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ID1104219400

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    Plenarprotokoll 11/42 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 42. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. November 1987 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksachen 11/1058, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 11/1074) in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 11/1078) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 11/1068, 11/1081) Dr. Apel SPD 2805 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 2811 C Frau Vennegerts GRÜNE 2815 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 2819B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 2823 A Esters SPD 2831 B Spilker CDU/CSU 2833 C Roth (Gießen) CDU/CSU 2836 A Poß SPD 2838 B Dr. Solms FDP 2841 D Dr. Pfennig CDU/CSU 2843 C Vizepräsident Stücklen 2842B, 2845 B Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksachen 11/1059, 11/1081) Frau Simonis SPD 2845 D Glos CDU/CSU 2849 A Stratmann GRÜNE 2852 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 2855 B Roth SPD 2858 B Dr. Sprung CDU/CSU 2862 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 2865 B Namentliche Abstimmung 2868 B Ergebnis 2868 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie (Drucksachen 11/1072, 11/1081) Zander SPD 2870 A Austermann CDU/CSU 2873 A Wetzel GRÜNE 2875 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. November 1987 Zywietz FDP 2877 B Vosen SPD 2879 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 2880 A Namentliche Abstimmung 2883 A Ergebnis 2883 A Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 11/1060, 11/1081) Dr. Struck SPD 2884 D Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2886 C Frau Flinner GRÜNE 2888 C Bredehorn FDP 2890 C Oostergetelo SPD 2892 B Kiechle, Bundesminister BML 2894 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft (Drucksachen 11/1073, 11/1081) Diller SPD 2898 A Scheu CDU/CSU 2900 A Frau Hillerich GRÜNE 2902 A Neuhausen FDP 2903 C Kuhlwein SPD 2904 D Möllemann, Bundesminister BMBW 2906 B Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen 11/1056, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung (Drucksachen 11/1077, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache 11/1075) Kühbacher SPD 2909 A Deres CDU/CSU 2913 C Frau Olms GRÜNE 2915 B Frau Seiler-Albring FDP 2917 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 2919 C Nächste Sitzung 2921 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 2922* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. November 1987 2805 42. Sitzung Bonn, den 25. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 27. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Clemens 25. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Dr. Feldmann * 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Glotz 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Haack (Extertal) 25. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Hörster 26. 11. Kirschner 25. 11. Dr. Klejdzinski * 26. 11. Klose 27. 11. Dr. Knabe 26. 11. Kreuzeder 27. 11. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lemmrich * 26. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 27. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 27. 11. Niegel 26. 11. Frau Pack 27. 11. Paintner 27. 11. Petersen 27. 11. Reddemann * 26. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schartz (Trier) 25. 11. Schmidbauer 26. 11. von Schmude 27. 11. Schreiner 27. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11. Zink 25. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Neuhausen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will dem Kollegen Berichterstatter von der SPD ja zugute halten, daß er die vergangene sozialliberale Zeit, der ich angehört habe, in einem etwas verklärten Licht sieht, denn es galt ja gegenüber Finanzpolitikern immer, damals wie heute, ein Vers von Goethe, der lautet:
    Willst lustig leben, Geh mit zwei Säcken. Einen zum Geben,
    Einen, um einzustecken.
    Da gleichst du Prinzen.
    Plünderst und beglückst Provinzen.
    Das ist eine Haltung, die es schon immer gab, und es kommt darauf an, ob man zu den Geplünderten oder zu den Beglückten gehört. Das ist sehr unterschiedlich.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Herr Kollege Scheu, zu Ihrer Schlußbemerkung gibt es auch ein treffliches Wort dieses Altmeisters. Er sagte nämlich — ich will es etwas abwandeln — : Lebst du im Plenum, sei gewohnt, keiner je des andern schont. Das gilt manchmal, wie diese Bemerkung gezeigt hat, auch für Koalitionspartner.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU und der SPD)

    Also, meine Damen und Herren, so gesehen und vor dem Hintergrund solcher Zeiten offenbar überdauernder Zusammenhänge relativiert sich manche fachpolitische Beschwerde, die gänzlich unerwähnt zu lassen aber natürlich nicht ehrlich wäre.
    Mir bleibt nicht viel Zeit für ein paar aphoristische Anmerkungen. Deswegen ganz kurz. Die gegenüber 1987 ja festzustellende Reduzierung des Haushaltssolls im Einzelplan 31 hängt hauptsächlich mit der Übertragung des sogenannten Benachteiligtenprogramms auf die Bundesanstalt für Arbeit zusammen. Darüber haben wir kürzlich ausführlich diskutiert.
    Uns ist wichtig, daß der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft weiterhin für die inhaltliche Gestaltung des Programms verantwortlich bleibt.

