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    7. Bangemann.: 1
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    Plenarprotokoll 11/50 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 50. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 Inhalt: Eintritt des Abg. Dr. Mahlo in den Deutschen Bundestag 3545 C Erweiterung der Tagesordnung 3545 C Begrüßung einer Delegation aus der Volksrepublik Angola 3572 C Zusatztagesordnungspunkt 10: Aktuelle Stunde betr. Einhaltung des Beschlusses des Deutschen Bundestages für den Betrieb des Kraftwerks Buschhaus Reuter SPD 3531 B Dr. Laufs CDU/CSU 3532 C Brauer GRÜNE 3533C, 3539 B Baum FDP 3534 C Dr. Remmers, Minister des Landes Nieder- sachsen 3535 D Seidenthal SPD 3537 B Schmidbauer CDU/CSU 3538 B Harries CDU/CSU 3540 A Stahl (Kempen) SPD 3540 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 3541D Schäfer (Offenburg) SPD 3543 B Lattmann CDU/CSU 3544 B Tagesordnungspunkt 21: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Lage der deutschen Stahlindustrie zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Krise in der Eisen- und Stahlindustrie zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Sicherung der Stahlstandorte und der Arbeitsplätze in der Stahlindustrie und in den Stahlregionen (Drucksachen 11/402, 11/123, 11/398, 11/1305) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Sicherung der Stahlstandorte und der Stahl-Arbeitsplätze: Umbau der Stahlindustrie und der Stahlregionen (Drucksache 11/1477) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Krise in der Eisen- und Stahlindustrie (Drucksache 11/1504) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkte: Antrag der Abgeordneten Frau Hillerich und der Fraktion DIE GRÜNEN: Sicherung des Stahlstandortes Duisburg-Rheinhausen (Drucksache 11/1522) Antrag der Fraktion der SPD: Solidarität mit den Beschäftigten in Duisburg-Rheinhausen (Drucksache 11/1524) Roth SPD 3546 A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 3548 C Frau Hillerich GRÜNE 3552D, 3569 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 Dr. Blüm, Bundesminister BMA 3554 A Einert, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 3554 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 3558 A Stratmann GRÜNE 3560C, 3569 C Dr. Vondran CDU/CSU 3562 B Schreiner SPD 3564 B Müller (Wadern) CDU/CSU 3566 A Kraus CDU/CSU 3567 C Dr. Lammert CDU/CSU 3569 A Tagesordnungspunkt 23: Aussprache zu Afghanistan in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN: 8 Jahre Krieg in Afghanistan (Drucksache 11/1500) Dr. Todenhöfer CDU/CSU 3570 B Bindig SPD 3571A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 3572 D Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 3574 B Schäfer, Staatsminister AA 3575 C Dr. Holtz SPD 3577 A Nächste Sitzung 3578 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3579* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3579* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 3531 50. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1987 Beginn: 8.31 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 11. 12. Dr. Ahrens * 11. 12. Andres 11. 12. Antretter 11. 12. Bahr 11, 12. Frau Becker-Inglau 11. 12. Frau Beck-Oberdorf 11. 12. Bernrath 11. 12. Bindig 11. 12. Frau Blunck * 11. 12. Böhm (Melsungen) * 11. 12. Frau Brahmst-Rock 11. 12. Dr. Briefs 11. 12. Büchner (Speyer) * 11. 12. Dr. von Bülow 11. 12. Catenhusen 11. 12. Doss 11. 12. Ebermann 11. 12. Frau Fischer * 11. 12. Dr. Friedrich 11. 12. Frau Ganseforth 11. 12. Dr. Geißler 11. 12. Glos 11. 12. Dr. Glotz 11. 12. Grünbeck 11. 12. Dr. Grünewald 11. 12. Haack (Extertal) 11. 12. Dr. Hauchler 11. 12. Dr. Haussmann 11. 12. Frau Dr. Hellwig 11. 12. Frau Hoffmann (Soltau) 11. 12. Frau Hürland-Büning 11. 12. Kalb 11. 12. Kastning 11. 12. Frau Kelly 11. 12. Kiechle 11. 12. Kittelmann * 11. 12. Kolb 11. 12. Koschnick 11. 12. Kreuzeder 11. 12. Lemmrich * 11. 12. Lowack 11. 12. Frau Luuk * 11. 12. Dr. Mahlo 11. 12. Marschewski 11. 12. Frau Matthäus-Maier 11. 12. Dr. Mechtersheimer 11. 12. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 12. Dr. Möller 11. 12. Dr. Müller * 11. 12. Dr. Neuling 11. 12. Frau Oesterle-Schwerin 11. 12. Oswald 11. 12. Petersen 11. 12. Rappe (Hildesheim) 11. 12. Rauen 11. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Reuschenbach 11. 12. Roth 11. 12. Scharrenbroich 11. 12. Frau Schmidt (Nürnberg) 11. 12. von Schmude 11. 12. Schröer (Mülheim) 11. 12. Schütz 11. 12. Schulze (Berlin) 11. 12. Frau Seuster 11. 12. Dr. Spöri 11. 12. Dr, Struck 11. 12. Tietjen 11. 12. Tillmann 11. 12. Frau Dr. Timm * 11. 12. Frau Trenz 11. 12. Uldall 11. 12. Vahlberg 11. 12. Frau Vennegerts 11. 12. Dr. Warnke 11. 12. Wieczorek (Duisburg) 11. 12. Frau Wieczorek-Zeul 11. 12. Wissmann 11. 12. Würtz 11. 12. Dr. Zimmermann 11. 12. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mitgeteilt, daß sie ihren Gesetzentwurf - Änderung strafrechtlicher und strafprozessualer Regelungen bei Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen - Drucksache 11/1040 - und ihren Antrag - Nahrungsmittelhilfe an Äthiopien - Drucksache 11/1155 - zurückgezogen hat. Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 11/138 Nr. 1.3, 1.7 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/1107 Nr. 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, 2.6, 2.7 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/138 lfd. Nr. 3.52 bis 3.131 Drucksache 11/779 lfd. Nr. 2.24 bis 2.51 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 11/253 Nr. 2.27 Drucksache 11/439 Nr. 2.9 Drucksache 11/561 Nr. 2.14, 2.15 Drucksache 11/779 Nr. 2.52 Drucksache 11/883 Nr. 103 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/883 Nr. 112 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/138 Nr. 3.157
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Hat er beim europäischen Gipfel in Kopenhagen das Thema Stahl zur Sprache gebracht, in einer Situation, wo wir im Ruhrgebiet bereits Zustände haben, wie in der Bundesrepublik seit der Kohle-Krise von 1966 nicht mehr?

