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ID1105004100

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    Plenarprotokoll 11/50 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 50. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 Inhalt: Eintritt des Abg. Dr. Mahlo in den Deutschen Bundestag 3545 C Erweiterung der Tagesordnung 3545 C Begrüßung einer Delegation aus der Volksrepublik Angola 3572 C Zusatztagesordnungspunkt 10: Aktuelle Stunde betr. Einhaltung des Beschlusses des Deutschen Bundestages für den Betrieb des Kraftwerks Buschhaus Reuter SPD 3531 B Dr. Laufs CDU/CSU 3532 C Brauer GRÜNE 3533C, 3539 B Baum FDP 3534 C Dr. Remmers, Minister des Landes Nieder- sachsen 3535 D Seidenthal SPD 3537 B Schmidbauer CDU/CSU 3538 B Harries CDU/CSU 3540 A Stahl (Kempen) SPD 3540 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 3541D Schäfer (Offenburg) SPD 3543 B Lattmann CDU/CSU 3544 B Tagesordnungspunkt 21: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Lage der deutschen Stahlindustrie zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Krise in der Eisen- und Stahlindustrie zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Sicherung der Stahlstandorte und der Arbeitsplätze in der Stahlindustrie und in den Stahlregionen (Drucksachen 11/402, 11/123, 11/398, 11/1305) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Sicherung der Stahlstandorte und der Stahl-Arbeitsplätze: Umbau der Stahlindustrie und der Stahlregionen (Drucksache 11/1477) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Krise in der Eisen- und Stahlindustrie (Drucksache 11/1504) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkte: Antrag der Abgeordneten Frau Hillerich und der Fraktion DIE GRÜNEN: Sicherung des Stahlstandortes Duisburg-Rheinhausen (Drucksache 11/1522) Antrag der Fraktion der SPD: Solidarität mit den Beschäftigten in Duisburg-Rheinhausen (Drucksache 11/1524) Roth SPD 3546 A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 3548 C Frau Hillerich GRÜNE 3552D, 3569 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 Dr. Blüm, Bundesminister BMA 3554 A Einert, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 3554 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 3558 A Stratmann GRÜNE 3560C, 3569 C Dr. Vondran CDU/CSU 3562 B Schreiner SPD 3564 B Müller (Wadern) CDU/CSU 3566 A Kraus CDU/CSU 3567 C Dr. Lammert CDU/CSU 3569 A Tagesordnungspunkt 23: Aussprache zu Afghanistan in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN: 8 Jahre Krieg in Afghanistan (Drucksache 11/1500) Dr. Todenhöfer CDU/CSU 3570 B Bindig SPD 3571A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 3572 D Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 3574 B Schäfer, Staatsminister AA 3575 C Dr. Holtz SPD 3577 A Nächste Sitzung 3578 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3579* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3579* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 3531 50. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1987 Beginn: 8.31 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 11. 12. Dr. Ahrens * 11. 12. Andres 11. 12. Antretter 11. 12. Bahr 11, 12. Frau Becker-Inglau 11. 12. Frau Beck-Oberdorf 11. 12. Bernrath 11. 12. Bindig 11. 12. Frau Blunck * 11. 12. Böhm (Melsungen) * 11. 12. Frau Brahmst-Rock 11. 12. Dr. Briefs 11. 12. Büchner (Speyer) * 11. 12. Dr. von Bülow 11. 12. Catenhusen 11. 12. Doss 11. 12. Ebermann 11. 12. Frau Fischer * 11. 12. Dr. Friedrich 11. 12. Frau Ganseforth 11. 12. Dr. Geißler 11. 12. Glos 11. 12. Dr. Glotz 11. 12. Grünbeck 11. 12. Dr. Grünewald 11. 12. Haack (Extertal) 11. 12. Dr. Hauchler 11. 12. Dr. Haussmann 11. 12. Frau Dr. Hellwig 11. 12. Frau Hoffmann (Soltau) 11. 12. Frau Hürland-Büning 11. 12. Kalb 11. 12. Kastning 11. 12. Frau Kelly 11. 12. Kiechle 11. 12. Kittelmann * 11. 12. Kolb 11. 12. Koschnick 11. 12. Kreuzeder 11. 12. Lemmrich * 11. 12. Lowack 11. 12. Frau Luuk * 11. 12. Dr. Mahlo 11. 12. Marschewski 11. 12. Frau Matthäus-Maier 11. 12. Dr. Mechtersheimer 11. 12. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 12. Dr. Möller 11. 12. Dr. Müller * 11. 12. Dr. Neuling 11. 12. Frau Oesterle-Schwerin 11. 12. Oswald 11. 12. Petersen 11. 12. Rappe (Hildesheim) 11. 12. Rauen 11. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Reuschenbach 11. 12. Roth 11. 12. Scharrenbroich 11. 