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ID1104901900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/49 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 49. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987 Inhalt: Nachruf auf das verstorbene Mitglied des Deutschen Bundestages Dr. h. c. Peter Lorenz 3399 A Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 3399C, 3440 D Absetzung des Punktes 20a von der Tagesordnung 3400 A Tagesordnungspunkt 16: a) Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Die Einheitliche Akte muß ein Erfolg werden: Die Reform der Strukturfonds (Drucksachen 11/929 Nr. 2.3, 11/1209) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Die Einheitliche Akte muß ein Erfolg werden: Mitteilung der Kommission über die Haushaltsdisziplin (Drucksachen 11/929 Nr. 2.2, 11/1211) d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Die Einheitliche Akte muß ein Erfolg werden: Zweite Änderung des Vorschlags für eine Verordnung (EGKS — EWG — EURATOM) des Rates zur Änderung der Haushaltsordnung vom 21. Dezember 1977 für den Haushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (Drucksachen 11/929 Nr. 2.5, 11/1212) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Sitzung des Europäischen Rates am 29./30. Juni 1987 in Brüssel (Drucksachen 11/523, 11/1293) Dr. Kohl, Bundeskanzler 3400 C Dr. Vogel SPD 3406 D Rühe CDU/CSU 3412D Dr. Mechtersheimer GRÜNE 3418D Mischnick FDP 3421 B Frau Wieczorek-Zeul SPD 3424 B Frau Geiger CDU/CSU 3427 A Frau Beer GRÜNE 3429 C Genscher, Bundesminister AA 3432 B Dr. Spöri SPD 3435 D Bohl CDU/CSU 3438 C Erler SPD 3441A Lintner CDU/CSU 3442 C Frau Flinner GRÜNE 3444 B Frau Würfel FDP 3445 D Dr. Gautier SPD 3447 B Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 3449 C Brück SPD 3451A Becker (Nienberge) SPD (zur GO) 3452 B Seiters CDU/CSU (zur GO) 3452 C Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) 3452 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10, Dezember 1987 Namentliche Abstimmung 3454 A Ergebnis 3482 D Tagesordnungspunkt 17: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Kohlevorrangpolitik (Drucksache 11/958) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung Zustimmungsbedürftige Verordnung über den Prozentsatz der Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz für das Jahr 1988 (Drucksachen 11/1350, 11/1446) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags des Abgeordneten Stratmann und der Fraktion DIE GRÜNEN: Umbaukonzept für die heimische Steinkohle (Drucksache 11/1476) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrags der Abgeordneten Gerstein, Wissmann, Dr. Lammert, Müller (Wadern) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Baum, Beckmann, Dr. Graf Lambsdorff, Dr. Hirsch, Dr. Hoyer, Dr.-Ing. Laermann, Möllemann, Frau Würfel und der Fraktion der FDP: Förderung der deutschen Steinkohle (Drucksache 11/1485) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Solidarität mit dem Widerstand der Bergleute und Stahlarbeiter gegen Arbeitsplatz- und Standortvernichtung (Drucksache 11/1511) Meyer SPD 3455 B Gerstein CDU/CSU 3458 C Stratmann GRÜNE 3460 C Beckmann FDP 3463 A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 3464 C Lafontaine, Ministerpräsident des Saarlandes 3468A, 3478 C Schreiber CDU/CSU 3472 A Jung (Düsseldorf) SPD 3473 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 3475A, 3478 D Hinsken CDU/CSU 3476 B Dr. Lammert CDU/CSU 3479 A Namentliche Abstimmungen 3479D, 3480A Ergebnisse 3484B, 