Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits die Buschhaus-Debatte des Jahres 1984 hat gezeigt,
wie schwer es ist, zu einer wirklich sachgerechten Bewertung des komplizierten Sachverhalts zu kommen, wenn die Diskussion gezielt emotionalisiert wird, wenn Aufheizung an die Stelle von Aufklärung tritt und wenn einige Mitwirkende nicht die Frage stellen: Was ist nun wirklich? sondern: Wie kann ich die Dinge so hindrehen, daß sie mir parteipolitisch nützen? Leider hat ein Teil der Debattenbeiträge heute morgen diesen Eindruck wieder deutlich unterstrichen.
Meine Damen und Herren, damit es keinen Zweifel gibt: Wie auch in allen anderen wichtigen Bereichen darf in der Frage Buschhaus nichts vertuscht und nichts verschwiegen werden.
Das gilt natürlich für die zuständigen Aufsichtsbehörden und die Politik, aber das gilt natürlich ganz besonders auch für die Verantwortlichen, den Betreiber der Anlage, der eben die unmittelbare Verantwortung für den Betrieb trägt.
Da muß ich sagen: Was sich die Unternehmensleitung der BKB hier geleistet hat, beweist einen beträchtlichen Mangel an Sensibilität — und dies ist noch sehr freundlich ausgedrückt.
Wenn der zuständige Staatssekretär im niedersächsischen Umweltministerium noch bei einem Besuch am 5. — —
— Nun randalieren Sie nicht! Hören Sie mal einen Augenblick zu!
Wenn der Staatssekretär im Umweltministerium dort bei einem Besuch am 5. November in Buschhaus über die tatsächlich bestehenden Probleme im unklaren gelassen wird, so muß wohl Absicht unterstellt werden.
Dies ist in Anbetracht der Vorgeschichte und des bekannten politischen Umfeldes ein Skandal und das Gegenteil von unternehmerischer Verantwortung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Kollegen haben zum Bereich Umwelt und den damit zusammenhängenden Fragen hier schon Stellung genommen. Ich möchte mich stärker dem Problem Sicherung der Arbeitsplätze zuwenden. Dazu hat es ja heute schon, wie auch 1984, einige sehr lautstarke Erklärungen gegeben. Bloß die Antwort auf die Frage, wie dies geschehen solle, sind die Kollegen der Opposition leider schuldig geblieben.
Bei der Debatte 1984 ist immer wieder gesagt worden, Buschhaus darf ohne Rauchgasentschwefelungsanlage nicht in Betrieb gehen, selbst dann nicht, wenn mit einer Inbetriebnahme eine deutliche Verbesserung der Umweltsituation gewährleistet ist. Was damals wie heute übersehen wurde, ist die Tatsache, daß für die Rauchgasentschwefelung bei der Verstromung von Salzkohle weltweit keine einzige funktionierende Anlage existierte. Im Gegenteil: Buschhaus ist die erste Anlage dieser Art. Es handelt sich hier — es ist schon mehrfach gesagt worden — nicht um einen Kaffeefilter, sondern um eine große chemische Fabrik
mit dem Umfang von fünf Fußballfeldern und einem Investitionsvolumen von weit über 400 Millionen DM. Nur ein Narr konnte glauben, daß eine solche Pilotanlage vom Punkt Null an sofort reibungslos funktioniert.
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 3545
Lattmann
Nein, dies zeigt etwas anderes — auch das ist schon gesagt worden — : daß die technischen Prozesse ihren eigenen Gesetzen unterliegen und nicht von politischen Glaubensbekenntnissen ersetzt werden können.
Wären wir der damaligen Aufforderung gefolgt, die von Ihrer Seite an uns gerichtet worden ist, dann wäre Buschhaus heute noch nicht am Netz, und es wären statt des Rauches eine Fülle von Arbeitsplätzen durch den Schornstein gegangen.
Damit komme ich zu meinem letzten Punkt. Wir brauchen — das ist hier mehrfach betont worden — eine vernünftige Abstimmung zwischen den Belangen des Umweltschutzes und den Erfordernissen des Erhaltes von Arbeitsplätzen.
Das gilt ganz besonders für den Raum Helmstedt, in dem Buschhaus liegt. Dies ist äußerstes Zonenrandgebiet, mit all den Problemen, die es dort gibt. Für die Zukunft dieses Raumes ist es nun einmal entscheidend, daß es gelingt, hier eine umweltverträgliche Verstromung der Salzkohle, die es in dieser Gegend ausreichend gibt, zu erreichen. In Buschhaus wird dieser Versuch erstmalig gewagt. Er darf nicht zu Fall gebracht werden, erst recht nicht von denen, die unter dem Vorwand des Umweltschutzes hier ganz andere Ziele verfolgen.
In diesem Zusammenhang will ich doch noch einen Punkt ansprechen, der für den Verlust an Glaubwürdigkeit bezeichnend ist, den Sie hier zu verantworten haben. Es ist schon eine schlimme Sache, wen beispielsweise der Senat der Hansestadt Hamburg
— dessen Bürgermeister in der letzten Wochen hier wüst gegen ein Gesetz polemisiert hat, das zusätzliche Mittel zur Überwindung der Strukturprobleme nach Niedersachsen bringt —,
eine Initiative zur Änderung des Zonenrandförderungsgesetzes ergreift mit dem Ergebnis, daß ein Raum wie der Landkreis Helmstedt und andere strukturschwache Gebiete im Zonenrandbereich völlig aus der Förderung herausfallen.
Das ist die Art und Weise, wie Sie mit strukturschwachen Gebieten umgehen. Ich sage Ihnen: Dies stößt auf unseren erbitterten Widerstand. Wir werden alle Anstrengungen unternehmen, daß dies unterbleibt
— ebenso wie der Versuch, hier mit vordergründigen Argumenten Helmstedt und Buschhaus zu schädigen.
Wir — das darf ich abschließend sagen — , die CDU/ CSU, stehen voll auf dem Boden der Entschließung der IG Bergbau und Energie in Helmstedt. Wir werden alles tun, damit die technischen Pannen beseitigt und die Dinge vorangetrieben werden.