Rede:
ID1104313200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Kleinert.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/43 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 43. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 Inhalt: Wahl der Abg. Frau Dempwolf zur Schriftführerin als Nachfolgerin der Abg. Frau Hoffmann (Soltau) 2923 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 11/1061, 11/1081) Sieler (Amberg) SPD 2923 C Strube CDU/CSU 2926 B Hoss GRÜNE 2930 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 2931D Dreßler SPD 2934 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 2937 B Frau Unruh GRÜNE 2942 A Egert SPD 2943 A Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit (Drucksachen 11/1065, 11/1081) Waltemathe SPD 2945 D Rossmanith CDU/CSU . . 2948 B Frau Wilms-Kegel GRÜNE 2951 C Zywietz FDP 2954 A Jaunich SPD 2956 D Link (Diepholz) CDU/CSU 2958 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 2960 B Eimer (Fürth) FDP 2962 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2963 B Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 11/1066, 11/1081) Waltemathe SPD 2967 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2970 A Dr. Knabe GRÜNE 2973 D Baum FDP 2975 C Dr. Hauff SPD 2976 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 2979 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 2980D, 2985 B Schäfer (Offenburg) SPD 2984 A Frau Vennegerts GRÜNE 2985 D Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksachen 11/1057, 11/1081) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksachen 11/1067, 11/1081) Bachmaier SPD 2986 C Marschewski CDU/CSU 2988 B Häfner GRÜNE 2992 A Kleinert (Hannover) FDP 2993 C Wiefelspütz SPD 2994 D Engelhard, Bundesminister BMJ 2996 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksachen 11/1070, 11/1081) Nehm SPD 2998 A Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . . 2999 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 3001D Grünbeck FDP 3003 A Scherrer SPD 3005 A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau . . 3006 B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (Erklärung nach § 31 GO) 3008 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 11/1062, 11/1081) Purps SPD 3009 C Windelen CDU/CSU 3013 A Weiss (München) GRÜNE 3015B Zywietz FDP 3017 A Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 3019B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 11/1063) Börnsen (Ritterhude) SPD 3021 A Deres CDU/CSU 3025 B Dr. Briefs GRÜNE 3026 C Funke FDP 3028 C Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 3030 C Haushaltsgesetz 1988 (Drucksachen 11/1079, 11/1080) Kühbacher SPD 3032 C Frau Vennegerts GRÜNE 3032 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 3033 A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 3033 B Tagesordnungspunkt II: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1987 bis 1991 (Drucksachen 11/701, 11/970, 11/1183) Nächste Sitzung 3033 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3034* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 2923 43. Sitzung Bonn, den 26. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 27. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Dr. Biedenkopf 26. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Dr. Feldmann * 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Glotz 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Hiller (Lübeck) 27. 11. Hörster 26. 11. Frau Kelly 26. 11. Kiechle 26. 11. Dr. Klejdzinski * 26. 11. Klose 27. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Knabe 26. 11. Kreuzeder 27. 11. Lemmrich * 26. 11. Lenzer * 27. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 27. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 27. 11. Niegel 26. 11. Frau Pack 27. 11. Paintner 27. 11. Petersen 27. 11. Pfeifer 27. 11. Reddemann * 26. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schmidbauer 26. 11. Schmidt (München) * 27. 11. von Schmude 27. 11. Dr. Spöri 26. 11. Spranger 26. 11. Dr. Todenhöfer 27. 11. Frau Dr. Vollmer 26. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11. Dr. Zimmermann 26. 11.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gerald Häfner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Bundesjustizminister! Ich glaube, daß das, was wir eingangs in der Rede des Abgeordneten Marschewski hören konnten, ein ziemliches Mißverständnis über das zum Inhalt hatte, was Rechtspolitik sein sollte. Das ist jedenfalls meine Auffassung, Herr Kollege.
    Kern der Rechtspolitik sollte nicht die Ausübung von Macht mit allen Mitteln — auch der Gewalt — sein, sondern Kernprinzip des Rechts überhaupt sollte der Versuch sein, daß Menschen aufeinander zugehen und sich miteinander verständigen. Daß das in Hamburg geschehen ist und möglich war, ist, meine ich, ein gutes Zeichen und ganz etwas anderes als das, was Sie hier gefordert haben.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Herr Bundesjustizminister, ich wohne in Bonn in einer relativ teuren Wohnung. Seit meinem Einzug regnet es durch das Dach. Sie werden gleich hören, warum ich Ihnen das erzähle. — Ich hoffe übrigens, daß mein Vermieter jetzt zuhört.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Wer ist das? Die Neue Heimat?)

