Rede:
ID1104400400

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 9
    1. Herr: 1
    2. Abgeordneter,: 1
    3. gestatten: 1
    4. Sie: 1
    5. eine: 1
    6. Zwischenfrage: 1
    7. des: 1
    8. Abgeordneten: 1
    9. Cronenberg?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/44 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 44. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. November 1987 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer der Flutkatastrophe in der Küstenprovinz Natal und des Taifuns Nina im Süden der Philippinen 3035 A Erweiterung der Tagesordnung 3035 B Zusatztagesordnungspunkt 1: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN: Erhöhung der Mitgliederzahl der Enquete-Kommission „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" (Drucksache 11/1351) 3035 B Tagesordnungspunkt III: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969, 11/1051 bis 11/1079, 11/1081, 11/1360) Dr. Dregger CDU/CSU 3035 D Dr. Spöri SPD 3041 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 3047 C Kleinert (Marburg) GRÜNE 3051 A Dr. Rose CDU/CSU 3055 A Walther SPD 3057 C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 3064 B Namentliche Abstimmungen 3069 B Ergebnisse . . . . 3070D, 3072B, 3073D, 3075B, 3076D, 3078A, 3079C Präsident Dr. Jenninger 3056 B Nächste Sitzung 3081 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3083' A Anlage 2 Erklärung des Abg. Scharrenbroich (CDU/ CSU) zur Abstimmung über den Entschließungsantrag auf Drucksache 11/1314 . 3083* C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 3083* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. November 1987 3035 44. Sitzung Bonn, den 27. November 1987 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 27. 11. Bahr 27. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Brandt 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Dr. von Bülow 27. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Dr. Faltlhauser 27. 11. Frau Faße 27. 11. Dr. Feldmann * 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Frau Geiger 27. 11. Grünbeck 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Haack 27. 11. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Hiller (Lübeck) 27. 11. Horn 27. 11. Hoss 27. 11. Huonker 27. 11. Jansen 27. 11. Frau Karwatzki 27. 11. Klose 27. 11. Kraus 27. 11. Kreuzeder 27. 11. Dr. Graf Lambsdorff 27. 11. Leidinger 27. 11. Lenzer * 27. 11. Dr. Lippelt 27. 11. Lowack 27. 11. Frau Luuk * 27. 11. Möllemann 27. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Müller (Pleisweiler) 27. 11. Niggemeier 27. 11. Frau Pack 27. 11. Paintner 27. 11. Paterna 27. 11. Petersen 27. 11. Pfeifer 27. 11. Repnik 27. 11. Reuschenbach 27. 11. Scheer 27. 11. Schmidt (München) * 27. 11. Schmitz (Baesweiler) 27. 11. Dr. Schöfberger 27. 11. Frau Steinhauer 27. 11. Dr. Todenhöfer 27. 11. Frau Trenz 27. 11. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Voigt (Frankfurt) 27. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Weisskirchen (Wiesloch) 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wilz 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung des Abg. Scharrenbroich (CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entschließungsantrag auf Drucksache 11/1314 Auch wenn ich der Bewertung der aktuellen und künftigen Arbeitsmarktentwicklung durch den Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Herrn Heinrich Franke, in der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 24. Oktober zustimme, lehne ich den von der SPD-Bundestagsfraktion gestellten Entschließungsantrag ab. Im besagten Interview hat der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit keineswegs für den Bundeshaushalt 1988 bereits ein Städtebauprogramm von 10 Milliarden DM gefordert. Eine solche Forderung ist auch von mir in meinem heutigen Interview mit der Kölner Tageszeitung Express nicht erhoben worden. Auch die Sozialausschüsse der CDA sprechen - im Gegensatz zur SPD - von öffentlichen Investitionen im Kommunalbereich zu Lasten des Bundeshaushalts von vier Milliarden DM für die nächste Zeit. Vor allem kann dem SPD-Antrag nicht zugestimmt werden, weil in dem jetzt zur Verabschiedung anstehenden Bundeshaushalt 1988 ein solches Programm nicht finanziert werden kann. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mitgeteilt, daß sie ihren Antrag „Datenspeicherungspraxis beim Bundeskriminalamt" - Drucksache 11/1015 - zurückzieht. Die Fraktion der SPD hat mitgeteilt, daß sie ihren Antrag „Änderung der Richtlinien der Bundesregierung für die Vergabe von Mitteln an Verfolgte nichtjüdischer Abstammung zur Abgeltung von Härten in Einzelfällen im Rahmen der Wiedergutmachung" - Drucksache 11/743 - zurückzieht. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Beratung der nachstehenden Vorlagen abgesehen haben: 3084* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. November 1987 Finanzausschuß Drucksache 11/883 Nr. 47 Haushaltsausschuß Drucksache 11/840 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/462 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/85 Drucksache 11/86 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/883 Nr. 122 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Innenausschuß Drucksache 11/138 Nr. 3.5 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/138 Nr. 3.24 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/253 Nr, 2.9, 2.10, 2.11, 2.12, 2.13, 2.14, 2.15, 2.16, 2.17, 2.18, 2.19 2.20, 2.21 2.22, 2.23, 2.24, 2.25 Drucksache 11/339 Nr. 2.3, 2.4, 2.5, 2.6 Drucksache 11/561 Nr. 2.8, 2.9, 2.10, 2.11, 2.12 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/138 Nr. 137 Drucksache 11/883 Nr. 113, 114 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/138 Nr. 3.156 Drucksache 11/883 Nr. 120, 121 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/883 Nr. 124 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/929 Nr. 2.32 Drucksache 11/973 Nr. 2.16
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dieter Spöri