    (Zuruf von der SPD: Auch wenn kein Geld da ist?)

    Dieses Programm ist ja in einem größeren hier schon angesprochenen Zusammenhang zu sehen. Zwar werden in diesem Jahre zum Stichtag der Berufsbildungsbilanz erstmals, wie gesagt wurde, seit 1981 mehr unbesetzte Ausbildungsstellen als unvermittelte Bewerber registriert. In einigen Berufszweigen ent-



    Neuhausen
    steht bereits ein Lehrlingsmangel. Doch bleibt die regionale und sektorale Entwicklung sehr unterschiedlich.
    Hier greift natürlich dieses Programm vor allem für Mädchen, ebenso wie für Behinderte, für Hauptschulabsolventen ohne Abschluß und für junge Ausländer. Darüber hinaus wird angesichts der zunehmenden qualitativen Anforderungen auch im Hinblick auf benachteiligte junge Menschen die Bedeutung der erwähnten Maßnahmen künftig eher noch zunehmen, weswegen wir auch an dieser Stelle die Bedeutung des Programms noch einmal unterstreichen.
    Auf der anderen Seite kommt es in der Berufsbildung gerade für kleine und mittlere Betriebe darauf an, daß das Angebot an überbetrieblichen Ausbildungsstätten zur betriebsergänzenden Ausbildung ausgebaut und ihre Ausstattung mit technischen Einrichtungen verbessert wird. Es hat dazu ja im Haushalt schon Aufstockungen gegeben, aber auch für die nächsten Jahre bleibt die Abrundung dieses Angebotes eine wichtige Aufgabe.
    Meine Damen und Herren, der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat — das wurde zitiert — in diesen Tagen zu Recht daran erinnert, daß angesichts des internationalen Wettbewerbs Ausgaben für Bildung und Wissenschaft lebenswichtige Zukunftsinvestitionen seien. Aber eine solche Sicht überschreitet natürlich die Grenzen eines Haushaltsjahres und wird deshalb auch in den Haushalten der nächsten Jahre Berücksichtigung finden müssen.
    Was 1988 betrifft, so bleiben z. B. die Ausgaben für den weiteren Ausbau der Hochschulen auf ihrem hohen Niveau von rund 1 Milliarde DM.
    Was die Ausbildungsförderung betrifft, so ist der Rahmen durch eine Koalitionsvereinbarung gesteckt. Deswegen berührt es uns etwas merkwürdig, wenn der Herr bayerische Ministerpräsident kürzlich den Bundesminister für Bildung und Wissenschaft dafür kritisiert hat — in Übereinstimmung mit den Kollegen von SPD — , daß er noch kein konkretes Modell zur Beseitigung des sogenannten Mittelstandslochs empfohlen hat.
    Das war es schon; Sie brauchen nicht mehr so scharf aufzupassen, Herr Bötsch.

    (Heiterkeit)

    Ich begrüße es, daß der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft einen umfassenden Bericht zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung vorgelegt und dabei auch die hier erwähnten Modelle vorgestellt hat.
    Er hat zudem den Entwurf eines 11. BAföG-Änderungsgesetzes eingebracht — das war ja auch nicht so ganz unumstritten — , mit dem die Bedarfssätze und Freibeträge an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten angepaßt werden sollen. Außerdem ist der BAföG-Beirat beim BMBW beauftragt, Vorschläge zur Neuordnung und Verbesserung der Ausbildungsförderung zu erarbeiten. So gar nichts ist das ja nun nicht, Herr Kollege Diller, sondern ich finde, daß es sich hier um Ansätze handelt, die unser aller Zustimmung und Unterstützung bedürfen, um in der Zukunft dann auch eine vernünftige Verwirklichung zu finden.
    Es ist mir angesichts der Zeit nicht möglich, die vielen anderen erwähnenswerten einzelnen Ansätze z. B. im Bereich der Modellversuche, auch in Zusammenarbeit mit den Ländern, etwa zur musisch-kulturellen Bildung oder zur Aufarbeitung von Umweltthemen hier zeitlich angemessen zu würdigen.
    Insgesamt läßt sich aber feststellen, daß die Bildungspolitik des Bundes trotz der bestehenden finanzwirtschaftlichen Probleme wieder eine Perspektive erhalten hat, die über die Zahlen eines Haushaltsplanes weit hinausgeht. Nicht zuletzt durch die Initiativen des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft sind die Themen der Bildungs- und Wissenschaftspolitik auch in der öffentlichen Diskussion wieder zu dem Stellenwert gekommen, der ihrer Bedeutung für die einzelnen Menschen und die Zukunft unserer Gesellschaft entspricht. Die Bund-LänderKommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung hat wieder einen umfassenden Arbeitsauftrag erhalten. Die Diskussion um die Fachhochschulabschlüsse und ihre Anerkennung in der EG ist aufgegriffen worden. Die Weiterbildung als vierte Säule unseres Bildungssystems soll durch eine konzertierte Aktion „Weiterbildung" weiterentwickelt werden. — Meine Damen und Herren, diese Aufzählung könnte fortgesetzt werden.
    Ich denke, wer es ernst mit der Bildungspolitik meint, sollte diesen konsequenten, kontinuierlichen Bemühungen die Unterstützung geben, deren sie im Interesse der Zukunftschancen der jungen Generation bedarf.
    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kuhlwein.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Eckart Kuhlwein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach acht Monaten Amtszeit muß es jetzt erlaubt sein, den Ausflug des hurtigen Weltpolitikers Jürgen Möllemann in die Bildungspolitik einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Immerhin hörten wir von ihm zum Amtsantritt im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, dies sei für ihn kein Karriereknick, sondern eine Durchgangsstation. Und dies ließ damals Freude aufkommen, kann man doch mit Fug von Aufstiegswilligen in der Leistungsgesellschaft erwarten, daß sie Leistung bringen. Nun stimmt es nicht gerade fröhlich, wenn man heute konstatieren muß, daß der für das Bildungswesen erwirtschaftete Gewinn bisher noch immer im umgekehrten Verhältnis zur Zahl der Presseerklärungen steht.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Kollege Neuhausen, sicher, klappern gehört zum Handwerk; aber ohne ein Werkstück als Ende der Produktion nützt auch das ganze Klappern im Handwerk nichts.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Haushalt des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft ist in den Jahren der Wende-Regierung bis zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft worden, und dieser Prozeß setzt sich auch 1988 fort. Den verbalen



