Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute erneut mit Südafrika. Wir haben im Laufe der letzten Jahre kaum ein außenpolitisches Thema so häufig behandelt wie dieses. Hierfür gab es und gibt es gute Gründe, wie das heute in einigen Reden auch bereits anklang.
Lage und Entwicklung in Südafrika sind unverändert Anlaß zu großer Sorge. Die Ursachen der Friedlosigkeit in diesem Land sind nicht behoben.
Fast täglich werden wir mit ihren schlimmen Folgen konfrontiert: Gewalt und Unrecht, deren Opfer zahlreiche Menschen und häufig sogar Kinder sind. Südafrika ist das einzige Land der Welt, meine Damen und Herren, das die Mehrheit der eigenen Bevölkerung politisch und sozial ausbürgert, indem es Menschenrechte und Lebenschancen nach Hautfarbe zuteilt. Daran gibt es keinen Zweifel.
Wenn es nicht bald gelingt, das verkrustete Apartheidssystem und Apartheidsdenken zu überwinden, wird sich die Eskalation der Gewalt fortsetzen und allen Bemühungen um einen friedlichen Wandel ein Ende bereiten.
Meine Damen und Herren, bevor ich auf einzelne Fragen und Probleme eingehe, möchte ich feststellen: Die Südafrikapolitik der Bundesregierung stützt sich auf ein festes Fundament. Sie ist in ihren Kernbereichen in den Antworten der Bundesregierung auf Anfragen aus dem Bundestag festgeschrieben. Ich nenne hier nur die wichtigsten: vom 21. Dezember 1983, vom 14. April 1986 und vom 27. Mai 1986 über die verbind-
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liche Regierungspolitik zu Südafrika und das südliche Afrika einschließlich Namibia. Die politischen Aussagen dieser Antworten gelten unverändert und ohne Einschränkung auch bezüglich der Feststellungen und Forderungen, die die SPD und die GRÜNEN in ihren heutigen Anträgen formuliert haben.
Alle demokratischen Parteien in unserem Lande und die große Mehrheit unserer Bevölkerung stimmen überein: Rassendiskriminierung und Apartheidssystem sind Synonyme für Unrecht und für ein menschenrechtswidriges Gesellschaftssystem. Apartheid und Rassismus sind nicht reformierbar, sie müssen abgeschafft werden. Wir wollen, daß dies friedlich geschieht. Gewalt, von welcher Seite und in welcher Form auch immer, lehnen wir ab. Sie führt zu Chaos und Bürgerkrieg. Dieser verhängnisvolle Prozeß, der Südafrika zu zerstören droht, darf nicht weitergehen. Konfrontation und Sprachlosigkeit zwischen Minderheit und Mehrheit müssen überwunden werden. Schwarz und Weiß müssen sich endlich am Verhandlungstisch treffen, um gemeinsam in einem nationalen Dialog über eine neue politische Ordnung zu beraten, die allen Südafrikanern gleiche Menschen- und Bürgerrechte garantiert.
Mit der Umkehr müssen allerdings diejenigen beginnen, die die Macht haben und die politische Verantwortung für ihre Ausübung tragen. Einen nationalen Dialog kann es ja nur geben, wenn die südafrikanische Regierung die Voraussetzungen dafür schafft. Dazu gehören die Beendigung des Ausnahmezustandes, der nun schon seit Juni 1986 anhält, und die Wiederherstellung der Presse- und Meinungsfreiheit, die Entlassung von Nelson Mandela und aller anderen politischen Gefangenen aus dem Gefängnis.
Am Montag — Herr Irmer hat darauf hingewiesen — haben wir erfahren, daß der UDF-Politiker Eric Molobi verhaftet worden ist, mit dem Bundesminister Genscher noch im November in Bonn gesprochen hat und mit dem auch der Bundespräsident und der Bundeskanzler im vergangenen Jahr zusammengetroffen sind. Wir haben seine Freilassung gefordert. Wer politische Gegner ins Gefängnis wirft, anstatt mit ihnen über die Zukunft des Landes zu reden, der vertieft die Gräben zwischen Schwarz und Weiß und trägt die Verantwortung für die Eskalation von Gewalt und Gegengewalt.
Die politische Opposition — eine weitere Forderung — und die Interessenvertreter der Bevölkerungsmehrheit dürfen nicht länger kriminalisiert werden. Der ANC und die anderen verbotenen Organisationen müssen entbannt und als Dialogpartner behandelt werden.
