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ID1104308200

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    Plenarprotokoll 11/43 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 43. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 Inhalt: Wahl der Abg. Frau Dempwolf zur Schriftführerin als Nachfolgerin der Abg. Frau Hoffmann (Soltau) 2923 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 11/1061, 11/1081) Sieler (Amberg) SPD 2923 C Strube CDU/CSU 2926 B Hoss GRÜNE 2930 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 2931D Dreßler SPD 2934 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 2937 B Frau Unruh GRÜNE 2942 A Egert SPD 2943 A Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit (Drucksachen 11/1065, 11/1081) Waltemathe SPD 2945 D Rossmanith CDU/CSU . . 2948 B Frau Wilms-Kegel GRÜNE 2951 C Zywietz FDP 2954 A Jaunich SPD 2956 D Link (Diepholz) CDU/CSU 2958 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 2960 B Eimer (Fürth) FDP 2962 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2963 B Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 11/1066, 11/1081) Waltemathe SPD 2967 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2970 A Dr. Knabe GRÜNE 2973 D Baum FDP 2975 C Dr. Hauff SPD 2976 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 2979 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 2980D, 2985 B Schäfer (Offenburg) SPD 2984 A Frau Vennegerts GRÜNE 2985 D Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksachen 11/1057, 11/1081) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksachen 11/1067, 11/1081) Bachmaier SPD 2986 C Marschewski CDU/CSU 2988 B Häfner GRÜNE 2992 A Kleinert (Hannover) FDP 2993 C Wiefelspütz SPD 2994 D Engelhard, Bundesminister BMJ 2996 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksachen 11/1070, 11/1081) Nehm SPD 2998 A Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . . 2999 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 3001D Grünbeck FDP 3003 A Scherrer SPD 3005 A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau . . 3006 B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (Erklärung nach § 31 GO) 3008 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 11/1062, 11/1081) Purps SPD 3009 C Windelen CDU/CSU 3013 A Weiss (München) GRÜNE 3015B Zywietz FDP 3017 A Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 3019B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 11/1063) Börnsen (Ritterhude) SPD 3021 A Deres CDU/CSU 3025 B Dr. Briefs GRÜNE 3026 C Funke FDP 3028 C Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 3030 C Haushaltsgesetz 1988 (Drucksachen 11/1079, 11/1080) Kühbacher SPD 3032 C Frau Vennegerts GRÜNE 3032 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 3033 A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 3033 B Tagesordnungspunkt II: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1987 bis 1991 (Drucksachen 11/701, 11/970, 11/1183) Nächste Sitzung 3033 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3034* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 2923 43. Sitzung Bonn, den 26. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 27. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Dr. Biedenkopf 26. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Dr. Feldmann * 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Glotz 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Hiller (Lübeck) 27. 11. Hörster 26. 11. Frau Kelly 26. 11. Kiechle 26. 11. Dr. Klejdzinski * 26. 11. Klose 27. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Knabe 26. 11. Kreuzeder 27. 11. Lemmrich * 26. 11. Lenzer * 27. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 27. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 27. 11. Niegel 26. 11. Frau Pack 27. 11. Paintner 27. 11. Petersen 27. 11. Pfeifer 27. 11. Reddemann * 26. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schmidbauer 26. 11. Schmidt (München) * 27. 11. von Schmude 27. 11. Dr. Spöri 26. 11. Spranger 26. 11. Dr. Todenhöfer 27. 11. Frau Dr. Vollmer 26. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11. Dr. Zimmermann 26. 11.
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    Rede von Gerhart Rudolf Baum


