Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann verstehen, daß dieser Rückschlag — ich sage das gleich —, den wir bei unserem Projekt Buschhaus erlitten haben, Erregung hervorruft. Wir haben einen Rückschlag erlitten; das gebe ich unumwunden zu. Es sind auch sonst Dinge, was Kontrolle, was Informationspolitik angeht, seitens des Unternehmens, aber auch bei uns in der Gewerbeaufsicht nicht so — —
— Nein. Ich denke, daß Sie darüber jetzt nicht einen Einzelvortrag hören wollen. — Ich sage klipp und klar: Beides ist passiert. Die Gewerbeaufsicht hat nicht hinreichend sensibel gearbeitet, aber auch die Informationspolitik des Unternehmens ist nicht so gewesen,
3536 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 50. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1987
Minister Dr. Remmers
wie sie im Hinblick auf diese schwierige Sache hätte sein müssen.
Das Entscheidende ist: Wenn man einen Rückschlag erlitten hat, dann kann man hier nun nicht kommen und sagen, wie das gerade von Herrn Brauer getan worden ist, als wenn das alles Schritt für Schritt eine üble Täuschung gewesen ist. Dies ist völlig falsch. Hier geht es vielmehr darum, daß wir mit einem wirklich schwierigen, für uns in dieser Anwendung im Grunde neuen technischen Verfahren an die Probleme herangegangen sind, und hierbei haben wir — ich sage es noch einmal — einen Rückschlag erlitten. Aber wir lassen uns nicht entmutigen, sondern wir werden jetzt mit diesen Schwierigkeiten fertig werden. Wir werden unser ehrgeizig gestecktes Ziel erreichen.
Ich darf noch einmal in Erinnerung rufen, meine Damen und Herren: Wir haben damals vereinbart: erstens die schnellstmögliche Errichtung einer Rauchgasentschwefelungsanlage für Buschhaus mit bestmöglichem Wirkungsgrad, zweitens die vorzeitige Entschwefelung der Kraftwerke im Helmstedter Revier, d. h. früher, als bei Altanlagen vorgesehen, und drittens eine zusätzliche Mengenbegrenzung der SO2-Emissionen über die geltenden Vorschriften hinaus im Rahmen eines Stufenplanes. Dieser Stufenplan ist zunächst eingehalten worden. Mit der Inbetriebnahme des Kraftwerks Buschhaus am 30. Juli 1985 wurden im ersten Betriebsjahr nur noch 120 000 Tonnen SO2 und im zweiten Betriebsjahr nur noch 110 000 Tonnen SO2 emittiert. Damit wurde der Emissionsminderungsplan eingehalten.
Wir haben Schwierigkeiten gehabt. Trotzdem möchte ich mit genauen Zahlen arbeiten. Wenn wir die kritischen Monate, die jetzt in diesem Jahr hinter uns liegen, mit den entsprechenden Monaten des Vorjahres vergleichen, dann hatten wir von Juli bis November 1986, bezogen auf die BKB-Kraftwerke, immerhin rund 40 000 Tonnen,
zwischen Juli und November 1987 dagegen nur noch 23 000 Tonnen. Das heißt, es ist trotz der zwischenzeitlich aufgetretenen Schwierigkeiten und trotz der Fehler real sogar besser geworden; wegen der Ausreißer allerdings nicht so viel besser, wie wir jetzt schon hatten erreichen wollen. Aber man muß fairerweise sagen, daß die Firma durch Reduktion der Kapazität versucht hat, hier einen größeren Schaden zu vermeiden. Das muß man auch einmal sagen dürfen. Mit anderen Worten: Insoweit ist der Stufenplan für die ersten beiden Jahre eingehalten worden.
