Rede von
Martin
Grüner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir stehen heute vor einem weiteren wesentlichen Schritt zur breiten Durchsetzung bleifreien Benzins, und ich mache gar kein Hehl daraus, daß ich mich über diese Stunde freue. Ich möchte auch feststellen, daß dieses Ziel vom ganzen Deutschen Bundestag angestrebt worden ist. Alle Fraktionen dieses Hauses haben das unterstützt. Wir haben es jetzt durchgesetzt.
Es war ein schwieriger Weg. Alle wissen, daß wir eben in der Europäischen Gemeinschaft einen sehr, sehr schwierigen Kampf durchgestanden haben und daß schon bei den Luxemburger Verhandlungen, bei dem Luxemburger Kompromiß die Bundesregierung vorgeschlagen hatte, das Drei-Säulen-Konzept einzuführen, um bleihaltiges Benzin herausnehmen zu können. Das ist uns damals nicht gelungen. Jetzt ist erreicht worden, daß bleihaltiges Normalbenzin aus dem Markt genommen werden kann. Aber ich füge auch hinzu, damit wir uns keine Illusionen machen: Alle anderen Mitgliedstaaten sind der Meinung, daß sie in ihrem Bereich diesen Schritt nicht nachvollziehen sollten und könnten.
Wichtig ist allerdings, daß sich die Europäische Gemeinschaft im Luxemburger Kompromiß verpflichtet hat, daß auch in den anderen Mitgliedstaaten bleifreies Benzin angeboten wird, und zwar so, daß ab 1989 für die Autofahrer eine Möglichkeit zum Tanken besteht, nicht flächendeckend, aber immerhin mit Schwerpunkten. Ich meine, daß wir alles daransetzen sollten, daß diese Zielsetzung in den übrigen Mitgliedstaaten vorab erfüllt wird.
Es ist in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, daß der Rat in seinem Beschluß vom 9. März 1987 bei der Verabschiedung der Richtlinie zum Ausdruck gebracht hat: Ernsthafte Schädigungen der Umwelt und der menschlichen Gesundheit sind beobachtet und dem Blei zugeschrieben worden, wobei verbleites Benzin eine der Hauptquellen dieser Verschmutzung darstellt. Deshalb muß den Mitgliedstaaten die Ermächtigung gegeben werden, die Vermarktung von bleifreiem Normalbenzin zu verbieten. — Wenn wir diesen Grundgedanken aufgreifen und ihn auch in den anderen Mitgliedstaaten stärker propagieren, dann muß es doch möglich sein, die Verbreitung von bleifreiem Benzin zu erreichen.
Ich halte das deshalb für wichtig, weil wir alle wissen, daß die Durchsetzung des Katalysatorautos, das auf bleifreies Benzin angewiesen ist, auch deshalb auf Schwierigkeiten stößt, weil viele Autofahrer nicht ohne Grund sagen: Ich habe mit meinem Auto nicht die uneingeschränkte Möglichkeit, etwa in Spanien, in Italien oder in Frankreich zu fahren. Einer der Gründe, warum wir mit dem Katalysatorauto zwar gute Erfolge erreichen, aber doch nicht eine Bilanz vorlegen können, die uns voll befriedigt, hängt mit diesen Hemmnissen bei der Benutzung eines Katalysatorautos in unseren Nachbarstaaten zusammen.
Trotzdem hätte selbst bei optimistischer Einschätzung wohl niemand mit den Ergebnissen gerechnet, die wir in kürzester Zeit sowohl national als auch auf europäischer Ebene erreicht haben. Bei uns in der Bundesrepublik Deutschland bieten etwa 16 500 Stationen — das sind über 80 % des gesamten Tankstellennetzes — inzwischen bleifreies Benzin an. 13 000 Tankstellen bieten auch bleifreies Superbenzin an.
Ich möchte darauf hinweisen, daß die Information der Mitbürger auch in Zukunft eine zentrale Bedeutung hat.
Frau Dr. Hartenstein, Sie haben recht, daß wir komplizierte Regelungen haben, die allerdings ganz einfach werden, wenn die Informationen konkret für das einzelne Fahrzeug gegeben wird.
Was uns auch fehlt, ist — das möchte ich hinzufügen — , daß auf der kommunalen Ebene, auf der örtlichen Ebene dafür geworben wird, daß schadstoffarm getankt wird und daß schadstoffarme Fahrzeuge gefahren werden. Wir müssen sehr viel mehr in den Mittelpunkt stellen, daß gerade in unseren Innenstädten die Luftverbesserung durch schadstoffarmes Tanken ein entscheidender Faktor ist. Ich freue mich über die Aktivität des „Schwarzwälder Boten", den Sie hier zitiert haben. Ich freue mich auch über die Aktivität der Landeshauptstadt Stuttgart, die in einer großen Werbeaktion auf diese Zusammenhänge aufmerksam gemacht hat.
Der vorliegende Entwurf zur Änderung des Benzinbleigesetzes soll außerdem die Zulassung von Benzinadditiven erleichtern. Denn bestimmte Benzinzusätze sind in der Lage, das Blei in seiner ventilschützenden Funktion zu ersetzen. Ich unterstreiche, was Herr Kollege Schmidbauer hier gesagt hat, daß wir natürlich nicht Additive haben wollen, die andere Nachteile haben. Aber in diesen Additiven liegt eine zusätzliche Chance, mit schadstoffarmen Benzin voranzukommen.
3234 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 46. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Dezember 1987
Parl. Staatssekretär Grüner
Generell werden wir unsere Politik fortsetzen, auch EG-weit harmonisierte Umweltstandards auf hohem Niveau durchzusetzen. Der heutige Beschluß, Frau Kollegin Hartenstein, im Umweltrat, bei schweren Nutzfahrzeugen eine Reduzierung der NOX um 20 und der Kohlenwasserstoffe um 30 % vorzusehen, ist auch ein Zeichen dafür, daß wir vorankommen. Das sind Werte, die ab 1988 für neue Lastkraftwagen gelten sollen. Ab 1990 für alle, wobei die deutsche Automobilindustrie die Einhaltung dieser Werte ab sofort zugesagt hat.
Ich meine also, daß es richtig ist, auch die Fortschritte, die wir in der Europäischen Gemeinschaft gemacht haben, anzuerkennen, und daß wir uns gegenseitig bestätigen sollten, daß es der Anstrengungen aller bedarf, auf diesem Wege fortzuschreiten.
Ich füge hinzu, daß uns Steuervergünstigungen außerordentlich geholfen haben, diesen Fortschritt beim bleifreien Bezin hier in der Bundesrepublik zu erreichen, und daß es auch in Zukunft wichtig sein wird, Differenzen im Preis zwischen bleifreiem und bleihaltigem Benzin zu haben. Wir sollten uns als Energiepolitiker allerdings darüber einig sein, daß dies nicht die Stunde ist, wo etwa durch Ermäßigung des Preises über Steuern ein zusätzlicher Anreiz zum Mehrverbrauch gegeben werden sollte. Auch darüber sollte man nachdenken, wenn man über eine künftige weitere Spreizung der Preise von bleihaltigem Benzin und bleifreiem Benzin nachdenkt. Energieeinsparung auch in diesem Bereich bleibt das Gebot der Stunde. Der Preis spielt dabei eine entscheidende Rolle, wie wir alle wissen.