    (Dr. Vogel [SPD]: Leider wahr!)

    Ist das Thema Stahl eine Erörterung auf dem Gipfel nicht wert?
    Der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung von 1983 versprochen — ich zitiere: „Wir verlangen von den deutschen Unternehmen ein überzeugendes Konzept zur Neuordnung der Kapazitätsanpassung. " Das war 1983. Was hat der Bundeskanzler wann zur Durchsetzung eines derartigen Konzepts bei der Stahlindustrie getan, und was hat er eingefordert?

    (Zuruf von der SPD: Gar nichts!) Warum ergreift er nicht die Initiative,


    (Zuruf von der SPD: Er hat doch gar keine!)

    wenn die deutsche Stahlindustrie von sich aus zu einer Lösung der Krise nicht imstande ist? Die Betriebsräte von Krupp-Stahl waren zu Gesprächen beim Bundeswirtschaftsminister und beim Arbeitsminister. Ich höre, der Oberbürgermeister von Duisburg spricht heute mit dem Chef des Bundeskanzleramtes. Was sind die Ergebnisse dieser Gespräche? Wir sehen bei den Betroffenen nur Enttäuschung und zunehmende Verbitterung. Außer vollmundigen Reden und Versprechungen hat die Bundesregierung bis zum heutigen Tage nichts, aber auch gar nichts, bezogen auf die betroffenen Stahlstandorte, getan. Das ist die Wahrheit.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir sehen nur Ratlosigkeit, Hilflosigkeit und — was noch schlimmer ist — beim Bundeswirtschaftsminister vor allem Tatenlosigkeit.

    (Zuruf von der SPD: Interessenlosigkeit!)

    Wir werfen der Bundesregierung und den Vorständen in den Stahlkonzernen vor, daß sie die Zeiten der guten Konjunktur überhaupt nicht genutzt haben, um eine Lösung der Problematik vorzubereiten, obwohl die konjunkturelle Atempause für die meisten Konzerne Gewinne in dreistelliger Millionenhöhe erbracht haben. Diese Chancen der letzten Jahre wurden verspielt. Der Bundeswirtschaftsminister hat sich für keine Lösung ernsthaft interessiert.

    (Zuruf von der SPD: Er hat keine!)

    Wir, die SPD-Fraktion, stellen dieser konzeptionslosen Politik unser Konzept gegenüber. Wir fordern die sofortige Einberufung eines nationalen Stahlausschusses, in dem ein koordiniertes nationales Stahlkonzept verbindlich vereinbart wird.

    (Beifall bei der SPD — Stratmann [GRÜNE]: Verbindlich, wie das denn?)

