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ID1104303400

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    Plenarprotokoll 11/43 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 43. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 Inhalt: Wahl der Abg. Frau Dempwolf zur Schriftführerin als Nachfolgerin der Abg. Frau Hoffmann (Soltau) 2923 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 11/1061, 11/1081) Sieler (Amberg) SPD 2923 C Strube CDU/CSU 2926 B Hoss GRÜNE 2930 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 2931D Dreßler SPD 2934 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 2937 B Frau Unruh GRÜNE 2942 A Egert SPD 2943 A Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit (Drucksachen 11/1065, 11/1081) Waltemathe SPD 2945 D Rossmanith CDU/CSU . . 2948 B Frau Wilms-Kegel GRÜNE 2951 C Zywietz FDP 2954 A Jaunich SPD 2956 D Link (Diepholz) CDU/CSU 2958 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 2960 B Eimer (Fürth) FDP 2962 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2963 B Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 11/1066, 11/1081) Waltemathe SPD 2967 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2970 A Dr. Knabe GRÜNE 2973 D Baum FDP 2975 C Dr. Hauff SPD 2976 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 2979 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 2980D, 2985 B Schäfer (Offenburg) SPD 2984 A Frau Vennegerts GRÜNE 2985 D Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksachen 11/1057, 11/1081) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksachen 11/1067, 11/1081) Bachmaier SPD 2986 C Marschewski CDU/CSU 2988 B Häfner GRÜNE 2992 A Kleinert (Hannover) FDP 2993 C Wiefelspütz SPD 2994 D Engelhard, Bundesminister BMJ 2996 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksachen 11/1070, 11/1081) Nehm SPD 2998 A Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . . 2999 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 3001D Grünbeck FDP 3003 A Scherrer SPD 3005 A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau . . 3006 B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (Erklärung nach § 31 GO) 3008 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 11/1062, 11/1081) Purps SPD 3009 C Windelen CDU/CSU 3013 A Weiss (München) GRÜNE 3015B Zywietz FDP 3017 A Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 3019B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 11/1063) Börnsen (Ritterhude) SPD 3021 A Deres CDU/CSU 3025 B Dr. Briefs GRÜNE 3026 C Funke FDP 3028 C Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 3030 C Haushaltsgesetz 1988 (Drucksachen 11/1079, 11/1080) Kühbacher SPD 3032 C Frau Vennegerts GRÜNE 3032 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 3033 A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 3033 B Tagesordnungspunkt II: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1987 bis 1991 (Drucksachen 11/701, 11/970, 11/1183) Nächste Sitzung 3033 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3034* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 2923 43. Sitzung Bonn, den 26. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 27. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Dr. Biedenkopf 26. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Dr. Feldmann * 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Glotz 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Hiller (Lübeck) 27. 11. Hörster 26. 11. Frau Kelly 26. 11. Kiechle 26. 11. Dr. Klejdzinski * 26. 11. Klose 27. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Knabe 26. 11. Kreuzeder 27. 11. Lemmrich * 26. 11. Lenzer * 27. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 27. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 27. 11. Niegel 26. 11. Frau Pack 27. 11. Paintner 27. 11. Petersen 27. 11. Pfeifer 27. 11. Reddemann * 26. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schmidbauer 26. 11. Schmidt (München) * 27. 11. von Schmude 27. 11. Dr. Spöri 26. 11. Spranger 26. 11. Dr. Todenhöfer 27. 11. Frau Dr. Vollmer 26. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11. Dr. Zimmermann 26. 11.
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    Rede von Ernst Waltemathe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Jawohl. — Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Haushalt des Bundesministeriums für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit mit einem Volumen von über 19 Milliarden DM ist auf den ersten Blick ja kein geringfügiger.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Auch auf den zweiten nicht!)

