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    Plenarprotokoll 11/42 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 42. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. November 1987 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksachen 11/1058, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 11/1074) in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 11/1078) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 11/1068, 11/1081) Dr. Apel SPD 2805 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 2811 C Frau Vennegerts GRÜNE 2815 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 2819B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 2823 A Esters SPD 2831 B Spilker CDU/CSU 2833 C Roth (Gießen) CDU/CSU 2836 A Poß SPD 2838 B Dr. Solms FDP 2841 D Dr. Pfennig CDU/CSU 2843 C Vizepräsident Stücklen 2842B, 2845 B Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksachen 11/1059, 11/1081) Frau Simonis SPD 2845 D Glos CDU/CSU 2849 A Stratmann GRÜNE 2852 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 2855 B Roth SPD 2858 B Dr. Sprung CDU/CSU 2862 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 2865 B Namentliche Abstimmung 2868 B Ergebnis 2868 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie (Drucksachen 11/1072, 11/1081) Zander SPD 2870 A Austermann CDU/CSU 2873 A Wetzel GRÜNE 2875 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. November 1987 Zywietz FDP 2877 B Vosen SPD 2879 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 2880 A Namentliche Abstimmung 2883 A Ergebnis 2883 A Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 11/1060, 11/1081) Dr. Struck SPD 2884 D Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2886 C Frau Flinner GRÜNE 2888 C Bredehorn FDP 2890 C Oostergetelo SPD 2892 B Kiechle, Bundesminister BML 2894 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft (Drucksachen 11/1073, 11/1081) Diller SPD 2898 A Scheu CDU/CSU 2900 A Frau Hillerich GRÜNE 2902 A Neuhausen FDP 2903 C Kuhlwein SPD 2904 D Möllemann, Bundesminister BMBW 2906 B Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen 11/1056, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung (Drucksachen 11/1077, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache 11/1075) Kühbacher SPD 2909 A Deres CDU/CSU 2913 C Frau Olms GRÜNE 2915 B Frau Seiler-Albring FDP 2917 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 2919 C Nächste Sitzung 2921 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 2922* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. November 1987 2805 42. Sitzung Bonn, den 25. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 27. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Clemens 25. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Dr. Feldmann * 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Glotz 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Haack (Extertal) 25. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Hörster 26. 11. Kirschner 25. 11. Dr. Klejdzinski * 26. 11. Klose 27. 11. Dr. Knabe 26. 11. Kreuzeder 27. 11. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lemmrich * 26. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 27. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 27. 11. Niegel 26. 11. Frau Pack 27. 11. Paintner 27. 11. Petersen 27. 11. Reddemann * 26. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schartz (Trier) 25. 11. Schmidbauer 26. 11. von Schmude 27. 11. Schreiner 27. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11. Zink 25. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ursula Seiler-Albring


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushalt des Innenministeriums ist ein ungemein vielfältiger und interessanter Haushalt, weil es hier eine Fülle von Politikbereichen gibt, die es eigentlich wert wären, daß man sich an dieser Stelle mit ihnen etwas näher beschäftigen könnte. Ich nenne hier nur die Sportförderung und die Kulturförderung, die ganzen Dinge, die sich mit dem Datenschutz beschäftigen usw. Es wäre wichtig, sich hier einmal grundsätzlich damit zu beschäftigen, weil hier eine ausgesprochen sinnvolle und sehr bürgernahe Politik betrieben wird.
    Aber aus gegebenem Anlaß, meine Damen und Herren, werde ich mich heute dem Schwerpunkt der inneren Sicherheit im Bereich des Einzelplans 06 zuwenden.
    Lassen Sie mich eine Vorbemerkung machen.

    (Wartenberg [Berlin] [SPD]: Das waren doch bis jetzt nur Vorbemerkungen!)

    Es ist schon bemerkenswert, in welchem Maße sich die öffentliche Aufmerksamkeit je nach dem Standpunkt — ob man es befürchtet oder erwartet — mit dem erhofften Vorgehen der FDP im Zusammenhang mit ihrem geplanten außerordentlichen Parteitag beschäftigt und wie sehr das Bedürfnis nach Aufarbei-



    Frau Seiler-Albring
    tung und Aufklärung der tatsächlichen Geschehnisse

    (Dr. Vogel [SPD]: Brüderle!)

    in Frankfurt in den Hintergrund rückt.
    Lieber Kollege Klaus-Dieter Kühbacher, ich nehme Ihnen ja ab, was Sie eben gesagt haben, als Sie die Demonstranten aufgerufen haben

    (Zuruf von der SPD)

