Rede von
Günther Friedrich
Nolting
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der FDP-Bundestagsfraktion möchte auch ich Ihnen, Herr Wehrbeauftragter für Ihre objektive und ausgewogene Stellungnahme im Jahresbericht 1986 danken.
Durch Ihren Jahresbericht 1986 haben Sie, Herr Wehrbeauftragter, uns wiederum in unserer Kontrollfunktion unterstützt. Die Kollegin Schilling hat auf diese Kontrollfunktion hingewiesen. Das ist auch das einzige, dem ich in ihren Ausführungen zustimmen kann.
Aus Ihrem Bericht, Herr Wehrbeauftragter, sprechen Ihre Erfahrungen aus der langen Zugehörigkeit zum Verteidigungsausschuß. Diese Tätigkeit im Verteidigungsausschuß kommt Ihnen und damit uns zweifelsohne zugute. Ich möchte zwei Beispiele anführen.
In Ihrem Bericht gehen Sie auf die Dienstzeitgestaltung und die Dienstzeitbelastung ein. Diese beiden Punkte nehmen einen großen Raum im Bericht ein. Sie erwähnen z. B. die Klage aus der Truppe, daß es häufig Arbeiten zu verrichten gibt — auch der Kollege Breuer hat darauf hingewiesen — , die offensichtlich nur dem Zwecke dienen, Leerlauf zu überbrücken. Ich möchte hier für uns feststellen, daß dies in Zukunft unbedingt vermieden werden soll.
Meine Damen und Herren, überflüssige Kompaniewachen oder auch persönliche Dienstleistungen — um nur zwei Beispiele zu nennen — sind und bleiben Eingriffe in die Freiheit des Soldaten. Natürlich hat dies auch eng damit zu tun, mit welcher Motivation der Soldat seinen Dienst versieht.
Ich möchte hier zwei Beispiele anführen, die die Motivation nicht gerade stärken. Erstes Beispiel: Vom 14. Februar 1988 bis zum 19. Februar 1988 wird sich ein Bataillon zum Schießen auf einem Übungsplatz aufhalten, also beginnend am Karnevalssonntag. Ich frage Sie, meine Damen und Herren, wie Sie reagierten, wenn über die Karnevalstage Sitzungstage ein-
3504 Deutscher Bundestag — l 1. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987
Nolting
schließlich Abendsitzungen mit Präsenzpflicht hier in Bonn stattfänden.
Ich frage hier vor allen Dingen die Rheinländer, die Münsterländer, die Münchener oder auch die Mainzer.
Zweites Beispiel: Im nächsten Jahr findet in einem Kommando eine sogenannte Pfingstübung statt, an der 3 000 Soldaten teilnehmen werden. Das Gerät für diese Übung muß am Pfingstmontag, wahrscheinlich sogar am Freitag vor Pfingsten verladen werden. Das heißt, daß sieben Eisenbahnzüge bewacht werden müssen. Die Pfingstbefreiung der betroffenen Soldaten entfällt bzw. wird drastisch verkürzt. Auch hier frage ich Sie als Abgeordnete, ob Sie mit einer unnötigen Beschneidung Ihrer knappen Freizeit einverstanden wären. — Ich denke, daß auch unsere Dienstzeitbelastung zu hoch ist. — Aber im Ernst, meine Damen und Herren, ich meine wirklich, daß dies vermieden werden könnte. Diese zusätzliche Dienstzeitbelastung trägt eben nicht zur vielbeschworenen Motivation von Mannschaften und Dienstgraden bei. Sie alle werden ähnliche Beispiele kennen.
— Herr Würzbach, da stimmen wir überein.
Im Bereich der Dienstzeitbelastung sei hier noch einmal erwähnt, daß wir während der Haushaltsplanberatungen einen Antrag gestellt haben, bei dem es darum geht, die Dienstzeitbelastung der Soldaten wesentlich zu reduzieren. Wir haben deshalb die Bundesregierung aufgefordert, unverzüglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine praktizierbare gerechte Regelung des Dienstzeitausgleichs vornimmt. Wir waren einer Meinung, daß dies individuell durch angemessenen zeitlichen und/oder finanziellen Ausgleich unbürokratisch geschehen muß. Wir alle wissen, daß einerseits der regelmäßige Achtstundentag mit dem soldatischen Auftrag unvereinbar ist, daß für unsere Soldaten andererseits im Hinblick auf die zeitliche Durchschnittsbelastung nach Freizeitausgleich der gleiche Standard wie für die zivilen Arbeitnehmer gelten muß. Auch dadurch wird die Attraktivität des Arbeitsplatzes Bundeswehr für die Soldaten weiter verbessert.
Herr Wehrbeauftragter, in Ihrem Bericht ist die Zahl von 8 600 Eingaben erwähnt. Bei 3 % handelt es sich um gravierende Grundrechtsverletzungen, Herr Heistermann.
Hierzu ist anzumerken, daß der Anteil von 3 % erfreulicherweise als gering zu bezeichnen ist. Ich halte hier im Gegensatz zum Kollegen Heistermann fest, daß offenbar das Fehlverhalten nur einiger weniger Vorgesetzter zu den Beanstandungen geführt hat. Ich meine, das muß an dieser Stelle auch im Hinblick auf die Vorgesetzten ausdrücklich festgehalten werden. Herr Heistermann, das Bild, das Zerrbild, das Sie hier
von den Vorgesetzten gemalt haben, ist schlicht und einfach falsch.
— Ja, es ist vielleicht — Herr Kollege, ich gebe Ihnen da recht — noch sehr gelinde ausgedrückt. Herr Heistermann, ich weise darauf hin: Wir haben über den Bericht des Wehrbeauftragten im Ausschuß diskutiert. Sie haben offensichtlich seit dieser Zeit einen anderen Bericht in der Hand, oder aber Sie mußten sich hier in Ihrem Debattenbeitrag vor Ihrer Restfraktion profilieren. Anders kann ich Ihren Beitrag hier nicht verstehen.
Ich frage mich — und ich frage dies vor allem Ihren Obmann —,
ob das die Meinung der Verteidigungsgruppe der SPD-Fraktion ist.