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst eine Vorbemerkung machen. Ich sehe mit großer Betroffenheit die Vorgänge um die Christus-Kirche in Ost-Berlin, wo junge Menschen offenbar nur deshalb von Staatsorganen verfolgt werden, weil sie sich um den Umweltschutz kümmern.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Heute sind weitere Verhaftungen erfolgt. Umweltschutz ohne öffentliche Meinung ist nicht vorstellbar. Das wird auch dort jetzt sichtbar.
    Die jetzige Bundesregierung setzt die Umweltpolitik konsequent fort. Sie baut auf der früheren Umweltpolitik auf. Ich möchte hier zu diesen Schuldzuweisungen nicht Stellung nehmen. Ohne das erste Umweltprogramm von 1971 unter dem Umweltminister Genscher, wo ein Investitionsvolumen von 30 Milliarden DM in Gang gesetzt worden ist, säßen wir heute nicht vor dieser Bilanz.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Es ist einiges versäumt worden. Diese Verantwortung trifft nicht eine Gruppe allein. Ich erinnere an das Verhalten der früheren Bundesratsmehrheit. Aber Schluß mit dieser Diskussion, meine Damen und Herren.
    Die Probleme sind unwahrscheinlich vielfältig. Wir stehen vor einem Berg von Problemen. Wir haben ausgewählt. Die Koalition hat eine Koalitionsvereinbarung getroffen. Hier haben wir Prioritäten gesetzt. Es ist sicher richtig und wichtig, daß immer größere Anteile unseres Bruttosozialprodukts national und international in den Umweltschutz fließen müssen. Wir tun das auf der Grundlage der Marktwirtschaft, die auch staatliche Rahmenregelungen braucht, mitunter auch öffentliche Förderung. Das Verursacherprinzip aber ist das beste Umweltprogramm, das wir uns vorstellen können.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)




    Baum
    Wir erwarten von der Bundesregierung, daß sie diese Koalitionsvereinbarung zügig verwirklicht und uns die Gesetze auch so rechtzeitig vorgelegt, daß wir sie in Ruhe beraten können.
    Es liegt aber nicht an den Gesetzen allein, meine Damen und Herren. Wir haben ein Vollzugsdefizit im Wasserbereich und woanders. Wir sollten das nicht aus dem Auge verlieren.
    Zwei Schwerpunkte: Trinkwasser. Die Koalition hat einen Antrag zum Gewässerschutz eingebracht. Für uns ist das ein Schwerpunkt unserer Politik. Mich hat besorgt gemacht die Stellungnahme der RheinWasserwerke.
    Weltweite Klimaveränderung: Wir haben in diesem Herbst die stärkste Schädigung des Ozons, die es bisher über dem Südpol überhaupt gegeben hat. Die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus. Es gibt eine Vereinbarung mit der Wirtschaft. Ich frage: Wann kommt die Kennzeichnung von Spraydosen?

    (Frau Saibold [GRÜNE]: Wann kommt das Verbot?)

    Wir müssen hier — das haben wir ausdrücklich vereinbart — notfalls auch mit nationalen Verboten arbeiten, vor allem in den Bereichen, die noch nicht geregelt sind. Ich mahne auch an, ich erwarte von der Bundesregierung, daß die Vereinbarung, mit den Staaten der Dritten Welt zu verhandeln, um die tropischen Regenwälder zu schützen, möglichst bald zu einem Vorschlag führt.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Das hängt alles auch mit dem Treibhauseffekt zusammen, der uns hier in einer Enquete-Kommission ja beschäftigen wird.
    Wir haben einen weiteren großen Problembereich: Abfall. Hier hat die Bundesregierung jetzt das Instrumentarium. Es muß zügig umgesetzt werden. Es gibt bereits erste Erfolge.

    (Frau Saibold [GRÜNE]: Wo denn?)

    Es gibt Vereinbarungen mit der Industrie. Das ist der schnellste und effizienteste Weg. Wenn es aber nicht zu Vereinbarungen kommt, müssen auch die staatlichen Zwangsmittel eingesetzt werden. Herr Töpfer, ich sehe keinen Horizont z. B. in Sachen Batterien. Wir haben eine erhebliche Schädigung des Grundwassers durch Batterien.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Haben Sie alles abgelehnt!)