    — nein, ich mache ihn nicht fertig; ich schätze ihn ausgesprochen, Herr Diller —,

    (Diller [SPD]: Ich habe nichts gesagt!)

    sich gemeinsam mit der Polizei für befriedete Demonstrationen einzusetzen. Ich frage mich allerdings, ob der große Teil derjenigen, die heute meinen, der FDP leichtfüßige Abkehr von liberalen Prinzipien vorwerfen zu müssen, tatsächlich selbst alles getan hat, diesen mäßigenden Einfluß bei denjenigen Demonstranten geltend zu machen, die meinten, aus einer verheerend falsch verstandenen Solidarität radikale Gewalttäter vor dem Zugriff durch die Polizei schützen zu dürfen. Ich frage mich weiter, ob wiederum andere die ihnen zu Gebote stehenden Mittel eingesetzt haben, einer beunruhigten Öffentlichkeit die Möglichkeiten — wie Sie das hier ja auch getan haben — des bereits geltenden Rechts zu verdeutlichen. Nicht umsonst haben wir Liberale in unseren Veranstaltungen immer wieder den Vorwurf gehört, daß über diese zugegeben komplizierten Zusammenhänge nicht genügend aufgeklärt worden ist.
    Wir freien Demokraten machen uns die Diskussion um die Änderung des Demonstrationsstrafrechts nicht leicht. Wir tun uns im Gegenteil außerordentlich schwer damit. Weil das so ist, finde ich den Ausdruck „umfallen", Klaus-Dieter Kühbacher, in diesem Zusammenhang wirklich nicht angemessen

    (Wartenberg [Berlin] [SPD]: Das ist historische Kontinuität!)

    und glaube auch nicht, daß er Ihrer Meinung entspricht.

    (Dr. Nöbel [SPD]: Der steht bereits im Lexikon! — Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Die Schwierigkeit eines Prozesses ist noch nie bewertet worden!)

    Meine Damen und Herren, wir tun uns schwer mit der Änderung des Demonstrationsstrafrechtes,

    (Kühbacher [SPD]: Wofür sind Sie denn?)

    und zwar nicht, weil der Einzelaspekt Strafbarkeit der Vermummung schon in einer friedlichen Demonstration einen so hohen Stellenwert hätte, sondern weil wir grundsätzlich empfindlich reagieren, wenn es um das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Demonstration geht.

    (Beifall bei der FDP — Kühbacher [SPD]: Was ist denn Ihre Meinung?)

    Wir werden uns dieser Diskussion auf einem außerordentlichen Parteitag stellen und sind bereit und offen, neue Argumente zu würdigen. Wir verbitten uns aber auch ganz entschieden den Versuch,

    (Dr. Vogel [SPD]: War da nicht etwas mit Stammtisch?)

    diesen Parteitag als überflüssige Turnübung herabzuwürdigen. Wir sind keine Einmannpartei, sondern diskutieren Veränderungen mit und in unserer Partei.

    (Dr. Nöbel [SPD]: Wir sind doch hier im Bundestag!)

    Wenn wir bei der Darlegung des geltenden Rechts und seiner Möglichkeiten etwas mehr publizistische Unterstützung bekommen hätten, wäre es zwei meiner Fraktionskollegen vielleicht erspart geblieben, Adressaten geradzu widerwärtiger, infamer, zumeist anonymer,

    (Dr. Vogel [SPD]: Das ist wohl wahr!)

    also sozusagen vermummter Zuschriften zu werden.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD — Dr. Vogel [SPD]: So geht es Leuten, die eine andere Meinung haben!)

    Es ist schon bemerkenswert, wie hier unter dem Vorwand, Gewalttäter endlich dingfest machen zu wollen, Mord und Totschlag angedroht wird, Familien der Betroffenen inbegriffen. Ich glaube, das muß uns alle betroffen machen, ganz gleich, ob wir die Ansichten der beiden Kollegen teilen oder nicht.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Da haben wir alle unsere Erfahrungen!)

    In der Öffentlichkeit und aus Kreisen der eingesetzten Polizeibeamten wurden im Zusammenhang mit den Ereignissen an der Startbahn West Vorwürfe über die mangelhafte Ausstattung und Ausrüstung der eingesetzten Beamten erhoben. Ich will und kann mir hier kein Urteil anmaßen, ob dies im Einzelfall zugetroffen hat. Es erscheint aber angebracht, einmal aufzuzeigen, was an Steuermitteln in den letzten Jahren in dem Bereich der inneren Sicherheit investiert wurde. Um dies sehr deutlich im voraus zu sagen: Es gibt keinen einzigen Antrag auf Mittelerhöhung für den Bereich der inneren Sicherheit, den die Berichterstatter der Koalition und der SPD im Haushaltsausschuß abgelehnt hätten, von der fragwürdigen Sicherung der Gebäude und Einrichtungen im Bereich der Bundesverwaltung einmal abgesehen.