    Seit Wochen und Monaten ist dieser schlimme Zustand bekannt. Es wird hin- und hertelefoniert, es wird festgestellt, daß dringender Handlungsbedarf besteht. Aber es passiert überhaupt nichts.

    (Zuruf des Abg. Funke [FDP])

    — Ich komme auf Sie zurück, Herr Funke.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Brauchen Sie einen Anwalt? Ich berate Sie!)

    — Sie auch, Herr Stark? Dann sind wir eine starke Gruppe! Aber lassen Sie mich bitte jetzt fortfahren!
    Mein Vermieter sagt dann immer zu mir: „Sie wissen ja, die Handwerker!" Ich sage heute: Sie wissen ja, die Juristen! Denn genau an diese Geschichte habe ich gedacht, als ich in Ihrem Etatentwurf wieder Ihren grandiosen Plan mit diesem so mutigen und entschlossenen Vorhaben las, eine Broschüre herauszugeben, im Einzelplan 07, aus Mitteln der Steuerzahler finanziert, die den Titel tragen soll „Das Bundesjustizministerium — 40 Jahre Bauhütte des Rechts". Ich habe diese „Hütte" in meiner ersten Etatrede — sicherlich etwas hart — als „Abbruchunternehmen des Rechtes" gekennzeichnet. Ich rücke davon auch nicht ab. Und bei Betrachtung Ihres Ministeriums fällt mir auf: Die „Hütten" werden immer teurer, werden immer höher, und der Ausstoß wird immer geringer.
    Der Kollege Bachmaier hat z. B. schon auf die Notwendigkeit einer Insolvenzrechtsreform sehr deutlich hingewiesen. Was bedeutet das für die Menschen? Tausende von Betroffenen gehen bei den Konkursen immer wieder leer aus. Konkursverwalter
    — ich erinnere nur an die Maxhütte — kassieren im großen Stile ab, ebenso die Banken. Erst ein einziges Mal ist es in der Bundesrepublik zu einem Konkurs gekommen, bei dem tatsächlich alle Gläubiger befriedigt werden konnten.
    Was ist z. B. beim Konkurs Privater, was passiert denn hier mit Menschen, die sich in hohem Maße verschuldet haben und denen man eigentlich, wie das auch in anderen Ländern möglich ist, einen Neuanfang ermöglichen müßte? Hier ist dringender Handlungsbedarf geboten. Aber das wird seit Jahren aufgeschoben. Man brütet und brütet, offenbar immer noch erfolglos.
    Mit dem Abbruch des Rechtes wird auch unter Ihrer ministeriellen, politischen Verantwortung in furchterregendem Ausmaß fortgefahren. In diesem Zusammenhang möchte ich doch auf ein sehr aktuelles und, wie ich meine, wichtiges Beispiel zu sprechen kommen: die entsetzlichen Morde in Frankfurt, die unser aller Abscheu und unser aller Ablehnung hervorrufen und die eigentlich dazu führen müßten, darüber nachzudenken, wie man die Spirale der Gewalt zurückdrehen kann, wie man für Deeskalation sorgen kann. Sofort wird in der Koalition der Schrei nach gesetzgeberischen Maßnahmen laut. Und worin sollen diese bestehen? In einem „Vermummungsverbot"!
    Wissen Sie, was mir hierzu einfällt? Wissen Sie, was ich an dieser Stelle eigentlich gerne fordern würde, vor allen Dingen von Ihnen? Ein Verdummungsverbot scheint mir nötig zu sein;