    Wenn es nicht bald zu Regelungen kommt, müssen wir von den Mitteln, die das Gesetz möglich gemacht hat, nämlich von einer Pfandregelung, Gebrauch machen.
    Meine Damen und Herren, zum Abschluß möchte ich mich bei den Mitarbeitern des Ministeriums bedanken. Sie haben in der schwierigen Aufbauphase wichtige Arbeit geleistet. Ich möchte den Dank auf das Umweltbundesamt erstrecken. Es stößt auch nach den Personalbewilligungen in diesem Haushalt an die Grenzen seiner Personalkapazität. Ich bin also in diesem Punkt nicht ganz einverstanden. Dort müßte mehr getan werden. Wir können nicht Gesetze verabschieden, die niemand umsetzt. Wir brauchen ein stärkeres Umweltbundesamt.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Wir unterstützen die Politik der Bundesregierung, und wir unterstützen auch diesen Haushalt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Hauff.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Volker Hauff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Land steht vor zwei großen grundlegenden gesellschaftspolitischen Herausforderungen: einerseits die Entwicklung von Technik und Wirtschaft so zu steuern und zu gestalten, daß die Umwelt saniert und in Zukunft vorsorgend geschützt wird, und zweitens vor der Tatsache, daß über zwei Millionen Menschen in unserem Land Arbeit suchen und keine Arbeit finden.
    Die Bundesregierung hat zu Beginn ihrer Tätigkeit diesen Menschen große Hoffnungen gemacht. Es war davon die Rede, daß man in absehbarer Zukunft die Zahl auf 1 Million senken wird. Tatsächlich ist die Arbeitslosigkeit gestiegen. Die Bundesregierung hat bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit versagt. Sie hat beispielsweise die Chancen nicht erkannt, die in einer Verknüpfung von Umwelt und Arbeit liegen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Ich stimme dem Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Herrn Franke, zu, der entsprechend unseren Vorstellungen ein Programm gefordert hat — nicht ein Beschäftigungsprogramm, sondern ein Programm, das wie unser Vorschlag auf 10 Jahre angelegt ist, ein Programm zur Strukturveränderung in unserer Wirtschaft, um damit die Umwelt in Ordnung zu bringen.

    (Beifall der Abg. Frau Blunck [SPD])

    Ich stimme auch den Sozialausschüssen der CDU zu. Es wäre schön, wenn sie auch hier das Wort ergreifen und nicht nur auf irgendwelchen Tagungen draußen etwas beschließen würden. Sie haben gesagt: Der Staat muß sinnvolle Arbeit zusätzlich organisieren, wenn dies vom Markt nicht zu erwarten ist. Als konkrete Felder, wo das angewendet werden kann, haben sie den Umweltschutz und die Energieeinsparung genannt. Das ist ein sinnvoller, ein vernünftiger Vorschlag.
    Nur, Herr Töpfer, warum greifen Sie diese Vorschläge eigentlich nicht auf? Sie müßten doch an der Spitze dieser Entwicklung stehen, wenn es darum geht, für den Umweltschutz etwas zu tun.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Es kommt darauf an, daß man das richtig Erkannte nicht nur formuliert, sondern auch durchsetzt.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Das richtig Erkannte hat auch bei uns Lernprozesse ausgelöst. Ich erinnere an den Vorschlag von Herrn Matthöfer, der damals in meiner eigenen Partei und meiner eigenen Fraktion keine Mehrheit gefunden hat — das ist richtig — , der sich aber vom gedankli-



    Dr. Hauff
    chen Ansatz her Tag für Tag als richtiger erweist, nämlich zu sagen: Durch eine Steigerung des Energiepreisniveaus schaffen wir die Voraussetzung dafür, die ökologische Modernisierung in unserem Land finanzierbar zu machen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Genau das war der Grund, warum wir vor zwei Jahren nicht einen veralteten Hut, sondern das Programm „Arbeit und Umwelt" vorgeschlagen haben.
    Die Regierungskoalition und die Bundesregierung haben es abgelehnt.

    (Dr. Laufs [CDU/CSU]: Aus guten Gründen!)

    Nur, wie die Beispiele von Herrn Franke und den Sozialausschüssen zeigen, steigt die Zahl derer, die diesen Ansatz für richtig halten, Tag für Tag. Der Tag wird kommen, an dem der Druck auf die Regierung so groß wird, daß sie auf diesem Gebiet tätig werden muß.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Mittel dieses Sondervermögens müssen unseres Erachtens für Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur Nutzung regenerativer Energiequellen eingesetzt werden. Auf diesem Feld kann bis zum Jahr 2000 mehr Energie gewonnen werden, als wir derzeit in der Bundesrepublik an Kernenergie produzieren.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Das ist die Wahrheit!)

