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ID1104300800

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    6. Dreßler.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/43 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 43. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 Inhalt: Wahl der Abg. Frau Dempwolf zur Schriftführerin als Nachfolgerin der Abg. Frau Hoffmann (Soltau) 2923 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 11/1061, 11/1081) Sieler (Amberg) SPD 2923 C Strube CDU/CSU 2926 B Hoss GRÜNE 2930 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 2931D Dreßler SPD 2934 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 2937 B Frau Unruh GRÜNE 2942 A Egert SPD 2943 A Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit (Drucksachen 11/1065, 11/1081) Waltemathe SPD 2945 D Rossmanith CDU/CSU . . 2948 B Frau Wilms-Kegel GRÜNE 2951 C Zywietz FDP 2954 A Jaunich SPD 2956 D Link (Diepholz) CDU/CSU 2958 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 2960 B Eimer (Fürth) FDP 2962 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 2963 B Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 11/1066, 11/1081) Waltemathe SPD 2967 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2970 A Dr. Knabe GRÜNE 2973 D Baum FDP 2975 C Dr. Hauff SPD 2976 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 2979 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 2980D, 2985 B Schäfer (Offenburg) SPD 2984 A Frau Vennegerts GRÜNE 2985 D Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz (Drucksachen 11/1057, 11/1081) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksachen 11/1067, 11/1081) Bachmaier SPD 2986 C Marschewski CDU/CSU 2988 B Häfner GRÜNE 2992 A Kleinert (Hannover) FDP 2993 C Wiefelspütz SPD 2994 D Engelhard, Bundesminister BMJ 2996 B Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksachen 11/1070, 11/1081) Nehm SPD 2998 A Dr. Schroeder (Freiburg) CDU/CSU . . . 2999 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 3001D Grünbeck FDP 3003 A Scherrer SPD 3005 A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau . . 3006 B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP (Erklärung nach § 31 GO) 3008 B Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 11/1062, 11/1081) Purps SPD 3009 C Windelen CDU/CSU 3013 A Weiss (München) GRÜNE 3015B Zywietz FDP 3017 A Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 3019B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache 11/1063) Börnsen (Ritterhude) SPD 3021 A Deres CDU/CSU 3025 B Dr. Briefs GRÜNE 3026 C Funke FDP 3028 C Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 3030 C Haushaltsgesetz 1988 (Drucksachen 11/1079, 11/1080) Kühbacher SPD 3032 C Frau Vennegerts GRÜNE 3032 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 3033 A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 3033 B Tagesordnungspunkt II: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1987 bis 1991 (Drucksachen 11/701, 11/970, 11/1183) Nächste Sitzung 3033 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3034* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. November 1987 2923 43. Sitzung Bonn, den 26. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 27. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Dr. Biedenkopf 26. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Dr. Feldmann * 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Glotz 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Hiller (Lübeck) 27. 11. Hörster 26. 11. Frau Kelly 26. 11. Kiechle 26. 11. Dr. Klejdzinski * 26. 11. Klose 27. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Knabe 26. 11. Kreuzeder 27. 11. Lemmrich * 26. 11. Lenzer * 27. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 27. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 27. 11. Niegel 26. 11. Frau Pack 27. 11. Paintner 27. 11. Petersen 27. 11. Pfeifer 27. 11. Reddemann * 26. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schmidbauer 26. 11. Schmidt (München) * 27. 11. von Schmude 27. 11. Dr. Spöri 26. 11. Spranger 26. 11. Dr. Todenhöfer 27. 11. Frau Dr. Vollmer 26. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11. Dr. Zimmermann 26. 11.
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    Rede von Dieter-Julius Cronenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Freiheit bedarf der sozialen Sicherung. Das ist für uns Liberale selbstverständlich. Soziale Sicherung, soziale Sicherheit können nicht auf Eigenverantwortung und auf Eigenvorsorge verzichten. Beides, Eigenverantwortung und Eigenvorsorge, sind geradezu eine Voraussetzung für Solidarität und für die Inanspruchnahme von Solidarität.
    Eine Sozialpolitik, die immer wieder neue Leistungen auf Kosten anderer, gar der nächsten Generation verspricht, eine Sozialpolitik, die so handelt, schafft kein Vertrauen; sie unterminiert das Vertrauen in die Politik.
    Die Diskussionen um die jetzt anstehenden Strukturreformen zeigen auch, daß Besitzstandsdenken



    Cronenberg (Arnsberg)

