politische Lenkung und Entscheidung stark beeinflußt worden. Insoweit trägt die Politik hier ein hohes Maß an Verantwortung. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen moniert seit vielen Jahren, daß die Bundesregierung ihrer Pflicht nicht nachkommt, den Subventionsabbau und die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen in diesem Bereich genauso vehement in Brüssel zu vertreten wie für andere Bereiche.
    Zweitens ist die Bundesregierung ihrer Verpflichtung nicht ausreichend nachgekommen, die verantwortlich handelnden Unternehmensvorstände an einen Tisch zu bekommen und sie mit sanfter oder vielleicht manchmal etwas weniger sanfter Hand zu einem gemeinsamen Konzept zu bewegen. Als vor Jahren das berühmte Moderatoren-Papier auf den Tisch kam und nicht sofort entsprechend goutiert wurde, hat man es wie eine heiße Kartoffel fallenlassen, und die Sache war für die Bundesregierung beendet. So kann man in Verantwortung nicht umgehen;

    (Beckmann [FDP]: Das ist das Letzte! So ein Quatsch!)

    denn wir alle, meine Damen und Herren, wissen, daß die Stahlkapazitäten zu hoch sind, daß Kapazitäten und Arbeitsplätze abgebaut werden müssen. Das ist seit vielen Jahren bekannt.

    (Bohl [CDU/CSU]: Diese Rede werden wir noch mal verteilen! Die ist ja sehr gut!)

    Ich füge hinzu: Kein Mensch denkt daran, der Bundesregierung oder diesem Wirtschaftsminister etwa eine Garantie abzuverlangen, für den letzten Arbeitsplatz zu haften. Nur, sich aus der Verantwortung zu stehlen und die Verantwortung den Unternehmen und den davon betroffenen Ländern zuzuweisen, das ist kein Konzept, keine Verantwortung einer Bundesregierung.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Wer tut das denn?)

    Wer es ablehnt, eine solche Moderatoren-Rolle für die deutsche Stahlindustrie zu übernehmen, der stellt sich abseits der Verantwortung. Deshalb ist es auch unangebracht, jetzt den Schwarzen Peter nach Brüssel weiterzuschieben und ansonsten an die regionalpolitische Verantwortung der jeweils zuständigen Landesregierung zu erinnern.
    Nordrhein-Westfalen braucht solche Ermahnungen nicht. Wir haben gehandelt. Wir fordern lediglich das ein, was andere in ähnlichen Situationen auch erhalten haben. Wir verlangen keine Almosen, sondern unser Recht.

    (Beifall bei der SPD — Bohl [CDU/CSU]: Was haben Sie denn getan?)

    Damit Sie das mal zur Kenntnis nehmen: Vor wenigen Monaten hat im Bundesrat eine Diskussion über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Hilfe für die Werftstandorte stattgefunden. Wir, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, haben das ausdrücklich begrüßt und gesagt: Wir unterstützen Hilfsmaßnahmen, wenn eine solche Region mit vielen tausend Arbeitsplätzen ohne ihr Verschulden in eine solche Strukturkrise hineinkommt. Da haben wir dann auch die gesetzgeberischen Bestimmungen einzuhalten. Der Bundesrat hat einstimmig gesagt: Dieser Grundsatz des Füreinandereinstehens und die Mechanismen unserer Verfassung gelten dann aber auch für andere Regionen. Ich weise Sie ausdrücklich darauf hin, daß man dann nicht so verantwortungslos daherschwätzen kann, wie das zum Teil in diesen Tagen geschieht. Ich beklage das außerordentlich.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Soll das eine Selbstbezichtigung sein?)

    Man kann nicht an Gemeinsamkeiten appellieren und dann, wenn es darum geht, wirklich dazu zu stehen, sich davonstehlen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das muß ich Ihnen auch einmal sagen: Einige Abgeordnete oder auch Mitglieder der Bundesregierung reden manchmal über das Land Nordrhein-Westfalen in einer Art von Dummschwätzerei, die offenbart, daß sie von diesem Land keine Ahnung haben.

    (Beifall bei der SPD — Bohl [CDU/CSU]: Ihre Dummschwätzerei ist gar nicht mehr zu überbieten! — Stahl [Kempen] [SPD]: Bohl, wir laden Sie nach Nordrhein-Westfalen ein, damit Sie das einmal kennenlernen!)