    Das Geld muß zur Beseitigung der Altlasten, des Industriemülls der letzten 150 Jahre eingesetzt werden. Das ist doch nicht ein Problem einer einzigen Regierung, sondern das Problem, das uns dort bedrängt, ist: 150 Jahre Industrialisierung in unserem Land.

    (Beifall bei der SPD)

    Da kann man sich nicht auf den Standpunkt stellen: Dafür sind die Bundesländer zuständig, und abwarten, bis die erste große Katastrophe da ist und ein großes Grundwasserbecken kontaminiert ist. Da muß man jetzt beginnen.
    Die Mittel, die wir mit unserem Programm „Arbeit und Umwelt" vorschlagen, sind auch für die Sanierung der Flüsse und die Sicherung des Trinkwassers notwendig. Es müssen Anreize gegeben werden, über den Stand der Technik hinauszugehen und nicht bei den bestehenden Gesetzen zu bleiben,

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    also technologische Schnelläufer zu fördern. Dazu muß ein Konzept her, wenn man diesen Weg gehen will. Dazu brauchen wir auch neue Anreize für künftige Entwicklungen. Es muß ein politischer und wirtschaftlicher Ordnungsrahmen geschaffen werden, der das ökologisch Notwendige in ökonomische Motivation umsetzt. Von einem solchen Zustand sind wir leider immer noch meilenweit entfernt.
    Im wesentlichen ist unsere bisherige Umweltpolitik darauf aufgebaut, mit den Methoden und Mitteln eines bürokratischen Obrigkeitsstaates vorzugehen, allein Verbote, Gebote und Grenzwerte. Die werden auch in Zukunft notwendig sein. Aber was not tut, ist, daß wir die bisherige verhängnisvolle Arbeitsteilung überwinden, die bei der Anwendung dieser Mittel unausweichlich ist. Da ist dann auf der einen Seite die Politik — d. h. Parteien, Parlamente, die Regierungen, die öffentlichen Verwaltungen — zuständig, um bei bestimmten Maßnahmen den Nachweis zu führen, daß sie umweltpolitisch vernünftig, arbeitsmarktpolitisch vertretbar und für die internationale Wettbewerbsfähigkeit unschädlich sind. Auf der anderen Seite sind dann nicht nur die Verbände und die Unternehmen, sondern, so füge ich hinzu, teilweise auch die Betriebsräte, die dann öffentlich den Gegenbeweis führen, daß es umweltpolitisch übertrieben, arbeitsmarktpolitisch nicht vertretbar und für die internationale Wettbewerbsfähigkeit schädlich ist. Diese Art von Arbeitsteilung muß zu dem führen, was wir dann nachher Vollzugsdefizit nennen.

    (Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU]: Das ist aber bei Ihnen entstanden!)

    Deswegen brauchen wir andere Instrumente, um den Strukturwandel voranzutreiben. — Hören Sie doch mit der Selbstgerechtigkeit auf, als ob in der Frage die eine Seite immer alles richtig und die andere alles falsch gemacht hätte. Das ist bei diesem Thema doch völlig unangemessen!

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Die historische Erfahrung zeigt, daß diese Art von Strukturwandel dann am reibungslosesten funktioniert, wenn dieser Prozeß an dezentralen Entscheidungen orientiert ist, die die Vermeidung von Kosten zum Gegenstand haben. Deswegen darf Umweltverschmutzung nicht kostenlos sein, sondern sie muß ökonomisch bewertet und berechenbar werden.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Sie muß ihren Preis haben!)

    Hier war die Politik in der Vergangenheit viel zu zaghaft. Wir waren viel zu sehr an Geboten, Verboten und Grenzwerten orientiert. Es gibt einige Ausnahmen. Die wichtigste dabei — ohne jeden Zweifel — ist die vor langen Jahren einmal eingeführte Abwasserabgabe, die sich ja im wesentlichen bewährt hat; sonst hätten Sie sie nicht fortgeschrieben.

