Rede von
Dieter
Heistermann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Kollege Ronneburger, wir registrieren diese Einzelfälle als Tendenzen. Ich werde Ihnen gleich noch zwei Beispiele vortragen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie auch dazu Stellung nehmen würden, wie Sie diese Vorgänge beurteilen. Hören Sie sich die Beispiele einmal an.
Natürlich wissen wir, daß viele Vorgesetzte auf der Grundlage der Inneren Führung ihren militärischen Auftrag erfüllen. Dafür Lob und persönliche Anerkennung. Von dieser Stelle möchten wir sie nachdrücklich darin bestärken, mit ihrem Führungsverhalten Vorbild für andere zu sein. Wir möchten sie aber ebenso eindringlich auffordern, Mißstände nicht zu tolerieren, sondern mitzuhelfen, sie abzubauen. Niemand ist im übrigen daran gehindert, dies durch eigene Veranlassung in seinem Verantwortungsbereich zu tun.
In der Stellungnahme des Beirates für Innere Führung zum Jahresbericht 1986 heißt es: „Innere Führung hat zu gewährleisten, daß in der Armee menschliche Leistung nicht auf das bloße Funktionieren hin verengt wird. " Wir leiten daraus Forderungen ab. Die SPD-Bundestagsfraktion erwartet von der Bundesregierung hierzu keine vollmundigen Erklärungen, sondern wir fordern sie eindringlich auf, in einem eingehenden Bericht vor diesem Parlament darzustellen, wie sie die Grundlagen der Inneren Führung zu sichern und weiterzuentwickeln gedenkt. Für uns Sozialdemokraten sind das Leitbild vom Staatsbürger in Uniform und das Konzept der Inneren Führung unabänderliche Grundlage.
Bei seinem Besuch des Zentrums Innere Führung der Bundeswehr in Koblenz hat der SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Hans-Jochen Vogel unter anderem folgendes erklärt:
Die Menschen in der Bundeswehr betrifft auch die richtige Pflege der Tradition. Keine Gemeinschaft kann ohne Erinnerung an Vorbilder und ohne Erinnerung an ihre eigene Geschichte existieren.
Das gilt auch für die Bundeswehr. Ihre Traditionspflege muß sich aber ausschließlich an demokratischen Vorbildern und an der Wertordnung des Grundgesetzes orientieren.
— Hören Sie zu!
Wir mißbilligen deshalb Veranstaltungen, die Mißverständnissen des Inhalts Vorschub leisten, als gebe es eine Kontinuität zwischen Einrichtungen oder Aktivitäten aus der Zeit der NS-Gewaltherrschaft und der heutigen Bundeswehr und ihren Einrichtungen. Wir können beispielsweise auch in Heerführern keine Vorbilder sehen, die von der NS-Gewaltherrschaft hohe Dotationen entgegengenommen haben. Schließlich muß unsere Bundeswehr weiterhin auf die Kultivierung eines Feindbildes und erst recht auf Haßgefühle verzichten,
— hören Sie zu, Kollege Wimmer; beruhigen Sie sich; das ist für Ihren Blutdruck viel besser —
die solche Feindvorstellungen regelmäßig zur
Folge haben. Ebenso widersetzen wir uns der
Verabsolutierung soldatischer Tugenden, etwa
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987 3497
Heistermann
der Tugend des Mutes und des Gehorsams. Soldatische Tugenden dürfen nicht von den Inhalten und Zielen losgelöst werden, zu deren Erreichung sie eingesetzt werden. Das Ziel der Bundeswehr und ihre einzige Rechtfertigung ist und bleibt die Kriegsverhütung, ist die Sicherung des Friedens.
Soweit Hans-Jochen Vogel.
Nun komme ich zu dem Beispiel. Sie werden sich fragen, warum ich das zitiere.
— Sie werden das gleich verstehen, Kollege Wimmer. Wahrheit ist immer konkret, und Wahrheit tut weh. Sie werden die Wahrheit hier von dieser Stelle aus zur Kenntnis nehmen müssen.