    Der Hauptteil ist gesetzlich durch Kindergeld und Erziehungsgeld festgelegt. Für die Fülle der Aufgaben eines Ministeriums für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, das auch für den Zivildienst zuständig ist, sind die Gestaltungsmöglichkeiten in finanzieller Hinsicht nicht allzu üppig und manchmal unzulänglich.
    Frau Ministerin Süssmuth ist nun seit zwei Jahren im Amt, und seit anderthalb Jahren ist sie auch Frauenministerin. Vor zwei Jahren, Frau Süssmuth, haben



    Waltemathe
    wir Ihnen Schonzeit eingeräumt, weil der damals vorgelegte Haushalt ja nicht von Ihnen zu vertreten war, sondern noch von Ihrem Vorgänger, dem Generalsekretär der CDU und Bundesminister Geißler.
    Im vergangenen Jahr haben wir eingeräumt, daß wir mit dem Inhalt vieler Ihrer Reden und Stellungnahmen durchaus übereinstimmen könnten, wenn diese Inhalte auch in Taten umgesetzt würden. Jetzt haben wir festzustellen, daß doch der Lack an manchen Stellen absplittert und daß Reden und Taten eben nicht übereinstimmen.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich will aber mit einer positiven Feststellung beginnen. Wir haben Sie zwar zunächst drängen müssen, aber inzwischen haben Sie auch gegen Widerstände aus Ihren eigenen Reihen, aber mit unserer Zustimmung erreicht, daß die Mittel für ein AIDS-Bekämpfungsprogramm erheblich aufgestockt worden sind. Dies geschah erst im Verlauf des Jahres 1987. Da wir — ich sage das pauschal — mit den Inhalten und den Maßnahmen zur Forschung, Aufklärung und Betreuung in diesem Bereich übereinstimmen, haben wir keinerlei formale Bedenken erhoben — wir haben z. B. nicht verlangt, einen Nachtragshaushalt vorzulegen —; denn wir wollten, daß das Programm in Gang gesetzt wird. Politisch haben wir gewollt, daß Sie sich gegenüber bayerischen Vorstellungen der Ausgrenzung oder Einsperrung durchsetzen mögen.

    (Rossmanith [CDU/CSU]: Na, na!)

    Von diesem grundsätzlichen Ansatz werden wir auch künftig ausgehen und Sie in diesem Ausschnitt Ihrer Politik weiterhin unterstützen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Dabei gehen wir — da hoffe ich auf Ihre Zustimmung — davon aus, daß Erfahrungen aus der tatsächlichen Durchführung des Programms und Erkenntnisse, die die Enquete-Kommission des Bundestages gewinnt, in die Politik einfließen werden,

    (Eimer [Fürth] [FDPJ: Hoffentlich gefallen Ihnen die Ergebnisse der Enquete-Kommission!)

    daß das Bekämpfungsprogramm AIDS also weder in finanzieller noch in inhaltlicher Hinsicht starr gehandhabt wird.
    Für die übrigen Felder der von Ihnen vertretenen Politik können wir solche positiven Feststellungen leider nicht treffen. Beginnen wir mit der Jugendpolitik. Viele junge Menschen stehen der Politik abseits gegenüber, sind skeptisch und von den gesellschaftlichen Verhältnissen enttäuscht, die sie in vielfacher Weise als ungerecht empfinden. Jugendliche fanden und finden immer dann Aufmerksamkeit, wenn sie protestieren, Häuser besetzen, Politiker unter Druck setzen. Sie haben die Erfahrung gemacht, daß diese Politiker, die dann das Gespräch fordern, zur Tagesordnung übergehen, wenn sich die Proteste wieder beruhigen. Dafür mag das Schicksal des Abschlußberichts der Jugend-Enquete des Deutschen Bundestages als Beispiel dienen. Fast alle Empfehlungen, obwohl sie im Ausschuß einvernehmlich und einmütig getroffen wurden, sind in der Jugendpolitik bis heute unberücksichtigt geblieben.

    (Rossmanith [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht!)

