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ID1104317900

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    Plenarprotokoll 11/43 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 43. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 Inhalt: Wahl der Abg. Frau Dempwolf zur Schriftführerin als Nachfolgerin der Abg. Frau Hoffmann (Soltau) 2923 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 11/1061, 11/1081) Sieler (Amberg) SPD 2923 C Strube CDU/CSU 2926 B Hoss GRÜNE 2930 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 2931D Dreßler SPD 2934 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 2937 B Frau Unruh GRÜNE 2942 A Egert SPD 2943 A Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit (Drucksachen 11/1065, 11/1081) Waltemathe SPD 2945 D Rossmanith CDU/CSU . . 2948 B Frau Wilms-Kegel GRÜNE 2951 C Zywietz FDP 2954 A Jaunich SPD 2956 D Link (Diepholz) CDU/CSU 2958 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 2960 B Eimer (Fürth) FDP 2962 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2963 B Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 11/1066, 11/1081) Waltemathe SPD 2967 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2970 A Dr. Knabe GRÜNE 2973 D Baum FDP 2975 C Dr. Hauff SPD 2976 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 2979 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 2980D, 2985 B Schäfer (Offenburg) SPD 2984 A Frau Vennegerts GRÜNE 2985 D Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksachen 11/1057, 11/1081) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksachen 11/1067, 11/1081) Bachmaier SPD 2986 C Marschewski CDU/CSU 2988 B Häfner GRÜNE 2992 A Kleinert (Hannover) FDP 2993 C Wiefelspütz SPD 2994 D Engelhard, Bundesminister BMJ 2996 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksachen 11/1070, 11/1081) Nehm SPD 2998 A Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . . 2999 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 3001D Grünbeck FDP 3003 A Scherrer SPD 3005 A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau . . 3006 B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (Erklärung nach § 31 GO) 3008 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 11/1062, 11/1081) Purps SPD 3009 C Windelen CDU/CSU 3013 A Weiss (München) GRÜNE 3015B Zywietz FDP 3017 A Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 3019B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 11/1063) Börnsen (Ritterhude) SPD 3021 A Deres CDU/CSU 3025 B Dr. Briefs GRÜNE 3026 C Funke FDP 3028 C Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 3030 C Haushaltsgesetz 1988 (Drucksachen 11/1079, 11/1080) Kühbacher SPD 3032 C Frau Vennegerts GRÜNE 3032 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 3033 A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 3033 B Tagesordnungspunkt II: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1987 bis 1991 (Drucksachen 11/701, 11/970, 11/1183) Nächste Sitzung 3033 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3034* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 2923 43. Sitzung Bonn, den 26. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 27. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Dr. Biedenkopf 26. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Dr. Feldmann * 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Glotz 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Hiller (Lübeck) 27. 11. Hörster 26. 11. Frau Kelly 26. 11. Kiechle 26. 11. Dr. Klejdzinski * 26. 11. Klose 27. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Knabe 26. 11. Kreuzeder 27. 11. Lemmrich * 26. 11. Lenzer * 27. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 27. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 27. 11. Niegel 26. 11. Frau Pack 27. 11. Paintner 27. 11. Petersen 27. 11. Pfeifer 27. 11. Reddemann * 26. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schmidbauer 26. 11. Schmidt (München) * 27. 11. von Schmude 27. 11. Dr. Spöri 26. 11. Spranger 26. 11. Dr. Todenhöfer 27. 11. Frau Dr. Vollmer 26. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11. Dr. Zimmermann 26. 11.
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    Rede von Heinrich Windelen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ja, Herr Kollege, ich habe das ja ausdrücklich gesagt, und ich wiederhole noch einmal, daß Nordrhein-Westfalen allein im laufenden Haushaltsjahr über 100 Millionen DM, die für den Bau von Bundesfernstraßen zur Verfügung standen, für diesen Zweck nicht ausgeben konnte. Sie flossen dann zum Teil in Unterhaltungsmaßnahmen, zum Teil in andere Bundesländer, die über den angemeldeten
    Bedarf hinaus fertige Projekte hatten, die dringend waren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nach den Plänen und Haushaltsbeschlüssen in Nordrhein-Westfalen wird den Gemeinden 1988 keine müde Mark mehr aus dem Kfz-Steuerverbund zufließen. Darüber hinaus sollen weitere 80 Millionen DM für die Landesstraßen dem Rotstift zum Opfer fallen. Meine Damen und Herren, was das für die Infrastruktur dieses bevölkerungsreichsten Bundeslandes, seine Standortqualität und die Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft bedeutet, kann sich jeder ausrechnen.
    Im Bereich Luftfahrt zwingen uns der starke Anstieg des Verkehrs, die Knappheit des Luftraums und die begrenzte Kapazität einiger Großflughäfen zum Handeln.
    Der Haushaltsausschuß hat daher einer Erhöhung der Verpflichtungsermächtigungen von 100 Millionen DM für die Flugsicherung zugestimmt. Zum Abbau von Engpässen und Verzögerungen hat der Ausschuß die Voraussetzung dafür geschaffen, daß bei der Flugsicherung mehr und schneller moderne Technologie eingesetzt werden kann. Außerdem sieht der Haushalt 1988 einige Verbesserungen beim Flugverkehrskontrolldienst vor.
    Aber ich möchte deutlich darauf hinweisen, daß die Kapazitätsprobleme der Flughäfen nicht der Flugsicherung anzulasten sind. Die Bundesregierung sollte sich im übrigen endlich über eine vernünftige Kooperation zwischen ziviler und militärischer Flugsicherung verständigen.