    (Kühbacher [SPD]: Und den gepanzerten Fahrzeugen!)

    Die Mittelzuweisungen im Bereich des Bundeskriminalamtes, der Beschaffung der Polizeien der Länder und des Bundesgrenzschutzes steigen seit Jahren kontinuierlich überproportional an.
    In der Personalentwicklung wurden diese Bereiche von den üblichen Null-Runden grundsätzlich ausgenommen, wie auch die 1 %ige Kürzung der Stellen im Bundeshaushalt in diesem Jahr diesen Bereich wiederum ausdrücklich ausnimmt. Lassen Sie mich nur zwei, drei Zahlen nennen: Wir konnten beim Bundeskriminalamt 1986 mit 101 und 1987 mit insgesamt 245 zusätzlichen Planstellen eine deutliche Personalvermehrung erreichen. Dem Bundesgrenzschutz wurde



    Frau Seiler-Albring
    zur Aufrechterhaltung seiner Ist-Stärke im mittleren Polizeivollzugsdienst, mit dem Haushalt 1985 beginnend, auf die Jahre 1988 bis 1991 verteilt, 1 000 zusätzliche Planstellen der Besoldungsgruppe A 6 bewilligt, was die Einstellung einer erhöhten Anzahl von Dienstanwärtern zugelassen hat.
    Hier gibt es noch eine ganze Reihe anderer personeller Verbesserungen. Lassen Sie mich aber auch auf die Sachausstattung in diesen Bereichen eingehen. Hier wurde bereits von beiden Berichterstattern gesagt, daß eine ganze Reihe dieser Verbesserungen auf den ausdrücklichen Antrag aller Berichterstatter in diesen Haushalt eingestellt wurden. In der Sachausstattung reicht die Liste der Beschaffung vom Ersatzprogramm der Sonderwagen über die modernen Wasserwerfer zum Stückpreis von 800 000 DM, zu Rettungstransportwagen zur besseren Versorgung verletzter Beamter und schließlich zur Gesamtinvestition von 60 Millionen DM für Transporthubschrauber zum Zweck der größeren Beweglichkeit beim Transport von Einsatzkräften.
    Wir haben die Ausstattung, wie gesagt, der eingesetzten Beamten nachhaltig verbessert, Schlagschützer, Langschilde, Schutzmasken eingeführt, die Verbesserung des Sanitätsmaterials eingeleitet, die Beschaffung von Geräten für die Beweissicherung und Dokumentation, schließlich die Verbesserung des Innenschutzes der eingesetzten Kraftfahrzeuge.
    Die Beschaffung der genannten Geräte für die Beweissicherung und Dokumentation haben wir mit besonderem Nachdruck gefordert, weil uns immer wieder gesagt wurde, daß die betrüblich kleine Anzahl von Verurteilungen von Gewalttätern nicht zuletzt darauf beruht, daß kein Beweissicherungs- und Dokumentationsmaterial vorliege. Ich halte es deshalb in diesem Zusammenhang auch für ausgesprochen kurzsichtig, zu fordern, daß überhaupt nicht mehr fotografiert werden darf. Es kommt doch darauf an, daß das Beweismaterial, Frau Olms, nicht mißbraucht wird. Wie will ich denn jemanden überführen, wenn ich keine Dokumentation vorlegen kann? Wenn wir Gewalttäter ihrer Strafe zuführen wollen, müssen wir die Polizei und die Einsatzbeamten in die Lage versetzen, hier das Ihre zu tun.
    Ich denke, meine Damen und Herren, hieran wird deutlich, daß wir versucht haben, den Gegebenheiten im Bereich der inneren Sicherheit durch eine entsprechende Mittelausstattung Rechnung zu tragen. Verbesserungen sind immer möglich; wir sind bereit, entsprechenden Anträgen unsere Zustimmung zu geben. Aber ich glaube, wir sind uns alle darin einig, daß das Kurieren am Symptom auf die Dauer keine befriedigende politische Haltung ist.
    Aus diesem Grunde haben wir Freien Demokraten seit langem die Einsetzung einer Kommission gefordert, die den Ursachen dafür, weshalb es so viel Gewalt in der Gesellschaft gibt, nachgeht, und zwar nicht nur Gewalt auf der Straße, sondern auch in anderen Teilbereichen der Gesellschaft. Wir haben für diesen Zweck für die kommenden zwei Jahre die erforderlichen Finanzmittel in Höhe von 2,7 Millionen DM eingestellt. Wir erwarten, daß die Kommission zügig an ihre Arbeit geht und daß sie Ergebnisse vorlegen wird, die wir dann zur Grundlage weiterer
    Überlegungen und weiterer Entscheidungen machen wollen.