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    denn Sie wissen genauso gut wie ich: Die Vermummung steht schon heute als Ordnungswidrigkeit unter Strafe. Unter bestimmten Umständen ist sie sogar eine Straftat. Sie wissen auch, daß der wesentliche Unterschied zwischen der heutigen und der von Ihnen angestrebten Regelung nur derjenige ist, daß die Polizei heute eingreifen kann, während sie bei der Neuregelung eingreifen m u ß , was bedeutet, daß die Strafbarkeit auf Tausende ausgedehnt würde, die möglicherweise überhaupt keine Straftat begangen haben oder begehen wollen.
    Sie wissen auch, daß eben das der beste Weg ist, um friedliche Demonstrationen möglicherweise zu unfriedlichen zu machen!
    Auch ich mag diese vermummten Gestalten nicht. Aber haben Sie denn vergessen, warum Menschen angefangen haben, sich zu vermummen, wie Sie das nennen?
    Gehen Sie einmal — ich möchte Sie dazu einladen — auf eine Demonstration, z. B. in Wackersdorf. Da stehen heute überall Spezialtrupps der Polizei mit Foto- und Videokameras. Jeder Demonstrant wird aufgenommen und festgehalten. Die Bilder werden nicht vernichtet, sondern sie werden aufbewahrt und gespeichert. Der Bürger muß Angst haben, in irgendwelchen Karteien zu landen. Solange es Berufsverbote, solange es Sicherheitsüberprüfungen gibt, kann ich verstehen, daß diese — —

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Wer nichts anstellt, braucht keine Angst zu haben!)

    — Ich habe einen Schulfreund, der wegen der Teilnahme an Demonstrationen und wegen des Betreibens eines Büchertisches vor der Mensa der Universität nicht als Lehrer in den Staatsdienst übernommen worden ist. Solange solche Dinge möglich sind, Herr Dr. Stark, kann ich die Angst der Menschen verstehen.
    Ich frage Sie umgekehrt, warum beispielsweise die Polizei vermummt ist. Ich erinnere Sie an das Abräu-



    Häfner
    men des friedlichen Hüttendorfes an der Baustelle in Gorleben — Freie Republik Wendland — , als die Polizei mit maskierten, mit schwarz bemalten Gesichtern angerückt ist.
    Ich frage Sie — und ich füge gleich hinzu: noch niemend hat mir diese Frage bis heute beantworten können —, wo denn der Zusammenhang besteht zwischen dem geforderten Vermummungsverbot und den Schüssen in Frankfurt. Wenn nachts aus einem dunklen Wald, wo man niemanden erkennen kann, aus der Entfernung hinterrücks geschossen wird, wer will denn da glaubhaft behaupten, ein Vermummungsverbot könnte in diesem Zusammenhang irgend etwas bewirken?

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Das behauptet doch kein Mensch außer Ihnen!)

    Hier geht es um ganz anderes. Ich denke, daß das auch deutlich gemacht werden muß, und zwar nicht zuletzt auf Grund rechtspolitischer Gesichtspunkte; denn hier geht es nicht mehr um ein Tatbestandsstrafrecht, sondern um ein Verdachtsstrafrecht.

    (Dr. Langner [CDU/CSU]: Falsch!)

    Die Begründung, die immer wieder gegeben wird, die auch Sie, Herr Langner, mir neulich in der Podiumsdiskussion in Bonn gegeben haben, lautet: Ein hoher Prozentsatz — behaupten Sie — der von Ihnen so genannten vermummten Täter würde auch später Straftaten begehen. Ich habe zu Ihnen auf der Podiumsdiskussion gesagt — das ist Lernstoff im ersten Semester des Jura-Studiums — daß, wenn fünfmal ein Herr im Lodenmantel einen Verkehrsunfall verursacht, dann immer noch die Verursachung eines Verkehrsunfalls, nicht aber das Tragen von Lodenmänteln strafbar ist. Dahin sollten wir zurückkehren.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Langner [CDU/CSU]: Ein abwegiger Vergleich!)

    Ich denke, das ist eine sehr wesentliche rechtspolitische Grundsatzfrage.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Das spricht sehr stark für Verdummung! — Dr. Langner [CDU/CSU]: Sie haben doch vom Verdummungsverbot gesprochen!)