    (Baum [FDP]: Die höchst umstritten war!)

    — Die höchst umstritten war. — Das ist ein solches Beispiel. Deswegen sage ich: Abgaben sind ein sinnvolles Instrument einer modernen Umweltpolitik.

    (Dr. Göhner [CDU/CSU]: Können es sein!)

    Sie sind, um mit diesem Vorurteil endlich einmal aufzuräumen, kein Finanzierungsinstrument. Noch deutlicher formuliert: Umweltpolitisch erfüllt eine Abgabe ihren Zweck dann optimal, wenn das Aufkommen null ist. Dann hat sie ihren Sinn erfüllt,

    (Beifall bei der SPD)

    das ist geradezu ein Qualitätsmerkmal. Wenn beim Staat durch eine umweltpolitische Abgabe viel Geld hereinkommt, dann ist sie falsch dimensioniert.

    (Dr. Göhner [CDU/CSU]: Jawohl!)

    Deswegen sagen wir: Mit diesen Abgaben ist es möglich, das, was ökologisch notwendig ist, in ökonomische Motivation umzusetzen. Deswegen haben wir einmal ein Schwefelabgabengesetz vorgeschlagen.



    Dr. Hauff
    Deswegen werden wir weiter dabei bleiben, das Abgaben ein ganz wesentlicher Teil einer modernen Umweltpolitik sind. Wir möchten die Regierung gern ermuntern, mit uns zusammen darüber nachzudenken und das auf einzelnen umweltpolitischen Gebieten dann auch zu konkretisieren.
    Ein wesentlich komplizierterer Weg, um Umweltkosten in den Produktionsprozeß zu integrieren, kann
    — nach meiner Meinung: muß — ein verändertes Haftungsrecht sein. Die Risiken der Produktion für die Umwelt werden dadurch in den Produktionsprozeß selbst zurückgeführt. Gefährliche Stoffe und gefährliche Technologien verlieren dann an Marktwert. Das ist eine sinnvolle und moderne Umweltpolitik.
    In diesen Zusammenhang gehört auch das Steuerrecht, etwa die Sonderabschreibungen auf Umweltinvestitionen. Ich stimme Ihnen, Herr Töpfer, zu, wenn Sie in einer Veröffentlichung der CDU darauf hinweisen, daß wirtschaftliche Anreize genauso bedeutsam — wenn nicht sogar bedeutsamer — sind wie direkte Zuschüsse. Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, daß das so ist. Ich gehe noch einen Schritt weiter: Meines Erachtens müßte gerade dieses Instrument insofern verändert werden, als man damit nicht nur die Umweltinvestitionen wirtschaftlich begünstigt, die eine nachträgliche Reparatur darstellen, sondern auch diejenigen, mit denen der Prozeß des integrierten Umweltschutzes ausgebaut wird.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Da stimmen Sie auch zu!)

    — Da stimmen sie auch zu. — Ich habe kein Problem mit Ihren Reden und mit Ihren Schriften, Herr Töpfer. Das Problem ist nur: Das, was in der Wirklichkeit passiert, ist das genaue Gegenteil dessen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Was nützen mir denn schöne Reden, wenn dann hinterher was ganz anderes passiert?

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Es geht Stück für Stück voran!)

    Oder ist es denn falsch — Sie haben vorhin schon den Kopf geschüttelt, als mein Kollege darauf hingewiesen hat — , daß es in einer Veröffentlichung des Bundesfinanzministeriums vom 5. November 1987 wörtlich heißt:
    Die erhöhten Absetzungen nach dem § 7 d Einkommensteuergesetz (Umweltschutzinvestitionen) werden nicht über den 31. 12. 1990 hinaus verlängert.

    (Schäfer [Tübingen] [SPD]: So ist es!)

    Das ist die Wirklichkeit! Was nützen denn die Reden, was nützt es, zu sagen, das sei ein sinnvolles Instrument, wenn man gleichzeitig nicht widerspricht, wenn das Gegenteil passiert?

    (Beifall bei der SPD)