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Vielen Dank für das Kompliment.
    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Kollege Dregger ist in seiner Tour d'horizon vor allen Dingen auch auf die Perspektiven der Abrüstung eingegangen, die sich jetzt abzeichnen, wenn das INF-Abkommen zustande kommt, was wir alle hoffen.
    Ich, Herr Kollege Dregger, erlebe es in meinem Wahlkreis Heilbronn, einem Pershing-II-Standort, hautnah, welche Erleichterung auf Grund dieses Abkommens entstanden ist. Wir danken allen Verantwortlichen auf beiden Seiten, daß dieses Abkommen möglich war. Wir danken auch der Friedensbewegung, die unser Bewußtsein für diese Dinge geschärft hat.

    (Beifall bei der SPD — Cronenberg [Arnsberg] [FDP]: Der Bundesregierung auch!)

    — Ich habe gesagt: Allen Verantwortlichen auf beiden Seiten in dem Paktsystem.

    (Beifall bei der FDP)

    Meine Damen und Herren, ich bin der Auffassung des Herrn Kollegen Dregger, daß wir die Chance nutzen sollten, den Prozeß, der jetzt in Gang gekommen ist, auf anderen Ebenen über die Mittelstreckenraketenebene hinaus fortzusetzen im Bereich der strategischen Interkontinentalwaffen.
    Dabei sind Ziele für uns Sozialdemokraten zunächst einmal der Abbau der konventionellen Ungleichgewichte in Mitteleuropa und gleichzeitig parallel, Herr Kollege Dregger, auch der Abbau der nuklearen Kurzstreckensysteme unter 500 km Reichweite. Für uns sind weitere Ziele — ich weiß nicht, ob Sie damit einverstanden sind — der Einstieg in eine chemiewaffenfreie Zone und in einen atomwaffenfreien Korridor. Im Namen der SPD-Fraktion möchte ich sagen, daß wir froh sind, daß Sie unser Gesprächsangebot des letzten Jahres für größere Gemeinsamkeiten im Bereich der Abrüstungspolitik und der Sicherheitspolitik hier in Ihre Rede aufgenommen haben, und ich sehe durchaus hoffnungsvolle Ansätze, daß es zu dieser Gemeinsamkeit in diesem Hause kommt. Denn das Gewicht der Bundesrepublik ist um so größer, je geschlossener wir hinter diesen Abrüstungszielsetzungen stehen.
    Eine Bedingung aber haben wir für diese Zusammenarbeit, Herr Kollege Dregger. Wenn diese Zusammenarbeit auf dem Feld der Sicherheitspolitik in diesem Hause zwischen unseren Fraktionen besser werden soll, dann darf es keine mehrheitliche Meinungsbildung in Ihrer Fraktion für eine Nachrüstung bei nuklearen Kurzstreckenraketen in Europa geben.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Die gibt es nicht!)

