Zunächst einmal unterstreiche ich den Satz, den der verehrte stellvertretende DGB-Vorsitzende Muhr so geschrieben hat. In der Tat gilt es in dem Bereich der Hörgeräte eine ernsthafte Prüfung zu unternehmen, ob die in der Presse immer wieder genannte Summe von 800 DM angemessen ist. Wir sind uns darüber klar, daß wir das angemessen machen. Aber ich sage Ihnen auch, daß gerade bei Geräten wie den Hörgeräten technische und technologische Entwicklungen Reserven beinhalten, die zu nutzen im Interesse der Beitragszahler notwendig ist. Ich möchte auch diesen Industriezweig in den gleichen Wettbewerb zwingen, indem ich mich mit meinem Unternehmen befinde. Ich muß mir die Preise auch am Markt holen und kriege sie nicht von irgendeiner Versicherung ersetzt.
Meine Damen und Herren, wir sind uns darüber klar, daß die gestern beschlossenen Eckpunkte in vielen Positionen anders aussehen, als der Kollege Dreßler, der offensichtlich alte Vorlagen benutzt und sie zur Grundlage seiner Beurteilung gemacht hat. Nun, sie sind eine gute Voraussetzung dafür, ein ordentliches Gesetzeswerk, das sicherlich in den Einzelheiten diskutiert werden wird, den Ausschüssen vorzulegen. Ich sage auch, daß im analytischen Bereich zu dem, was Rudolf Dreßler vorgetragen hat, viel Zustimmung bei mir zu finden ist. Deswegen haben wir im Bereich Krankenhaus, wo wir uns klar sind, daß auf Dauer eine Neuordnung unvermeidbar ist, beschlossen, daß, wenn der Bericht aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz vorliegt und wenn unsere Erwartungen, die wir daran geknüpft haben, nicht zutreffen, wir alle gemeinsam erneut diesen Fragenkomplex mit dem Ziel aufgreifen, das zu realisieren, was wir mit dem KHG durchsetzen wollten. Meine Bitte an den Bundesarbeitsminister und an die dafür zuständigen Beamten lautet hier heute morgen: wenn es ihnen gelänge, den Bericht vorzuziehen, würde es das Geschäft erleichtern, und wir könnten es vielleicht sogar in die Reform mit einbeziehen. Und da Sie gelegentlich in der Lage sind, Unmögliches möglich zu machen, ist tas sicher keine vergebliche Bitte, die ich hier äußere.
Meine Damen und Herren, noch einmal zu dem, was der Kollege Rudolf Dreßler im Zusammenhang mit der Strukturreform — mehr Wahlfreiheit, mehr Kassenwahlfreiheit — gesagt hat. Die von ihm geschilderten Probleme sind richtig; sie finden meine uneingeschränkte Unterstützung im analytischen Teil. Auch ich bin der Meinung, daß der Wettbewerb
zwischen den Kassenarten erforderlich ist. Auch ich habe kein Verständnis dafür, daß Angestellten Wahlrechte gegeben werden, die Arbeitern verweigert werden. Ich bin in dieser Analyse auf dem gleichen Standpunkt wie Sie. Deswegen haben wir beschlossen — denn es handelt sich zugegebenermaßen um einen außerordentlich komplizierten Sachverhalt —, daß dies noch in dieser Legislaturperiode angefaßt wird.
Auch zu Ihrer Bemerkung, Herr Dreßler: unterschiedliche Beiträge der Arbeitgeber, die berühmte Frage des § 520, kann ich Erfolg melden: Ihre Wünsche werden erfüllt. Das ist jetzt schon beschlossen. Ich nehme an, daß auch das ein Grund ist, Ihnen die Zustimmung zu erleichtern, denn ich nehme immer und gern, und besonders dann, wenn es von sachverständigen Kollegen kommt, Anregungen auf und mache auch kein Hehl daraus, solche Vorschläge mit einzubringen. Im Gegensatz zur Schule, Herr Kollege Dreßler, ist das Abschreiben in der Politik nicht verboten; im Gegenteil, es ist erwünscht!
— Das tue ich doch, Herr Kollege Bötsch. Es kann einem doch da gar nicht mehr geboten werden.
Meine Damen und Herren, zum Schluß möchte ich mit diesem Unsinn aufräumen, der hier immer erzählt wird und der offensichtlich in der politischen Auseinandersetzung von besonderer Wirksamkeit ist: Hier die Leistungserbringer — dort die Beitragszahler. Hier wird soviel gebracht und dort wird soviel gebracht. — Die Auswirkungen erstrecken sich quer durch die Bank auf alle. Und nun will ich Ihnen einmal sagen, wofür diese Reform gemacht wird: Diese Reform wird hundertprozentig für Beitragszahler und Patienten gemacht und für niemanden anders.
Es wird Geld gespart, d. h. es werden weniger Beiträge gezahlt, die Beitragssteigerungen werden gestoppt, die Beiträge möglicherweise gesenkt. Und das, was dort durch Umstrukturierung erspart wird, wird ausschließlich zugunsten von Beitragszahlern und ausschließlich zugunsten von Patienten ausgegeben. Entweder sie zahlen weniger Beitrag, oder aber sie kriegen höhere Leistungen. Das gilt hundertprozentig für diejenigen, für die die gesetzliche Krankenversicherung zuständig ist. Alle Maßnahmen wirken sich auch bei denen aus und sollen es auch, die hier als sogenannte Leistungserbringer bezeichnet werden.
Aber wir haben das mit Instumenten gemacht, die garantieren, daß die Grundlagen eines freiheitlichen Gesundheitssystems nicht eingeschränkt werden. Die Therapiefreiheit bleibt erhalten, d. h. nicht der Staat schreibt vor, was ich an Medikamenten nehmen darf und was nicht. Die freie Arztwahl bleibt erhalten, d. h. nicht der Staat bestimmt, zu welchem Arzt ich zu gehen habe und wie lange ich im Krankenhaus bleiben muß. Daß diese Grundlagen eines freiheitlichen Gesundheitssystems erhalten bleiben, beweist, daß wir mit den richtigen Instrumenten Erfolg gehabt haben.
3262 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Freitag, den 4. Dezember 1987
Cronenberg
Meine Damen und Herren, wer wie Sie — das unterstelle ich — genauso wie wir daran interessiert ist, die Überbelastung bei den Lohnnebenkosten, die ja die sauer erarbeiteten Groschen der Arbeitnehmer sind, abzubauen und mit möglichst wenig Beiträgen einen möglichst großen Erfolg zu haben, der kann im Interesse der Arbeitnehmer und im Interesse eines freiheitlichen Gesundheitssystems nicht mehr tun, als diese unsere Bemühungen zu unterstützen. Da ich Sie für einsichtige Menschen halte, bin ich auch überzeugt, daß hoffentlich viele von Ihnen uns dabei helfen und uns unterstützen werden. Ich bitte die Kollegen, die mir unter vier Augen gesagt haben, die Festzuschüsse sind weitaus besser, als wir das jemals gedacht haben, in der SPD-Fraktion öffentlich auch dafür zu werben. Dann kriegen wir weniger Theater, weniger Schimpfe und mehr Zustimmung, und darüber würde ich mich sehr freuen.
Herzlichen Dank.