    Nur so kann die Position der Stahlindustrie abgesichert werden, und nur so können den betroffenen Arbeitnehmern Zukunftsperspektiven eröffnet werden.
    Wir fordern darüber hinaus, daß sich der Bundeskanzler an seine Regierungserklärung erinnert und mit dem ganzen Gewicht der Bundesrepublik das Thema Stahl und die Wettbewerbsbedingungen beim Stahl zum Thema eines europäischen Gipfels macht. Nachdem Ende November dieses Jahres auch der Bundesrat einen entsprechenden Beschluß gefaßt hat, kann der Bundeskanzler mit der vollen Rückendekkung beider Häuser endlich die Stahlkrise zum Thema eines europäischen Gipfels machen.
    Mit dem von uns verfolgten Konzept Zukunftsinitiative Montanregionen sollen vor allem die dringend benötigten neuen Arbeitsplätze im von Strukturwandel besonders benachteiligten Montanbereich geschaffen werden. Wir brauchen ein Revierprogramm, das der Bund mitträgt. Dazu gehören vor allem Ausbau und Modernisierung der Infrastruktur, Ersatzarbeitsplätze, Erschließung neuer Gewerbeflächen, Wiederbelebung von Industriebrachen, Sanierung von Altlasten und Verbesserung der Umwelt- und der Energiesituation.
    Meine Damen und Herren, wir fordern Sie auf, dieses Programm zu einer überparteilichen Initiative zu machen, so wie es in NRW im Landtag überparteilich gefordert ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir fordern Sie, falls Ihr kleinerer Koalitonspartner nicht bereit ist, da mitzumachen, auf: Lassen Sie ihn mit seinen marktradikalen Rezepten an der Seite stehen, und bekennen Sie sich zu einer sozialen Marktwirtschaft auch in der Handlung auf diesem Gebiet!

    (Beifall bei der SPD — Dr. Bötsch [CDU/ CSU]: Ist das ein Angebot zu einer großen Koalition!)

    Ich erinnere die Damen und Herren der CDU daran, daß sie an Rhein und Ruhr auch das historische Erbe von Karl Arnold zu verwalten haben. Vielleicht können wir daraus eine Gemeinsamkeit für die Zukunftsinitiative Montanregionen herleiten. Es wäre gut, wenn sich der neue Landesvorsitzende der CDU, Norbert Blüm, endlich dieser Aufgabe einer gemeinsamen Initiative für den Ruhrraum konzentriert zuwenden und uns in unserer Zukunftsinitiative Montanregionen unterstützen würde.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, wenn Sie von den Regierungsfraktionen in Ihrem Entschließungsantrag nur von der Verlängerung des Stahlstandorteprogramms reden, vergessen Sie, zu sagen, daß primär Nord-
    3548 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987
    Roth
    rhein-Westfalen dieses Programm finanziert. Wenn Sie sich beispielsweise rühmen, die Bundesregierung habe für Montan- und Schuhregion zusätzlich dreimal 60 Millionen DM ausgegeben, so möchte ich darauf hinweisen, daß Sie für die Küste für denselben Zeitraum 420 Millionen DM ausgegeben haben. Die Beschäftigten in den Montanregionen können mindestens Gleichbehandlung mit anderen Regionen erwarten.
    Diese Politik wird ja auch in Ihren eigenen Reihen kräftig kritisiert. Zitieren möchte ich Herrn Strauß: Angesichts der Zusagen — sagt er — müsse das finanzielle Zugeständnis des Bundes im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe als geradezu armselig bezeichnet werden. — Armselig! Dieses vernichtende Urteil, ist, wie gesagt, das Urteil Ihres Ministerpräsidenten in Bayern,

    (Zuruf von der SPD: Leider wahr!)

    und zwar in einer Region, wo die Abhängigkeit vom Stahl weiß Gott nicht so groß ist wie an Rhein und Ruhr und an der Saar. Wir haben seinem Urteil nichts hinzuzufügen.
    Am Schluß meiner Rede wende ich mich noch einmal an Sie von der CDU/CSU: Wollen Sie wirklich, daß 5 300 Beschäftigte in Duisburg-Rheinhausen, 5 050 in Bochum, Hattingen und Hagen, 3 600 in Dortmund, 9 250 in Duisburg, 2 400 in Düsseldorf, 4 270 in Mülheim und in Oberhausen, 1 800 in Siegen, 600 in Troisdorf, 600 in Bremen, 1 200 in Osnabrück und 2 800 in Salzgitter ihren Arbeitsplatz verlieren, ohne daß es ein Konzept Montanregionen für die Zukunft gibt? Das ist die heutige Situation.

