Rede von
Dr.
Norbert
Blüm
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will in all diesem Diskussionsgetümmel einmal vier Punkte festhalten:
Erstens. Die Verstromungsmenge muß gehalten werden.
Zweitens. Die Kokskohlenexportförderung muß gestreckt werden. Wir brauchen eine sachte Landung.
Drittens. Wir wollen der Importkohle nicht die Schleusen öffnen.
Viertens. Die notwendige, unumgängliche Anpassung, die ich nie, Herr Lafontaine, sowenig wie die IG Bergbau, bestritten habe, muß sozial gebändigt vollzogen werden.
Vier Punkte, die die vier Punkte der Bundesregierung sind. Wie kommen Sie eigentlich dazu zu sagen, die Bundesregierung würde die Kumpels im Stich lassen? Das sind die vier Eckpunkte unserer Kohlepolitik.
Wir haben nicht nur Worte gemacht, wir haben diesen Anpassungsprozeß mit Taten flankiert. Der Vorsitzende der IG Bergbau wird bestätigen, daß die Anpassungsschichten von uns mitfinanziert wurden und damit den Prozeß sozial gestaltet haben. In allem parteipolitischen Hickhack: Diese Wahrheit darf und wird auch von der IG Bergbau zu keinem Zeitpunkt bestritten werden. Lieber Herr Lafontaine, auch wenn Sie Unwahrheiten wiederholen, sie werden durch Wiederholung nicht zur Wahrheit.
Sie haben sich heute hier aufgeführt wie der Agent der Energieversorgungsunternehmen, nie wie der Vertreter der Kumpels.
Sind Sie der Rechtsanwalt der EVU's? Die verdienen gut, und auch die werden Ihren Beitrag leisten müssen, die Kohle zu retten.
Lieber Herr Lafontaine, 1973 hatte die Steinkohle einen Anteil an der Energieversorgung von 22 %. Heute hat sie einen Anteil von 20%. Wenn 22 % Kohlevorrangpolitik waren, dann sind auch 20 % Kohlevorrangpolitik.
Machen Sie hier doch keinen Weltanschauungsgraben auf zwischen 7,5 und 7,25 % Kohlepfennig. Das ist doch keine Weltanschauungsfrage. Sie sind mit Ihren 7,5 % ebenso unter dem Bedarf. Wir müssen eine langfristige Lösung suchen. Wer jetzt aus 0,25 % Unterschied den Konsens in Frage stellt, der hilft nicht den Bergleuten, der will kleinkarierte Parteipolitik auf dem Rücken der Bergleute machen.
Wer auf Kernenergie verzichtet, der läßt die Bergleute im Stich; eine Einsicht, die ich mit der IG Bergbau teile. Wer auf Kernenergie verzichtet, der fördert Energiepreise, die wir nicht zahlen können, es sei denn, wir würden die Importkohle hereinlassen — das würde die Bergleute arbeitslos machen — oder wir würden Arbeitsplätze ins Ausland verlagern; das würde beide, Bergleute und den Rest der Arbeitnehmer, arbeitslos machen.
Fragen Sie doch einmal den Kollegen Rappe! Der hat doch vor kurzem mit Steinkühler niedrigere Energiepreise für die Aluminiumhütten gefordert. Mit Kohle allein wird er sie nicht bekommen.
Ein Restbestand von Logik gehört auch zur Kohlepolitik.
Ausgerechnet Sie, Herr Lafontaine,
ausgerechnet Sie erheben sich zum Zeugen des Jahrhundertvertrages. Ich dachte, das peinliche Thema hätten Sie heute ausgeklammert. Sie sind doch der Aussteiger aus dem Jahrhundertvertrag. Sie haben gesagt: Lesen kann man. Dann will ich Ihnen einmal § 8 des Jahrhundertsvertrages vorlesen:
EVU und Bergbauunternehmen sind sich darüber einig, daß der wachsende Energiebedarf in Zukunft nur gedeckt werden kann, wenn sowohl Kohle als auch Kernenergie in zunehmendem Maße zum Einsatz kommen. Sie werden daher insbesondere in ihrer Öffentlichkeitsarbeit alles unterlassen, was die Erreichung dieses Zieles beeinträchtigt.
Wer gefährdet den Jahrhundertvertrag? Wer verstößt gegen den § 8 dieses Vertrages? Wir oder Sie? Sie, die sozialdemokratischen Aussteiger, gefährden den Jahrhundertvertrag und die Bergleute.