Es führt in eine politische Sackgasse, Politiker wie den ANC-Führer Govan Mbeki zu entlassen und sie dann durch Redeverbote mundtot zu machen. Was ist das für eine Politik, meine Damen und Herren?
Wenn wir über die Lage und Entwicklung in Südafrika seit der letzten Debatte zu diesem Thema sprechen, so müssen wir ganz klar sagen — das sagt die Bundesregierung, Frau Eid — , daß es bisher leider keine echten Fortschritte gegeben hat und auch wenig Hoffnung darauf besteht. Präsident Botha selbst hat erst vor wenigen Tagen auf dem Jahreskongreß der Nationalen Partei der Kap-Provinz erklärt, daß es in Südafrika keine politischen Gefangenen gebe. Die Tatsachen sehen, wie wir wissen, ganz anders aus. Wer die Realität verdrängt oder sie in ihr Gegenteil umkehrt, der gibt in der Tat denjenigen recht, die der südafrikanischen Regierung jede Glaubwürdigkeit, aber auch jede Reformfähigkeit absprechen. Es besteht kein Zweifel, Pretoria hält unverändert an den Eckpfeilern der Apartheid fest: Das Homeland-System wird aufrecht erhalten, es wird sogar noch ausgebaut. Hier werden schwarze Südafrikaner durch staatliche Willkür ausgebürgert. Diese Menschen haben das gleiche Recht auf ihre Heimat und ihre Staatsangehörigkeit wie ihre weißen Mitbürger.
Hier, Frau Eid, darf ich auf Ihre Anfrage zurückkommen. Sie haben mich aufgefordert, Stellung zu nehmen zur Reise von Staatssekretär Lengl. Es ist dazu zu sagen: Es gibt für die Bundesregierung keine Anerkennung der Homelands als eigenständige Staaten, es gibt nicht die Anerkennung irgendwelcher Einrichtungen dieser Art. Homelands sind nach unserer Auffassung und der Auffassung aller westlicher Staaten Teil der Republik Südafrika. Wir können niemand daran hindern, dort hinzureisen, und mir ist nicht bekannt, daß Herr Lengl im Auftrag der Bundesregierung gereist ist. Davon haben wir jedenfalls im Auswärtigen Amt bis zur Stunde nichts gehört. Ich kann mir das nicht vorstellen.
— Daß wir nichts davon gehört haben, spricht nicht gegen das Auswärtige Amt, Herr Kollege Voigt. Wenn Sie das von innen kennen würden, würde auch der Begriff „Sauladen" sicher nicht mehr von Ihnen verwendet werden, der leider nicht zurückgewiesen worden ist; ich tue das hiermit. Wir können niemanden daran hindern, weder aus Ihrer Fraktion noch aus der GRÜNEN-Fraktion, irgendwo hinzufahren und dort aufzutreten. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, daß es sich auch hier nicht um einen offiziellen Auftrag der Bundesregierung gehandelt hat. Ich habe Ihnen das gerade gesagt.
— Regierungsmitglieder reisen gelegentlich auch privat. Das dürfte Ihnen, Herr Kollege, bekannt sein.
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— Das ist eine Frage, die müssen Sie bitte nicht mir stellen.
Auch das Beispiel von Oukasie — um auf die Situation in Südafrika zurückzukommen — bei Pretoria zeigt, wie die südafrikanische Regierung mit Menschen umgeht. Tausende von schwarzen Familien, die seit Jahrzehnten in einer Gemeinde zusammenleben, werden zwangszweise aus ihren Häusern vertrieben und umgesiedelt, weil ihre weißen Nachbarn sie los sein wollen. Es gibt immer noch keine ernst zu nehmenden Initiativen zur Abschaffung der getrennten Wohngebiete. Was nützt es, wenn in Südafrika jetzt Schwarze und Weiße heiraten dürfen — Herr Irmer hat darauf hingewiesen —, sich aber nicht frei entscheiden können, wo sie gemeinsam wohnen und leben wollen?
Zwar gibt es — das ist in letzter Zeit zu Recht bemerkt worden — Ansätze zu „grauen" Wohngebieten
— etwa in einer Vorstadt von Johannesburg —, aber sie werden von der Regierung als illegal angesehen. Niemand weiß, wie lange die Regierung sie duldet.