    (Beifall bei der SPD)

    Wollen Sie tatsächlich den Kahlschlag der Montanregionen?
    Ich wende mich noch einmal ganz besonders an die 58 CDU-Mitglieder aus NRW. Sie wissen doch, was auf das Revier zukommt. Wollen Sie tatsächlich, daß in den nächsten Jahren, ohne eine neue Initiative des Bundes zu bekommen, 200 000 Arbeitsplätze im Ruhrgebiet und in den übrigen Montanregionen vernichtet werden? Wollen Sie das wirklich akzeptieren? Wollen Sie ihre Landespartei, jedenfalls Ihre Kollegen im Landtag, weiterhin im Regen stehen lassen?
    Wir fordern hier eine gemeinsame Initiative der beiden großen Parteien.
    Meine Damen und Herren, jetzt gleich spricht der Bundeswirtschaftminister, der interessiert mich heute nur sekundär. Mich interessiert der Bundeskanzler, und mich interessiert die CDU/CSU-Fraktion bezogen auf die heutige Situation in Rheinhausen, im Ruhrgebiet insgesamt. Sie wissen, was dort auf den Straßen geschieht. Eine Beruhigung wird erst eintreten, wenn Sie die Initiative Montanregionen übernehmen, wenn Sie uns unterstützen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Wenn Sie die Polemik beenden!)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Martin Bangemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns erst kürzlich mit der Situation in der Stahlindustrie beschäftigt. Seither haben sich die Dinge verschärft, ohne daß der zugrundeliegende Sachverhalt anders geworden wäre.

    (Roth [SPD]: Brüssel!)

    Nach wir vor ist der Strukturwandel kein deutsches, sondern ein internationales Problem. Nach wie vor kommt es darauf an, daß in der Europäischen Gemeinschaft dieser Strukturwandel gemeinsam bewältigt werden kann.
    Dazu gibt es aber eine Reihe von Forderungen der Opposition, die ungeeignet sind.

    (Dr. Vogel [SPD]: Ja, ja!)

    Die Forderung der Opposition nach einem nationalen Stahlverbund, nach einer einheitlichen bundesdeutschen Stahl AG nach dem Vorbild der Ruhrkohle AG oder auch die Vergesellschaftung helfen überhaupt nicht.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Was hilft denn? — Zuruf von der SPD: Das ist Ihre Meinung)

    — Eine Meinung werde ich ja wohl noch haben dürfen!

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Die würde ich gern wissen! Die muß ja nicht falsch sein!)

    Hier wird nur Aktionismus vorgetäuscht; denn dadurch — das weiß jeder — wird keine Tonne mehr Absatz möglich,

    (Dr. Vogel [SPD]: Aber vernünftige Entscheidungen werden getroffen!)

    die Verantwortlichkeiten werden verwischt, und der Arbeitsplatzabbau kann durch solche Maßnahmen nicht verhindert werden.

    (Paintner [FDP]: So ist es!)

    Wer das noch bezweifelt, möge doch das Schicksal der verstaatlichen Stahlindustrie betrachten. Wir haben verstaatlichte Stahlindustrien in der Europäischen Gemeinschaft.

    (Abg. Stratmann [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Herr Farthmann — jetzt sage ich schon „Herr Farthmann" — , Herr Stratmann, setzen Sie sich bitte hin.

    (Stratmann [GRÜNE]: Bitte nicht mit Farthmann verwechseln!)

    — Da haben Sie recht. Ich bitte um Entschuldigung, daß ich Sie mit Herrn Farthmann verwechselt habe. Trotzdem möchte ich jetzt meine Rede im Zusammenhang vortragen.