    (Purps [SPD]: Nach dem Münchner Modell!)

    — Nach dem Münchener Modell.
    Auch eine verstärkte Kooperation zwischen den Flughäfen ist dringend geboten. Ein richtiger Schritt in diese Richtung ist die für den Flughafen Münster/ Osnabrück gefundene Lösung.
    Unsere Bundesbahn war 1982 in einer desolaten Lage. Der neue Vorstand verbesserte Führungsinstrument und Organisation. Er konzentrierte sich auf das Machbare. So wurde der Anstieg der Verschuldung gebremst, die Erträge wurden gesteigert, der Aufwand vermindert und der Jahresfehlbetrag unter 3 Milliarden DM abgesenkt.
    Doch seit 1986 sind die Schwierigkeiten trotz großer Anstrengungen aller Mitarbeiter wieder gewachsen. Bei steigenden Ausgleichszahlungen des Bundes wächst der Fehlbetrag wieder. Trotz erhöhter Leistungen sinken die Erträge im Güterverkehr und stagnieren im Personenverkehr. Der Strukturwandel im Montanbereich, veränderte Fahrgewohnheiten und zurückgehende Schülerzahlen hinterlassen hier deutlich Spuren. Deswegen muß der Konsolidierungskurs fortgesetzt werden. Der Haushaltsausschuß wird sich schon bald umfassend mit der Bundesbahn beschäftigen.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Höchste Zeit!)

    Meine Damen und Herren, wir brauchen auch in Zukunft eine moderne und leistungsfähige Bahn. Herr