Die Gesetzgebung über das getrennte Erziehungsund Gesundheitswesen besteht nach wie vor weiter. Die gemeinsame Exekutive für das Homeland Kwazulu und die Provinz Natal ist ein positiver Ansatz,
aber noch lange kein Durchbruch in Richtung auf eine gleichberechtigte Beteiligung aller Südafrikaner an der politischen Verantwortung.
Der Gesetzentwurf der südafrikanischen Regierung über die Schaffung eines National Council kann sich auf keinen demokratischen Konsens berufen.
Sie ist einseitig und vor allem an den Machtinteressen
der Weißen orientiert. Kein schwarzer Politiker
— auch Buthelezi nicht — ist bereit, sich an solchen Reformdiktaten zu beteiligen.
Meine Damen und Herren, wir werden unsere konstruktive Politik fortsetzen. Unser Ziel ist es, Pretoria zum Umdenken zu bewegen, damit eine friedliche Überwindung der Apartheid und grundlegende Reformen in Südafrika möglich werden. Das bedeutet konkret Aufrechterhaltung des politischen Drucks auf die südafrikanische Regierung durch strikte Anwendung der restriktiven Maßnahmen so, wie sie in den Luxemburger Beschlüssen von 1985 und in den Beschlüssen der europäischen Außenminister von 1986 festgelegt sind.
Wir werden in Menschenrechtsfragen weiterhin deutlich unsere Stimme erheben und gemeinsam mit den anderen Europäern unsere politischen und diplomatischen Mittel einsetzen, um den Opfern der Apartheid zu helfen. Die unter Ausnahmerecht Inhaftierten müssen freigelassen werden. Die Zwangsumsiedlung muß aufhören und die Homeland-Politik revidiert werden.
Die von den südafrikanischen Gerichten ausgesprochenen Todesurteile gegen die „Sharpeville Six" dürfen nicht vollstreckt werden. Unser Botschafter hat bereits im Namen der Zwölf bei der südafrikanischen Regierung demarchiert, um eine Vollstreckung der Todesurteile zu verhindern.
Die Bundesregierung wird ihre Kontakte mit den Führern der schwarzen Mehrheit, mit den Kirchen und Gewerkschaften weiter ausbauen und intensivieren.
Die Zusammenarbeit mit diesen Gruppen und Parteien ist ein wichtiger und unverzichtbarer Teil unserer Südafrikapolitik.
Mit unseren Partnern in der EG sehen wir von Sanktionen ab, die über die Beschlüsse der Europäer von 1985 und 1986 hinausgehen,
weil wir bezweifeln — das ist heute durch Redner der Koalition zum Ausdruck gekommen — , daß sie die friedliche Beendigung der Apartheid beschleunigen könnten. Das gilt auch für die Anträge, die der heutigen Debatte zugrunde liegen. Alle Bundesregierungen haben — unbeschadet ihrer parteipolitischen Zusammensetzung, Herr Kollege Verheugen — die Auffassung vertreten, daß ein Wirtschaftsboykott kein geeignetes Mittel der Politik ist.
Die südafrikanische Regierung muß aber wissen, daß unsere Geduld nicht unerschöpflich ist.
Wir werden die Entwicklung in Südafrika weiter kritisch verfolgen. Die von den europäischen Regierungen beschlossenen restriktiven Maßnahmen haben wir aus Solidarität und als politisches Signal an Pretoria mitgetragen.
Unsere Südafrikapolitik wird auch in Zukunft gemeinsam mit unseren europäischen Partnern abgestimmt werden. Und zu Ihrer Beruhigung in der Opposition: Wir werden auch mit besonderem Interesse die weitere Südafrikapolitik der Vereinigten Staaten zu sehen haben, die für uns von großer Bedeutung bleibt.
Die Bundesregierung mißt ebenso wie die anderen europäischen Staaten vor allem positiven Maßnahmen große Bedeutung zu. Sie sind Zeichen der Solidarität und Hilfe für die Menschen in Südafrika, die durch die Apartheid nicht nur politisch, sondern auch beruflich und sozial diskriminiert werden. Diesen Opfern der Apartheid wollen wir helfen.
Die Mittel für diese Maßnahmen sind aufgestockt worden. Sie werden auch in Zukunft weiter verstärkt. Parallel und die nationalen Programme verstärkend engagiert sich auch die Europäische Gemeinschaft mit positiven Maßnahmen in Südafrika. Für solche europäischen Programme werden für die Jahre 1986, 1987 über 60 Millionen DM zur Verfügung stehen. Auch hieran sind wir finanziell maßgeblich beteiligt.