12. Frau Schmidt (Nürnberg) 11. 12. von Schmude 11. 12. Schröer (Mülheim) 11. 12. Schütz 11. 12. Schulze (Berlin) 11. 12. Frau Seuster 11. 12. Dr. Spöri 11. 12. Dr, Struck 11. 12. Tietjen 11. 12. Tillmann 11. 12. Frau Dr. Timm * 11. 12. Frau Trenz 11. 12. Uldall 11. 12. Vahlberg 11. 12. Frau Vennegerts 11. 12. Dr. Warnke 11. 12. Wieczorek (Duisburg) 11. 12. Frau Wieczorek-Zeul 11. 12. Wissmann 11. 12. Würtz 11. 12. Dr. Zimmermann 11. 12. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mitgeteilt, daß sie ihren Gesetzentwurf - Änderung strafrechtlicher und strafprozessualer Regelungen bei Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen - Drucksache 11/1040 - und ihren Antrag - Nahrungsmittelhilfe an Äthiopien - Drucksache 11/1155 - zurückgezogen hat. Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 11/138 Nr. 1.3, 1.7 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/1107 Nr. 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, 2.6, 2.7 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/138 lfd. Nr. 3.52 bis 3.131 Drucksache 11/779 lfd. Nr. 2.24 bis 2.51 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/253 Nr. 2.27 Drucksache 11/439 Nr. 2.9 Drucksache 11/561 Nr. 2.14, 2.15 Drucksache 11/779 Nr. 2.52 Drucksache 11/883 Nr. 103 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/883 Nr. 112 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/138 Nr. 3.157
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Imma Hillerich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme an, daß auch heute Kollegen des Rheinhausener Betriebsrates hier sind; ich begrüße sie herzlich.
    Gestern haben Stahl- und Bergwerksbelegschaften aus dem ganzen Ruhrgebiet, Bauern vom Niederrhein und die ganze Duisburger Bevölkerung ihre Empö-
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 3553
    Frau Hillerich
    rung und Existenzangst in solidarischem Widerstand gegen die Standort- und Arbeitsplatzvernichtung der Montanunternehmen zum Ausdruck gebracht. In zwei Anträgen wurde gestern dieses Haus zur Solidarität mit diesem Widerstand aufgefordert. Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, haben zwanghafte parteipolitische Kleinlichkeit an den Tag gelegt, als Sie unseren Antrag abgelehnt haben.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Aber, Herr Minister Bangemann, Worte, wie wir sie gestern gehört haben und vorhin wieder hören konnten, mit denen der Kampf der Stahl- und Bergwerksarbeiter um ihre Arbeitsplätze und die solidarischen Aktionen der Rheinhausener und der Duisburger und der gesamten Ruhrgebietsbevölkerung als emotionsgeladene Stimmungsmache diffamiert werden, die das Investitionsklima verderbe, sind Menschenverachtung.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Da kämpfen Menschen um ihre menschenwürdige Existenz, statt sich schicksalsergeben in profitorientierte Unternehmensentscheidungen zu fügen. Auch Kampf und Widerstand gehören zur Würde dieser Menschen.
    Sie, Herr Bangemann, und in der vorigen Woche auch Graf Lambsdorff machen ihnen es zum Vorwurf und gehen so weit, den kämpfenden Arbeitern und der Bevölkerung die Verantwortung für ihre bedrohte Zukunft zuzuschieben. Da wird sehr deutlich, auf wessen Seite Sie stehen. Es ist das bekannte zynische Muster: Opfer werden zu Tätern gemacht, um von den tatsächlich Verantwortlichen abzulenken.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Die Bundesregierung appelliert an die Stahlarbeitgeber, sie mögen doch zur Frankfurter Vereinbarung stehen, die neben dem Verzicht auf Massenentlassungen und im übrigen neben der Vereinbarung zum Kapazitäts- und Arbeitsplatzabbau auch die Schaffung neuer Arbeitsplätze vorsieht.
    In der vergangenen Woche hatte ich Gelegenheit, auf einer Sondersitzung des Duisburger Altestenrats den Vorstandsvorsitzenden der Krupp Stahl AG, Dr. Cromme, nach der Einlösung seines Beitrags zum letztgenannten Teil der Frankfurter Erklärung zu fragen. Er erklärte sich schlicht und einfach für nicht zuständig, basta.
    Brauchen Sie, Herr Minister Blüm, eigentlich noch mehr Beweise für die Folgenlosigkeit Ihrer Appelle und für die von den Stahlunternehmen explizit erklärte Verantwortungslosigkeit? Dies ist nicht erst seit dem „Schwarzen Donnerstag" vor 14 Tagen in Rheinhausen bekannt. Auch der IG Metall muß dies eigentlich schon vor der Frankfurter Vereinbarung bekannt gewesen sein.