    überwiegt. Der Status quo wird mit Zähnen und Klauen verteidigt.
    Menschlich, meine Damen und Herren, ist das nachvollziehbar. Wenn Privilegien für einzelne Gruppen der Gesellschaft erkämpft und verteidigt werden, so kann man das verstehen. Falsch ist es trotzdem.
    Immer häufiger kommen aus beiden großen Parteien unter dem Deckmantel, sozial Gutes tun zu wollen, Forderungen, die im Grunde genommen Privilegienverteidigung sind. Ich möchte hier beispielhaft erwähnen: Da ist die Sonderregelung beim Kurzarbeitergeld für Stahlarbeiter, da ist die Zementierung der Knappschaftsversicherung — ich bin dem Kollegen Strube dankbar dafür, daß er sich bemüht hat, dieses Thema hier einmal anzusprechen, damit man sich in aller Objektivität darüber unterhalten kann —,

    (Egert [SPD]: Objektiv war das gerade nicht!)

    da ist die steuerliche Begünstigung von Jahreswagen, da sind vererbbare Sonderrenten für Nebenerwerbslandwirte. Ich könnte diese Liste fortsetzen. Alles steht unter dem Motto: Das Gute für mich, zahlen laß andere.

    (Zuruf des Abg. Peter [Kassel] [SPD])

    — Das Ergebnis, Kollege Peter, ist, daß wir unterschiedliche Strukturen bekommen, eine ZweiklassenArbeitnehmergesellschaft: Privilegierte in Großbetrieben — für die der Gesetzgeber bereit ist, etwas zu tun — und Benachteiligte in kleinen und mittleren Betrieben. Es ist mir manchmal unbegreiflich, wie in den Wahlversammlungen freitags und samstags das hohe Lied des Mittelstands gesungen wird

    (Günther [CDU/CSU]: Sonntags auch!)

    — sonntags auch, Kollege Günther — und mittwochs im Ausschuß und donnerstags im Plenum genau das Gegenteil beschlossen wird.

    (Zuruf von der SPD: Besonders bei der FDP! — Kolb [CDU/CSU]: Also machen wir ein gemeinsames Mittelstandsprogramm!)

    — Das, Herr Kollege Kolb, wäre in der Tat vernünftig.
    Wir müssen lernen, zwischen sozialpolitisch Wünschbarem und wirtschaftspolitisch Vertretbarem zu unterscheiden.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Geschieht das nicht, dann passiert das, was der Vizepräsident der Deutschen Bundesbank Schlesinger zutreffend formuliert hat: Die Soziallast bremst das Wachstum, und unzureichendes Wachstum beeinträchtigt die Beschäftigung und dies wiederum erhöht die Soziallasten. Ein Circulus vitiosus.
    Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Wenn die Summe aller Abgaben — egal ob in Form von Steuern oder von Sozialversicherungsbeiträgen — immer weiter steigt, kommen wir zu einer Taschengeldgesellschaft. Die Abgaben sind dann letztendlich höher als das, was dem Bürger verbleibt. Das ist dann eben halt nur ein Taschengeld, für das zu arbeiten sich nicht lohnt.
    Um steigende Abgaben geht es auch bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Immerhin hat die erste AOK ihre Beiträge jetzt auf 16 To angehoben. Man muß sich bewußt machen, was das bedeutet. Das heißt, bis zu 680 DM werden pro Monat an Beiträgen abgeführt.
    Ich bitte um Ihr Verständnis, daß ich mich in den paar Minuten, die mir zur Verfügung stehen, ausschließlich bzw. schwerpunktmäßig mit dem Thema der Strukturreform im Gesundheitswesen beschäftigen möchte. Somit komme ich auf die anderen Probleme heute nicht zu sprechen.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang zunächst einmal feststellen: Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung — einer Pflichtversicherung, einer Zwangsversicherung — muß es sein, Notwendiges zur Heilung im Krankheitsfalle zu finanzieren und dort, wo eben möglich, zu helfen, Krankheit zu vermeiden. Beitragszahler und Wirtschaft — die Wirtschaft auch im Interesse der Beschäftigung — können verlangen, daß die vorhandenen Mittel effektiv und sparsam eingesetzt werden. Das bedeutet, wir müssen durch optimale Organisationsstrukturen alle Beteiligten — Versicherte wie Pharmaindustrie, Ärzte wie Apotheker, Kassen und Krankenhäuser, auch Gesundheitshandwerker — veranlassen, sich so zu verhalten, daß sich das Eigeninteresse des einzelnen mit dem Gesamtinteresse der Gesellschaft, der Solidargemeinschaft der Versicherten deckt.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das kann und muß durch materielle Anreize für alle Beteiligten erreicht werden. Sie müssen zu vernünftigen Verhaltensweisen motiviert werden.
    Daß das möglich ist, hat die öffentliche Diskussion der letzten Wochen deutlich bewiesen. Die Vielzahl von zustimmenden, aber auch außerordentlich kritischen Protestbriefen beweist mir — da sie von allen Seiten kommen — , daß Leistungserbringer wie Versicherte sehr an der Diskussion interessiert sind, sich betroffen fühlen. Mit anderen Worten: Der Anspruch, alle müßten beteiligt sein, wird durchaus erfüllt. Man könnte geradezu sagen: Wenn alle schimpfen, sind auch alle beteiligt.
    Über die Notwendigkeit und Ursachen einer Reform des Gesundheitswesens möchte ich mich nur kurz äußern. Insbesondere demographische Entwicklung und — ich möchte das unterstreichen — erfreulicher medizinischer Fortschritt sind hierfür ursächlich.
    Meine Damen und Herren, wir Liberalen sind überzeugt, daß ein System, das immer mehr Dirigismus, immer mehr Bürokratie, immer mehr Planung braucht, keine Verbesserungen, sondern Verschlechterungen bringt. Deswegen, verehrter Herr Minister, lehnen wir Preisstopp und Zwangspreissenkungen konsequent ab.

