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ID1104307800

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    Plenarprotokoll 11/43 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 43. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 Inhalt: Wahl der Abg. Frau Dempwolf zur Schriftführerin als Nachfolgerin der Abg. Frau Hoffmann (Soltau) 2923 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 11/1061, 11/1081) Sieler (Amberg) SPD 2923 C Strube CDU/CSU 2926 B Hoss GRÜNE 2930 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 2931D Dreßler SPD 2934 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 2937 B Frau Unruh GRÜNE 2942 A Egert SPD 2943 A Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit (Drucksachen 11/1065, 11/1081) Waltemathe SPD 2945 D Rossmanith CDU/CSU . . 2948 B Frau Wilms-Kegel GRÜNE 2951 C Zywietz FDP 2954 A Jaunich SPD 2956 D Link (Diepholz) CDU/CSU 2958 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 2960 B Eimer (Fürth) FDP 2962 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2963 B Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 11/1066, 11/1081) Waltemathe SPD 2967 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2970 A Dr. Knabe GRÜNE 2973 D Baum FDP 2975 C Dr. Hauff SPD 2976 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 2979 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 2980D, 2985 B Schäfer (Offenburg) SPD 2984 A Frau Vennegerts GRÜNE 2985 D Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksachen 11/1057, 11/1081) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksachen 11/1067, 11/1081) Bachmaier SPD 2986 C Marschewski CDU/CSU 2988 B Häfner GRÜNE 2992 A Kleinert (Hannover) FDP 2993 C Wiefelspütz SPD 2994 D Engelhard, Bundesminister BMJ 2996 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksachen 11/1070, 11/1081) Nehm SPD 2998 A Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . . 2999 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 3001D Grünbeck FDP 3003 A Scherrer SPD 3005 A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau . . 3006 B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (Erklärung nach § 31 GO) 3008 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 11/1062, 11/1081) Purps SPD 3009 C Windelen CDU/CSU 3013 A Weiss (München) GRÜNE 3015B Zywietz FDP 3017 A Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 3019B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 11/1063) Börnsen (Ritterhude) SPD 3021 A Deres CDU/CSU 3025 B Dr. Briefs GRÜNE 3026 C Funke FDP 3028 C Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 3030 C Haushaltsgesetz 1988 (Drucksachen 11/1079, 11/1080) Kühbacher SPD 3032 C Frau Vennegerts GRÜNE 3032 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 3033 A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 3033 B Tagesordnungspunkt II: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1987 bis 1991 (Drucksachen 11/701, 11/970, 11/1183) Nächste Sitzung 3033 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3034* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 2923 43. Sitzung Bonn, den 26. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 27. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Dr. Biedenkopf 26. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Dr. Feldmann * 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Glotz 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Hiller (Lübeck) 27. 11. Hörster 26. 11. Frau Kelly 26. 11. Kiechle 26. 11. Dr. Klejdzinski * 26. 11. Klose 27. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Knabe 26. 11. Kreuzeder 27. 11. Lemmrich * 26. 11. Lenzer * 27. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 27. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 27. 11. Niegel 26. 11. Frau Pack 27. 11. Paintner 27. 11. Petersen 27. 11. Pfeifer 27. 11. Reddemann * 26. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schmidbauer 26. 11. Schmidt (München) * 27. 11. von Schmude 27. 11. Dr. Spöri 26. 11. Spranger 26. 11. Dr. Todenhöfer 27. 11. Frau Dr. Vollmer 26. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11. Dr. Zimmermann 26. 11.
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    Rede von Hans Peter Schmitz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Das wird Gegenstand der Verhandlungen sein. Ich bin Ihnen dankbar



    Schmitz (Baesweiler)

    für diese Frage. Denn das deutet genau diesen Weg an.

    (Zurufe von der SPD)

    Darüber müssen wir miteinander reden. Ich denke, man kann dem Bund nicht alles anlasten.

    (Waltemathe [SPD]: Jetzt wissen wir, wie Minister Stoltenberg seine Schulden bezahlt: über die Länder!)