    Windelen
    Minister, dazu gehört auch der Ausbau der Strecke Dortmund—Kassel

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    mit dem notwendigen Anschluß Nordrhein-Westfalens an das Schnellverkehrsnetz des Bundes.
    Der wichtige Bereich der Verkehrssicherheit darf nicht unerwähnt bleiben. Die Zahl der Unfälle im Straßenverkehr ist immer noch viel zu hoch. Deswegen muß das Verantwortungsbewußtsein aller Verkehrsteilnehmer geschärft werden. Der Haushaltsausschuß hat dafür gesorgt, daß der Bundesverkehrsminister zusätzliche Mittel bis zur Höhe von 3 Millionen DM für Verkehrserziehungsaktionen ausgeben kann.
    Alles in allem hat die Bundesregierung im Rahmen des finanziell Möglichen den Verkehrshaushalt zweckentsprechend dotiert. Mit den ergänzenden Beschlüssen des Haushaltsausschusses sind wir zu ausgewogenen Lösungen gekommen.
    Verkehrsverwaltungen sind überwiegend Betriebsverwaltungen. Sie sind nicht mit dem üblichen Verwaltungsmaßstab zu messen. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus diesem Bereich gebührt besonderer Dank für ihre verantwortungsvolle Arbeit für das Gemeinwohl unter oft schwierigsten Bedingungen.
    Ich bedanke mich aber auch für die kameradschaftliche und konstruktive Zusammenarbeit aller Berichterstatter ebenso wie für die Aufgeschlossenheit und Kooperationsbereitschaft des Verkehrsministers und seiner Vertreter.
    Der Ihnen vorliegende Einzelplan 12 ist ein vernünftiger Kompromiß zwischen der Gesamtverantwortung für die Bundesfinanzen und den verkehrspolitischen Notwendigkeiten. Namens der CDU/CSUBundestagsfraktion empfehle ich Ihnen die Annahme.
    Schönen Dank für Ihre Geduld.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Weiss (München)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Michael Weiss


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Verkehrsminister, angesichts des vorliegenden Einzelplans 12 scheint es mir doch noch einmal dringend erforderlich, Sie darauf hinzuweisen, daß das Wort „Verkehr" nichts mit „verkehrt" zu tun hat; denn das, was Sie uns hier vorlegen und anbieten, ist nichts anderes als ein Kniefall vor den Forderungen des ADAC und der Automobilindustrie.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Dabei hatten doch Sie, Herr Minister Warnke, große Versprechungen gemacht. Zu Beginn der Legislaturperiode hatten Sie erklärt, der ÖPNV in der Fläche müsse ein Schwerpunkt der Legislaturperiode werden, die Sanierung der Bundesbahnfinanzen müsse angegangen werden. Nach der Katastrophe von Herborn hatten Sie eine stärkere Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene gefordert.
    Mit der Vorlage dieses Haushalts ist jedoch die Stunde der Wahrheit gekommen. Alle Ihre Versprechungen und Ankündigungen haben sich als Nebelkerzenwerferei erwiesen. Von den schönen Worten ist nichts übrig geblieben. Ich weiß nicht, ob Sie von Ihrer Partei zurückgepfiffen worden sind, zu deren Großspendern auch die Auto- und Straßenbauindustrie gehören, oder ob sie Ihre großen Worte gar nicht ernst gemeint haben.

    (Dr. Jobst [CDU/CSU]: Das ist aber billig, was Sie da verzapfen!)

