Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Diskussion hat gezeigt, daß es ganz offenbar zwei Teilbereiche gibt, die hier zu erörtern sind, Zunächst ist es der Fall, der bei der BASF vorgekommen ist. Dazu kann man schlicht und einfach folgendes sagen.
Zunächst einmal: Das, was wir nach Sandoz festgelegt haben, daß nämlich eine freie Kapazität in einem
Auffangbecken da ist, ist der Fall. Es waren 60 000 Kubikmeter Leerraum verfügbar. Genau das, was angekündigt worden ist, ist nicht nur angekündigt worden, sondern war vorhanden.
Zum zweiten. Es ist dorthin auch eingeleitet worden. Die Frage — das wird von den Landesbehörden zu untersuchen sein — , ob man zu früh oder zu spät eingeleitet hat, ist eine Frage des Vollzugs, aber nicht etwas, was die Bundesregierung angekündigt und nicht eingehalten hätte. Dies ist eingehalten.
Was die Landesebene zusätzlich getan hat, ist, zu überprüfen, ob diese 60 000 Kubikmeter ausreichen.
Sie hat in der Zwischenzeit bereits eine entsprechende Auflage erlassen, daß ein weiteres Becken gebaut wird.
Dies alles ist — erstens — offenbar der Grund, im Deutschen Bundestag eine Aktuelle Stunde zu beantragen.
Zweiter Teil. Es gibt die Frage der Information. Die Frage der Information — sie ist hier mehrmals angesprochen worden — wird von dem Unternehmen anders als von der Behörde gesehen. Das Unternehmen ist davon ausgegangen, es hat zu melden, wenn dieser Stoff in ein Gewässer eintritt. Die Behörde geht — ich meine, völlig zu Recht — davon aus, daß eine Meldung schon zu erfolgen hat, wenn dieser Stoff in eine Abwasserbehandlungsanlage eintritt. Das ist § 20 Abs. 7 des Landeswassergesetzes von Rheinland-Pfalz. Diese Frage ist eine Ordnungswidrigkeitsfrage und wird von der Landesbehörde entsprechend bearbeitet. Ist das wiederum ein Grund, eine Aktuelle Stunde im Deutschen Bundestag zu beantragen?
Dies zu diesem Fall.
Dies ist offenbar auch gar nicht der Grund dafür, warum diese Aktuelle Stunde beantragt wurde. Sie wurde aus ganz anderen Gründen beantragt. Sie wurde beantragt, um über die Frage der Konzeption in diesem Bereich der Chemie und der Beherrschung der damit verbundenen Fragen zu sprechen. Da — das muß ich wirklich sagen — kommt man sich geradezu vor, als wäre man geradezu dankbar, wieder einmal so einen Watschenmann zu haben und daran ein Zerrbild aufzuarbeiten.
Nur als Fußnote bemerkt: Die SPD-Fraktion wäre gut beraten, wenn sie sich erst einmal untereinander einig würde. Da kommt der Abgeordnete Reimann und bringt sein großes Plädoyer dafür, daß man das alles eigentlich doch nur mit den Chemikern zusammen machen kann und daß man doch Kooperation brauche. Als ich hier saß und den Abgeordneten Rei-
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Dezember 1987 3113
Bundesminister Dr. Töpfer
mann sprechen hörte, dachte ich: Der Nann redet genauso, als wollte er nur Kooperation machen.
Dann geht der Abgeordnete Reimann auf seinen Platz zurück, und es kommt der Abgeordnete Müller, der dann sagt, was denn das alles für eine außerordentlich problematische Sache sei, daß da jemand mit Kooperation käme. Da muß ich mich doch einmal fragen: Wie hätten Sie es denn gerne?
Jetzt sage ich Ihnen folgendes: Die Bundesregierung hat keine Umweltpolitik, die auf dem Kooperationsprinzip als Priorität aufbaut, sondern die Bundesregierung hat eine Umweltpolitik, die in erster Linie auf Gesetzen und Verordnungen aufgebaut ist. Ich sage Ihnen jetzt einmal ganz konkret, wie denn eigentlich auf Sandoz und die damit verbundenen deutschen Störfälle reagiert worden ist, und Sie sagen mir dann hinterher bitte, was davon Gesetz, Gebots- und Verbotsregelung ist und was davon Kooperation ist.
Wir haben ein neues Wasserhaushaltsgesetz mit dem § 7 a. Bringen diesen § 7 a als Kooperation, Herr Müller, oder als Verordnung?
Wir haben ganz eindeutig den § 19 im Wasserhaushaltsgesetz. Ich frage zurück: ist die Ausfüllung dieses Paragraphen Kooperation, oder ist es Gesetzesvollzug?