    Deswegen warnen wir GRÜNEN auch heute wieder davor, von Arbeitnehmerseite aus in die als „notwendige Strukturanpassungsmaßnahmen" salamitaktisch verbrämte Arbeitsplatzvernichtung durch Kapazitätsabbau einzuwilligen.
    Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, können wir Ihrem Antrag zu Duisburg-Rheinhausen nicht zustimmen, sondern wir werden uns enthalten, weil wir dem in der Vereinbarung zwischen Gesamtbetriebsrat und Vorstand der Krupp Stahl AG ebenfalls enthaltenen Arbeitsplatzabbau nicht zustimmen können.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Bisher ist nicht gewährleistet, daß die Stahlunternehmen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze von den Belegschaften und durch wirtschaftspolitische Maßnahmen wirklich in die Pflicht genommen werden können. Allerdings ist die derzeitige Wirtschaftspolitik in dieser Republik zu dieser offensichtlich notwendigen Inpflichtnahme der Konzerne auch nicht in der Lage. Am offensten hat diese Ohnmacht der Politik Herr Kollege Lammert in der vergangenen Woche in diesem Hause eingestanden, unter zustimmendem Beifall der Koalitionsfraktionen.
    Ohnmächtig bleibt jede Wirtschaftspolitik, die der Investitionsfreiheit der Unternehmer freien Lauf läßt. Genau aus dieser bitteren Einsicht erwächst inzwischen immer lautstärker die Forderung nach Vergesellschaftung der Stahlindustrie.
    Mit unserem stahlpolitischen Konzept zur Sicherung der Stahlstandorte und der Stahlarbeitsplätze, zum Umbau der Stahlindustrie und der Stahlregionen, das Ihnen als Antrag vorliegt, geben wir Schritte und Maßnahmen in dieser Richtung an. Einer der ersten Schritte ist die Einrichtung konzerninterner Beschäftigungsgesellschaften, die die soziale und ökologische Umstrukturierung der Stahlkonzerne vorantreiben und dadurch Arbeitsplätze sichern sollen.
    Seit Monaten hat der Betriebsrat der Krupp Stahl AG in Rheinhausen an dieser Umstrukturierung gearbeitet. Zerstört wurde diese konstruktive Arbeit, die den dringend notwendigen sozialen und ökologischen Strukturwandel in Duisburg voranbringen sollte, durch die Stillegungsentscheidung des KruppStahl-Vorstands für das Stahlwerk in Rheinhausen.
    Aus diesem Grunde möchte ich etwas in dem von mir eingebrachten Antrag korrigieren lassen. Ich zitiere kurz:
    Der Deutsche Bundestag unterstützt die Maßnahmen zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, wie sie in der Vereinbarung zwischen Gesamtbetriebsrat und Vorstand der Krupp Stahl AG festgelegt worden sind, und fordert den Vorstand der Krupp Stahl AG auf, seinen darin versprochenen Beitrag ohne Abstriche zu leisten.
    Statt „erwartet" wird also formuliert „fordert auf".
    Zerstört wurde die konstruktive Arbeit des Betriebsrats allerdings auch durch die fehlende politische Unterstützung von seiten der Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung. Die Ohnmacht der Belegschaften und der Politik gegenüber der profitorientierten Vernichtung von Stahlstandorten zu beenden, das ist notwendig, um den Umbau der Stahlindustrie sozial und ökologisch vertretbar zu gestalten, in Duisburg und an I allen anderen Stahlstandorten. Darauf zielen die Anträge, die von unserer Fraktion hier eingebracht werden.
    3554 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987
    Frau Hillerich
    Ich bitte Sie daher um Ihre Zustimmung.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Bundesarbeitsminister Dr. Norbert Blüm.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte alle Mitglieder des Hohen Hauses um Verständnis bitten, wenn der Kollege Bangemann und ich um 11 Uhr zur Kohlerunde gehen müssen, einer für Nordrhein-Westfalen wie für die Saar gleich wichtigen Veranstaltung, wie Sie sicher verstehen werden.
    Ich denke, es sind ja auch genügend Worte gewechselt worden. Eine Wortarmut bezüglich der Lösung der Probleme ist nicht zu beklagen.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Vor allem bei Herrn Blüm nicht!)

    — Es kehre jeder vor seiner Tür. Worte sind genug gewechselt worden. Die Bundesregierung hat mit Taten geholfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir haben die Stahlindustrie mit 2,6 Milliarden DM unterstützt.
    Wissen Sie, wenn Sie den Zwischenruf nicht gemacht hätten, käme ich gar nicht auf diese Art der Darstellung. Aber Tausende, Zehntausende von Stahlkochern an Rhein und Ruhr wissen, daß wir, die Bundesregierung, mit Kurzarbeiterregelungen und mit Montanunionshilfen sie vor der Entlassung bewahrt haben.