    (Zustimmung bei der FDP — Lachen bei der SPD)

    Deswegen sind wir gegen Positivlisten und Preisabsprachen zwischen Großanbietern und Kassen. Deswegen sind mir persönlich Negativlisten ein Greuel.



    Cronenberg (Arnsberg)

    Wir wollen nicht, daß der Staat vorschreibt, zu welchem Arzt man gehen darf oder nicht. Wir wollen nicht, daß der Staat vorschreibt, welches Medikament man nehmen darf oder nicht. Wir wollen nicht, daß der Staat vorschreibt, wieviel Tage ich ins Krankenhaus muß oder darf.

    (Zuruf von der SPD: Das hat der Staat noch nie gemacht!)

    Wir wollen nicht, daß die individuellen Leistungen von Ärzten, Apothekern und anderen Heilberufen pauschal leistungsfeindlich abgedeckelt werden. Meine Damen und Herren, ein Blick über die Grenzen lehrt uns, was solche dirigistischen planwirtschaftlichen Methoden für freie Arztwahl und Therapiefreiheit bedeuten. Freie Arztwahl und Therapiefreiheit sind für uns Liberale unverzichtbare Elemente eines freiheitlichen Gesundheitssystems.

    (Beifall bei der FDP)

    Wir möchten deswegen immer und überall zunächst einmal durch Festzuschüsse eine ordentliche, notwendige Versorgung des Versicherten ermöglichen. Eine gesetzliche Krankenversicherung, eine Pflichtversicherung muß nicht jeden Luxus bezahlen,