— Herr Stahl, Sie sollten eines ganz deutlich sagen — —
— Ich werde gerne im Rhein-Hunsrück-Kreis, Herr Schäfer, vermelden, daß Sie meinen, im Rhein-Hunsrück-Kreis liege man irgendwo hinter der Bergen. Ich sage dann dazu, daß das von der SPD kommt. Es wird mir vor Ort sehr viel nutzen, wenn ich das so sagen kann.
Ich fahre mit dem fort, was wir in der Sache tun. Eine neue Störfallverordnung kann man ja wohl nicht als Kooperation bezeichnen, sondern das ist eine Verordnung, auf deren Grundlage gesetzlich gehandelt wird. Eine Neuregelung des Chemikaliengesetzes hat mit Kooperation nichts zu tun, sondern ist eine gesetzliche Grundlage. Diese Aufzählung kann ich fortführen.
Wir haben immer nachhaltig und deutlich klar gemacht: Wir haben eine einklagbare, auf Gesetz und Verordnung aufbauende Umweltpolitik entwickelt. Wir werden uns allerdings immer wieder darum kümmern, daß diese Fragen hinterher im Zusammenwirken und in der Zusammenarbeit mit der betroffenen Wirtschaft auch dynamisch umgesetzt werden.
Wenn ich darüber spreche — die Frau Abgeordnete Conrad hat sich ja in besonderer Weise als Sachkenner dieser Angelegenheit hier dargestellt —, daß es so
etwas wie ein „Schweigekartell der Oberingenieure" gibt,
dann tue ich es deswegen, weil wir mit der Fixierung des Wortes „Stand der Technik" in Gesetzen häufig eine Sperrklinke hineinbekommen, die verhindert, daß wir diese Technik dynamisch weiterentwickeln. Deswegen habe ich gesagt: Wenn wir dies überwinden wollen, müssen wir eben mehr machen, als immer nur alle vier oder fünf Jahre eine Verordnung fortzuschreiben. Ich frage einmal nach: Die TA-Luft ist 1974 verabschiedet worden.
Wann, meine Damen und Herren, ist sie denn das nächste Mal fortgeschrieben worden? 1983. Dann frage ich doch einmal nach, ob es nicht ganz sinnvoll ist, wenn man in der Zwischenzeit dynamisierende Instrumente hat,
die das Eigeninteresse der Wirtschaft mit heranziehen um das voranzubringen.
Ich will nur zeigen und sagen, wer hier Popanze aufbaut.
Meine Damen und Herren, dann muß man sich an der ganzen Sache vielleicht auch noch etwas die Sprache anhören. Da spricht der Abgeordnete Reimann
— ich muß ganz ehrlich sagen: er weiß es besser — davon, daß die Menschen am Rhein dann vergiftetes Trinkwasser trinken müßten. Anschließend spricht die Abgeordnete Conrad davon
— sie weiß es wahrscheinlich wirklich nur so weit, wie sie es hier gesagt hat —, daß dann Millionen am Rhein vergiftetes Trinkwasser trinken müßten.
Ich muß doch ganz nachhaltig noch einmal klar und deutlich machen, daß weder das eine noch das andere stimmt, sondern daß das Trinkwasser, das in der Bundesrepublik Deutschland angeboten wird, ein in jeder Hinsicht anzubietendes Trinkwasser ist, das keine gesundheitlichen Probleme irgendwelcher Art hervorruft. Das ist die Situation, meine Damen und Herren.
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Bundesminister Dr. Töpfer
— Wissen Sie, Herr Abgeordneter, wenn ich Ihnen wirklich erzählen sollte, was ich zu Hause trinke, dann hätte das mit diesem Thema wenig zu tun.
Ich wollte mich eigentlich abschließend auf das Thema konzentrieren und Ihnen folgendes sagen: Dieser Fall, der hier behandelt wird, wird nicht des Falles wegen behandelt, sondern um eine Möglichkeit zu haben, eine Darstellung der Umweltpolitik der Bundesregierung zu geben, die durch nichts gerechtfertigt ist. Wir haben keine Kooperationsumweltpolitik, sondern eine Umweltpolitik auf klaren gesetzlichen und Verordnungsgrundlagen, die einklagbar sind. Aber in diesem Rahmen wollen wir wirklich, wie es der Abgeordnete Reimann hier gefordert hat, die Kenntnisse von Chemikern mit heranziehen, um diesen Sicherheitsstandard gemeinsam mit der Wirtschaft weiterzuentwickeln.
Vielen Dank.