3485 D Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von der Abgeordneten Frau Beck-Oberdorf und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Finanzierung empfängnisverhütender Mittel durch die Krankenkassen (Drucksache 11/597) Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 3480 D Frau Verhülsdonk CDU/CSU 3488 A Kirschner CDU/CSU 3489 B Frau Würfel FDP 3490 C Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 3491 C Tagesordnungspunkt 19: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses zu der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten: Jahresbericht 1986 (Drucksachen 11/42, 11/1131) Weiskirch, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages 3492 A Heistermann SPD 3494 B Breuer CDU/CSU 3498 A Frau Schilling GRÜNE 3501 B Nolting FDP 3503 C Leidinger SPD 3505 D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg 3509 B Leidinger SPD (Erklärung nach § 30 GO) 3512B Vizepräsident Cronenberg 3510D, 3512 C Tagesordnungspunkt 22: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1988 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1988) (Drucksachen 11/1000, 11/1431) Niegel CDU/CSU 3512D, 3520A Müller (Pleisweiler) SPD 3514 B Funke FDP 3516B Sellin GRÜNE 3517 B Dr. von Wartenberg, Parl. Staatssekretär BMWi 3518 C Pfuhl SPD 3519 B Tagesordnungspunkt 20 b: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Ernährungssicherung in Hungerregionen (Drucksachen 11/946, 11/1501) in Verbindung mit Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987 III Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN: Ernährungssituation in Äthiopien (Drucksache 11/1482) Höffkes CDU/CSU 3520 C Frau Eid GRÜNE 3521 D Frau Folz-Steinacker FDP 3523 D Großmann SPD 3525 C Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär BMZ 3527 A Nächste Sitzung 3528 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 3529* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987 3399 49. Sitzung Bonn, den 10. Dezember 1987 Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung 48. Sitzung, Seite IV, linke Spalte: Statt „ZusFr Frau Bulmahn GRÜNE" ist „ZusFr Frau Bulmahn SPD" zu lesen. Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 11. 12. Dr. Ahrens * 11. 12. Andres 11. 12. Bahr 11. 12. Frau Becker-Inglau 11. 12. Frau Beck-Oberdorf 11. 12. Frau Blunck * 11. 12. Böhm (Melsungen) * 11. 12. Frau Brahmst-Rock 11. 12. Brandt 10. 12. Dr. Briefs 11. 12. Büchner (Speyer) * 11. 12. Dr. von Bülow 11. 12. Frau Fischer * 11. 12. Dr. Friedrich 11. 12. Frau Ganseforth 11. 12. Dr. von Geldern 10. 12. Glos 11. 12. Dr. Glotz 11. 12. Grünbeck 11. 12. Haack (Extertal) 11. 12. Frau Dr. Hellwig 11. 12. Frau Hoffmann (Soltau) 11. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Hürland-Büning 11. 12. Jaunich 10. 12. Frau Kelly 11. 12. Kittelmann * 11. 12. Kolb 11. 12. Kreuzeder 11. 12. Lemmrich * 11. 12. Frau Luuk * 11. 12. Dr. Mahlo 11. 12. Marschewski 11. 12. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 12. Dr. Möller 11. 12. Dr. Müller * 11. 12. Dr. Neuling 11. 12. Frau Oesterle-Schwerin 11. 12. Frau Olms 11. 12. Oswald 11. 12. Petersen 11. 12. Poß 10. 12. Rauen 11. 12. Dr. Schmude 10. 12. von Schmude 11. 12. Schröer (Mülheim) 10. 12. Schulze (Berlin) 11. 12. Frau Seuster 11. 12. Frau Dr. Timm * 11. 12. Frau Trenz 11. 12. Frau Vennegerts 11. 12. Dr. Warnke 11. 12. Wieczorek (Duisburg) 11. 12. Würtz 11. 12.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Mischnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Bitte schön.