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    sondern sich auf das Notwendige und Preiswerte — meine Damen und Herren, nicht auf das Billige —beschränken. Wenn Sie so wollen, heißt das nicht mehr und nicht weniger, als daß die Erstattung durch die Kassen nach oben begrenzt wird.
    Wer glaubt, darüber hinaus höhere Preise verlangen zu können, muß dieses Mehr von seinen Kunden, aber nicht von der Solidargemeinschaft der Versicherten holen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, natürlich weiß ich, daß ein solches System nur bei vergleichbaren Leistungen möglich ist. Aber ich versichere Ihnen, daß alle Bemühungen im Pharmabereich oder bei Hörgeräten, entsprechende Parameter aufzustellen, meine persönliche Unterstützung finden.
    Niemand kann bestreiten, daß dies marktwirtschaftliche Anreize zur Lösung von Teilproblemen sind. Was im Bereich der Heil- und Hilfsmittel und in weiten Bereichen von Medikamenten möglich ist, wird in anderen Bereichen schwer oder gar nicht zu praktizieren sein.
    Meine Damen und Herren, für den Erfolg der Strukturreform aber ist es entscheidend, daß wir auch in anderen Bereichen, auch im Krankenhaussektor, auf Dauer, verehrte Kollegen, Erfolg haben. Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Das Selbstkostendekkungsprinzip, das de facto nach wie vor praktiziert wird, ist ein Grundübel. Es ist keine Kunst, Kosten zu produzieren, produzierte Kosten nachzuweisen und sich nachgewiesene Kosten erstatten zu lassen. Letztendlich, so meine ich, müssen die Kassen das Recht haben, für den Fall, daß eine ordentliche Versorgung in der Region sichergestellt ist, den Krankenhäusern Verträge zu kündigen und Neuabschlüsse nicht mehr vorzunehmen, und zwar dann, wenn die Pflegesätze zu Lasten der GKV zu hoch sind.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich wegen der Kürze der Zeit in diesem Zusammenhang auch ein kurzes Wort zum Thema Pflege sagen. Ohne Zweifel bedarf das Thema Pflege einer ernsthaften Erörterung. Die gesetzliche Krankenversicherung darf aber nicht mit den Kosten von Dauerpflegefällen belastet werden. Dies würde das System der gesetzlichen Krankenversicherung, mit Beitragsmitteln finanziert, sprengen.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Beitragsmittel dürfen nur zur Erleichterung der häuslichen Pflege eingesetzt werden, soweit sie Krankenhausaufenthalte erspart bzw. den Krankenhausaufenthalt des zu Pflegenden verkürzt.
    Diese Haltung ist bei mir auch dadurch verfestigt, daß im Krankenhaussektor zur Zeit offensichtlich nur minimale Fortschritte zu erwarten sind. In anderen Bereichen sind Leistungseinschränkungen bei medizinisch nicht notwendigen Leistungen — z. B. beim Sterbegeld — vertretbar. Es versteht sich von selbst, daß durch eine wirksame — ich unterstreiche: wirksame — Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Ärzten sichergestellt sein muß, daß auch hier verantwortungsvoll gehandelt wird, so wie dies die meisten Ärzte meiner Feststellung nach auch schon jetzt tun.
    Lassen Sie mich aber gerade an dieser Stelle auf einen für uns unverzichtbaren und wichtigen Grundsatz aufmerksam machen. Es geht darum, daß der Vorrang für die Selbstverwaltung erhalten bleibt. Das, was die gemeinsame Selbstverwaltung von Kassen und Ärzten eigenverantwortlich und zum Wohle der Solidargemeinschaft in der Vergangenheit geregelt haben, soll die Selbstverwaltung auch in Zukunft eigenverantwortlich und ohne Eingriffe des Staates regeln. Das gilt auch für die Honorarpolitik.
    Noch besser als Heilen ist Krankheit vermeiden. Deswegen müssen für Vorsorge und Prophylaxe entsprechende Anreize geschaffen werden. Auch hier geht es nicht ohne Eigenverantwortung, ohne Eigenleistung.
    Meine Damen und Herren, eine Strukturreform ist nichts Populäres. Das wissen wir, da haben wir leidvolle Erfahrungen. Aber ich möchte die Kollegen der Opposition sehr herzlich bitten, unsere Bemühungen zur Sicherung des Solidarsystems nicht als Sozialabbau zu diffamieren. Sie wissen genauso gut, Frau Kollegin Fuchs, wie ich, daß ohne eine Strukturreform unser Gesundheitssystem,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Dann fangen wir einmal bei der Pharma-Industrie an!)

    unser Krankenversicherungssystem den zukünftigen Anforderungen nicht mehr gewachsen ist. — Frau Kollegin Fuchs, denken Sie einmal darüber nach, was die Festzuschüsse im Pharma-Bereich für diesen Bereich bedeuten. Sie werden Ihren Zwischenruf dann sicher zurückziehen.
    Wer dem Bürger vorgaukelt, es könne so weitergehen, handelt verantwortungslos. Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen der SPD mit allem Ernst und



    Cronenberg (Arnsberg)

    allem Nachdruck daran erinnern, daß sie schon vor Jahren richtigerweise erkannt haben, daß es ohne Einschnitte in diesem Bereich nicht geht, das System nicht aufrechtzuerhalten ist. Ich empfehle Ihnen dringend, zu den Erkenntnissen von vorgestern auch heute zu stehen. Wenn Sie gegen unsere Vorschläge wider besseres Wissen polemisieren, würden Sie der Solidargemeinschaft wie der Gesellschaft insgesamt schaden; aber das, so hoffe ich jedenfalls, ist doch nicht Ihre Absicht.
    Meine Damen und Herren, ein großer liberaler Ökonom, Walter Eucken, hat einmal festgestellt:
    Zwischen dem sozialen Willen vieler Menschen und den zur Lösung sozialer Fragen notwendigen Kenntnissen besteht oft eine Kluft. Es gibt eine große Zahl von Menschen, die ein echtes soziales Interesse haben. Aber es gibt nur wenige, die sich für die Frage der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gesamtordnung interessieren.