    Und dann, Herr Kollege Dregger, müssen Sie jene in Ihrer Fraktion zurückdrängen, die schon gegen die doppelte Null-Lösung gewesen sind, und Sie müssen jene zurückdrängen, die Sicherheitspartnerschaft als Selbstaufgabe des Westens denunzieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Und Sie müssen jene in Ihrer Fraktion zurückdrängen, die für eine Militarisierung des Weltraums eintreten, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD)

    Dies sind unsere Bedingungen für eine Zusammenarbeit auf diesem Feld.
    Sie haben im Bereich der inneren Sicherheit viele Dinge angesprochen, die mich bedrücken, aber die sind schon in der Debatte vorgestern ausgeräumt worden. Ich möchte nur noch einmal auf die Hafenstraße, auf das Stichwort „Hamburg", eingehen. Sie haben



    Dr. Spöri
    den Bürgermeister der Hansestadt Hamburg attakkiert, und Sie haben hier wörtlich gesagt, das, was Herr Dohnanyi gemacht habe, sei eine Niederlage unseres Rechtsstaats. Ich sage Ihnen: Das, was Herr von Dohnanyi gemacht hat, ist ein humaner Sieg des Rechtsstaats,

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Nein, das war ein Verrat am Rechtsstaat!)

    der die Verhältnismäßigkeit der Mittel in diesem Rechtsstaat beachtet hat.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Das war die Kapitulation vor der Gewalt!)

    Ich sage Ihnen — die Bevölkerung sieht es mehrheitlich genauso — : Dieser Mann ist mit seinem Handeln zum Symbol für einen politischen Mut geworden, der dem Gesetz Geltung verschafft ohne weitere unnötige Gewalteskalation und unnötiges Blutvergießen. Wir alle, auch Sie in der Union, sollten diesem Mann zu Dank verpflichtet sein.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Klaus von Dohnanyi zeigte uns beispielhaft politische Kultur, auch indem er Fehler im politischen Handeln eingestanden und sich dafür entschuldigt hat, was eine wahre Wohltat im Geschrei der Rechthaberei dieses Hauses war.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Vogel [SPD]: Daran sollte sich Stoltenberg ein Beispiel nehmen!)

    Herr Kollege Dregger, Ihre Kritik an Klaus von Dohnanyi ist aus dieser Sicht erbärmlich und disqualifiziert Sie nur selbst.
    Nun zum eigentlichen Thema des heutigen Tages oder dieser Woche, nämlich zum Haushalt 1988. Seit der letzten Haushaltsdebatte im September hat sich die wirtschaftliche Situation weltweit dramatisch verändert. Auf den ersten schwarzen Montag folgte ein zweiter und dann noch ein rabenschwarzer Dienstag. Der Dollarkurs lag 1985 noch bei einem Spitzenwert von 3,47 DM, gestern beim Fixing lag er bei 1,66 DM. Die Bundesregierung hat dies, wenn man das praktische Handeln zugrunde legt, völlig reaktionslos zur Kenntnis genommen. Der Bundesfinanzminister, der in dieser Situation eigentlich in erster Linie gefordert wäre, hält sich unentschlossen und in Kiel beschäftigt zurück, und der Bundeskanzler sitzt mal wieder alles aus.
    Statt endlich in dieser Debatte der tiefgreifenden wirtschaftlichen Vertrauenskrise durch eine glaubwürdige aktive Politik konjunktur- und beschäftigungspolitisch entschlossen entgegenzutreten, hat der Herr Bundesfinanzminister wieder mal nur mit geringen Abstrichen noch an seinem Bild von der ökonomisch heilen Welt gezeichnet. Über die wirklichen Gefahren, nämlich z. B. auf die zunehmende Kurzarbeit in der Exportindustrie, Herr Stoltenberg, sind Sie nur mit unverbindlichen Ankündigungen hinweggegangen.

    (Dr. Vogel [SPD]: Leider wahr!)