Rede von Dr. Hermann Scheer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Mischnick, können Sie sich erinnern, daß wir 1983 u. a. gesagt haben: Wir können der Stationierung nicht zustimmen, weil wir sehen, daß große Teile der Regierungskoalition ausschließlich die Nachrüstung, unabhängig von der Existenz der sowjetischen Mittelstreckenraketen, im Auge haben, d. h. die Nachrüstung aus den Gründen wollten, aus denen sie später gegen die doppelte NullLösung waren?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Mischnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Verehrter Herr Kollege, wenn Sie diese Entwicklung nicht haben wollten, hätten Sie sich nur 1981/82 in Ihrer Partei konsequent an den NATO-Doppelbeschluß halten müssen, um das dann mit uns gemeinsam weiterzuführen. Daß Sie davon abgewichen sind, war doch einer der Gründe, weshalb eine neue Regierung gebildet werden mußte, weil Sie den Mut verloren hatten, nicht wir.

    (Beifall bei der FDP)

    Leider war der Umweg der Stationierung westlicher Waffen erforderlich, im Gegensatz zu dem, was wir hier wieder von den GRÜNEN gehört haben, um sowohl den Willen der NATO zur Verteidigung glaubwürdig zu vertreten als auch die Solidarität in der Allianz in dieser schwierigen Frage unter Beweis zu stellen. Wichtig ist auch, daß dadurch das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Politik nicht nur erhalten, sondern bestärkt worden ist. Wir haben seit 1979 in allen entscheidenden Debatten deutlich gesagt, daß unser Ziel nicht die Aufrüstung, sondern die NullLösung bei den Mittelstreckenwaffen war. Unsere Bürger sehen nun, daß dies in einem Teilbereich der Rüstung dieser Welt tatsächlich verwirklicht worden ist. Die, die noch vor einigen Jahren glaubten, uns mit Mahnwachen von diesem Weg abbringen zu sollen, sollten heute wenigstens im stillen Kämmerlein einsehen: Nur dieser Weg hat uns zur Entscheidung gebracht und nicht die Irrwege, die sie gepredigt haben.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Der Vertrag über die Vernichtung der Mittelstrekkenwaffen hat neben der Beseitigung dieser Systeme eine noch weit tiefergehende Bedeutung. Er ist
    gleichzeitig Signal für das weitere Abrüsten. Sein Erfolg wird hoffentlich dazu beitragen, daß auch für die strategischen Waffensysteme bald die angestrebte 50 %ige Reduktion vereinbart wird. Dieser Vertrag gibt hoffentlich auch ein Signal dafür, daß die Achtung und Vernichtung der chemischen Waffen beschlossen wird und durch geeignete Verifizierungsmaßnahmen überprüfbar wird.

    (Beifall bei der FDP)

    Hier hat man entscheidende Schritte für die Überprüfung getan; wir hoffen, daß das auch im chemischen Bereich möglich sein wird.
    Dieser Vertrag soll auch das Signal für eine umfassende Abrüstung vor allem im Bereich der konventionellen Streitkräfte in Europa sein. Dabei gehen wir ohne Illusionen an diese schwierigen Fragen heran; denn wir wissen, daß beim Abbau der konventionellen Streitkräfte noch viele Probleme zu lösen sein werden. Die Beseitigung der Asymmetrie in diesem Bereich ist für uns unabdingbar; denn nur so wird mehr Stabilität in Europa erreicht. Wir sind sehr froh darüber, daß dies im Warschauer Pakt anerkannt worden ist. Es wird jetzt festgestellt werden müssen, ob das, was dort erklärt worden ist, auch am Verhandlungstisch zu einem Ergebnis führt. Das gleiche gilt selbstverständlich auch für die Waffen mit weniger als 500 km Reichweite, insbesondere für das nukleare Potential in Europa.
    Der Abschluß des Mittelstreckenraketenvertrages gibt Anlaß zu der Hoffnung, daß dies tatsächlich der Beginn eines Weges in eine von weniger Waffen geprägte Welt sein kann. Über die Maßnahmen zur Abrüstung hinaus gewinnt das Abkommen doch auch an Bedeutung für die generelle Weiterentwicklung der Ost-West-Beziehungen, für den Handel, die Wirtschaft, Umwelt, Kultur; ich will nicht alles aufzählen. Ich bin sicher, auch die Durchsetzung der Menschenrechte wird leichter möglich sein, wenn man über Vereinbarungen der Abrüstung zum Abbau von Mißtrauen und zur Bildung von Vertrauen kommt. Deshalb ist hier dieser enge Zusammenhang.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Signalwirkung des INF-Abkommens für den OstWest-Dialog veranlaßt mich an dieser Stelle, an den amerikanischen Senat zu appellieren, dieses Abkommen möglichst bald zu ratifizieren.
    Eines hat sich allerdings auch gezeigt, nämlich die Erfahrung, was Einigkeit in der Allianz bedeutet und daß damit auch in politisch schwierigen und anfänglich kaum lösbaren Fragen international ein Ergebnis erzielt werden kann, wenn die Allianz geschlossen auftritt und genau weiß, was sie will, und dies mit Konsequenz gegenüber jedermann vertritt.

    (Beifall bei der FDP)