    (Stratmann [GRÜNE]: Verstehen Sie, daß Verstaatlichung etwas anderes ist? — Ja. Verstaatlichte Stahlindustrien in Italien, in Großbritannien und außerhalb der Gemeinschaft in Osterreich haben unter gar keinen Umständen anders handeln können als die private Stahlindustrie. Weltweit ist die Nachfrage zurückgegangen. Selbst die riesigen Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 3549 Bundesminister Dr. Bangemann Erhaltungssubventionen, die diese Staaten ohne jeden Zweifel an ihre Industrien gezahlt haben, haben den Arbeitsplatzabbau nicht verhindern können. Ich habe schon einmal diese Zahlen vorgetragen. Ich trage sie noch einmal vor. Da muß ich einmal den Antrag der GRÜNEN loben: Sie haben in ihrer Begründung sogar richtigerweise darauf hingewiesen, daß in diesen anderen Ländern der Arbeitsplatzabbau sehr viel stärker war als bei uns. So ist es nämlich. British Steel z. B. hat über 70 % der Arbeitsplätze verloren, USINOR und Sacilor, also in Frankreich, ebenfalls ein Beispiel einer verstaatlichten Stahlindustrie, 60 %, und in der deutschen Stahlindustrie sind es 41 %. Das heißt, die Verstaatlichung der Stahlindustrie würde nichts bewirken. Sie würde die Dinge nur schlechter machen. Eine Kapazitätsanpassung ist nicht zu vermeiden. Davon sind die Beteiligten ja auch ausgegangen, als wir von Bund und Land die Frankfurter Erklärung begleiten wollten und begleitet haben. Meine Damen und Herren, deswegen ist es hier auch gar nicht anders möglich, als mit dieser Einsicht mit der notwendigen Anpassung zu beginnen. Damit steht niemand allein. Die Bundesregierung, die Kommission, die IG Metall, die Wirtschaftsvereinigung, jeder weiß: das ist notwendig. Die Kommission schätzt diese Überkapazität in der Gemeinschaft auf 30 Millionen Tonnen. Die Weisen schätzen sie geringer ein. Wir waren uns in den Beratungen im Stahlrat darüber einig, bis zum 22. Dezember 1987 den Versuch zu machen, eine Liste vorzulegen, in der die ernsthafte Absicht der Stahlindustrien der Mitgliedsländer enthalten sein soll, Kapazität stillzulegen. Deswegen ist auch der Antrag, den die SPD-Fraktion vorgetragen hat, in seiner Begründung völlig falsch. Im ersten Anstrich dieses Antrags heißt es, auf der Tagung des EG-Ministerrats am 8. Dezember 1987 sei kein anderer EG-Mitgliedstaat bereit gewesen, auch nur annähernd einen so weitgehenden Kapazitätsabbau im eigenen Lande vorzunehmen, wie er von der Bundesrepublik Deutschland durch die genannten Vorleistungen erbracht worden sei. Dazu ist zu sagen: Wir haben überhaupt keine Vorleistungen erbracht. Es wurde überhaupt nicht darüber diskutiert, in welchem Ausmaß wo Kapazitätsabbau möglich wäre; denn das soll ja erst bis zum 22. Dezember 1987 vorbereitet werden. Deswegen ist es völlig unsinnig, zu sagen, daß kein anderer EG-Mitgliedstaat bereit gewesen sei. Im Gegenteil, die Kollegen haben ihre Bereitschaft überdeutlich zum Ausdruck gebracht. Dieser Anstrich ist völlig falsch. Genauso falsch ist das, was der Kollege Roth hier wiederholt hat. Aber es stört Sie ja gar nicht, daß Sie einfach Dinge behaupten, in die Welt setzen, die mit keinem Buchstaben korrekt sind. Das ist für mich langsam wirklich ein Skandal. In einer solchen Debatte über ein so schwieriges, ernsthaftes Thema so leichtfertig mit den Tatsachen umzugehen, hilft niemandem. Das müssen Sie sich einmal gesagt sein lassen. Im zweiten Anstrich Ihres Antrags schreiben Sie, daß der für die Stahlpolitik verantwortliche Bundeswirtschaftsminister einer Liberalisierung — — — Was gibt es nicht? — Ich lese jetzt Ihren Antrag vor, Herr Roth: daß der für die Stahlpolitik verantwortliche Bundeswirtschaftsminister einer Liberalisierung der Stahl-Gruppen IV und VI, Stabstahl und Walzdraht, zugestimmt hatte, obwohl davon die ohnehin notleidenden Stahlwerke Maxhütte und Saarstahl Völklingen besonders betroffen werden; . . . Das ist völlig falsch. Es gab keine Abstimmung über die Frage der Liberalisierung dieser beiden Kategorien. In der Diskussion gab es drei Länder, die erklärt haben, daß sie das nicht liberalisieren wollten, nämlich die Bundesrepublik, Luxemburg und Belgien. Ich habe die Kommission gefragt: Sind Sie denn nicht bereit, auch hierzu einen Vorschlag zu machen? Darauf hat die Kommission geantwortet: Niemals, nur über unsere Leiche. Alle anderen Mitgliedsländer haben erklärt, sie seien nicht damit einverstanden. (Dr. Lammert [CDU/CSU]: Das wissen die alle genau!)


    (Beifall bei der FDP)


    (Stratmann [GRÜNE]: Richtig!)


    (Stahl [Kempen] [SPD]: In den letzten 30 Jahren?)


    (Beifall des Abg. Stratmann [GRÜNE])


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    (Roth [SPD]: Die Liste gibt es nicht?)


    (Roth [SPD]: Die Liste gibt es nicht?)

    — Ich frage mich ja: Wissen sie es — dann behaupten sie hier etwas wider besseres Wissen —, oder wissen sie es nicht; dann ist es schon erstaunlich, wie sie mit den Fakten umgehen.

    (Roth [SPD]: Bei Agrarfragen ist ein Veto drin, nicht?)

    — Ach, Herr Roth: In der Agrarfrage ist ein Veto drin. Weichen Sie doch nicht aus. Das, was Sie hier produzieren, ist dem Ernst der Situation nicht angemessen. Das ist das Problem.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Schluckebier [SPD]: Was ist denn angemessen, Herr Wirtschaftsminister? — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Stahlhart bei Butter und butterweich bei Stahl!)

    — Von jedem anderen in der SPD-Fraktion hätte ich so einen Zwischenruf erwartet. Von Ihnen nicht. Da kann man einmal sehen, wie die Mitgliedschaft in so einer Fraktion selbst so gute Leute wie Sie verdirbt.

