Rede von
Erwin
Stahl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist interessant, verehrte Kollegen von der CDU/CSU, wie Sie das Thema heute behandeln, Herr Schmidbauer. Ich erinnere nur an die beiden Diskussionen und die Aktuelle Stunde der FDP zu Ibbenbüren und daran, was Sie im Plenum des Bundestages alles an Unverschämtheiten zu diesen Fall vorgetragen haben.
— Das muß man Ihnen doch einmal vorhalten. „Doppelzüngigkeit" war noch eines der freundlichsten Worte. Heute geht es in der Aktuellen Stunde — lassen Sie mich das sagen; Herr Baum, auf Sie möchte ich besonders eingehen — , nicht um die Informationspolitik des Unternehmens. Das Unternehmen hat informiert. Lesen Sie einmal das Protokoll des Landtags.
Herr Remmers, ich wundere mich auch, daß Sie den Mut haben, viele der falschen Meldungen, die Sie ver-
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987 3541
Stahl
breitet haben, hier vor dem Deutschen Bundestag noch einmal aufzunehmen.
Denn unbestritten ist doch wohl, daß Ihnen schon vor September mitgeteilt wurde, daß es dort mit der Technologie nicht richtig klappt. Die Briefe an die Gewerbeaufsicht, die Briefe an den Regierungspräsidenten, die dann gebündelt Ihrem Ministerium zugeleitet wurden,
sind doch schon Ende September bei Ihnen angekommen.
Dann stellt sich nicht die Frage nach der schlechten Informationspolitik der Hersteller und Betreiber, sondern es stellt sich einfach die Frage nach der Schlamperei im Ministerium für Umwelt der niedersächsischen Landesregierung.
Dies ist eine Feststellung. An Hand des Protokolls, verehrter Herr Remmers, werden Sie das feststellen. Herr Albrecht hat doch nicht grundlos vor dem Landtag gesagt, er müsse alles allein tun;
er könne sich — das sage ich jetzt mit meinen Worten — auf seinen Minister nicht verlassen. Das ist ja unbestritten. Lesen Sie es nach. Im Protokoll steht es.
Interessant ist z. B., Herr Remmers, daß — jetzt müssen Sie das einmal sagen — am 3. Dezember bei Ihnen im Haus ja noch eine Presseerklärung abgegeben wurde, in der gesagt wurde: Wenn zum Vorschein kommt, daß vom Unternehmen Fehler gemacht wurden und Sie hintergangen wurden, dann unternehmen Sie juristische Schritte. — Sagen Sie doch einmal hier vor dem Plenum des Bundestages, wo denn nun wirklich die Schlamperei bei Ihnen im Hause aufgetreten ist.
Wenn Sie von Anfang September bis Anfang Dezember noch nicht einmal die Briefe, die Stellungnahmen und die gutachtlichen Stellungnahmen der Gewerbeaufsicht im Zusammenhang mit der Durchführung des technologischen Prozesses auf den Tisch bekommen haben, dann frage ich mich allen Ernstes, verehrte Kollegen von der CDU/CSU und verehrter Herr Umweltminister — Sie sind ja auch an der Geschichte beteiligt; dazu komme ich gleich — , wie Sie Ihre Verantwortung als Landesregierung gegenüber den Menschen und gegenüber den Arbeitnehmern dort wahrgenommen haben.
Sie benutzen den juristischen Streit bezüglich des Genehmigungsverfahrens und der Auslegung, den
Sie bewußt angezettelt haben, um draußen öffentlich darzustellen, daß Sie sozusagen der weiße Rabe sind und das Unternehmen drüben der schwarze Rabe ist.
Unbestritten ist ja wohl, Herr Remmers, daß in der Genehmigung von einem Probebetrieb die Rede ist. Diesen haben Sie als Landesregierung doch genehmigt. Dieser Probebetrieb ist zeitlich nicht festgelegt, sondern dort heißt es „nach Maßgabe und Notwendigkeit". Das ist doch wohl unbestritten. Sie versuchen jetzt, der BKB und den Leuten dort den Schwarzen Peter zuzuschieben.
Ich will Ihnen sagen: Ich finde, das ist nicht in Ordnung. Interessant ist, wie Sie Ihre Veranwortung wahrnehmen. Laut Protokoll sprachen Sie im Landtag davon, der Bau einer derartig komplizierten Anlage sei vergleichbar mit dem Bau eines Hauses und daß der Architekt dabei kleine Fehler anmeldet. Herr Remmers, so steht es wortwörtlich im Protokoll des Landtages.
Ich finde es eigentlich beschämend, fast unverschämt, wenn ein Landesminister im Zusammenhang mit einem der größten und kompliziertesten technologischen Vorhaben, die er im Lande zu betreuen hat, davon so spricht: Da wird ein Einfamilienhaus gebaut, und im Vorbeigehen sagt mir der Architekt: Da gibt es gewisse Schwierigkeiten, aber dies ist ja allgemein so. —
Dies ist der Punkt. Herr Remmers, wir fordern Sie als Sozialdemokraten auf, dort einen Stufenplan zu erstellen und den Menschen zu helfen. Vor allen Dingen, Herr Remmers, fordern wir Sie auf, die Schlamperei in Ihrem Hause endlich zu beseitigen.