    — Das hat damit gar nichts zu tun. Wir wollen sachgerechte Lösungen. Die bedürfen natürlich auch vernünftiger Überlegungen im Verhältnis Bund/Länder zueinander. Das ist völlig klar. Darüber gibt es doch keinen Streit.
    Abschließend noch einen Blick auf den Bereich der Reaktorsicherheit und des Strahlenschutzes. Auch hier liegt die Zuwachsrate mit 8,6 % weit über dem Durchschnitt. Für die CDU/CSU-Fraktion gilt unverändert der Grundsatz: Sicherheit hat Vorrang vor wirtschaftlichen Erwägungen. Die Konsequenzen, die aus dem Reaktorunfall von Tschernobyl zu ziehen sind, schlagen sich in den Zahlen des Haushalts nieder.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Nichts ist kapiert worden!)

    Auch für die Dekontaminierung der 5 000 Tonnen Molkepulver, die im Eigentum des Bundes stehen, hat der Haushaltsausschuß die notwendigen Mittel bereitgestellt. Nach derzeitiger Schätzung werden Gesamtkosten in Höhe von 13,4 Millionen DM anfallen, wovon im Jahre 1988 8,15 Millionen verbraucht werden. Im Interesse einer zügigen Abwicklung der De-kontaminierung hat der Haushaltsausschuß auf eine Sperre verzichtet, Frau Kollegin Vennegerts, nur deswegen. Gegen die Stimmen der GRÜNEN hat sich der Ausschuß mit Mehrheit für den Weg der Dekontaminierung des Molkepulvers und gegen eine Endlagerung ausgesprochen, aus guten Gründen. Sie schüren Angst in der Bevölkerung. Wenn wir ein Endlager fordern und das Endlager dann errichtet ist, sind Sie die ersten, die dagegen demonstrieren.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Es gibt kein sicheres, Herr Kollege! Gorleben ist eingebrochen! Das wissen Sie doch! Stellen Sie sich nicht so an!)

    Deswegen haben wir darauf verzichtet. Ich halte es eigentlich für unverantwortlich, so zu verfahren.
    Lassen Sie mich feststellen, meine Damen und Herren: Dieses Ministerium ist im Aufwachsen begriffen. Ich habe das eben schon gesagt. Ich denke, daß der Entschluß des Bundeskanzlers damals, ein solches Ministerium einzurichten, richtig gewesen ist.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Das war ein reiner Propagandatrick, sonst gar nichts! — Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Wollen Sie es abschaffen?)

    — Das wäre die Folge von einer solchen Verhaltensweise. — Daß wir heute in der Lage sind, in wichtigen Teilen auch international die Schritte zu unternehmen, die notwendig sind, zeigt, daß diese Entscheidung schon zum jetzigen Zeitpunkt zum Erfolg führt.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich hinzufügen: Das Bundesumweltministerium hat seit seiner Gründung konstruktive Arbeit geleistet. Das soll fortgesetzt werden. Das soll auf die wichtigsten Fragen konzentriert werden. Auch für das nächste Jahr sind die Weichen richtig gestellt.
    Eine abschließende Bemerkung. Den Sozialdemokraten ist offenbar nicht aufgegangen, daß sie einen Großteil der Mitschuld an gewissen Bewegungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland haben. Hätten Sie in all den dreizehn Jahren, in denen Sie die Führung hier in Bonn gehabt haben, nicht Gelegenheit genug gehabt, bestimmte Bewegungen im grünen Bereich zu verhindern, wenn Sie die Fragen und Probleme angepackt hätten?

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Was Sie jetzt sagen, glauben Sie selbst nicht! Es ist mehr gemacht worden, als Sie zugeben wollen! — Abg. Schäfer [Offenburg] [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    Deswegen lassen Sie mich Ihnen sagen: Wir werden diesem Einzelplan zustimmen. Ich möchte mich an dieser Stelle für die Zusammenarbeit mit dem Ministerium bedanken.
    Vielen Dank, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Knabe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wilhelm Knabe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Neues Wasser, neuen Mut! — Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute steht der Umwelthaushalt der Bundesregierung auf dem Prüfstand. Verantwortlich sind Sie, Herr Minister Töpfer. Lassen Sie mich diese Auseinandersetzung auf einer Ebene beginnen, wo wir uns beide begegnen: mit dem Respekt vor dem Fachwissen und vor dem Menschen. Es ist ein Vergnügen, Ihnen in der Fragestunde bei. den Antworten im Deutschen Bundestag zuzuhören, wenn Sie Wissen und Esprit einsetzen und den Fragenden nicht mit dummen Redensarten abspeisen wie mancher Staatssekretär dieser Regierung.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Dadurch unterscheiden Sie sich wohltuend von manchen Kollegen. Aber in der Politik zählt nicht, was man weiß, sondern was man durchsetzt — das ist eine einfache Wahrheit —,