    (Kolb [CDU/CSU]: Mitnahmeeffekte nennt man das!)

    Ich hoffe sehr, daß das für dieses Haus nicht zutrifft. Anders ausgedrückt: Ich wünsche mir, daß genügend Kollegen hier im Hause sind, die diese unverzichtbaren Zusammenhänge zwischen wirtschaftlicher Leistungskraft und sozial Wünschbarem verstehen und entsprechend handeln. Für dieses Handeln möchte ich mich im voraus sehr herzlich bedanken.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dreßler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Dreßler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tageszeitung „Die Welt" vom Montag war zu lesen, daß einer der Ihren, aus der Koalition, Ihnen eine wichtige Empfehlung mit auf den Weg gegeben hat: Man müsse auch der Opposition recht geben können; denn wenn die SPD recht hat, hat sie recht.

    (Kolb [CDU/CSU]: Wann hat sie recht?)

    Dieser Empfehlung des Kollegen Blüm können wir uns vollinhaltlich nur anschließen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Blüm [CDU/CSU]: Aber nur wenn!)

    Wenn Sie jetzt auch noch den nächsten Schritt mutig täten und die Haushaltsdebatten der Jahre seit 1982 nachläsen, dann könnten wir versuchen, einige Fehler gemeinsam wiedergutzumachen,

    (Kolb [CDU/CSU]: Und die Fehler vorher?)

    z. B. beim § 116 AFG, Herr Kolb, bei den Rentenkürzungen für Behinderte in Werkstätten.
    Für einige der großen Probleme, vor denen wir stehen, kommt diese Einsicht allerdings reichlich spät. Arbeitnehmer, Unternehmen, unsere gesamte Volkswirtschaft wird dafür die Zeche bezahlen. Sie haben sich und andere damit eingelullt, daß die Exportkonjunktur floriere, als ob das Ihr Verdienst gewesen wäre.
    Nein, diese Regierung hat in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik nicht nur auf Sand gebaut; es ist viel schlimmer. Sie hat vor allem auf die US-Schuldenpolitik der vergangenen Jahre gebaut. Wenn dieses Jahr herum ist, wird die Wachstumsrate gerade einmal halb so hoch sein, wie Herr Bangemann sie im letzten Jahr erwartet hat. Was der Wirtschaftsminister als Prognosen ausgibt, sind Prophezeiungen. Sie, Herr Blüm, fallen darauf herein.

    (Kolb [CDU/CSU]: Ihr spracht von Minuswachstum!)

    Jetzt stehen wir vor den Problemen. Vom Export werden keine Beschäftigungsimpulse ausgehen. Die öffentlichen Investitionen sind drastisch zurückgegangen.

    (Rossmanith [CDU/CSU]: Nur in NordrheinWestfalen!)

    Die privaten Investitionen dümpeln auf niedrigem Niveau dahin.
    Wenn es bei Ihren unseriösen Steuerplänen bleibt, wird das noch schlimmer werden. Bund, Länder und Gemeinden müssen ihre Aufträge zurückfahren und belasten den Arbeitsmarkt und die Konjunktur. Es ist sehr bedauerlich, daß Ihnen diese Zusammenhänge augenscheinlich unbekannt sind.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Der Anteil der Arbeitnehmer am Volkseinkommen ist auf das Niveau der 50er Jahre gefallen. Die schwächliche Binnennachfrage ist dafür die Quittung.

    (Kolb [CDU/CSU]: Deswegen machen wir ja die Steuerreform!)

    Wie war das denn noch, Herr Kolb? Die Gewinne von heute sind die Investitionen von morgen und sollten die Arbeitsplätze von übermorgen sein. Angebotspolitik nennt man das. Ja, wo sind denn die Investitionen heute mit den Gewinnen von gestern, Herr Cronenberg?

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: In Amerika!)

