Rede von
Harald B.
Schäfer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Buschhaus, das ist zwischenzeitlich die unendliche Geschichte, wie insgesamt umweltpolitische Glaubwürdigkeit verspielt wird.
Buschhaus ist zwischenzeitlich die unendliche Geschichte, wie sich die politisch Verantwortlichen im nachhinein aus der Verantwortung stehlen wollen. Herr Remmers kann nicht mehr anwesend sein. Das ist ein Musterbeispiel. Er war voll informiert. Er erklärt seine Beamten zu den eigentlich Schuldigen.
Meine Damen und Herren, dabei hat es mit Buschhaus ja gut angefangen. Am Anfang stand der gemeinsame Beschluß dieses Hauses, aus energiepolitischen Gründen — aus Gründen des Kohlevorrangs sowie aus arbeitsmarktpolitischen Gründen — dieses Kohlekraftwerk in der Gegend von Helmstedt zu errichten. Ein zweiter Schritt war der gemeinsame Beschluß des Deutschen Bundestages vom Juni 1984, also der Beschluß von CDU, CSU, SPD, FDP und GRÜNEN zu Buschhaus.
Ich will die drei Elemente des Beschlusses nennen:
Erstens. Das Kraftwerk Buschhaus darf erst nach Einbau einer Rauchgasentschwefelungsanlage in Betrieb gehen.
Zweitens. Die Beschäftigung der Arbeitnehmer ist auch bis zu diesem Zeitpunkt sicherzustellen.
Und schließlich: Die bisherige Schwefeldioxidemission im Raum Helmstedt muß bis zu diesem Zeitpunkt reduziert werden.
Dieser Beschluß — bei wenigen Enthaltungen und einer Gegenstimme vom ganzen Bundestag gefaßt — war damals richtig, und er ist — das zeigt auch die Debatte in der heutigen Stunde — auch in den letzten drei Monaten richtig gewesen. Sie von der Koalition mußten diesen Beschluß auf Druck von Herrn Albrecht kippen, weil Herr Albrecht nicht einsehen wollte, daß Arbeit und Umwelt zusammengehören.
Meine Damen und Herren, deswegen tragen Sie von der Koalition auch Mitverantwortung für Buschhaus. Das ist ein weiteres Beispiel für die CDU-Schlamperei im Norden unseres Landes.
Herr Töpfer, zu Ihnen. Sie sagen zu Recht: Wir müssen bei allen Maßnahmen, die wir auf dem Gebiet der Umweltpolitik beschließen, auch auf den Vollzug achten. Wir — ob Bund oder Land — müssen also unserer Aufgabe der Vollzugskontrolle gerecht werden. Wir alle beklagen ein Vollzugsdefizit. Jetzt frage ich Sie — den Vorlauf, was Buschhaus angeht, haben Sie schon als rheinland-pfälzischer Minister mitbekommen — : Was hat denn die Bundesregierung unternommen, um zu kontrollieren, ob die über hundert Millionen DM an Bundesmitteln, die nach Buschhaus geflossen sind, auch tatsächlich für den verwendeten Zweck eingesetzt worden sind? Wo haben Sie sich denn mit Ihrem Kollegen Remmers verständigt?
Nach den Informationen jetzt erklären Sie, Herr Töpfer: Ich lasse prüfen. — Töpfer erwägt Rückforderung von Steuergeldern, falls die Rauchgasreinigungsanlage des umstrittenen Kohlekraftwerks Buschhaus bei Helmstedt auch künftig nicht funktioniert — auch künftig nicht funktioniert. Eben haben Sie erklärt: Die Rauchgasentschwefelungsanlage funktioniert eigentlich — nicht vollständig, wie wir wissen. Wir werden jedenfalls dankbar sein, Herr Töpfer, wenn Sie uns im Umweltausschuß im Januar den Bericht vorlegen, was Sie unternommen haben und gegen welche Bestimmungen gegebenenfalls verstoßen worden ist.
Ich will zum Schluß noch einmal die Position der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion festhalten.
3544 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987
Schäfer
Unsere sozialdemokratische Position für Buschhaus ist klar.
Sie hat sich seit 1984 nie geändert.
Erstens. Wir sind für die umweltfreundliche Verstromung der Kohle in Buschhaus.
Das Kraftwerk Buschhaus soll in Betrieb bleiben.
Zweitens. Zum Schutze der Umwelt und der Gesundheit der in der Region lebenden Menschen dürfen dabei die vorgesehenen Grenzwerte nicht überschritten werden. Dies gilt auch für die 35 000 t Schwefeldioxid pro Jahr, die als Voraussetzung für die Genehmigung in Buschhaus gelten.
Drittens. Bis die Rauchgasentschwefelungsanlage voll, wie beabsichtigt ist, funktionsfähig ist, muß sichergestellt werden, daß den dort beschäftigten Arbeitnehmern keine Arbeitsplatznachteile entstehen.
Die dort beschäftigten Arbeitnehmer dürfen nicht zum Opfer einer verfehlten Politik der niedersächsischen Landesregierung und technischer Schwierigkeiten werden. Ihnen gilt unsere Solidarität.
Arbeit und Umwelt, nicht: Arbeit oder Umwelt, das ist die sozialdemokratische Antwort auf die Hauptherausforderung der deutschen Innenpolitik.