    Sie verspielen so auch noch den letzten Rest an Vertrauen in die Finanzpolitik dieser Bundesregierung. Dieser Vertrauensverlust ist aber nicht nur Ihr persönliches Problem, mit dem wir leben könnten, Ihre Finanzpolitik wird zunehmend auch zum Konjunktur- und Beschäftigungsrisiko, das die schon vorhandene wirtschaftliche Unsicherheit bei Bürgern und Wirtschaft verstärkt.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, wir beraten hier über einen Haushaltsplan, der ganz offensichtlich nur noch wenig mit der Realität zu tun hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Der Mann kommt aus Baden-Württemberg und redet so daher!)

    Die Koalition wird hier mit ihrer Mehrheit ein Haushaltsgesetz beschließen,

    (Cronenberg [Arnsberg] [FDP]: Das ist richtig!)

    von dem sie schon heute weiß, daß es so nicht vollzogen werden kann.

    (Cronenberg [Arnsberg] [FDP]: Das ist falsch!)

    Die zentralen Schwachstellen dieses Haushalts hat nicht der Bundesfinanzminister und schon gar nicht Herr Dregger heute morgen in dieser Debatte ausräumen können.
    Meine Damen und Herren von der Koalition, wo sollen denn eigentlich die 222 Milliarden DM Steuereinnahmen in diesem Haushalt herkommen, wenn nicht ein konjunkturelles Wunder geschieht?, frage ich Sie. Aus der neuen Wirtschaftsprognose des Sachverständigenrates — und die ist noch sehr optimistisch — ergibt sich schon ein zusätzlicher Steuerausfall von mindestens 3 Milliarden DM, und der ist noch gar nicht berücksichtigt.
    Wo, Herr Bundesfinanzminister, soll eigentlich der Bundesbankgewinn von 6 Milliarden DM in diesem Haushalt herkommen? Wenn der Dollar bei 1,66 DM bleibt, dann fehlen Ihnen in diesem Haushalt mindestens 3 Milliarden DM. Auch das ignoriert Ihr Haushaltsplan.
    Wo sind in Ihrem Haushalt die berühmten unabweisbaren Milliarden für die Europäische Gemeinschaft eingestellt? Sagen Sie doch endlich einmal konkret und verbindlich, wie Sie das im Jahre 1988 finanzieren wollen. Dazu ist diese Debatte da.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Stoltenberg, Ihr Ziel, die Neuverschuldung des Bundes im nächsten Jahr unter 30 Milliarden DM zu halten, haben Sie nur auf geduldigem Papier erreicht. Merken Sie eigentlich nicht, daß Ihnen diese Zahl draußen niemand mehr abnimmt?

    (Walther [SPD]: Hier drinnen auch niemand!)

    Damit wir uns richtig verstehen: Ich werfe Ihnen, Herr Bundesfinanzminister, in dieser konjunkturellen Situation nicht vor, daß die tatsächliche Nettokreditaufnahme im Jahr 1988 höher sein wird, als es auf diesem geduldigen Haushaltspapier steht. Ich werfe Ihnen



    Dr. Spöri
    vor, daß Sie dieses der Öffentlichkeit und dem Parlament bewußt verheimlichen wollen und daß die erhöhte Neuverschuldung nicht zur Finanzierung wirklich beschäftigungswirksamer Maßnahmen genutzt wird.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Jung [Lörrach] [CDU/CSU]: In der Gegenwart hat man nichts zu kritisieren! Da muß man in die Zukunft gehen!)

    Ihre finanzpolitische Glaubwürdigkeit — das wissen Sie — ist erschüttert, nicht nur bei uns, sondern auch bei unseren internationalen Partnern. Sie haben unseren Partnern im Februar im Louvre-Abkommen zur Wechselkursstabilisierung zugesagt, zur Stärkung unserer Binnennachfrage die Steuersenkung 1988 um 5,2 Milliarden DM aufzustocken. Das haben Sie gemacht. Okay. Ebenfalls im Februar wurde aber in der Koalitionsvereinbarung die Erhöhung von Verbrauchsteuern für 1988 festgeschrieben. Sie haben das extra vor kurzem noch einmal bestätigt. Das hat fatale Folgen auf internationaler Ebene.