    (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf der Abg. Frau Matthäus-Maier [SPD] — Dr. Vogel [SPD]: Bei Ihnen würde noch nicht einmal das helfen!)

    3550 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987
    Bundesminister Dr. Bangemann
    Die EG-Kommission hatte ihre Vorschläge für die Fortsetzung des Quotensystems unter Bezugnahme auf den Bericht der drei Weisen am 26. November 1987 geändert. Sie schlug vor, die derzeitige Quotenregelung zu verlängern, und zwar bis zum 30. Juni 1988 für die Erzeugnisgruppen I a — also Breitband — , I b — Feinblech —, und dabei die Quoten im zweiten Quartal um 2,5 % zu erhöhen und bis Ende 1990 für die Gruppen II — Grobblech — und III — schwere Profile — , sofern sie bis zum 15. Dezember 1987 über klare Angaben verfügt und bis zum 15. März 1988 feste Zusagen für Kapazitätsreduzierungen erhält. Ansonsten sollte die Verlängerung nur bis zum 30. Juni 1988 gelten, um dann die Langprodukte — das habe ich gerade schon gesagt — zu liberalisieren.
    Wir haben uns in einer sehr schwierigen Ausgangslage befunden, die ich schon einmal beschrieben habe: Wenn die Kommission einen Vorschlag macht, wird ein solcher Vorschlag natürlich akzeptiert, wenn die anderen Länder damit einverstanden sind. Macht sie keinen Vorschlag, weil sie keine Mehrheit findet, müssen wir einstimmig einen anderen Vorschlag vorlegen. Einstimmigkeit bei den anderen zu erreichen ist nicht möglich, weil Großbritannien und die Niederlande — um nur zwei zu nennen — klipp und klar gesagt haben, daß sie gegen jede Verlängerung der Quotenregelung seien.
    Das ist die Ausgangslage, d. h. wir haben praktisch nichts in der Hand gehabt, weil die Kommission mit uns zusammen diese Situation nicht so betrachtet, wie wir das tun. Deswegen war das eine sehr schwierige Situation. Deswegen war es sehr gut, daß wir erreicht haben, daß wir noch einmal den Versuch unternehmen, bis zum 22. Dezember Indikationen über die Stillegungsabsichten der einzelnen Industrien zu erreichen und daß, wenn diese Indikationen vorgelegt werden können — wir werden uns intensiv darum bemühen — , die Kommission bereit ist, die Quotenregelung zunächst bis zum 30. Juni 1988 fortzuführen, damit dann verbindliche, konkrete Zusagen in diesem Zeitraum gegeben werden können. Jedenfalls für die Kategorien II und III hat sie es bereits erklärt, und sie hat gesagt, für die Kategorie I werde sie mit Blick auf die Marktlage dann auch einen Vorschlag machen können.
    Das ist keine Schiebeverfügung, meine Damen und Herren, das ist das beste Ergebnis, das unter diesen Umständen überhaupt zu erreichen war. Ich habe es erreicht, weil wir uns mit allen Mitteln eingesetzt haben, die uns zur Verfügung stehen. Wir haben mit jedem einzelnen — bilateral — geredet, wir haben unsere Zugeständnisse, die wir natürlich auch machen, einbringen müssen, damit diese Situation zustande gekommen ist. Das ist ein Ergebnis, das der deutschen Stahlindustrie die Möglichkeit gibt, eine Stillegung der Kapazitäten mit anderen zusammen zu organisieren, und zwar — auch das haben wir, allerdings nicht im Protokoll, sondern zunächst unter uns, vereinbart — nach einer Weise, nach einer Methode, die eine gleichgewichtige Kapazitätsstillegung möglich macht, unter Berücksichtigung der Rentabilität der Anlagen.
    Das ist übrigens am Vortag mit der IG Metall, mit der deutschen Stahlindustrie abgesprochen gewesen.
    Da sitzt der Herr Vondran, der bei der Unterredung dabei war und nachher hier auch noch das Wort ergreifen wird. Er kann es bestätigen. Wir haben das durchgesetzt, was wir am Tage zuvor mit IG Metall und Stahlindustrie als denkbares und akzeptables Ergebnis besprochen haben. Wer will denn das jetzt eigentlich noch kritisieren? Nach welchen Maßstäben soll das kritisiert werden?

    (Beckmann [FDP]: Nach den Maßstäben von Herrn Roth!)

    Es ist das beste Ergebnis, das überhaupt möglich war.

    (Stratmann [GRÜNE]: Irrtum!)

    Das ist so. Jetzt sind Sie schon etwas ruhiger geworden, und das ist auch ganz gut.

    (Schreiner [SPD]: Das kann sich schnell wieder ändern!)