    Meine Damen und Herren, ein paar Bemerkungen zu den Fragen der gegenwärtigen EG-Politik. In diesem Jahr haben wir den 30. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge begangen. Ohne Zweifel wurden in den drei zurückliegenden Jahrzehnten wesentliche Fortschritte auf dem Weg zu einer europäischen Einigung erreicht. Dennoch ist unbestritten, daß die Gemeinschaft heute vor schwierigen Aufga-
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987 3423
    Mischnick
    ben steht. Wenn ich immer wieder höre: „Das Ende der Gemeinschaft steht vor der Tür", dann muß ich aus meiner jahrzehntelangen parlamentarischen Erfahrung sagen: In den letzten 30 Jahren stand ihr Ende eigentlich jedes Jahr vor der Tür. Wir sind erfreulicherweise doch jedes Jahr weitergekommen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Bei den Problemen handelt es sich vor allem um die Problemkreise des Delors-Pakets, nämlich die Reform der Agrarpolitik, die Reform des Strukturfonds, Haushaltsdisziplin sowie ein neues Finanzierungssystem für die Gemeinschaft. Eine Lösung dieser Probleme ist die Voraussetzung dafür, daß das, was wir uns mit der Verwirklichung der Europäischen Akte als Ziel gesetzt haben, erreicht werden kann.
    Eine Lösung der Probleme der Agrarpolitik hat weit über den Landwirtschaftsbereich hinaus Bedeutung.
    Über Kohle und Stahl, die natürlich ebenfalls von größter Wichtigkeit sind, wird ja heute und morgen in gesonderten Tagesordnungspunkten gesprochen. Ich will deshalb hier heute morgen nicht dazu Stellung nehmen.
    Die Gemeinschaft leidet unter großen Agrarüberschüssen, damit unter überquellenden Lägern und unvertretbaren Haushaltsbelastungen. Dadurch ist eine Verunsicherung der Bevölkerung in den ländlichen Räumen eingetreten. Ausgewogene und flexible Reformen in der Agrarpolitik der Gemeinschaft sind unumgänglich. Die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen dürfen wir allerdings nicht nur unter agrarpolitischen Reformnotwendigkeiten betrachten, sondern wir müssen uns auch die Frage stellen und uns auch der Frage stellen, was der europäischen Landwirtschaft insgesamt und in den jeweiligen Mitgliedsländern bei der gegenwärtigen Einkommenslage und der allgemeinen Beschäftigungssituation überhaupt zugemutet werden kann.

    (Paintner [FDP]: Das ist ganz richtig!)

    Wir halten an den Vorstellungen des bäuerlichen Familienbetriebs fest. Das ist nicht nur das Erfordernis einer vernünftigen Strukturpolitik, sondern ein Grundelement der wirtschaftlichen und sozialen Struktur des gesamten ländlichen Raumes überhaupt. Den wollen wir erhalten wissen und nicht zerstört wissen.

    (Beifall bei der FDP)

    Die vordringlichste agrarpolitische Aufgabe ist die Verminderung der landwirtschaftlichen Erzeugung in der Europäischen Gemeinschaft, damit die Märkte entlastet werden und die gemeinsame Agrarpolitik finanzierbar bleibt. Die beste Lösung besteht darin — das fordern wir schon lange —, landwirtschaftliche Betriebe im Rahmen einer Vorruhestandsregelung für ihre Besitzer stillzulegen. Viele Landwirte in Europa haben keine Nachfolger und tragen sich mit der Absicht, ihre Betriebe über kurz oder lang aufzugeben. Betriebsstillegung gegen Entgelt befreit sie von der Notwendigkeit, bis ins hohe Alter weiterzuwirtschaften, und ermöglicht somit neben der Marktentlastung zugleich einen sozial erträglichen Ausstieg aus
    der Landwirtschaft. Diese Vorruhestandsregelung bietet also eine doppelte positive Möglichkeit.

    (Beifall bei der FDP)

    Viele Landwirte bei uns warten darauf, daß ihnen auf diese Weise geholfen wird. Das dürfte auch in den Mitgliedstaaten kaum anders sein. Aus Wettbewerbsgründen ist es erforderlich, daß alle Mitgliedstaaten ihren Landwirten die Stillegung zu realistischen Konditionen anbieten.
    Eine attraktive Mitfinanzierung durch die Gemeinschaft ist durchaus vertretbar, da Honorierung der Betriebsstillegung, d. h. die Nichtproduktion, für den EG-Fiskus billiger ist als die weitere Beseitigung von Überschüssen, wie die Erfahrung gelehrt hat.

    (Beifall bei der FDP)

    Trotz Überangebots und drastischen Preisverfalls fördern andere Mitgliedstaaten immer noch Investitionen in der Schweine- und Mastrinderhaltung. Ausschlaggebendes Motiv mag sein, daß man mehr Marktanteile in diesen Produktionsbereichen gewinnen will. Es macht aber keinen Sinn, die Errichtung zusätzlicher Kapazitäten in der Ferkelerzeugung, Schweine- und Rindermast mit staatlichen Mitteln zu provozieren, wenn die Märkte ohnehin überlastet sind. Es macht die EG kaputt, wenn ich dort weiterfinanziere, wo ich nicht mehr finanzieren, sondern abbauen muß.