    (Dr. Göhner [CDU/CSU]: Siehe London!)

    und durchgesetzt haben Sie mit diesem Haushalt wahrlich wenig. Hält er einer Umweltverträglichkeitsprüfung stand?
    Wie ist er denn entstanden? Die Gründung des Umweltministeriums war eine Schockreaktion auf Tschernobyl, nicht bewußtes, verantwortliches Handeln zugunsten der Umwelt. Herr Minister Wallmann mußte wie ein Lumpensammler die Haushaltsbrocken aus den Ressorts Inneres, Landwirtschaft sowie Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zusammenklauben und daraus einen Haushalt machen. Neue Ideen konnte man von Herrn Wallmann nicht erwar-



    Dr. Knabe
    ten; denn man hatte ihm diesen Posten nur gegeben, um ihn ministrabel zu machen, ihn als Gegenspieler der hessischen Regierung aufzubauen. Dies gelang dank schwerer politischer Fehler von SPD und GRÜNEN, die eine Koalition erst aufkündigten und dann im Wahlkampf neu verkündeten. Das geht nicht gut. Aber vom Umweltschutz hatte Herr Wallmann weder Ahnung noch an ihm Interesse.

    (Baum [FDP]: Das kann doch nicht wahr sein!)

    Vielleicht spielt dieses Aufbauen zum kommenden Landesfürsten im Saarland auch bei Ihnen eine Rolle. Aber von einem wegen seiner Fachkompetenz als Nicht-Abgeordneter berufenen Umweltminister hätte man einen Gesamtentwuf erwartet, mit neuen Schwerpunkten und Akzenten,

    (Baum [FDP]: Das ist die Koalitionsvereinbarung!)

    wie es der ökologische Notstand erfordert. Doch nichts dergleichen ist zu erkennen.

    (Baum [FDP]: Haben Sie die Koalitionsvereinbarung nicht gelesen?)

    Man hakelt sich mühsam und zäh an den Haushaltsposten des Vorjahres entlang: Hier ein paar tausend Mark mehr, dort ein paar tausend Mark weniger, als ob das Vorjahr kein Flickenteppich, sondern das Ergebnis jahrzehntelanger, erfolgreicher Umweltpolitik gewesen wäre. Weniger als die lächerlichen 1,8 Promille des Bundeshaushaltes bekommen nur noch die Herren Engelhard und Schwarz-Schilling. Und da in dieser Gesellschaft die Bedeutung einer Person und einer Sache leider nur am Geld gemessen wird, ist Ihre Basis damit äußerst schmal, wenn man sie mit den 25,7 Milliarden des häufig naturzerstörenden Haushalts des Verkehrsministers vergleicht. Das ist mehr als 50mal soviel!
    Frau Garbe und Herr Waltemathe haben bereits darauf hingewiesen, daß auch andere Ministerien Umweltschutzmaßnahmen finanzieren, auch wenn es zum Teil nur Blümchen sind, die man da pflanzt, wo der Panzer die Landschaft vorher zerwühlt hat. Das will ich nicht in Abrede stellen. Aber der Haushalt des Umweltministers müßte Projekte enthalten, die dem ökologischen Notstand angemessen sind. Wenn ich von ökologischem Notstand spreche, meine ich 5 bis 6 Millionen Tonnen Giftmüll jährlich, das Eindringen von Pestiziden, von Säure und Schwermetallen ins Grundwasser, die Nordseevergiftung, über die man gerade in London nur halbherzig verhandelte, die Waldschäden, die sich in den Gebirgen zum Hochwaldsterben steigern, die schwere Erkrankung alter Buchen und Eichen überall im Lande, die unheimliche Zunahme von Allergien und Krebserkrankungen und die Vergiftung und Zerstörung des Bodens, auf die ich noch später eingehen werde. Da sind schließlich die Nachwirkungen von Tschernobyl und das russische Roulette unserer eigenen Atomkraftwerke, bei denen keiner weiß, wann das erste hochgeht.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Schmitz [Baesweiler] [CDU/CSU]: Sie haben die DDR vergessen!)