Meine Damen und Herren, die von der Apartheid ausgehende Friedlosigkeit ist nicht auf Südafrika beschränkt. Sie wird durch grenzüberschreitende Gewalt und eine destabilisierende Hegemonialpolitik in das ganze südliche Afrika getragen. Die jüngsten südafrikanischen Militäraktionen in Angola sind ein Beispiel hierfür. Der provozierende Besuch, meine Da-
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men und Herren, von Präsident Botha und südafrikanischen Ministern bei ihren auf angolanischem Territorium operierenden Truppen wird von der ganzen internationalen Staatengemeinschaft zu Recht als Ausdruck ungezügelter Machtausübung und arroganter Politik angeprangert.
Die Europäische Gemeinschaft hat dieses Verhalten der Südafrikaner in einer Erklärung vom 27. November in schärfster Form verurteilt und den bedingungslosen Rückzug der südafrikanischen Soldaten aus Angola gefordert. — Herr Kollege Lowack, wir sprechen auch über Kuba, und wir haben auch dessen Anwesenheit verurteilt; aber wir können nicht akzeptieren, daß mit solchen windelweichen Begründungen üble Außenpolitik mit dem Überfall auf andere Staaten gemacht wird. Das ist nicht hinzunehmen. Das würden Sie dem Osten genauso ankreiden, wie wir das den Südafrikanern ankreiden müssen.
Dafür haben wir uns auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eingesetzt. Aber nicht nur Angola, auch Mosambik und andere Regionalstaaten sind Opfer dieser Destabilisierungspolitik.
Der Bundeskanzler hat in Mosambik den Terror ja verurteilt, der dieses Land seit Jahren bedroht und zunehmend die Existenzgrundlagen der Bevölkerung vernichtet. In den letzten Tagen erreichten uns besorgniserregende Meldungen aus Botsuana, einem Staat, den ich im Frühjahr besucht habe. Auch hier versucht Pretoria, einem kleinen Nachbarstaat — der übrigens ein hervorragendes Beispiel für die Fähigkeit der Schwarzen gibt, ihren Staat gut zu verwalten, was von einigen Vertretern der Apartheid immer wieder bestritten wird —,
seinen politischen Willen durch die Androhung von Gewalt aufzuzwingen.
Die Bundesregierung wird die bedrängten afrikanischen Staaten im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen. Dies hat der Bundeskanzler in Maputo klar gesagt. Wir werden unsere Wirtschaftshilfe an die Frontstaaten und ihre Regionalorganisation SADCC verstärken. Wir haben unsere Gesprächskontakte, wie Sie wissen, mit den afrikanischen Regierungen des südlichen Afrika intensiviert. Bundesminister Genscher ist im November in Angola gewesen. Der Bundeskanzler hat kurz darauf Mosambik besucht. Wie wichtig diese politischen Kontakte sind, habe ich selbst während meiner ersten Afrika-Reise in diesem Jahr nach Angola, Botsuana und Lesotho erfahren. Wir setzen diese Politik fort. Der Bundespräsident wird sich während seiner bevorstehenden AfrikaReise ebenfalls in einen Frontlinienstaat, nämlich nach Simbabwe, begeben. Dies sind klare Signale für unseren politischen Standort, meine Damen und Herren. Wir hoffen, daß das in Pretoria verstanden wird.
Meine Damen und Herren, zur Erhaltung und Sicherung des Friedens im südlichen Afrika gehört aber auch die Lösung der Namibia-Frage. Wir bekennen uns zu unserer historisch begründeten Verantwortung für dieses Land und seine Menschen. Deshalb haben wir aktiv am Zustandekommen von Resolution 435 mitgewirkt, und deshalb wollen wir, daß sie schnell und ohne neue Bedingungen implementiert wird.
Bundesminister Genscher hat sich für eine Wiederbelebung der Kontakt-Gruppe der fünf westlichen Staaten eingesetzt, übrigens auch nach unseren Gesprächen in einigen afrikanischen Staaten, wo diese Bitte auch an uns herangetragen worden ist.
Wir wollen jede Möglichkeit nutzen, die uns einer Verwirklichung der Sicherheitsratsresolution 435 näher bringt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle einen weiteren Satz sagen: Dies alles geschieht — und darauf müssen wir immer wieder hinweisen — in engster Abstimmung mit unseren Verbündeten. Wer diese Politik ablehnt oder für überholt hält, muß sich darüber klar sein, daß er sich aus dem gemeinsamen westlichen Lager entfernt.