    (Beifall bei der FDP)

    Meine Damen und Herren, ich möchte schließen mit einem Dank an das Haus. Ich möchte mich dem Dank, den auch mein Kollege Deres bereits geäußert hat, anschließen für den Einsatz, den die Polizisten und Beamten des Bundesgrenzschutzes für die Aufrechterhaltung eines Grundrechtes leisten, nämlich des Rechts auf freie Demonstration. Sie haben hier einen schweren Dienst zu verrichten. Wir sollten alles tun, ihnen diesen Dienst nicht zu erschweren.
    Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Bundesminister des Innern.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kühbacher, seit Sie einmal vor vielen Jahren mich in einer denkwürdigen Rede gelobt haben, müssen Sie offenbar immer wieder Pflichtübungen erfüllen, um das in Ihrer Fraktion ungeschehen zu machen, soweit das überhaupt möglich ist. Ich habe dafür Verständnis, aber der Bußübungen sollte es nach so langer Zeit doch jetzt genug sein.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Man kann vielleicht am Haushalt des Innenministers oder selbstverständlich auch an ihm selbst manches kritisieren, aber man sollte nicht bei der Kulturpolitik sagen, daß es da Versäumnisse gäbe. Man sollte das auch nicht beim Sport tun, denn die Zuwachsraten sind auf diesen beiden Gebieten höher, als sie jemals waren, und die Gesamtansätze sind höher, als sie jemals gewesen sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es sind die höchsten Ansätze überhaupt, die es auf diesen beiden Gebieten jemals gegeben hat. Das ist nicht ein Verdienst des Innenministers; es ist ein Verdienst des Parlaments, das die Vorschläge, die wir gemacht haben, in diesem Maße gewürdigt hat, dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken.
    Wenn Sie über die Kriminalität sprechen und das Zurückgehen der Aufklärungsrate kritisieren, haben Sie recht. Nur sind für die gesamte allgemeine Kriminalität mit Ausnahme der wenigen Gebiete der Hochkriminalität, die Sie kennen, in der Bundesrepublik Deutschland ihrer Verfassung nach die Länderpolizeien zuständig. Dort haben wir allerdings sehr verschiedene Aufklärungsquoten, je nachdem, in welches Bundesland man blickt. Die höchste Aufklärungsquote hat Bayern, mit am niedrigsten liegt Hamburg — das möchte ich hier einmal nebenbei anmerken.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: In der Hafenstraße: null! — Dr. Vogel [SPD]: Ein unfairer Trick! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Wenn Sie gesagt haben, an den Polizeibeamten denkt
    Zimmermann zuletzt, dann würde ich sagen: Er denkt



    Bundesminister Dr. Zimmermann
    zuerst an den Polizeibeamten, aber es gibt SPD-Länder — —

    (Dr. Vogel [SPD]: Sie können doch nicht ein Bundesland mit einer Großstadt vergleichen! Vergleichen Sie München und Hamburg und nicht Bayern und Hamburg! Das ist abwegig!)

    — Herr Vogel, das ist überhaupt nicht abwegig. Das hat nichts mit Großstadt zu tun. Hamburg ist ein Land, das sich aus dem Meldedienst reisender Chaoten ausgeklinkt hat und damit den anderen Ländern Schwierigkeiten macht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    — Da brauchen Sie nicht so zu schreien; das nützt nämlich gar nichts.
    Im übrigen: Alles, was auf dem Gebiet der Ausrüstung der Polizeien geschieht, hat Ihnen die Frau Kollegin Seiler-Albring eindringlich dargelegt. Selbstverständlich wird das alles nicht par ordre des Innenministers, sondern in der Innenministerkonferenz durch den zuständigen Arbeitskreis beschlossen. Alle Versuche mit neuen Ausrüstungsmitteln, alle Pilotaufträge, alle Projekte werden dort gemeinsam behandelt und entschieden.
    Ich habe gegen die Pressefeiheit des kleinen Mannes — das ist ein schöner Ausdruck für das Demonstrationsrecht — nichts. Aber wie hat sich diese „Pressefreiheit" entwickelt, Herr Kühbacher? Hin zu uniformierten mit Stahlhelmen bewaffneten Blocks. Das ist eine Entartung, das kann nicht geduldet werden. Wenn wir 1985 der Auffassung waren, daß die Gesetzesänderung, die damals beschlossen worden ist, wirksam sei, so hat sich das als Irrtum erwiesen. Warum sollte man das nicht zugeben? Im übrigen darf die Regierung doch wohl Sachverständige auch in ihrem eigenen Bereich hören. Die Polizeipraktiker jedenfalls waren weit überwiegend einer Meinung, was die Vermummung und die Notwendigkeit ihrer Strafbewehrung betrifft, und zwar auch aus Ländern, denen man sicher nicht nachsagen kann, daß dort eine politische Richtung vorgegeben war.
    Eines hätten Sie, Herr Kollege Kühbacher, nicht tun sollen, nämlich die Krefelder Ereignisse um den Vizepräsidenten Bush als positives Beispiel hier anzuführen.