    — Das stimmt. Sie wissen auch, daß dies stimmt. Sie brauchen nicht das Gegenteil dazwischenzurufen. Sie werden ja noch das Wort haben und könnten dann das Gegenteil beweisen. Aber das ist nicht beweisbar. — Auch das Bemühen um tatsächliche Chancengleichheit zwischen Jungen und Mädchen bleibt auf der Strecke.
    Ein zweites Beispiel: das Schicksal der überfälligen Reform des Jugendhilferechts. 1980 hat die sozialliberale Koalition eine Reform ausgearbeitet. Sie scheiterte an der CDU-Mehrheit im Bundesrat. Dann kam 1984 der nächste Versuch. Der scheiterte schon im Anfangsstadium kläglich. Jetzt lesen wir in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers Kohl dieses Jahres, daß die Reform des Jugendwohlfahrtsgesetzes vorgenommen werden soll. Aber es ist eine absolute Kostenneutralität vorgegeben, und das bedeutet ebenfalls von vornherein, daß auch diese Reform schon beim Abstimmungsgespräch mit den Bundesländern auf der Strecke bleiben wird.
    Drittes Beispiel. Es fehlen schon jetzt Millionen D-Mark im Bundesjugendplan, um die bisherigen Aufgaben zu erfüllen. Es kommt hinzu, daß im laufenden Haushalt, 1987, der ja ein unehrlicher Haushalt war, 6 % weggekürzt worden sind. Das wirkt sich so aus — da man Personal nicht zu 94 % bezahlen kann, wenn man es beschäftigt — , daß 15 % der Maßnahmen, die für Jugendliche durchgeführt werden sollten, entfallen sind. Auch 1988 wird durch die 3%ige Sperre der Bundesjugendplan, wie andere Haushaltstitel, auch getroffen. Nun wird noch erwartet, daß die Jugendverbände in einer solche Situation die Arbeitsmarktprobleme bzw. die damit im Zusammenhang stehenden Probleme lösen sollen. Das ist geradezu zynisch.
    Es ist schon jetzt abzusehen — viertes Beispiel —, daß die Mittel für die Eingliederung junger Zuwanderer und Aussiedler, insbesondere aus den Ostblockländern, für deren Schul- und Berufsausbildung und sonstige Eingliederung so bemessen sein müßten, daß wohl etwa 70 000 junge Menschen im Jahre 1988 bedient werden können. Im jetzt laufenden Haushaltsjahr hat der viel zu geringe Ansatz für den sogenannten Garantiefonds — der soll ja etwas garantieren — auch nach Aufstockung um 10 Millionen DM und nach Aufhebung der Sperre in diesem Bereich von weiteren 7,5 Millionen DM bei weitem nicht ausgereicht, um Kinder von Übersiedlern in eine Förderklasse zu bringen.
    Unsere Forderung bleibt, daß im Jahre 1988 eine rechtzeitige Betreuung mit Eingliederungsmaßnahmen nicht an fehlendem Geld scheitern darf.

    (Beifall bei der SPD)

    Ob die jetzt vorgesehenen und veranschlagten 156 Millionen DM — das sind 30 Millionen DM mehr, als im jetzt laufenden Jahr tatsächlich zur Verfügung gestanden haben — ausreichen werden, wird wahrscheinlich erst im Verlauf des Haushaltsjahres 1988



    Waltemathe
    geprüft werden können. Wir hätten von vornherein einen Ansatz von 170 Millionen DM in diesem Bereich für zutreffender gehalten.
    Schließlich — ich will das einmal als fünftes Beispiel zu dem Bereich der Jugendpolitik, weil es auch um junge Menschen bzw. um junge Männer geht, hier hineinnehmen — zum Zivildienst: Es ist schon erstaunlich, daß einerseits öffentlich darüber gejubelt wird, daß 75 000 junge Männer zum Zivildienst herangezogen werden, weil genügend Plätze vorhanden sind und geschaffen worden sind, um sie tatsächlich rechtzeitig einzuziehen. Andererseits aber werden die Mittel für Einführungslehrgänge durch gleichbleibende oder gar gekürzte Ansätze nicht zur Verfügung stehen.
    Über das Problem der Finanzierung von Beschäftigungsstellen wird der Bundestag und werden die zuständigen Ausschüsse sicherlich noch gesondert nach Vorlage des von mir angeforderten Berichts zu debattieren haben.
    Zum zweiten Punkt, zur Familienpolitik: Frau Minister Süssmuth, Sie werden wahrscheinlich stolz darauf hinweisen, daß der Ansatz für das Erziehungsgeld noch über das hinausgeht, was ursprünglich dafür geplant gewesen ist. Sie werden Kritik am Rückgang der Kindergeldzahlungen sicherlich zurückweisen, weil ja schließlich weniger Kinder auch weniger Kindergeldzahlungen bedeuten. Ich sage aber, daß sich im Familienlastenausgleich die Mittel auf das erste Lebensjahr eines Kindes konzentrieren, und danach können die Familien dann im wesentlichen zusehen, wie sie mit ihren Problemen der Kindererziehung und der daraus erwachsenden materiellen Belastung des Familieneinkommens klarkommen. Der BAföG-Kahlschlag ist nur eines von vielen Beispielen.

