Rede von
Ursula
Eid-Simon
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe ja gesagt, daß internationale Organisationen in Zusammenarbeit mit diesen Organisationen dort Nahrungsmittelhilfe verteilen können. Ich habe also im Prinzip das vorweggenommen, was Sie jetzt noch einmal bestätigt haben wollten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines ist uns hoffentlich allen klar: Nahrungsmittelhilfe kann nur im äußersten Notfall eingesetzt werden, um die Not zu lindern und Menschen vor dem Hungertod zu bewahren. Noch wichtiger, um eine der wesentlichen Ursachen des Hungers zu beseitigen, ist eine gerechte, friedliche Lösung der militärischen Konflikte in Äthiopien und insbesondere des Eritrea/ÄthiopienKonfliktes, dem eine gewisse Schlüsselrolle für einen Frieden am gesamten Horn von Afrika zukommt.
Ich bin zutiefst enttäuscht, daß es die Bundesregierung versäumt hat, anläßlich des Besuches des äthiopischen Vizepräsidenten vor vier Wochen in Bonn auf eine gerechte, friedliche Lösung der militärischen Konflikte zu drängen.
Will die Bundesregierung die äthiopischen Militärs vor Kritik schützen, um sie über Nahrungsmittelhilfe, finanzielle und technische Hilfe wieder in das westliche Lager zurückzugewinnen? Glaubt die Bundesregierung im Ernst, daß sich durch die Verfassungsgebung und die manipulierten und gefälschten Wahlen zu einer Volksversammlung irgend etwas am Charakter der Militärregierung verändert habe? Wie war es denn in dem eritreischen Dorf namens Keru? Hier wurde der Kommandeur der äthiopischen Streitkräfte in Eritrea, Generalmajor Regasa Jimma, gewählt. Tatsache ist, dieses Dorf existiert seit Jahren nicht mehr, es wurde von der äthiopischen Armee im Krieg gegen die eritreische Befreiungsbewegung dem Erdboden gleichgemacht.
Keine Anzeichen sprechen dafür, daß durch das Autonomieangebot an Eritrea dort Frieden einkehrt. Für mich sind diese Schritte nichts anders als Imagepflege eines in Mißkredit geratenen Regimes. Nach meinen neuesten Informationen planen die Äthiopier eine neue Militäroffensive in Eritrea.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wenn die westliche Welt Äthiopien in ihr Lager zurückgewinnen will, ohne daß eine gerechte, friedliche Lösung für die militärischen Konflikte gefunden wird, dann müßte sie auch die militärische Unterstützung übernehmen, die bisher von der Sowjetunion geleistet worden ist; denn nur unter dieser Bedingung kann sich die Regierung an der Macht halten. Dies kann weder im Interesse der äthiopischen und eritreischen Völker noch im Interesse der Bundesrepublik liegen.
Herr Staatssekretär Köhler — das gleiche würde ich auch an Herrn Staatsminister Schäfer richten — , sollte Äthiopien auf Ihrer Reiseliste stehen, so appelliere ich an Sie, Ihren Einfluß in Addis Abeba für eine friedliche Lösung der kriegerischen Konflikte in Äthiopien zum Wohle der betroffenen unterdrückten Völker geltend zu machen.
Sie wissen, der Kreig zwischen Äthiopien und Eritrea wird aus außenpolitischen Gründen verschwiegen. Helfen Sie mit, die Mauer des Schweigens zu durchbrechen!
Lassen Sie mich zum Schluß noch ganz kurz etwas zu dem von der CDU/CSU und der FDP vorgelegten Antrag „Ernährungssicherung in Hungerregionen" sagen. Er beschäftigt sich nicht mit den Ursachen und Strategien zur Bekämpfung des Hungers. Tatsächliche Ernähungsstrategien müßten sich mit den Auswirkungen der Weltwirtschaftsordnung, der Schuldenlast der Entwicklungsländer, der ungerechten Handelsbeziehungen, der ungerechten Agrarordnung und ökologischen Fragen beschäftigen. Insofern wäre ein bescheidenerer Titel wie etwa „Nahrungsmittelnothilfe in Hungerregionen" treffender gewesen.
Da jetzt aber tatsächlich geholfen werden muß, stimmt meine Fraktion auch diesem Antrag zu. Zugunsten des interfraktionellen Antrags „Nahrungsmittelhilfe an Äthiopien" ziehe ich den Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN zurück.
Vielen Dank.