    Ja, wo sind sie denn? Fehlanzeige! Bei Ihrer Wirtschaftspolitik waren die Gewinne von vorgestern, die Anlage von Geldkapitalien in den Vereinigten Staaten gestern und die Milliardenverluste an den Börsen in der letzten Woche. Das sind die Zusammenhänge.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Wir hätten alle mehr davon gehabt, meine Damen und Herren, wenn nur ein Teil der an den Börsen verlorenen Milliarden in Zukunftsinvestitionen bei uns geflossen wäre, z. B. in Investitionen für die Umwelt oder in unweltverträgliche Technologien oder in Anlagen, die weltweit gebraucht werden.
    Sagen Sie nicht, Sie hätten es nicht gewußt! Seit Jahr und Tag haben wir Sie gemahnt, die binnenwirtschaftliche Entwicklung nicht zu vernachlässigen. Die knapp 2,4 Millionen registrierten Arbeitssuchenden nach fünf Jahren sogenannten Aufschwungs gehen deshalb zum großen Teil auf das Konto Ihrer kurzatmigen und kurzsichtigen Politik.

    (Beifall bei der SPD)




    Dreßler
    Diese Regierung hat die beschäftigungspolitischen Chancen der vergangenen Jahre nicht genutzt. Vor lauter Freude darüber, regieren zu können, haben Sie die Chancen nicht einmal erkannt. Nun das Dilemma vor Augen, stellt sich jetzt der Finanzminister hin und verlangt von den Gewerkschaften höhere Lohnabschlüsse.

    (Kolb [CDU/CSU]: Mehr direkte, weniger indirekte!)

    Zur gleichen Zeit plant sein Kabinettskollege Blüm, den krankenversicherten Arbeitnehmern rund 8 Milliarden DM zusätzlich abzuknöpfen. Mit seiner sogenannten Steuerreform schaufelt der Finanzminister Milliarden in hohe Einkommensgruppen, die schon heute 20 % und mehr sparen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Dem Herrn Steinkühler und ähnlichen! — Rossmanith [CDU/CSU]: Eine bösartige Darstellung!)

    Städten und Ländern wird die Möglichkeit genommen, Nachfrage zu entfalten. All das sollen die Gewerkschaften ausgleichen? Um den durch Ihre beschäftigungs- und konjunkturschädliche Politik hervorgerufenen Kaufkraftausfall auszugleichen, müßten die Gewerkschaften alle zwei Monate Lohnerhöhungen durchsetzen.
    Aber die Aufforderung an die Gewerkschaften hat noch einen anderen üblen Beigeschmack, meine Damen und Herren. Die einzige gesellschaftliche Gruppe, die in den vergangenen fünf Jahren wirksam etwas für zusätzliche Arbeitsplätze getan hat, wollen Sie nämlich — das steckt dahinter — von dem Weg der Arbeitszeitverkürzung abbringen; das ist das eigentliche Ziel.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Kolb [CDU/CSU]: Weil sie nichts bringt!)

    Deshalb erinnern wir Sie daran: Ohne Arbeitszeitverkürzung müßten Sie noch einige hunderttausend Arbeitslose mehr verwalten, Herr Blüm.
    Erklären Sie bitte Ihren Kabinettskollegen, daß jeder zusätzliche oder durch Arbeitszeitverkürzung erhaltene Arbeitsplatz

    (Kolb [CDU/CSU]: Mehr Schwarzarbeit schafft!)

    auch Nachfrage entfaltet und steigende Steuereinnahmen bedeutet.
    Meine Damen und Herren von der Regierungsbank, ich bitte Sie eindringlich: Halten Sie sich aus der Tarifpolitik heraus. Das von Ihnen in Bonn angerichtete Chaos reicht völlig; bringen Sie nicht auch noch die Tarifpolitik durcheinander.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Sie schaffen doch die Arbeitslosen!)

    Chaos! — „Chaos", das ist das Stichwort. Und jetzt kommen wir zum Bundesarbeitsminister und seinem Etat.

    (Egert [SPD]: Der Chaos-Minister!)

    „Chaos", meine Damen und Herren, heißt übersetzt: wildes, wüstes Durcheinander.

    (Kolb [CDU/CSU]: Da sind Sie Meister!)

    Das beschreibt nicht nur den Zustand der Koalition und der CDU/CSU im besonderen, nein, das beschreibt auch unsere Sozial- und Arbeitsmarktpolitik.

    (Strube [CDU/CSU]: Damit können Sie keinen Blumenpott gewinnen!)

    Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik sind auch in diesem Haushalt des Bundesarbeitsministers ein weißer Fleck, wie in dem Haushalt und der Politik insgesamt. Sie bringen es fertig, bei noch weiter steigender Massenarbeitslosigkeit die Maßnahmen zur Fortbildung und Umschulung einzuschränken und frech weiter von einer „Qualifizierungsoffensive" zu sprechen. Das ist die Methode „Tarnen und Täuschen", und zwar ihre Fortsetzung.
    Die Bundesanstalt für Arbeit läuft mit wachsendem Tempo in ein milliardenschweres Defizit hinein. Mit versicherungsfremden Leistungen wird die Bundesanstalt für Arbeit belastet, weil Herr Stoltenberg mal wieder irgendwo ein Loch zu stopfen hat.

    (Strube [CDU/CSU]: Kein Zuschuß notwendig!)

    Wie wollen Sie das eigentlich lösen? Wieder einmal an die Leistungen für Arbeitslose herangehen?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wie, „wieder einmal" ? Wir haben sie doch gerade erhöht!)

    Oder wollen Sie die Beiträge 1988 erhöhen?

    (Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Unseren Entschließungsantrag — hören Sie genau zu, Sie müssen auch aufpassen, was in diesem Plenum passiert — , daß es weder Beitragssatzsteigerungen zur Arbeitslosenversicherung noch Leistungseinschränkungen für Arbeitslose geben darf, haben Sie vor 14 Tagen in diesem Plenum abgelehnt. Das ist die Wahrheit.

    (Beifall bei der SPD — Cronenberg [Arnsberg] [FDP]: Ich nicht!)

    Krankenversicherung ist das nächste Stichwort. Norbert Blüm will ganz allein die Krankenversicherung sanieren. Mutig stellt er sich mit seinem Schwert vor Beitragszahler, vor Kranke, vor Ärzteverbände und Pharmaindustrie. Und dann holt er aus,

    (Egert [SPD]:... und enthauptet die Versicherung!)

    stößt seinen Kriegsschrei aus und läßt sein Schwert herniedersausen. Und wen hat er getroffen? Die Beitragszahler, die Kranken und die Behinderten, wie immer.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, wir fordern die Koalitionsparteien CDU/CSU und FDP mit Nachdruck auf: Beteiligen Sie sich an der Arbeit der Enquete-Kommission zur Krankenversicherungsreform. Helfen Sie mit, damit sie zu guten und tragfähigen Ergebnissen kommt. Lassen Sie uns versuchen, gemeinsam zu Werke gehen und zu einer wirklichen Reform zu kommen, z. B. zu mehr Vorbeugung im Gesundheitswesen und zur Brechung der Selbstbedienungsmentali-



    Dreßler
    tät der Anbieter im Gesundheitswesen. Das sind die Stichworte für eine wirkliche Reform.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Aber was erleben wir? Unter dem geschmacklosen Titel „Solidarität neu bestimmen" wollen CDU/CSU und FDP bei den Versicherten Millardenbeträge abkassieren, 2,6 Milliarden DM beim Zahnersatz, 700 Millionen DM bei Arzneimitteln, 600 Millionen DM bei Brillen und Kontaktlinsen,

    (Kolb [CDU/CSU]: Haben Sie eine Kassenbrille?)

    400 Millionen DM bei Kuren, fast 700 Millionen bei Heil- und Hilfsmitteln, 800 Millionen DM bei Fahrtkosten usw. Und da sitzen die Herren von der Union und lachen noch darüber. Sie sollten sich schämen.

    (Pfui-Rufe bei der SPD — Dr. Vogel [SPD]: Unglaublich! — Zurufe von der CDU/CSU)

    In der Rentenversicherung ist das nicht anders.

    (Kolb [CDU/CSU]: Das ist doch Täuschung!)

    Wer den Generationenvertrag retten will, muß die Rentenversicherung für das nächste Jahrzehnt auf sichere Füße stellen.

    (Strube [CDU/CSU]: Machen Sie mal einen Finanzierungsvorschlag!)

    Das schafft keine Partei alleine.

    (Günther [CDU/CSU]: Kein Vorschlag zur Krankenversicherung!)

    — Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch. Etliche Gutachten bestätigen das.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Wo sind sie denn?)

    — Da fragen Sie, wo die Vorschläge auf dem Tisch liegen?

    (Egert [SPD]: Die können nicht lesen!)

    1984/85 ein Gesetzentwurf, drei Sitzungen des Bundestages, und die Herren von der Union fragen, wo denn etwas wäre.