    (Rossmanith [CDU/CSU] : Jetzt hören Sie aber auf! Das ist doch zu billig!)

    Es wird sicherlich noch während dieser Debatte darauf eingegangen.
    Sie haben 1986 gesagt — ich zitiere — :
    Mit ihrer neuen Familienpolitik will die Bundesregierung die Familie schützen, unterstützen, ihr einen Teil der finanziellen Belastungen abnehmen und so die Bedingungen für eine kinderfreundliche Gesellschaft schaffen.
    In diesem Jahr liest es sich schon anders. Da haben Sie als Vorsitzende der CDU-Frauenvereinigung am 31. August in einer Presseerklärung Ihre Parteigliederungen aufgefordert, Initiativen zu ergreifen, um für die in Not geratenen Mütter und Väter zusätzliche und unbürokratisch handhabbare Hilfen zu schaffen. Dabei denken Sie, wie es in Ihrem Papier heißt, an Patenschaften, deren Hilfen auch darin bestehen können, Sach- oder Geldspenden zu leisten.
    Sie räumen also selber ein, daß die für Propaganda geeigneten Phrasen des Bundeskanzlers, des Generalsekretärs der CDU und von Ihnen selbst, wonach keine Bundesregierung so viel zur Verbesserung der Familienpolitik beigetragen hat wie die Regierung Kohl, eigentlich reine Luftblasen sind.

    (Beifall bei der SPD — Eimer [Fürth] [FDP]: Das glauben Sie selber nicht!)

    Frau Ministerin, Sie sind gefordert. Wir haben vergeblich auf Ihren Protest gegen den Einkommensteuertarif 1988 gewartet, der einem Alleinstehenden mit einem Jahresbruttolohn von immerhin 60 000 DM etwa 116 DM monatlich mehr in der Lohntüte beläßt, während ein Ehepaar mit zwei Kindern und dem gleichen Bruttoeinkommen ganze 14 DM monatlich mehr zur Verfügung hat. Ich frage Sie: Wo bleibt Ihr Protest zu den Koalitionsvereinbarungen über die ungerechten Steuerpläne 1990, die offensichtlich völlig an der Situation von Familien mit Kindern und Alleinerziehenden vorbeigehen werden, wenn nicht Spitzeneinkommen verdient werden? Bezieher von Spitzeneinkommen werden auch 1990 gut berücksichtigt werden.
    Wo bleiben angekündigte Erhöhungen des Kindergeldes ab dem zweiten Kind, die angekündigte Verlängerung des Erziehungsgeldes, eine Überprüfung der Streichung des Schüler-BAföG und andere Maßnahmen, die wirklich zur Verbesserung der Situation von Familien beitragen könnten?
    Ein Blick in den Finanzplan des Bundes beweist, daß die Leistungen bis 1991 noch unter denen des jetzt laufenden Haushaltsjahres liegen werden.
    Was besonders peinlich ist: Am 30. Juni dieses Jahres haben mehr als 100 000 Anspruchsberechtigte ihren Anspruch auf Kindergeldzuschlag verloren, weil sie entweder mangels entsprechender Aufklärung und Propaganda in diesem Bereich ihre Ansprüche gar nicht kannten

    (Rossmanith [CDU/CSU]: Warum haben Sie nicht aufgeklärt?)