    — Sie haben sich ja in der FDP Zeit genommen, noch einmal darüber nachzudenken. Deshalb habe ich so deutlich auf diesen Punkt hingewiesen. Ich bitte Sie, über diese Frage einfach noch einmal nachzudenken. Ich bitte Sie, auch über alle anderen im Zusammenhang mit einer Verschärfung des Demonstrationsstrafrechts geplanten Maßnahmen noch einmal gründlich nachzudenken.
    Ich bitte Sie damit, in dem von Ihnen angekündigten Sinn tätig zu werden, nämlich zu einer wirklich liberalen Rechtspolitik, zu den Grundlagen zurückzukehren, die Ihre Partei ursprünglich einmal — ich erinnere an die Freiburger Thesen usw. — gehabt hat.
    Ich möchte, was den Haushalt betrifft, zum Abschluß darauf hinweisen: Der Haushalt ist wie Ihre Politik, nach außen hin wenig spektakulär. Einen Punkt haben wir schon streichen können. Das war das Ölbild für Generalbundesanwalt Rebmann. Merke:
    Auf Öl rutscht man leicht aus. Es war im Etatposten „Erwerb beweglicher Geräte" versteckt. Wir haben es trotzdem gefunden.
    Ein Punkt muß abschließend noch hervorgehoben werden: Das ist die Wehrstrafgerichtsbarkeit. Hierzu liegt Ihnen allen auch ein Antrag von uns vor. Die Unterstellung der Gerichtsbarkeit unter militärische Gesichtspunkte sollte in der Bundesrepublik Deutschland gerade nach den Erfahrungen mit den Kriegsgerichten im Dritten Reich eigentlich indiskutabel sein. Wir lehnen dies, was bisher hinter dem Rücken der Bevölkerung und auch hinter dem des Gesetzgebers geschehen ist, ausdrücklich ab und bitten Sie, diesen Punkt im Einzelplan 07 zurückzuweisen und auch unseren anderen Änderungsanträgen zuzustimmen.
    Ich danke schön.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Kleinert.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Detlef Kleinert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Das mit dem Ölgemälde haben Sie gut gemacht,

    (Heiterkeit)

    aber das war es ja dann wohl auch mit Ihren positiven Beiträgen zur Rechtspolitik.

    (Dr. Langner [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Herr Marschewski hat Jonathan Swift angesprochen und sprach von der Reise ins Land der Zwerge. Ich habe es mehr mit den Riesen. Da wachte er nämlich auf, und viele dünne Seile überspannten seinen Körper, so daß sich der bedauernswerte Gulliver gar nicht mehr bewegen konnte.
    In dieser Lage befinden sich auch viele Bürger unseres Landes, und in dieser Lage befinden sich auch viele Unternehmen in diesem Lande, weil wir nämlich immer mehr und immer wieder nach einem Grundsatz verfahren, den ich in diesem Hause schon einmal auszuführen versucht habe, nämlich daß die Erfüllung von Regelungsbedarf automatisch weiteren Regelungsbedarf erzeugt, so daß wir uns eines Tages wundern, warum wir dem von Jonathan Swift geschilderten Bild so nahe sind.
    Das ganz Entscheidende ist — Herr Häfner, Sie haben das vorhin so gesagt, daß ich es ohne jede Einschränkung als ein Kompliment an den Bundesjustizminister auffasse, das ich hier gerne aufnehmen und verstärkt weitergeben möchte — : Stetigkeit und Ruhe gehören nach all dem, was an Reformen früher einmal nötig war, aber inzwischen geleistet worden ist, nun wirklich dazu. Ich kann ja auch nicht dafür, daß die Leute, die in der Zeit eingestellt worden sind, als unser Rechtswesen — genau wie unsere Städte — neu aufgebaut werden mußte, jetzt nicht mehr ganz so hektisch beschäftigt sind. Aber ich bin bemüht, dem etwas Positives zu entnehmen. Ich bin der Meinung, je länger und je ruhiger und bedächtiger man nachdenkt, desto mehr kommt das einer vernünftigen Rechtsentwicklung zugute. Das Wichtigste, was unsere Bürger brauchen, ist Vertrauen in die Stetigkeit und Zuverlässigkeit unseres Rechtssystems und nicht