    Natürlich sagt der Haushalt nicht alles über die Umweltpolitik; das ist hier auch schon gesagt worden. Er ist nur ein Mosaiksteinchen im Gesamtbild, wenn auch ein sehr bedeutendes. Aber wie steht es ansonsten mit Ihrer Politik?
    Ihr erster Satz in der Haushaltsdebatte am 9. September 1987, heute vom Vertreter der CDU noch einmal zitiert, lautete: „Qualität und Nachdruck der Umweltpolitik sind in erster Linie an der Durchsetzung des Verursacher- und Vorsorgeprinzips, nicht an den Ziffern und den Prozentsätzen des Haushalts abzulesen. " Wie weit sind wir denn mit der Vorsorge gekommen? Muß die Verpackungsindustrie, die viel zum gegenwärtigen Müllnotstand beiträgt, dafür aufkommen? Haben Sie den alten Vorstoß des Umweltbundesamtes und der GRÜNEN, Einwegflaschen zu verbieten, aufgegriffen? Muß die Automobilindustrie für die Unfallfolgen — jährlich über 8 000 Tote! — und die horrenden Umweltschäden aufkommen? Nein!
    Als Umweltminister müßten Sie doch aufstehen und Ihren begriffsstutzigen Kollegen klarmachen, was die Stunde geschlagen hat, ihnen den Unterschied zwischen Vorsorge und Nachsorge zu erklären. Es genügt nicht, einfach am Ende des Prozesses einen Filter draufzupappen und dann zu suchen, wo der Abfall bleibt. Nein, an der Quelle muß man anfangen, den Prozeß anders gestalten.
    In den Leitlinien der Bundesregierung zur Umweltvorsorge geben Sie ja die Gefahren bestehender Produktionsformen zu; aber das Handlungskonzept reicht nicht aus, ganz zu schweigen von einem konsequenten ökologischen Umbau bestehender Strukturen, der erforderlich wäre.
    Vergeblich habe ich auf ein Wort von Ihnen zur Verkehrspolitik gewartet. Wissen Sie, was im Bundesverkehrswegeplan drin steht? Knapp 8 000 km neue Autobahnen und Fernstraßen in den nächsten Jahren, fast achtmal die Strecke Flensburg—Partenkirchen, quer durch die Landschaft. Wie viele reizvolle Landschaften gehen dadurch zum Teufel, werden zerschnitten oder unwiederbringlich zerstört? Haben Sie ein großzügiges Entsiegelungsprogramm angemahnt, das dem Wasser wieder erlauben würde, in den Boden einzudringen und so die natürlichen Kreisläufe wiederherzustellen? Aber das können Sie gar nicht, denn Sie dürfen ja nichts gegen das Auto sagen, gegen das Wachstum dieser Branche, die eine verheerende ökologische und soziale Gesamtbilanz aufweist:

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Haben Sie ein Auto?)

    seit dem Zweiten Weltkrieg über eine halbe Million totgefahrener Menschen, Zehntausende von Verkrüppelten, zerstörte Landschaften durch Straßenbau und verpestete Luft. Dazu hört man von Ihnen nichts. Im Gegenteil, Ihre Regierung feiert jedes neu zugelassene Automobil als großen Erfolg des Wachstums. Haben Sie denn noch nicht verstanden, daß diese Art von Wachstum ein fataler Irrweg ist? Sie müssen an die Wurzeln des Übels gehen, wir alle, nicht nur an die Auspuffrohre. Der beste Verkehr ist der, der gar nicht erst entsteht.