    oder durch den Wirrwarr der Kindergeldgesetzgebung gar nicht durchfanden. Peinlich muß ja wohl auch sein, daß schon im Jahre 1986 etwa 280 000 Kinder bzw. deren Eltern gänzlich leer ausgingen, weil der Kindergeldzuschlag voll auf die Sozialhilfe angerechnet wird. Die hatten also überhaupt nichts von diesem Kindergeldzuschlag.
    Frau Bundesministerin, wir fordern Sie in Übereinstimmung mit den verantwortlichen Familienpolitikern in allen Parteien und Verbänden auf, ihre Wende zu „gigantischem Bürokratismus", wie der Familienbund der Deutschen Katholiken das nennt, zu korrigieren,

    (Beifall bei der SPD)

    und zu einer ebenso einfachen wie sozial gerechten Kindergeldzahlung zurückzukehren, die ein erhöhtes einheitliches Kindergeld für alle zum Inhalt hat und mit dem gleichen Geld bezahlt werden kann, wie jetzt über Steuer und Kindergeldzuschlag zusammen aufgewandt werden muß.
    Zum Bereich der Gesundheitspolitik nur wenige Worte: Wir vermissen sowohl Worte als auch Taten der Bundesgesundheitsministerin im Bereich der Strukturreform des Gesundheitswesens, über die gerade eben debattiert worden ist.

    (Dreßler [SPD]: Das ist wohl wahr!)

    Sie können sich nicht damit herausreden, daß Ihr Kollege Blüm die Zuständigkeit für die versicherungsrechtliche Seite der Angelegenheit hat. Im Bereich des Arzneimittelrechts und in anderen Bereichen des



    Waltemathe
    Gesundheitswesens haben Sie insgesamt wichtige Funktionen zu erfüllen.

    (Dreßler [SPD]: Da könnte sie sich einmischen, wenn sie Mut hätte! Aber sie hat keinen Mut!)

    Bekanntlich sind auch die Kosten für Arzneimittel, insbesondere wenn es davon viele mit gleicher Wirkung gibt, ein Faktor, der bei dieser Reform zu berücksichtigen ist. Eine Gesundheitsministerin wird sich also aktiv in eine dringend notwendige Reform einschalten müssen, die eben nicht darin bestehen kann, daß die Folgen einer Kostenexplosion, die andere verursachen, auf die Kranken und Versicherten abgeladen werden.
    Es bleibt, Frau Ministerin Süssmuth, dabei: Wir betrachten Sie als eine integere Politikerin.

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Sie ist gut!)

    Wir begrüßen teilweise durchaus Positionen, die Sie ergreifen oder ergriffen haben.

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Das ist noch besser!)

    Manchmal haben Sie ja auch mehr Widerstand aus den eigenen Reihen zu überwinden als aus der Opposition.

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Das ist ein Gerücht!)

    Gleichwohl klafft zwischen Reden und Taten auf den meisten politischen Feldern, für die Sie Verantwortung tragen, eine große Lücke.

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Das ist bei der SPD so!)

    So sehr ich mich für die Zusammenarbeit mit Ihnen und den Damen und Herren Ihres Hauses bedanke,

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Zeichen setzen!)

    so wenig kann diese Dankbarkeit so weit gehen, die Zustimmung für eine falsche oder unzureichende Politik Ihres Hauses zu bewirken. Wir werden deshalb den Einzelplan 15 des Bundeshaushalts ablehnen.

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Wie schade!) Danke schön.


    (Beifall bei der SPD)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rossmanith.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Kurt J. Rossmanith


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Schlußsatz — —

    (Frau Traupe [SPD]: Das war doch der mit der KPdSU!)

    — Ja, richtig, so, wie sich der Kollege Egert hier aufgeführt hat, war dieser Zwischenruf mehr als berechtigt. Aber vielleicht kann er doch, weil wir jetzt bei der Gesundheitspolitik sind, irgendwann einmal zu einer Kur kommen. Ich habe vier Kurorte in meinem Wahlkreis. Herr Egert, ich lade Sie sehr herzlich ein. Vielleicht können wir dann bei der nächsten Debatte etwas sachlicher debattieren und nicht in der Form, wie Sie es getan haben.
    Was der Kollege Waltemathe eben von sich gegeben hat, vor allem der letzte Satz, ist mir völlig unverständlich.