Auch das muß hier an dieser Stelle einmal sehr deutlich gesagt werden.
Meine Damen und Herren, vor wenigen Wochen haben wir auf einer Konferenz der deutschen Botschafter in Schwarzafrika über die Lage auf unserem Nachbarkontinent beraten und eine umfassende Bestandsaufnahme unserer Afrika-Politik vorgenommen. In Dakar stand unsere Afrika-Politik mit allen ihren politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sonstigen Aspekten auf dem Prüfstand. Unbeschadet einer engagierten Meinungsvielfalt zu Einzelfragen hatte die Konferenz ein eindeutiges Ergebnis: Sie bestätigte Grundlagen, Zielrichtung, Inhalt und Mittel unserer Afrika-Politik. Unsere Missionschefs haben mit großem Ernst darauf hingewiesen, daß die Probleme in Afrika sich in besorgniserregender Weise zuspitzen. Dies gilt vor allem für die fundamentalen Wirtschaftsprobleme Afrikas. Ich nenne hier die Verschuldungskrise, die die Leistungskraft der afrikanischen Volkswirtschaften zu ersticken droht und die den Menschen Mut und Hoffnung auf eine bessere Zukunft nimmt. In Äthiopien und in anderen Teilen des afrikanischen Kontinents steht eine neue Hungerkatastrophe bevor. Ökologische Fehlentwicklungen und die Zerstörung der natürlichen Lebensbedingungen durch Klimaveränderungen, Desertifikation, Raubbau an Wäldern und Rohstoffen sind Probleme, die nicht auf Afrika beschränkt sind. Sie gehen uns alle an. Unser entwicklungspolitisches Engagement und unsere Hilfe für die wirtschaftlich schwachen Staaten in Afrika sind daher notwendige Investitionen in eine gerechte und friedliche Zukunft der Welt.
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Ein Vierteljahrhundert internationaler Entwicklungspolitik in Afrika hat nicht die Erfolge gebracht, die wir uns alle hiervon versprochen haben. Hunger und Not, Krankheit und Elend sind nicht überwunden. Das Pro-Kopf-Einkommen sinkt von Jahr zu Jahr. Alle entwicklungspolitischen Bemühungen werden scheitern, wenn es nicht gelingt, den erdrückenden Schuldenberg abzubauen und die Leistungskraft der afrikanischen Volkswirtschaften zu erhöhen. Diese Aufgabe kann nur gelöst werden, wenn alle Beteiligten pragmatisch und vertrauensvoll zusammenarbeiten.
Die Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen hat 1986 richtungsweisende Empfehlungen zur Überwindung der Wirtschaftskrise in Afrika aufgestellt. Die Industriestaaten werden zu verstärkter Hilfeleistung und die afrikanischen Staaten zu wirtschaftlichen Reformen aufgerufen. Diese Empfehlungen werden zur Zeit von beiden Seiten umgesetzt.
Auch der Weltwirtschaftsgipfel in Venedig hat sich der Probleme der ärmsten und hochverschuldeten, aber reformwilligen Ländern Afrikas südlich der Sahara angenommen. Die daraus resultierende entwicklungspolitische Gesamtstrategie trägt erste Früchte. Im internationalen Rahmen werden unter erheblicher deutscher Beteiligung deutliche Zeichen gesetzt, die Bemühungen um wirtschaftliche Reformen in diesen Ländern zu unterstützen.
Meine Damen und Herren, die heutige Debatte unterstreicht erneut: Bedeutung und Gewicht der Afrikapolitik im Rahmen unserer Außenpolitik ist größer geworden. Unsere afrikanischen Freunde und Partner
— ich hatte eben den Außenminister von Uganda hier, den ersten Außenminister dieses Landes, der die Bundesrepublik besucht hat — können sich auf unsere solidarische Hilfe und Unterstützung verlassen.
— Ich sagte ja auch: der erste Außenminister.
Ich habe sehr deutlich gemacht, daß es sich nicht um eine Ministerin gehandelt hat.
Die westlichen Demokratien werden sich weder heute noch morgen mit Apartheid und Rassendiskriminierung abfinden. Europa muß und wird Afrika in seiner Not nicht allein lassen, sondern auch weiterhin mithelfen, die wirtschaftlichen Probleme in unserem Nachbarkontinent zu lösen.
Vielen Dank.