    (Beifall bei den GRÜNEN)




    Dr. Knabe
    Wo bleibt der große Wurf im Bodenschutz? Herr Baum sagte am 6. November in der Aktuellen Stunde zum Waldschadensbericht: „Bodenschutz ist wichtig, Bodenschutz ist eine Jahrhundertaufgabe." Die Regierung hat offensichtlich verstanden: Bodenschutz hat noch hundert Jahre Zeit!
    Herr Bayha fordert in der gleichen Debatte ein Sofortprogramm zum Schutze der Waldböden und des Trinkwassers und erklärt die Bewahrung der Funktionsfähigkeit des Ökosystems Wald für die wichtigste Aufgabe unserer Zeit. Der Haushalt spiegelt das nicht wider. Der Umweltminister drückt sich zum Bodenschutz in seiner Haushaltsrede sehr verschwommen aus: Man müsse im gesamten Bereich des Bodenschutzes und der Wasserwirtschaft unsere Aufgaben weiterführen und sei auch hier ein ganzes Stück vorangekommen. Ja, wo denn, Herr Minister? Werden Sie doch endlich einmal konkret.
    Das Bodenschutzprogramm liegt seit zwei Jahren vor. Seitdem ist die Zerstörung nicht abgebaut worden, sondern weiter fortgeschritten, ob das nun die Erosion in den Maisäckern, oder die Versauerung der Waldböden ist, die Überbauung oder die Kontamination mit Giften aller Art. Wir fordern konkrete Schritte. Wir GRÜNEN haben dazu Programme vorgelegt: für die Landwirtschaft, gegen den Straßenbau, zum Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, das umweltfreundliche Maßnahmen und nicht neue Straßen fördern sollte.
    Ich möchte nicht unbedingt wie andere den Vorwurf erheben, Sie seien konfliktscheu; aber Sie haben keine Basis, die Sie unaufhörlich nach vorn treibt, die von Ihnen immer schärfere Maßnahmen fordert, wie es dem grünen Umweltminister Fischer in Hessen erging. Hinter Ihnen stehen viele Leute, die Sie an allen Rockzipfeln zurückhalten. Zwei haben Sie in der Waldschadensdebatte genannt: Hausbesitzer bei der Kleinfeuerungsanlagen-Verordnung und die Mineralölwirtschaft bei der Luftreinhaltung. Die stärksten Kräfte haben Sie nicht genannt: Automobilindustrie, Chemiewirtschaft und die Banken, die nur an die Verzinsung ihrer Kapitalien denken.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Dabei weiß ich, daß auch in Ihrer Partei Abgeordnete sind, denen die Lage des Waldes am Herzen liegt. Wenn man Herrn Bayha, Herrn Schmidbauer oder andere sprechen hört, merkt man das. Und das ist gut so, denn die Therapie des kranken Waldes muß in den Köpfen beginnen. Eine Partei allein kann ihn nicht retten. Auch der letzte Banker müßte begreifen, daß er mitverantwortlich für die heutige Naturzerstörung ist. Sie, Herr Minister, treffen diese Herren ja bei vielen Empfängen, können sie kraft Ihres Amtes vielleicht direkt erreichen, wir nur über ihre Frauen, die im Bioladen einkaufen, oder über ihre Kinder, die in der Schule oder in der Universität zu den GRÜNEN kommen.

    (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD)

    Ich will noch ein Wort zur Atomenergie anschließen, die von manchen Rednern der Koalition als Ausweg aus der Umweltkrise gesehen wird. Sehen Sie, vor 20 Jahren war die Anhörung zum Kernkraftwerk
    Würgassen, und ich war damals als Gutachter zum nicht nuklearen Teil geladen. Damals meinte ich, es wäre ein Weg, den Wald zu retten. Heute weiß ich mehr. Heute weiß ich, daß nach Tschernobyl das weitere Laufen dieser Werke nicht mehr zu verantworten ist, daß man es unmöglich zulassen darf.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    In Tschernobyl sind 5 % kritische Masse herausgekommen. 100 % hätten bedeutet: Kiew wäre wohl nicht mehr bewohnbar, und wir alle wüßten nicht, ob und wann bei uns der Krebs ausbricht und ob wir jemals gesunde Kinder erwarten können.
    Betrachten wir also den Umwelthaushalt dieser Regierung abschließend, so ist ganz klar: Einer Umweltverträglichkeitsprüfung hält er nicht stand. In der Schule würde man sagen: Durchgefallen!

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)