Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es eine durchaus bemerkenswerte Übereinstimmung in dieser kohlepolitischen Diskussion gibt, dann liegt sie in der Übereinstimmung der Fundamentalisten bei den GRÜNEN und der Fundamentalisten in der Bundesregierung. Beide wollen nämlich eine Aufgabe der Kohlevorrangpolitik.
Nur sagen es die einen sehr offen. Sie schreiben es in ihren Antrag. Dabei bringen die GRÜNEN das Kunststück fertig, auf der einen Seite die Aufgabe der Kohlevorrangpolitik zu betreiben und auf der anderen
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Seite die Erhöhung des Kohlepfennigs auf 9,3 % vorzuschlagen.
Die anderen machen das verdeckt. Sie sprechen davon, daß das Mengengerüst des Jahrhundertvertrags erhalten bleiben soll. Aber im Prinzip werden alle kohlepolitischen Instrumente nacheinander zur Disposition gestellt und damit die eigentliche Verunsicherung des Steinkohlenbergbaus, auch die Verunsicherung der Elektrizitätswirtschaft und der industriellen Kraftwirtschaft bewirkt.
Ein Teil ist die krisenhafte Entwicklung, die durch die Entwicklung der Weltenergiemarktpreise hervorgerufen worden ist, die nicht ohne Wirkung auf die Situation der deutschen Steinkohle sein konnte. Der andere Teil ist aber die Krise der Kohlepolitik selbst, die dadurch verursacht worden ist, daß in der Tat die einzelnen Instrumente nacheinander zur Disposition gestellt worden sind.
Herr Bangemann spricht hier von Absatzverlusten wegen der krisenhaften Entwicklung in der Stahlindustrie. Er meint, daß wir einen strukturellen Kapazitätsüberhang haben.
Dieser Gesichtspunkt muß ernst genommen werden, wenn aber auch hier die Frage zu stellen ist: Was hat die Bundesregierung in Brüssel getan, um diese Situation wenigstens nicht in dieser Schärfe heute hervortreten zu lassen? Man muß weiterhin die Frage stellen, warum zum gleichen Zeitpunkt der Steinkohlenbergbau gedrängt wird, den Verzicht auf die Kokskohlenbeihilfe nicht erst ab 1991, so wie es bei der Verlängerung der Hüttenverträge vereinbart worden ist, sozial verträglich und beschäftigungspolitisch möglich anzupassen, sondern bereits ab 1988 einzuleiten. Da gehen der Steinkohle weitere 6 Millionen Tonnen an Absatz verloren.
Man muß auch die Frage stellen, welche Wirkung das Auslaufen des Fernwärmeprogramms für die Kohle im Wärmemarkt hat, man muß fragen, welche Wirkung es haben wird, wenn auch noch der Verdrängungsnachweis abgeschafft wird, so wie das von der Bundesregierung zur Diskussion gestellt worden ist. Dann haben wir hier politisch bedingte Absatzeinbrüche von ganz erheblichem Umfang. Dann ist es richtig, wenn die IG Bergbau darauf hinweist, daß das eigentliche Standbein in der Kohlepolitik die Verstromungsfrage ist und daß hier der Absatz erheblich ausgeweitet werden muß.
Wenn Sie in dieser Situation die Senkung des Kohlepfennigs vorschlagen und hier im Bundestag durchsetzen werden, dann gefährden Sie damit in der Tat den Jahrhundertvertrag. Herr Bangemann hat selbst davon gesprochen, daß die Bugwelle nicht gedeckter Ausgleichsansprüche bei den Kraftwerksbetreibern, die Kohle verstromen, in diesem Jahr erheblich anwachsen wird. Wenn der Kohlepfennig weiter abgesenkt wird, wird diese Bugwelle noch erheblich zunehmen und zu einer erheblichen Hypothek für die Zukunft werden.
Man muß auch darauf hinweisen, daß die Haldenproblematik von Jahr zu Jahr zunimmt. Der Vorsitzende des Gesamtverbandes des Steinkohlenbergbaus hat auf dem Steinkohlentag darauf hingewiesen, daß die Halden beim Steinkohlenbergbau heute auf 18 Millionen Tonnen angewachsen sind. Man muß die nationale Kohlereserve von 10 Millionen Tonnen und jetzt auch noch die Halden von 15 Millionen Tonnen hinzurechnen, die sich bei den Energieversorgungsunternehmen angesammelt haben, die zwar die kontrahierten Mengen an Steinkohle abnehmen, aber sie offensichtlich nur zum Teil verstromen, weil betriebswirtschaftlich die Stromerzeugung auf Kernenergiebasis kostengünstiger ist. Das macht zusammen 43 Millionen Tonnen aus. Das ist genau die Menge, die in einem Jahr gemäß dem Jahrhundertvertrag verstromt werden soll.
Wenn diese Hypothek in der Zukunft auch noch dazukommt, dann kann ich nicht sehen, wie dort noch eine vernünftige Anschlußregelung für den Jahrhundertvertrag gefunden werden kann. Dann ist dies eine ganz erhebliche Hypothek für die Zukunft, und diesen Scherbenhaufen, den wir dann zu beklagen haben, haben Sie angerichtet, Herr Bundeswirtschaftsminister.
Insofern ist die Absenkung des Kohlepfennigs von 7,5 auf 7,25 % im nächsten Jahr ein falsches Signal; es stellt die Weichen in eine falsche Richtung. Ich meine, daß sich bei allen Beteiligten inzwischen der Eindruck eingestellt hat, daß der Bundeswirtschaftsminister eine drastische Einschränkung der Kohleförderung haben will. Wenn aber heute die CDU-Abgeordneten aus Nordrhein-Westfalen und aus dem Saarland dieses Signal mit beschließen wollen, dann geraten sie in einen erheblichen Widerspruch zu dem, was sie bislang öffentlich zum Ausdruck gebracht haben,
und insbesondere zu dem, was in den beiden Landtagen beschlossen worden ist.
Dieses Signal in die falsche Richtung werden wir nicht mittragen, sondern wir werden dieser Verordnung nicht zustimmen.
Sie ist nach unserer Auffassung das Signal für den Einstieg in den Ausstieg. Wir wollen es bei der derzeitigen Regelung von 7,5 % Kohlepfennig belassen, und zwar mindestens so lange, bis in einer gemeinsamen, in einer nationalen Kohlerunde ein Konzept für die Zukunft der Steinkohle gefunden wird, das dann von allen einvernehmlich getragen werden kann.
Dabei stehen natürlich ein paar sehr schwierige branchenspezifische, regionalpolitische und finanzpolitische Fragen zur Diskussion, und ich sage hier — Oskar Lafontaine hat das vor mir gesagt — : Bei uns
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gibt es in diesen Fragen kein Tabu. Aber das ist nicht eigentliches Problem. Das eigentliche Problem ist die Sicherung des Mengengerüstes des Jahrhundertvertrages, damit :vir eine langfristige Planungsgrundlage für den Steinkohlenbergbau, für die Elektrizitätswirtschaft bekommen und damit wir vor allem wieder die Zukunft der Menschen in den Revieren sichern.
Schönen Dank.