Rede von
Friedrich
Vogel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Flinner von der Fraktion DIE GRÜNEN, Sie haben vorhin kritisiert, daß Bundesminister Kiechle während Ihrer Ausführungen nicht anwesend gewesen sei. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß jedenfalls ich dahin unterrichtet bin, daß zwischen den Fraktionsgeschäftsführern aller vier Fraktionen eine Struktur der Debatte abgesprochen worden sei, nach der in der letzten Stunde dieser Debatte die menschenrechtlichen Fragen im Mittelpunkt stehen sollten. Das ist der Grund, weshalb Herr Kiechle nicht anwesend gewesen ist. Ich wollte es nur sagen, damit auch für diejenigen, die uns zuhören, deutlich wird, daß der Grund keineswegs eine Mißachtung dieser Debatte ist.
Meine Damen und Herren, die heutige Regierungserklärung des Bundeskanzlers und das Washingtoner Gipfeltreffen zwischen den Führern der beiden mächtigsten Staaten der Erde haben noch einmal deutlich aufgezeigt, daß zwischen der Verwirklichung der Menschenrechte und der Gesamtentwicklung der Beziehungen zwischen Staaten ein enger Zusammenhang besteht. Gerade am Tag der Menschenrechte sollten wir der Versuchung widerstehen, nur feierliche Bekenntnisse zu der weltweiten Geltung der Menschenrechte abzulegen. Verantwortliche Menschenrechtspolitik muß immer sorgfältig auf der Suche nach dem Weg sein, wie Menschen, deren unveräußerliche Menschenrechte verletzt werden, tatsächlich geholfen werden kann und wie in einem Staat, in dem die Menschenrechte systematisch verletzt werden , die allgemeine Menschenrechtslage verbessert werden kann.
Die von Generalsekretär Gorbatschow in Aussicht gestellten Verbesserungen im humanitären Bereich sind durch die auf reale Entspannung und Stärkung des Vertrauens gerichtete Politik der Supermächte, die zu einer so wichtigen Abrüstungsvereinbarung geführt hat, ermöglicht worden. In Europa haben wir uns weitgehend darauf eingestellt, im Rahmen des KSZE-Prozesses, der mit der Formulierung eines für West- und Osteuropa geltenden Verhaltenskodex in der KSZE-Schlußakte eine neue Dimension der Zusammenarbeit über die Systemgrenzen hinweg eröffnet hat, immer auch auf eine Verbesserung der Menschenrechtslage dort hinzuarbeiten, wo die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten einschließlich der Gedanken-, Gewissens-, Religions- oder Überzeugungsfreiheit, wie es im Prinzipienkatalog der KSZE-Schlußakte heißt, noch nicht verwirklicht ist.
Meine Damen und Herren, heute beginnt in Moskau ein Seminar über Menschenrechte und Fragen der humanitären Hilfe, zu der der Moskauer Presseclub „Glasnost" eingeladen hat. Ich glaube, wir sollten dies begrüßen und sollten denen, die an diesem Seminar teilnehmen, unseren Gruß schicken und unsere besten Wünsche für ein erfolgreiches Gelingen dieses Seminars übermitteln.
3450 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987