    (Egert [SPD]: Das kann ich verstehen!)

    Ich habe gedacht, daß Sie zumindest als Schlußsatz sagen würden: Wir stimmen diesem Haushalt zu, und zwar uneingeschränkt;

    (Waltemathe [SPD]: Das ist mir auch unverständlich!)

    denn ich glaube, gerade dieser Haushaltsplan 1988 ist wie kaum einer der Haushalte davor, schon gar nicht der Haushalte vor 1982, von der Überzeugung getragen, daß sich nur eine Politik, die auch der Familie den entsprechenden Stellenwert in unserer Gesellschaft einräumt, nämlich den des wichtigsten Bausteins in unserer Gesellschaft, weitsichtig und verantwortungsbewußt nennen kann.

    (Zuruf von der SPD: Da muß er selber grinsen!)

    Es ist gerade eine große Leistung unserer Regierung unter Kanzler Helmut Kohl und von Ministerin Professor Rita Süssmuth, daß sie der Familienpolitik einmal wieder den Namen Familienpolitik und dann diesen hohen Stellenwert zurückgegeben hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Was das bedeutet, kann man Zahl für Zahl im Einzelplan 15 des Bundesministeriums für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit nachvollziehen. Allein das Kindergeld und das Erziehungsgeld — letzteres wird erstmals im kommenden Jahr zwölf Monate lang gezahlt — machen zusammengenommen über 16 Milliarden DM aus, also 87 % dieses Haushalts. Ich glaube, das ist eine Leistung, die man mehr als unterstreichen kann.
    Natürlich will ich auch nicht verschweigen, daß mir die demographische Entwicklung, die sich in den sinkenden Schätzansätzen für das Kindergeld niederschlägt, große Sorgen bereitet. Ich glaube, daß wir deshalb im Rahmen unserer Möglichkeiten aufgerufen sind, weitere Maßnahmen zur finanziellen Absicherung der Familien zu überdenken und vorzubereiten. Wir sagen ja zur Familie; wir sagen ein uneingeschränktes Ja zu ihr. Dieses Ja zur Familie beinhaltet natürlich auch das Ja zum Kind.

    (Jaunich [SPD]: Sonst ist es keine Familie!)

    Hier will ich einmal nicht nur für uns in diesem Hohen Hause, sondern auch für jeden in unserem Lande draußen sagen: Das ist nicht nur ein Ja zu den eigenen Kindern, sondern auch ein Ja zu den Kindern der Nachbarn. Denn es ist mitunter das Beschämende, daß zwar die eigenen Kinder durchaus akzeptiert werden, aber schon die Nachbarkinder, wenn sie in ihrem Garten etwas lauter sind, als störend empfunden werden. Ich glaube, das sollte einmal ganz deutlich angesprochen werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN)




    Rossmanith
    Für mich und auch für die Union heißt dieses Ja zum Kind ein Ja zum Kind von Anfang an, von dem Zeitpunkt an, wo es von unserem Herrgott geschaffen wurde,

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Ja, vom Herrgott, ja, sicher!)

    und nicht erst dann, wenn es sich bereits in der Wiege befindet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist mir an sich restlos unverständlich, wie Menschen, die sich mit Recht mit aller Entschiedenheit gegen gentechnische Manipulationen sperren, hier eine zutiefst inhumane Einstellung einnehmen können. Ich möchte auch sagen, daß eine Verantwortung für das werdende Kind nicht nur bei der Mutter liegt, sondern genauso natürlich auch beim Vater. Er trägt die gleiche Verantwortung.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP sowie der Abg. Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD])

    Ich glaube, auf diese Verantwortung müssen wir immer wieder hinweisen.
    Ich möchte mit allem Nachdruck in diesem Hause äußern, daß es für mich geradezu eine Schande ist, daß in einem Land, das sicherlich zu den reichsten auf dieser Erde gehört, jährlich über 200 000 Kinder nicht geboren werden können, weil angeblich soziale Notlagen vorherrschen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Die Schande liegt bei Ihnen, in der Sozialpolitik!)