Die Rauchgasentschwefelungsanlage wurde unter größten Anstrengungen aller Beteiligten am 30. Juni 1987 errichtet. Aber es gab von Anfang an — auch das soll nicht verschwiegen werden — Schwierigkeiten, die zunächst nicht als solche grundsätzlicher Natur angesehen wurden, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt. Diese waren nämlich im Oktober im chemischen Bereich, im prozeßtechnischen Bereich so gravierend, daß gegen Ende Oktober die Firma Davy McKee sagte, sie bekomme das nicht in den Griff, und zwar in einem grundsätzlichen Sinne, über das hinausgehend, was Herr Laufs vorhin gesagt hat. An der Lösung dieser Probleme muß jetzt mit Nachdruck gearbeitet werden.
Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen: Die technischen Schwierigkeiten haben dazu geführt, daß das in der Zwischenzeit nicht so gelaufen ist und daß es doch erhebliche Ausreißer gegeben hat.
— Nicht bewußt nichts unternommen. —
Solange die grundsätzliche Problematik noch nicht bestand und man damit rechnen konnte, daß man die Probleme lösen konnte, mag man das zu milde beurteilt haben. Dem werde ich auch nachgehen. Das habe ich in aller Deutlichkeit gesagt. Das kann uns doch nicht davon abhalten, nun zu sagen: Jetzt setzen wir das Ziel durch, das wir uns gesteckt haben.
Ich sage jetzt im Klartext — damit das hier im Bundestag als Äußerung der Landesregierung auch klar ist — , daß wir darauf bestehen, daß die Anlagen entsprechend den erteilten Genehmigungen die vereinbarten und genehmigten 35 000 Jahrestonnen SO2 einhalten.
und eine SO2-Massenkonzentration von 400 mg/m3 künftig nicht überschritten wird.
Hier gibt es — darauf zielt ja offensichtlich der Zuruf von Herrn Brauer — Rechtsstreitigkeiten. Die BKB sagt: Ist das nicht doch ein Versuchsbetrieb? Wir haben gesagt: Wir lassen uns hier nicht auf juristische Wortklaubereien ein. Ob sie nun ihren Rechtsstandpunkt aufrechterhält oder nicht, soll uns egal sein. Wir bestehen in der Sache darauf, daß sofort der Wert von 400 mg und auch die 35 000 Jahrestonnen SO2 eingehalten werden,
bezogen auf dieses kritische Jahr, vom Juli an.
Das ist meine Verhandlungsposition, die ich — nun lassen Sie mich das doch sagen — in diesen Tagen ausverhandle. Dies ist die Position, die ich hier vortrage.
Meine Damen und Herren, dies bedeutet für das Unternehmen zweifellos weitere Einschränkungen gravierender Art. Wir sind gerade dabei, auch heute
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nachmittag noch, dies in weiteren Verhandlungen auch von der Technik her durchzusetzen,
und zwar ohne Arbeitsplätze zu gefährden. Hier geht es vor allen Dingen auch darum, daß wir nicht so drastisch drosseln, daß wir die Prozeßwärme für die Phoenix-Gummiwerke — dort geht es um 650 Arbeitsplätze — gefährden.
Auch dafür werden wir eine Lösung finden, die keine zusätzliche, sondern sogar noch eine reduzierte Luftschadstoffbelastung bedeutet. Das werden wir in den nächsten Tagen, wenn die Verhandlungen so laufen, wie ich mir das vorstelle, sagen können.
Ich sage Ihnen zum Schluß: Wir werden den Buschhaus-Vertrag mit aller Konsequenz verfolgen. Dieses Projekt steht nach wie vor für die Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie, für die Bewältigung der Luftbelastungsproblematik, und die schwierige Aufgabe der Sicherung der Arbeitsplätze in diesem Raum.
— Ich habe ja zugegeben, daß wir hier einen Rückschlag erlitten haben, aber wegen des Rückschlages allein — wir bleiben ja bei den gesteckten Zielen — ist dies doch keine Katastrophe.
Ich wundere mich, daß manche angesichts der Schwierigkeiten, die ich ja eingestehe, schadenfroh sind. Sie sollten auch einmal darüber nachdenken
— gerade diejenigen, die schnell aus der Kernenergie heraus wollen — , was sie denn wohl wollen, wenn sie noch mehr auf Kohle setzen und das dann nicht funktioniert. Auch das müssen Sie überdenken.