    Das Ergebnis jedenfalls ist ein Asphalt- und Automobilhaushalt, der den Anforderungen einer menschen-.
    und umweltgerechten Verkehrspolitik nicht gerecht wird.
    Nehmen wir uns die Ankündigungen vor und messen sie an den Zahlen des Haushalts.
    Zum ÖPNV in der Fläche: „Mehr als Streckenstillegungen müssen wir uns schon einfallen lassen" , haben Sie gesagt. Das schlägt sich nunmehr darin nieder, daß Sie die Anschaffung von Bussen mit 30 % bezuschussen. In der Begründung der Bundesregierung zur GVFG-Novelle heißt es dann wortwörtlich:
    Damit soll die Umstellung von Nebenstrecken der Deutschen Bundesbahn auf Busbedienung erleichtert werden.
    Die ÖPNV-Mittel insgesamt werden gekürzt. 1992 sollen, so will es die GVFG-Novelle, weitere Kürzungen vorgenommen werden. Wann, so frage ich, werden sie endlich aufhören, Verkehrspolitik nur aus der Windschutzscheibenperspektive zu betreiben? Wann erkennen Sie endlich an, daß auch Menschen in der Fläche das Recht darauf haben, ihre täglichen Verkehrsbedürfnisse auch ohne Auto mit öffentlichen Verkehrsmitteln befriedigen zu können.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ihre Politik zwingt die Menschen doch dazu, sich ein Auto zuzulegen. Wenn wir von der Bundesregierung einmal ordnungspolitische Maßnahmen verlangen, nämlich Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern, dann lehnen sie das mit dem Hinweis ab, daß das dirigistische Maßnahmen sind. Was aber Sie im Nahverkehr betreiben, ist derselbe Dirigismus. Sie zwingen die Leute zum Auto, Sie lassen ihnen nicht die freie Wahl des Verkehrsmittels, denn den ÖPNV gibt es nicht mehr.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Der Zwang zum Auto, den die Bundesregierung ausübt, zeigt sich auch daran, daß Fußgänger und Radfahrer in diesem Haushalt überhaupt nicht vorkommen. Unter dem Slogan „Mehr Freiheit durch Auto" wird die Freiheit der Nichtautofahrer ständig weiter eingeschränkt.

    (Dr. Jobst [CDU/CSU]: Noch nie etwas von Radwegeprogramm gehört? — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Ihr laßt euch mit dem Fahrrad fotografieren und fahrt mit dem Dienstwagen heim!)

    Die freie Entfaltungsmöglichkeit bei Autos führt dazu,
    daß die Fußgänger stärker eingeschränkt werden, daß



    Weiss (München)

    unsere Straßen einfach nicht mehr wohnbar sind und daß insgesamt die Lebensqualität abnimmt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die grünen Wähler fahren alle Auto!)

    Nun komme ich zur zweiten nicht eingehaltenen Ankündigung: der Bundesbahnsanierung. Vor der Wahl hat sogar der Bundeskanzler verkündet, daß die Bundesbahnfinanzen saniert werden müßten. Nichts aber ist passiert. Die Bundesbahn ist einfach nicht in der Lage, ihre Schulden aus eigener Kraft abzubauen. Der Eigentümer, die Bundesregierung, nimmt die Verantwortung nicht ernst. Der Schuldenstand der Bahn steigt, und die Zeit ist abzusehen, zu der die plafondierten Bundesleistungen irgendwann einmal nicht mehr ausreichen werden, um für Zins und Tilgung der Schulden aufzukommen.
    Das Ganze läuft dann unter dem Slogan „Die neue Bahn" in den Werbeprospekten, der fast schon so klingt wie „Die Neue Heimat" . Wenn die Bundesregierung nichts tut, wird eines Tages die Bahn so überschuldet sein, daß sie auch nicht mehr mehr als eine Mark wert sein wird.
    Herr Verkehrsminister, Sie haben zwar für die Bahn 13 Milliarden DM in den Bundeshaushalt eingestellt. Damit aber kommen Sie Ihren Verpflichtungen überhaupt nicht nach. Es fehlt die volle Abgeltung der von der Bahn erbrachten gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Es fehlt der Ausgleich für überhöhte Versorgungslasten, die die Bahn zu tragen hat. Es fehlen Schritte hin zu einer echten Sanierung der Bahn. Es fehlen Maßnahmen zur Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit der Bahn. Das einzige, was an Investitionsmitteln übrig bleibt, sind 3,9 Milliarden DM für Neubaumaßnahmen, davon 2,2 Milliarden DM für Hochgeschwindigkeitsstrecken. Die Strecke Würzburg—Hannover war früher einmal eine Mittelgebirgslandschaft. Sie haben sie zu einer überdimensionalen Rohrpostanlage umgebaut.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Wer ist schuld daran?)