    Ich verkenne nicht, daß natürlich auch soziale Notlagen vorhanden sind,

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Eure Schande!)

    aber nicht in dieser Größenordnung. Ich freue mich, daß ich hier Ihre Zustimmung finde. Ich bitte, daß Sie diese Zustimmung dann auch in dem Gesetz, das wir in erster Lesung schon beraten haben und in der kommenden Woche in zweiter und dritter Lesung beraten werden — Stiftung Mutter und Kind, Schutz des ungeborenen Lebens — , der Erhöhung der Mittel um 30 Millionen DM auf 110 Millionen DM geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Unruh [GRÜNE]: Von der Sozialhilfe das Kindergeld abziehen! Warum schafft ihr das nicht ab?)

    Ich möchte in diesem Zusammenhang meinen Appell an die SPD-geführten Bundesländer — den ich von dieser Stelle aus schon sehr oft ausgesprochen habe — erneuern. Ich darf hier die Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen von der SPD noch einmal auffordern, das Ihre dazu beizutragen, daß endlich auch in den Bundesländern, in denen sie Regierungsverantwortung tragen, eigene Landesstiftungen mit zusätzlichen Landesmitteln eingebracht werden, so wie es in Bayern, Baden-Württemberg und anderen unionsgeführten Bundesländern schon von Anfang an gang und gäbe ist.
    Es ist sicherlich allein mit Finanzmitteln nicht getan. Ich will deshalb auch darauf hinweisen, daß es meines Erachtens notwendig ist, daß Bund und Länder endlich zu einer Neuorientierung auch in der Beratungspraxis bezüglich des § 218 finden.
    Unser Menschenbild und unsere Auffassung von der besonderen Schutzpflicht des Staates gegenüber Ehe und Familie verpflichten uns gerade dazu, bewußt Raum zu schaffen, um den Familien die Gestaltung der eigenen Lebenswelt zu ermöglichen. Wir müssen uns meines Erachtens noch intensiver als bisher bemühen, den Rahmen dafür zu schaffen, daß eine Frau auch bei außerhäuslicher Erwerbstätigkeit die Entscheidung für das Kind und für die eigene Mutterrolle treffen kann. Mit der gleichen Deutlichkeit will ich aber sagen, daß wir auch den Rahmen dafür schaffen müssen, daß der Beruf der Hausfrau und der Mutter die gleich große und gleich hohe Wertschätzung in unserer Gesellschaft erfährt. Hier haben wir meines Erachtens noch einen deutlichen Nachholbedarf.
    Lassen Sie mich sagen: Auch der Beruf der Mutter kann sicherlich ein Karriereberuf sein, und ich finde, wenn ich dabei an meine Mutter denke, ein sehr erstrebenswerter Karriereberuf.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Warum sind Sie dann nicht Vater geworden, Herr Rossmanith?)

    — Verehrte Frau Kollegin, ich kann Sie beruhigen: Ich bin vierfacher Vater geworden,

    (Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD]: Ich meine, ausübend, nicht nur darstellend!)

    und meine Frau und ich haben uns bei der Erziehung der Kinder sehr gut partnerschaftlich verhalten. Ich glaube nicht, daß Sie Wesentliches an der Erziehung unserer Kinder oder an unserer Familie aussetzen könnten.

    (Zurufe von der SPD)

    — Ihre Unruhe ist mir durchaus verständlich, weil gerade diese Politik, die sich wieder auf die Familie besinnt, konträr zu dem läuft, was Sie 13 Jahre lang beizubringen versucht haben, daß nicht mehr die Eltern als solche angesprochen waren, sondern daß sie Bezugspersonen waren, von denen die Kinder dann im Endeffekt befreit werden mußten, weil sie — was weiß ich auch immer — in der Erziehung wohl nicht das bringen konnten, wie Sie sich das in Ihrem sozialistischen Gedankengut vorstellen.