    (Egert [SPD]: Die haben nicht aufgepaßt, schlafen, schlafen!)

    Sie müssen schlicht und ergreifend die Drucksachen zur Kenntnis nehmen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Wir wiederholen unser Angebot: Wir sind zur Zusammenarbeit bereit. Die Voraussetzungen müssen jedoch stimmen: beitragsbezogene Rente, höherer Bundeszuschuß, volle Beiträge der Bundesanstalt für die Arbeitslosen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Das ist Ihr Rezept?)

    — Sie wissen doch selbst, daß kein Weg an diesen Elementen vorbeiführt.
    Aber machen Sie bitte Ihrem Finanzminister klar, wie das ist, und zwar möglichst, bevor er das Geld weiter für obskure Steuerpläne verpulvert hat.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, Sozialhilfe muß wieder auf ihre eigentliche Aufgabe zurückgeführt werden. Das hilft auch den Städten und Gemeinden; denn es kann nicht angehen, daß die Kommunen ausbluten, weil Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht ordentlich ausgestattet sind.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Damit sind wir beim Stichwort „soziale Grundsicherung" . Ich gebe gerne zu, daß das von uns entworfene Konzept ca. 4 Milliarden DM kostet, von denen die Koalition behauptet, daß wir sie nicht haben.

    (Kolb [CDU/CSU]: Zusätzlich!)

    Herr Kolb, solange Sie so tun, als könnten wir es uns leisten, jedem 15 000 DM im Jahr hinterherzuwerfen, der 300 000 DM im Jahr verdient, so lange nehme ich Ihnen das Argument, wir hätten kein Geld, nicht ab.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    15 000 DM Steuererleichterung, das ist mehr, als Tausende von Rentnerinnen im Jahr zum Leben zur Verfügung haben. 4 Milliarden DM für wirklich Arme, das wäre tausendmal bessere Sozialpolitik als die Entlastung von Spitzeneinkommen um Tausende von D-Mark.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir bleiben dabei: Wir sind jederzeit bereit, unsere Konzepte in eine aufgaben- und problemorientierte Diskussion einzubringen. Aber konzeptionsloses Herumgewurschtel werden wir immer und immer wieder entlarven.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, es reicht nicht aus, Zukunft auf die Wahlplakate zu schreiben. Sie müssen die Voraussetzungen für eine gute und bessere Zukunft für möglichst viele Menschen schaffen.

    (Strube [CDU/CSU]: Das tun wir!) Ich halte Ihnen vor:

    Erstens. Sie erkennen und nutzen die Chancen unseres Landes und unserer Volkswirtschaft nicht.
    Zweitens. Sie haben keine tragfähige Vorstellung davon, wie unsere Systeme der sozialen Sicherung gestaltet werden müssen.
    Drittens. Mit den Auswirkungen Ihrer Politik machen Sie den Menschen in unserem Land das Leben schwerer, als es nötig wäre.
    Von Herrn Blüm — ich wiederhole — stammt die Erkenntnis: Wenn die SPD recht hat, hat sie recht.

    (Frau Limbach [CDU/CSU]: Ist aber selten der Fall! — Kolb [CDU/CSU]: Das ist fast nie der Fall!)




    Dreßler
    Ich füge hinzu: Wenn Franz Josef Strauß recht hat, hat er recht.

    (Frau Limbach [CDU/CSU]: Das ist häufiger der Fall!)

    — Sehr richtig, sehr richtig! Aber ich hoffe, Sie sind noch so begeistert, wenn Sie jetzt zu Ende gehört haben werden.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Denn der CSU-Vorsitzende hat sich unsere Kritik am Haushalt der Bundesregierung zu eigen gemacht. Strauß sagte:
    Die Chance, politische Akzente zu setzen, wird versäumt. Phantasielosigkeit und Rotstiftmentalität verwischen die Konturen der Bundesregierung.
    Dem ist nichts hinzuzufügen.

    (Beifall bei der SPD — Egert [SPD]: Beifall beim Abgeordneten Seehofer! — Zuruf von der CDU/CSU: Wo sind Ihre Akzente?)

    — Beifall bei der CSU, bitte. Aber wir registrieren verschämtes Schweigen.
    Meine Damen und Herren, die SPD-Bundestagsfraktion lehnt aus diesen und vielen anderen Gründen den Haushalt des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung ab.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Sie konnten nicht anders!)