Rede von
Günther Friedrich
Nolting
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Heistermann, was Sie hier vorgetragen haben, war eine pauschale Verunglimpfung sämtlicher Vorgesetzten in der Bundeswehr. Anders kann ich das nicht bezeichnen.
— Ja, das sollte man wirklich fragen. Ich frage auch jene SPD-Abgeordneten, die selber Vorgesetzte in der Bundeswehr waren, wie sie zu den Ausführungen ihres Kollegen Heistermann stehen.
In diesem Zusammenhang erachte ich es auch noch als wichtig, daß unsere Soldaten, vor allem die Wehrpflichtigen, über ihre Beschwerderechte von den Vorgesetzten umfassend informiert werden. Es macht
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987 3505
Nolting
mich fürwahr nachdenklich, daß wir eine abnehmende Zahl der Antragsverfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung haben. Ich frage mich allerdings auch, was da zu tun ist. Ich meine, daß das Vertrauensverhältnis insgesamt zwischen Vorgesetzten und Soldaten und umgekehrt zwischen Soldaten und Vorgesetzten verbessert werden muß. Denn im Gegensatz zu dem Rückgang der Zahl der Beschwerden nach der Wehrbeschwerdeordnung haben wir ja die relativ hohe Zahl von 8 600 Eingaben an den Wehrbeauftragten. Wir alle, auch Sie als Abgeordnete, bekommen ja direkte Anfragen von den Soldaten. Hier muß wirklich gefragt werden: Womit hat diese Konkurrenz der Beschwerdewege zu tun? Ich frage mich allerdings auch: Ist es nicht vielleicht spektakulärer, sich direkt an den Wehrbeauftragten oder an einen Abgeordneten zu wenden? Oder entsteht bei den Soldaten die Frage, ob dieser Weg nicht mehr verspricht?
Ich denke, daß wir uns einmal überlegen sollten — auch im Ausschuß — , ob die Wehrbeschwerdeordnung reformiert werden muß. Ich denke an mehrere einzelne Punkte, bis hin zur Neugliederung des Gesetzes. Als novellierungsbedürftig sehe ich z. B. die Beschwerdefrist an; sie beträgt zur Zeit 14 Tage. Hier ist die Frage, ob sie nicht auf drei oder vier Wochen verlängert werden könnte, und das ab Bekanntwerden des Beschwerdegrundes für den Beschwerdeführer. Wir sollten auch über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde nachdenken, außer natürlich bei Befehlen. Ich glaube, daß wir uns da auch einig sind.
Ich möchte auch die Zulassung des Vertrauensmannes als Vermittler bei Beschwerden gegen persönliche Kränkungen nennen. Ich bin während meiner Bundeswehrzeit selbst Vertrauensmann gewesen, kenne die Arbeit des Vertrauensmannes und würde dies ausdrücklich begrüßen.
Zu überlegen wäre auch, ob das Truppendienstgericht statt — wie bisher — mit einem mit mehreren Berufsrichtern und Soldaten als ehrenamtliche Richter besetzt werden könnte. Nicht einzusehen ist auch, warum die meisten Verfahren auf schriftlichem Wege abgewickelt werden.
Ich möchte als weiteren Punkt die Einführung einer Berufungsmöglichkeit gegen die Entscheidung des Truppendienstgerichtes nennen. Auch dies hat es bisher nicht gegeben. Nachzudenken wäre auch über eine Kostenerstattung der außergerichtlichen Kosten des Soldaten.
Meine Damen und Herren, ich habe hier nur einige Punkte genannt. Ich bin sicher, daß die Novellierung der Beschwerdeordnung dazu führen wird, daß der Beschwerdegang wieder mehr beschritten, der Wehrbeauftragte so in seiner Arbeit entlastet wird und sich auf die wesentlichen Punkte konzentrieren kann.
Meine Damen und Herren, ich möchte auf einen weiteren Punkt im Bericht des Wehrbeauftragten eingehen, auf den politischen Unterricht bei der Truppe. Es ist nicht einsehbar, daß im Bereich der politischen Bildung neue Vorschriften erst 1988/89 in Kraft treten sollen. Das erscheint uns als zu spät. Auch Bildungsinhalte, so erfahre ich aus der Truppe, sollten hin und wieder überprüft werden.
Lassen Sie mich zum Abschluß zu einem weiteren Punkt kommen: Wir begrüßen es ausdrücklich, daß eine Verbesserung der Beteiligungsrechte der Vertrauensmänner vorgenommen werden soll. Beim Thema Reservistenkonzeption geht meine Fraktion davon aus, daß der vorgegebene Zeitplan auch wirklich eingehalten wird. Wir hoffen, daß auch die im Bericht aufgezeigten Mängel in anderen Bereichen schnell beseitigt werden.
Frau Schilling, ich muß zwar auf meine Zeit achten, aber ich habe noch ein bißchen. Darum möchte ich jetzt noch kurz auf Ihren Beitrag eingehen.
Wer den Verteidigungsminister und den Verteidigungsausschuß als kriegssüchtig bezeichnet, wer behauptet — so wie Sie es hier heute wieder getan haben — , die Bundeswehr bereite einen Krieg vor, der disqualifiziert sich, so glaube ich, selbst.
Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Die Bundeswehr muß üben, um nicht kämpfen zu müssen.
Ich kann für meine Fraktion, Frau Schilling, hier feststellen: Diese Bundeswehr — Sie sollten zuhören — leistet Friedensdienst, diese Bundeswehr verteidigt unsere und auch Ihre Freiheit, Frau Schilling.
Wenn es die Bundeswehr nicht gäbe, könnten Sie diese Aussagen, die Sie hier heute gemacht haben, hier in diesem Parlament nicht vortragen.
Ich komme zum Abschluß, Herr Präsident: Für meine Fraktion möchte ich Ihnen, Herr Wehrbeauftragter, und Ihren Mitarbeitern für Ihren Bericht noch einmal danken. Ihnen, meine Damen und Herren, danke ich für die Aufmerksamkeit zu dieser späten Stunde.