    (Beifall bei der FDP)

    Leidtragend sind doch letztlich die Landwirte in der gesamten Gemeinschaft, die bei den niedrigen Preisen keine Gewinne erzielen. Dadurch sind viele in Existenznot geraten.
    Dringend erforderlich ist ein EG-weites striktes Verbot staatlicher Investitionsförderung in den genannten Erzeugungsbereichen. Leider hat auch der Gipfel in diesen Fragen zu keinem erfolgreichen Abschluß geführt. Wir bedauern das. Wir sollten uns jedoch vor zu einfachen Schuldzuweisungen hüten. Die Bundesregierung für das Ausbleiben eines befriedigenden Kompromisses auf dem Kopenhagener Gipfel verantwortlich zu machen entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten.
    Der Präsident des Europäischen Parlamentes hat auf eine Frage in diese Richtung — ob die Franzosen und die Deutschen mehr unter Druck hätten gesetzt werden müssen — klipp und klar gesagt: Nein, das stimmt nicht, ich akzeptiere das nicht. Das heißt, auch im Europäischen Parlament ist klar, daß von einer einseitigen Schuldzuweisung nicht die Rede sein kann, wenn man überlegen muß, was zu geschehen hat.
    Es geht darum, daß wir die Realitäten erkennen. Es geht darum, daß wir in den Bereichen, in denen wir seit Jahren konsequente Entscheidungen verlangt haben, endlich zu Ergebnissen kommen.
    In einer Phase der weltwirtschaftlichen Entwicklung, die durch tiefe Veränderungen in den Wirtschaftsstrukturen vieler Länder gekennzeichnet ist und von der ganze Industriezweige betroffen sind, kann es keine Patentrezepte für die Lösung der damit verbundenen vielfältigen Probleme geben. Wir dürfen den Blick für das jeweils Machbare nicht verlieren.
    3424 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987
    Mischnick
    Wir müssen bei den einzelnen Entscheidungen auch die soziale Verträglichkeit — das gilt für alle Bereiche der Strukturreform — für die Betroffenen berücksichtigen.
    Eines darf allerdings nicht eintreten: daß wir uns durch das Nichtergebnis von Kopenhagen entmutigen lassen. Im Gegenteil.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Am 11. und 12. Februar 1988 wird der Rat ja zu einer weiteren Sitzung zusammenkommen. In der Zwischenzeit besteht eine realistische Möglichkeit, Kompromißvorschläge zu erarbeiten. Das wird eine schwierige, aber, wenn es zur Lösung kommt, auch dankbare Aufgabe während der deutschen Präsidentschaft sein. Wir wissen, daß es dazu vieler Unterstützung und Mitarbeit bedarf; denn wenn wir den Binnenmarkt wirklich bis 1992 vollenden wollen und damit für 320 Millionen Menschen in allen Mitgliedstaaten zusätzliche Chancen zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Entwicklung ihrer eigenen Möglichkeiten eröffnen wollen, dann ist es notwendig, Anfang nächsten Jahres in diesen Fragen Lösungen zu finden.
    Meine Damen und Herren, wir werden alles, was in unseren Kräften steht, tun, um die Bundesregierung bei diesen Bemühungen zu unterstützen. Wir sind allerdings auch der Auffassung, daß man den Mut haben muß, in all diesen Fragen die Fakten auf den Tisch zu legen, und nicht durch Versprechungen Hoffnungen erwecken darf, die nicht erfüllt werden können.
    Meine Damen und Herren, zwei Gipfel, wenn ich das so sagen darf, haben stattgefunden: der eine mit einem weithin sichtbaren Erfolg, der andere mit einer Vertagung. Beide Gipfel haben deutlich gemacht, daß die Bundesrepublik Deutschland ein erhebliches Gewicht einbringen kann. Es hat sich gezeigt, wieviel wir durch unsere Möglichkeiten, den mittleren und kleineren Staaten unsere Meinung darzulegen und ihre Auffassungen mit einzubeziehen, erreichen konnten. Das zeigt, daß das Gewicht der Bundesrepublik Deutschland in diesen Fragen gewachsen ist. Es ist um so stärker, je geschlossener wir Deutschen dieses Gewicht auf die Waagschale legen. Deshalb bitte ich alle darum, diese vernünftige Politik für die Zukunft voll zu unterstützen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)