    Wenn man hier etwas erreichen will, brauchen wir auch eine gemeinsame Position in diesem Hause.
    Wir werden in Zukunft vor nicht einfachen Entscheidungen stehen; denn all denen, die das hier immer wieder kritisieren, die Stillegungen im konkreten, die natürlich von den davon betroffenen Menschen nicht akzeptiert werden, muß gesagt werden: Es geht natürlich nicht beides, wir können nicht eine Gesundung der Stahlindustrie und gleichzeitig die Erhaltung jedes Arbeitsplatzes oder jedes Stahlstandortes erreichen; das ist nicht möglich.
    Diese Fortschritte dürfen aber über eines nicht hinwegtäuschen. Auch für die Kategorien I bis III wird es zu einer Verlängerung der Quoten nur kommen, wenn sichergestellt ist, daß die Quoten die Strukturen nicht konservieren. Das heißt, es muß sicher sein, daß die Umstrukturierung in allen Mitgliedsstaaten weitergeht. Das verlangt von anderen Mitgliedsstaaten noch mehr als von uns, denn leider ist es so, daß in den Ländern, in denen die Stahlindustrie verstaatlicht worden ist, der Strukturwandel bisher nicht genügend aufgegriffen worden ist. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, wie verhängnisvoll die Verstaatlichung wirkt.

    (Stratmann [GRÜNE]: Das stimmt wiederum nicht!)

    Die Kritik von Frau Fuchs, die sich genauso in dem Sinne profiliert, wie ich es gestern schon bei der Kohledebatte kritisiert habe — man darf in dieser schwierigen Situation nicht als Bandstifter auftreten —,

    (Urbaniak [SPD]: Auch nicht als Demonteur, Herr Bangemann!)

    die Quotenregelung werde zwar verlängert, aber gleichzeitig müßten Arbeitsplätze abgebaut werden, zeugt von dieser mangelnden Kenntnis der Zusammenhänge.

    (Beifall bei der FDP)

    Ich kann die Verlängerung der Quotenregelung überhaupt nur erreichen, wenn die Gemeinschaft bereit ist, Arbeitsplätze abzubauen. Ist das nun nicht endlich einmal zu verstehen? Das ist der Zusammenhang, ohne den es eine Regelung nicht gibt.
    Deswegen, meine Damen und Herren, werden wir um weitere Stillegungen weder bei uns noch in anderen Mitgliedsstaaten herumkommen. Wir sind gerade
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 3551
    Bundesminister Dr. Bangemann
    dabei, die politischen Widerstände in anderen Mitgliedsländern zu überwinden, die dieser Stillegung noch entgegenstehen.

    (Zuruf von der SPD: Politische Widerstände!)

    — Ja, das sind politische Widerstände. Das ist ja gerade das Verhängnisvolle: Wenn eine Stahlindustrie verstaatlicht ist, dann tritt der seltsame Zustand ein, den wir in zwei Mitgliedsländern erlebt haben, daß das Management dieser Unternehmen erklärt: Betriebswirtschaftlich müßten wir stillegen, wir dürfen aber nicht, weil unsere Regierung es uns nicht erlaubt. So sieht das dann nämlich aus. Dann werden wirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Verantwortlichkeiten verwischt, man wurstelt, durch politische Zwänge veranlaßt, vor sich hin, und das Schicksal der Menschen wird durch die totale Möglichkeit, Arbeitsplätze zu verlieren, immer bedrohlicher. Man braucht sich da nur in Nachbarländern umzugucken, wo die Stahlindustrie verstaatlicht ist, da stellt man fest, daß es da so aussieht. Im übrigen, meine Damen und Herren, wird man, wenn man das einmal untersucht, auch feststellen