    Es wird gesagt, das Land müsse sich endlich einmal dem Strukturwandel anpassen. Ich sage Ihnen einmal, was im Laufe der letzten 20, 30 Jahre in diesem Land passiert ist. Nordrhein-Westfalen hat seit Ende der 50er Jahre rund 1 Million Arbeitsplätze im Industriebereich verloren: rund 400 000 im Bergbau, über 200 000 bei Eisen und Stahl, rund 250 000 bei Textil und Bekleidung. Dieser Strukturwandel ist notwen-
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 3557
    Minister Einert (Nordrhein-Westfalen)

    dig, er ist richtig, und er muß so schnell wie möglich erfolgen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Aha! — Dr.-Ing. Laermann [FDP]: Auf einmal!)

    — Das haben wir immer gesagt. Wir haben aber hinzugefügt: In den Zeiten, in denen es ein hohes Wachstum in anderen Branchen gibt, ist der Wandlungsprozeß relativ leicht möglich. Es hat auch früher bei Kohle Krisen gegeben. Es hat auch früher bei Stahl Krisen gegeben. Sie sind isolierter aufgetreten als gegenwärtig. Es hat noch nie eine Phase in der Entwicklung eines Landes gegeben, in der in einem so kurzen Zeitraum, nämlich in zwei, drei Jahren, mindestens 100 000 Arbeitsplätze wegfallen.

    (Zuruf von der SPD: So ist das!)

    Die Verabredung geht auf 35 000, 37 000; jetzt sollen es noch mehr werden: über 40 000 bei Stahl. Wieviel werden es wohl bei Kohle werden, wenn die heutige Runde zu Ende geht? Wie hoch auch immer der Faktor für die Mantelbevölkerung sein soll: Ich glaube, Sie werden nicht bestreiten können, daß es mehr als 100 000 Arbeitsplätze sein werden, in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren. Wenn man nicht einsieht, daß die Bewältigung dieser Aufgabe eine große gemeinsame Kraftanstrengung hervorrufen muß, dann ist die Politik keinen Schuß Pulver wert.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU: Richtig! — Das sagen wir ja!)

    Die Menschen können wir nicht befriedigen, indem der Schwarze Peter zwischen Düsseldorf, Bonn und Brüssel hin- und hergeschoben wird. So geht das nicht.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Wir haben unsere Vorstellungen dazu entwickelt. Wir haben ähnlich wie an der Küste gesagt: Wir brauchen diese Umstrukturierung. Das ist aber in einem solchen gedrängten Zeitraum, in einer so kurzen Zeitspanne für eine Landesregierung nicht zu machen. Bisher hat die Bundesregierung im Bundesrat — auch in der Öffentlichkeit hat sie das nachweisbar getan —, unsere Vorstellungen rigoros abgelehnt. So ist es. Was Herr Häfele im Bundesrat für die Bundesregierung erklärt hat, ist in solchen Fragen wohl eindeutig genug gewesen.

    (Zurufe von der SPD: So ist es!) Bisher habe ich kein anderes Wort gehört.


    (Stahl [Kempen] [SPD]: Das wollen die jetzt nicht wissen! — Roth [SPD]: Blüm kein Wort heute!)

    Ich bejahe ausdrücklich — damit Sie das gar nicht mißverstehen können — , daß eine Gesellschaft verpflichtet ist, für die unmittelbar Betroffenen die soziale Abfederung vorzunehmen, Sozialpläne zu machen und sich dieser Verantwortung zu stellen. Aber das ist die eine Seite der Medaille. Das reicht nicht aus. Aber für die zweite Frage, die regionalpolitische Begleitung und Unterstützung für ein solches Land, gilt die Verantwortung gleichermaßen. Diesem Teil der Verantwortung sind Sie bisher in keinster Weise nachgekommen. Sie haben sie sogar abgelehnt. Das ist der Kernpunkt der Auseinandersetzung.

    (Beifall bei der SPD)

    Um diesen Streit und um diese Diskussion geht es.
    Welche Vorstellungen werden nun für die zehn Tage bis zum 22. Dezember zu erwarten sein? Wir haben eben gehört, wir sollten erst einmal abwarten, was bis zum 22. Dezember passiert. Aber welche Indikationen für weitere Stillegungen gegeben werden, ist völlig unbekannt. Ich frage daher als Vertreter eines Landes,

    (Bohl [CDU/CSU]: Das pleite ist!)

    welches besonders stark von diesen Auswirkungen betroffen sein soll: Wie groß soll denn der deutsche Beitrag noch sein? Wie soll er bewerkstelligt werden?