    Kleinert (Hannover)

    irgendwelche Bewegungen politisch motivierter Art, die den Gang zum Gericht in noch weit höherem Maße, als wir es schon als Referendare — wenn vielleicht auch nicht im ersten Semester — gehört haben, der Fahrt auf die Hohe See vergleichbar machen, wo bekanntlich alles in Gottes Hand liegt. Wir hier jedenfalls, meine ich, haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, daß wir Gottes Hand möglichst selten in Anspruch zu nehmen brauchen, wenn wir uns zu Gericht begeben, um so mit einer einigermaßen voraussehbaren Rechtsprechung rechnen zu können.
    Deshalb muß eines auch ganz klar sein, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir haben seit einer Reihe von Jahren zu beobachten, daß sich das Gewicht zwischen der Legislative und der Jurisdiktion zum Nachteil der ersten verschiebt. Dies dient dem nicht, was ich eben als das Ziel vernünftiger Rechtspolitik dargestellt habe. Ich rede gar nicht über die Qualität der schließlichen Entscheidung. Ich rede lediglich über die Vorhersehbarkeit der schließlichen Entscheidung. Das ist ein sehr beachtliches Rechtsgut. Es ist wichtig für jeden einzelnen Bürger wie auch für unsere Unternehmen. Dem sollten wir deshalb unsere Aufmerksamkeit widmen.
    Neue Unwägbarkeiten bei den Gerichten in Gang zu bringen, das kann nicht unsere Aufgabe sein. Deshalb sollten wir lieber etwas weniger tun, aber dann sehr bestimmt. Im übrigen ist eine eiserne Wahrung des Vorrangs der Legislative dort geboten, wo es darum geht, politische Bedürfnisse in Rechtspolitik umzusetzen.
    Der Streit über das, was zweckmäßig sein kann und was man lieber so oder anders hätte, ist der politische Streit.

    (Abg. Häfner [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    Wenn der mit den dafür in der Demokratie gegebenen Mitteln, z. B. der Diskussion, in diesem Hause stattgefunden hat, dann beginnt die Rechtsetzung, dann beginnt die Gesetzgebung. An der sollte man dann allerdings nicht mehr rütteln.
    Zum Schluß möchte ich noch auf ein wichtiges Thema zu sprechen kommen. Es wäre mir einfach etwas peinlich, wenn ich dieses Thema hier nicht aufnehmen würde. Es würde noch jemand auf die Idee kommen, ich hätte Angst davor. Weit entfernt davon, daß ich Angst davor habe, nur kann ich es nicht mehr hören: die interessante Frage der Strafbewehrtheit des ohnehin bestehenden Vermummungsverbots. Es handelt sich, und daran hat in unserer Partei niemand — das ist in den von Herrn Bachmaier erwähnten Beschluß von Anfang September auch nachzulesen — jemals einen Zweifel gelassen, um unser Verständnis für die Sorgen und Probleme der Polizei. Es handelt sich um das Eingehen auf polizeitaktische Bedürfnisse, aber keineswegs, wie irgend jemand vielleicht vermuten möchte, um rechtspolitische oder gar rechtsstaatliche Grundsatzfragen. Weit entfernt davon! Dies hört man landauf landab immer wieder, statt daß man einmal etwas über schnelle Gerichtsverfahren, über Fragen der Polizeitaktik und über die Frage hört, warum es nicht möglich ist, zu erreichen, daß jemand, der morgens mit der Zwille aus dem Hause geht, seiner Lebensgefährtin hinterlassen muß, daß es keinen Sinn hat, das Abendessen warm zu halten.

    (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)

    Dies ist doch das Ziel der Veranstaltung. Wir wollen friedliche Demonstrationen und keine unfriedlichen. Wie wir das erreichen, betrifft polizeitaktische Fragen, hinsichtlich deren wir uns nicht in unserer rechtsstaatlichen Gesinnung verdächtigen lassen, sondern denen wir uns widmen werden.
    Mir stellt es sich so dar, daß diese eigentümliche Frage der Vermummung wegen ihrer enormen, sinnfälligen Fernsehwirksamkeit bei dem Versuch, festzustellen, was wir wirklich tun müssen, um friedliche Demonstrationen zu sichern und unfriedliche zu vermeiden, eine Sichtblende ist. Wenn es denn so ist, dann räumen wir sie ab, ohne uns mit den Polizeipräsidenten der jeweiligen Herren Innenminister noch länger über ihre Geschmacksfragen zu unterhalten. Wir sorgen dann dafür, daß wir über dieses Thema nichts mehr hören; so sehr ich das bedauere, Herr Bachmaier, aber Ihnen fällt auch zu anderen Dingen immer noch etwas ein. Da bin ich ziemlich sicher.

    (Zustimmung bei der SPD)