    (Abg. Stratmann [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — setzen Sie sich bitte hin, ich will's nicht dreimal sagen — , in welcher Weise ein Management Kosten produziert, wenn es weiß, daß es auf den Steuersäckel zurückgreifen kann. Die Kostensituation der verstaatlichten Stahlindustrie, z. B. in Italien, ist katastrophal. Warum? Weil man dort genau weiß, daß der Staat ihre Verluste bei Bedarf abdecken wird. Deswegen ist das kein Weg.
    Nach dem EGKS-Vertrag kann der Rat der Kommission nur einstimmig zur Pflicht machen, Quoten einzuführen oder zu verlängern. Deswegen, meine Damen und Herren, müssen wir angesichts der Kommission gemeinsam eine Position erreichen, bei der eine Quotenverlängerung möglich ist.
    Diese Quotenverlängerung wird als Mittel zur Gesundung der Stahlindustrie nur dann funktionieren, wenn gleichzeitig die Subventionsdisziplin eingehalten wird. Die Bundesregierung hat im Rat nachdrücklich darauf hingewiesen, daß der Subventionskodex strikt eingehalten werden muß und ein neuer Subventionswettlauf zu verhindern ist. Die Kommission hat noch einmal bestätigt, daß sie das tun wird. Ich denke, daß das nicht allein Italien oder andere Mitgliedsländer der Gemeinschaft betrifft, sondern das betrifft auch uns. Ich appelliere noch einmal an alle Landesregierungen, jegliche Subventionierung, die gegen den Subventionskodex verstößt, zu unterlassen und gar nicht erst zu beabsichtigen. Denn wenn wir selber den Subventionskodex verletzen, verliere ich jede Möglichkeit, die Verletzung des Subventionskodexes bei anderen abzustellen. Ich sage das vor den praktischen Hintergründen, vor denen man leider auch bei uns Stahlpolitik machen muß. Denn die Landesregierungen, die davon betroffen sind, sind hier genauso gefragt wie die Bundesregierung. Ich kann in Brüssel nicht sagen: Es tut mir leid, das war nicht die Bundesregierung, sondern das war eine Landesregierung. Natürlich wird die Bundesrepublik in Brüssel vernünftigerweise als Ganzes genommen. Da werden Verfehlungen von Landesregierungen der Bundesrepublik insgesamt zugeschrieben.
    Wir haben auch zum erstenmal einen konkreten Vorschlag der Kommission zur sozialen und regionalen Flankierung; auch das haben wir erreicht. Als die Kommission begonnen hat, diese Vorstellungen vorzutragen, hatte sie noch keine einzige Überlegung zur regionalen und sozialen Flankierung angestellt. Erst auf unser Drängen hin ist das ergänzt worden und wird das mit Mitteln auch aus dem Haushalt der EGKS ausgestattet. Das bietet eine Möglichkeit, zusätzliche Arbeitsplätze in diesen Regionen neu zu schaffen oder den Strukturwandel sozial akzeptabel zu machen.

    (Müntefering [SPD]: Heißt das Zustimmung zur „Zukunftsinitiative Montanregionen"?)

    — Die Kommission, Herr Kollege, wird nur vernünftige Initiativen akzeptieren, d. h. die von Ihnen genannte in dieser Form sicher nicht, jedenfalls so lange nicht,

    (Zuruf des Abg. Menzel [SPD])

    wie sich nicht einmal die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen darüber einig ist, wie das überhaupt finanziert werden soll.

    (Zuruf von der SPD: Unsinn!)

    Ich habe meinen Augen nicht getraut, als ich gestern einen Ticker einer Nachrichtenagentur las, in dem es hieß — —

    (Menzel [SPD]: Die Landesregierung fühlt sich den Menschen gegenüber — im Gegensatz zu Ihnen — noch verantwortlich! Reden Sie nicht von Brandstifter, wenn Sie so etwas ablehnen! — Gegenrufe von der CDU/ CSU)

    — Ja, den Menschen gegenüber kann man eine solche Haltung der Landesregierung von NordrheinWestfalen nun in der Tat nicht mehr verantworten. —

    (Erneute Zurufe von der SPD)

    Ich will das hier einmal verlesen, meine Damen und Herren, damit deutlich wird, wie diese Landesregierung dieses schwerwiegende Problem behandelt:

    (Günther [CDU/CSU]: Nichtstuer sind das!)

    Die Frage von Landeshilfen zur Schaffung zukunftssicherer Arbeitsplätze in den Kohle- und Stahlregionen hat die nordrhein-westfälische SPD-Regierung entzweit. Am Tage massenhafter Aktionen von Stahlwerkern und anderen Arbeitnehmern im Ruhrgebiet suchte NRW-Wirtschaftsminister Reimut Jochimsen mit der Erklärung die Öffentlichkeit, notfalls werde das Land — über alle finanzpolitischen Bedenken hinweg — allein das Zwei-Milliarden-Zukunftsprogramm Montanregionen tragen, das bislang der Bund mit zwei Dritteln mitfinanzieren wollte. Davon wollte aber Finanzminister Diether Posser nichts wissen. Und aus der Staatskanzlei von Ministerpräsident Johannes Rau hieß es lapidar: Einen Kabinettsbeschluß dazu gibt es nicht. Rau sei
    3552 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987
    Bundesminister Dr. Bangemann
    im übrigen für eine Stellungnahme zu diesem Thema nicht verfügbar.

    (Menzel [SPD]: Was wollen Sie denn damit sagen? — Zurufe von der FDP und der CDU/ CSU: Hört! Hört!)

    Außerdem machte Regierungssprecher Helmut Müller-Reinig deutlich, er könne nicht den Schiedsrichter zwischen zwei Ministern spielen.

    (Lachen bei der FDP und der CDU/CSU)

    Damit blieb die Kabinettslinie weiter im dunkeln. Der interessierte Ruhrarbeitnehmer wird sich möglicherweise nun fragen, in welchem Umfang die Landesregierung die Schaffung neuer Arbeitsplätze fördern will.
    Das ist die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen in einer solchen Situation, meine Damen und Herren!