    Für die Modernisierung von Zweigstrecken bleibt kein Geld übrig.
    Als Grund für die einseitige Förderung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs wird immer nur das Beispiel des TGV in Frankreich angeführt. Abgesehen davon, daß der Vergleich schon falsch ist — die Trasse Paris—Lyon ist bretteleben und dünn besiedelt, so daß ein Kilometer Strecke nur ein Fünftel der deutschen Hochgeschwindigkeitsstrecke kostet — , ist er auch einseitig. Denn wenn Sie schon mit Frankreich vergleichen, dann müssen Sie auch einmal sehen, daß es in Frankreich eine Autobahngebühr gibt, dann müssen Sie sehen, daß die Benzinpreise in Frankreich deutlich höher sind, und dann müssen Sie vor allem sehen, daß es in Frankreich ein Tempolimit gibt, das Sie immer ganz entschieden ablehnen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Und daß es keine GRÜNEN gibt, die alles verhindern!)

    Im Gegenteil: Sie wissen alle ganz genau, daß ein Tempolimit das effektivste Mittel wäre, der Bahn endlich zu helfen und die Bahn auch ohne Neubaustrekken schnell und konkurrenzfähig zu machen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Aber was machen Sie? Statt daß Sie Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen ziehen, veranlassen Sie die Bahn, daß sie eine Studie der Prognos AG bis nach den Bundestagswahlen unter Verschluß hält.

    (Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Falsche Behauptung! )

    In dieser Studie wird doch klar nachgewiesen, daß der Großversuch mit Tempo 100 seitens der Bundesregierung falsch ausgewertet worden ist.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Jawohl, das stimmt!)

    In einer Antwort auf eine schriftliche Frage von mir erklärt Ihr Haus, Herr Verkehrsminister, daß das Nicht-Existieren eines Tempolimits für die Entwicklung der Automobilindustrie sinnvoll sei. Das ist doch skandalös. 9 000 Tote jährlich zum Wohle der Automobilindustrie — auch das ist eine Form der Gewalt, die die Bundesregierung offensichtlich befürwortet.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublicher Hetzer!)

    Aber nun zurück zur Bahn. Solange Sie, Herr Minister Warnke, nichts tun, um die Bahn auch im Güterverkehr konkurrenzfähig zu machen, bleibt alles bei leeren Sprüchen. Auch Ihre Zustimmung zu der 40prozentigen Erhöhung der Gemeinschaftskontingente im Juni dieses Jahres durch den EG-Ministerrat ist ein weiterer Schlag gegen die Bahn. Es ist doch eigentlich skandalös, daß heute immer noch die mittlere Transportentfernung von Gefahrguttransporten im Bahnverkehr geringer ist als im Straßenverkehr. Das zeigt doch, daß gerade im Fernverkehr die gefährlichen Güter verstärkt auf der Straße transportiert werden, gerade dort, wo sie am einfachsten zu verlagern wären.
    Herr Verkehrsminister, wenn Sie nichts tun, dann wird es tatsächlich zu diesem Verkehrsinfarkt auf unseren Straßen kommen, den Sie ja schon prognostiziert haben.
    Zum Abschluß möchte ich bloß noch auf die letzte „Wirtschaftswoche" verweisen und darauf hinweisen, wie dort die Behandlung der Bahn seitens der Bundesregierung gesehen wird. Der Referent im Finanzministerium, Sarazin, sagt: Was die Leute mit Bahnpolitik im Sinn haben, bringt sowieso alles nichts. — Er sagt sinngemäß weiter: Das sind alles Leute, die irgendwann mal eine Spielzeugeisenbahn besessen haben und jetzt damit im großen spielen. — Da sage ich Ihnen eines: Unter diesem Aspekt sollten Sie auch mal die Verteidigungspolitik betrachten und sich fragen, was das vielleicht mit Kriegsspielzeug und ähnlichem zu tun hat. Fangen Sie damit nicht bei der Bahn an.
    Danke.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Da kann ich nicht einmal lachen!)