    Ich finde, es bringt jetzt nichts, ständig darüber zu streiten, wer was macht. Laßt uns Zusammenarbeit organisieren! Diese gelingt allerdings nicht, indem die eine Seite Vorwürfe erhebt und dann die andere Seite um des lieben Friedens willen nickt. So geht es nicht. Laßt uns die Anstrengung machen, gemeinsame Lösungen zu finden!
    Ich sage noch einmal: Die deutschen Stahlarbeiter brauchen eine faire Wettbewerbschance in Europa — das ist anders als die Lage im Kohlebergbau gestern; da ging es um unsere Energiesicherheit. Für faire Wettbewerbschancen kämpft die Bundesregierung. Der Kampf wird schwerer, wenn wir selber Vorwände liefern, unsere Subventionskritik in Brüssel um ihren Wert zu bringen. Wir müssen also selber eine saubere Weste haben.
    Die Quotenregelung ist der Versuch einer geordneten Überführung in eine geordnete Marktwirtschaft. Wir brauchen Strukturwandel auch an Rhein und Ruhr. Zu produzieren, ohne daß Absatz dafür vorhanden ist, ist nicht nur sinnlose Arbeit, es macht ein Volk auch arm. In Planwirtschaften passiert es schon einmal, daß ohne Bedarf produziert wird; wir wollen für Bedarf produzieren. Deshalb brauchen wir einen Strukturwandel.
    Die Bedingung — jedenfalls in einer Sozialen Marktwirtschaft — ist allerdings, daß dort, wo Altes abgebaut wird, Neues geschaffen wird, daß dieser Prozeß in der sozialen Balance bleibt und daß geprüft werden muß, was erhaltenswert ist.
    Deshalb bin ich dafür, daß die Rechnungen noch einmal mit Betriebsräten, mit Gewerkschaften und von Krupp Stahl überprüft werden, alle Alternativen noch einmal ohne Verkrampfungen durchgerechnet werden. Es kann durchaus sein, daß die betriebswirtschaftlich beste Lösung volkswirtschaftlich vielleicht
    die zweitbeste ist. Insofern bitte ich auch in die Überlegungen einzubringen, was wir einer Region, die es
    schwer hat, schuldig sind.
    Es bleibt dabei, daß wir solche Fragen am besten durch Zusammenarbeit lösen können. Ich mahne noch einmal, jetzt nicht alle Sicherungen durchbrennen zu lassen. Unser Ziel bleibt, Massenentlassungen zu verhindern, mit allen Kräften. Deshalb: Erhaltung des Erhaltenswerten, neue Arbeitsplätze schaffen, auch Übernahme in andere Unternehmen. Ich halte es für einen Solidaritätsbeitrag, wenn Bayer Leverkusen und wenn Henkel Stahlarbeiter übernehmen. Das ist ein Solidaritätsbeitrag, den man auch von anderen erwarten sollte.

    (Abg. Reimann [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Lieber Kollege, lassen Sie mich im Zusammenhang darstellen.
    Dann: Sozialpläne. Ich bleibe dabei: Niemand sollte der Versuchung anheimfallen, die Frankfurter Vereinbarung in Frage zu stellen oder zu zerreden. Sie ist das einzig sichere Netz, das wir haben. Sie sollte deshalb nicht aus parteipolitischem Neid, weil die Bundesregierung geholfen hat, diese Frankfurter Vereinbarung zustande zu bringen, jetzt relativiert werden. Ganz im Gegenteil: Sie muß von allen Seiten akzeptiert werden. Darin steht nämlich: Massenentlassungen vermeiden, neue Arbeitsplätze schaffen. Alle sind in der Verantwortung. Wir, der Bund, bekennen uns dazu, und zwar nicht nur wortreich — wie Sie immer sagen — , nein, das kostet uns 300 Millionen DM. Dazu stehen wir.
    Ich bleibe dabei, daß auch das Land nicht an dieser Verunsicherung teilnehmen sollte. Es hat keinen Zweck, einmal zu sagen, Sie würden Sozialpläne nicht unterstützen, dann wieder zu sagen, Sie würden sie unterstützen, und dann zu sagen: vielleicht. Wir brauchen jetzt Klarheit.

    (Müntefering [SPD]: Der Stillegungsbeschluß muß weg!)

    Mein Beitrag richtet sich darauf, die Frankfurter Vereinbarung mit allen Kräften zu halten. Das heißt, neue Arbeitsplätze zu schaffen und Massenentlassungen zu verhindern. Ich bleibe auch dabei: Man wird den Arbeitsplatz nicht vor der Haustür finden, aber in der Heimat sollte er schon sein. Nordrhein-Westfalen ist kein Auswanderungsland. Deshalb unterstütze ich alle Bestrebungen, daß die Arbeitnehmer ihre Arbeitsplätze in ihrer Heimat behalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)