    (Seiters [CDU/CSU]: Zitieren Sie doch einmal genau!)

    Wie sollen Sie denn gegenüber unseren Partnern noch glaubwürdig sein, Herr Stoltenberg, wenn Sie Versprechungen — zusätzliche Steuersenkungen — , die Sie international abgegeben haben, zu Hause klammheimlich in Form von höheren Verbrauchsteuern wieder einsammeln? Bei diesem Spiel mit gezinkten Karten darf sich niemand wundern, daß negative Reaktionen unserer Partner kommen.
    Es stimmt: Sie, Herr Bundesfinanzminister, können nicht für die großen Fehler verantwortlich gemacht werden, die anderswo gemacht worden sind, z. B. in den USA. Das wäre töricht. Niemand will und soll hier die verheerenden Folgen der verantwortungslosen Finanz- und Geldpolitik der Reagan-Administration für die Weltwirtschaft verniedlichen, meine Damen und Herren. Aber ich frage mich manchmal: Wo sind heute eigentlich die großen Bewunderer der Reaganomics aus den Koalitionsreihen geblieben? Wo sind die großen Fans der Reaganomics geblieben?

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben doch noch vor Jahresfrist wahre Wallfahrten in die USA organisiert, um mit glänzenden Augen das Wirtschaftswunder dort zu bestaunen.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Wer denn? Kein Mensch!)

    Meine Damen und Herren, unabhängig von der verheerenden Hypothek dieser amerikanischen Finanzpolitik:

    (Dr. Vogel [SPD]: Alles ins Weltall geschmissen, das schöne Geld!)

    Daß das Louvre-Abkommen geplatzt ist und die Bundesrepublik heute mit als Störenfried der Weltwirtschaft dasteht, hat Ihre Finanzpolitik, Herr Stoltenberg, mit zu verantworten.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Schaden, den Sie dadurch für unsere Wirtschaft mit zu verantworten haben, ist unabsehbar. Das Exportwachstum, das im kommenden Jahr die Konjunktur über Wasser halten sollte, wird bei dem heutigen Dollarkurs blanke Illusion bleiben. Vor allem unsere Exportwirtschaft, die ein Drittel unseres Sozialproduktes erwirtschaftet, wird die Zeche zu zahlen haben und ebenso die Arbeitnehmer, von denen jeder vierte für den Export arbeitet.
    Wir brauchen, Herr Bundesfinanzminister, endlich eine wirksame Politik zur Stabilisierung der Wechselkurse. Stabilere Wechselkurse setzen aber voraus, Herr Stoltenberg, daß nicht allein die Notenbanken wie bisher die Last der Wechselkursstabilisierung tragen müssen, sondern daß sie in dieser Aufgabe durch eine glaubwürdige, vertrauenschaffende Wirtschafts- und Finanzpolitik entlastet werden, damit die Weltwirtschaft ohne tiefen Einbruch wieder ins Gleichgewicht kommt, damit die Handelsströme auf hohem Niveau angeglichen werden können.

    (Cronenberg [Arnsberg] [FDP]: Wer tut das mehr als wir?)

    Wenn die gegenwärtigen Unsicherheiten andauern, ist die Weltkonjunktur und unsere eigene Wirtschaftsentwicklung in unabsehbarer Weise gefährdet. Natürlich waren die Budget- und Handelsbilanzdefizite der USA der zentrale Auslöser der heutigen Krise. Aber, Herr Stoltenberg, die Lösung dieser Probleme in der Perspektive, in der Zukunft liegt nicht in einem Billardspiel internationaler Schuldzuweisungen, wie Sie es gegenwärtig betreiben.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Herr Bangemannn hat doch in einem Punkt seines wirtschaftspolitischen Brandbriefs an Sie vom 10. November völlig recht: Hören Sie endlich mit dem Spiel auf, Herr Bundesfinanzminister, nur tatenlos den Schwarzen Peter über den Atlantik hin- und herzuschieben! Wir laufen sonst tatsächlich Gefahr, daß die internationale Kritik an der Bundesrepublik immer größer wird und wir noch weiter in eine isolierte Position hineingeraten.


Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Cronenberg?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dieter Spöri


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ja.