    (Kühbacher [SPD]: Der Einsatz der Polizei!)

    Das war eine reine Katastrophe, die in den Vereinigten Staaten noch Monate nach diesen Ereignissen eine verheerende Wirkung gehabt hat. Ich glaube, das wissen Sie.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe damals viele Augenzeugen gesprochen, die
    das erste Mal in ihrem Leben die ganze Brutalität, die
    haßerfüllten Gesichter durch die Scheiben ihrer Autos
    — sie waren in unmittelbarer Gefahr — erlebt haben. Seitdem hat sich ja das, was wir erleben mußten, noch gesteigert. Deswegen sprechen wir über Maßnahmen der inneren Sicherheit.

    (Zuruf von der SPD: Über Maßnahmen ja, aber welche?)

    Der Haushalt 1988 des Innenministeriums trägt den Herausforderungen Rechnung, glaube ich: eine Steigerung um 5,1 % beim Einzelplan 06, beim Einzelplan 36 um 3,5 %. Wir glauben, daß wir damit das erfüllen können, was notwendig ist.
    Wir danken an dieser Stelle ausdrücklich den Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuß und im Innenausschuß für die kooperative Zusammenarbeit. Wir wissen es sehr wohl zu schätzen, daß im Bereich der inneren Sicherheit eine beeindruckende Einigkeit bei all diesen Maßnahmen vorhanden gewesen ist.
    Wir wollen auf Grund unserer Erfahrungen bestimmte Gesetzeslücken schließen. Die Bundesregierung wird sich in aller Kürze mit einer Reihe von notwendigen Gesetzesänderungen befassen und ihre Vorschläge für das Gesetzgebungsverfahren einbringen. Damit sollen die notwendigen Konsequenzen gezogen werden aus den Mordanschlägen auf Polizeibeamte, aus dem Auftreten vermummter Gewalttäter in der Hafenstraße, in Brokdorf, in Hanau, in Berlin, in Wackersdorf und anderswo, aus der besorgniserregenden Zunahme von Anschlägen auf Einrichtungen der Energieversorgung, um nur einige Beispiele zu nennen.
    Weil hier aber so oft von der Hafenstraße die Rede war, will ich auch meine Meinung dazu sagen. Ich glaube, was dort als eine friedliche Lösung propagiert wurde, ist in Wahrheit nichts anderes als Kapitulation und die Besiegelung eines jahrelangen Rechtsbruchs.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Natürlich ist jeder froh, wenn die Gesundheit und das Leben der Polizeibeamten geschützt werden,

    (Vosen [SPD]: Dann reden Sie nicht einen solchen Unsinn!)

    die sich immer wieder gewalttätigen Chaoten gegenübersehen

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Auch andere Menschen haben ein schützenswertes Leben!)

    und deren Zielscheibe sie sind, wobei in Wahrheit natürlich der Staat und die freiheitliche Ordnung getroffen werden sollen. Von einer friedlichen Lösung aber kann hier nur der sprechen, der es so weit überhaupt hat kommen lassen und es hingenommen hat, den Staat angesichts eines solchen Ausmaßes von Gewalt und Rechtsbruch als handlungsunfähig erscheinen zu lassen.
    Zu fragen ist insbesondere, ob „friedliche Lösung" auch bedeuten soll, daß der Mantel des Vergessens ausgebreitet wird über alle im Zeichen einer angeblichen Selbstverwirklichung begangenen Straf- und Gewalttaten, die stattgefunden haben, auch darüber, daß eine Schule zerstört worden ist. Man hat das Mobiliar auf die Straße geschleppt, der Unterricht ist ausgefallen. Die Transparente, die man lesen konnte — „Zwei Tote sind nicht genug" — , sind ja wohl noch in lebhafter Erinnerung.

    (Abg. Dr. Penner [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)