    Kuhlwein
    Kraftanstrengungen von Minister Möllemann steht ein Etat gegenüber, der deutliches Desinteresse des Bundes an der Weiterentwicklung der Bildungspolitik signalisiert.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Vorbei sind offenbar die Zeiten, als der Bund über die gemeinsame Bildungsplanung und Forschungsförderung, über die Ausbildungsförderung, über eine breite Palette von Modellversuchen, über das Benachteiligten-Programm den Anstoß für den Ausbau von Quantitäten und Qualitäten im Bildungsbereich auch in den Ländern gegeben hat. Meine Damen und Herren, von dieser Bundesregierung werden keine Impulse für eine neue Phase der Bildungsreform kommen.
    Es ist ja richtig, wenn Herr Möllemann am vergangenen Donnerstag auf der DGB-Bildungskonferenz in Köln davor gewarnt hat, die Ausgaben für den Bildungsbereich unter Hinweis auf allgemeine Sparnotwendigkeiten zurückzufahren. Und es ist richtig, wenn er Investitionen in die Qualität von Bildung und Ausbildung, Wissenschaft und Forschung als „lebensnotwendige Zukunftsinvestitionen" bezeichnet hat, die nicht beliebig herauf- oder heruntergefahren werden könnten. Und wir sind ja auch gerne bereit, Herr Möllemann, uns dem von Ihnen geforderten „großen Konsens" aller gesellschaftlichen und politischen Gruppen anzuschließen, mehr Kräfte und Mittel in Bildung und Wissenschaft zu investieren. Aber wir erwarten dann vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, daß er einen eigenen finanziellen Beitrag leistet, damit diese neue Inititative in Gang kommt.
    Ich habe Ihnen, Herr Möllemann, vor einigen Monaten im Ausschuß gesagt, als Sachwalter und Interessenvertreter für die Bildungspolitik auf Bundesebene müßten Sie eigentlich den Seuersenkungsplänen Ihrer Bundesregierung energisch widersprechen. Sie haben dies nicht getan. Sie nehmen damit in Kauf, daß die strukturschwachen Länder und die Kommunen finanziell noch weiter ausgepowert werden. Sie nehmen damit in Kauf, daß Planstellen für Lehrer, wissenschaftliche Mitarbeiter und Hochschulprofessoren gestrichen werden. Sie nehmen in Kauf, daß Kommunen ihre kulturellen Angebote kürzen und auf die notwendige Modernisierung ihrer Schulen verzichten müssen. Sie nehmen in Kauf, daß eine ganze Studentengeneration unter völlig unzureichenden Bedingungen studieren muß. Sie nehmen in Kauf, daß junge Frauen im Bildungswesen erneut benachteiligt werden. Und Sie nehmen in Kauf, daß die interessante Zukunftsforschung immer stärker aus den Hochschulen abwandert.
    Ich werde den Verdacht nicht los, Herr Möllemann, daß hinter dieser Erosion der öffentlichen Haushalte Methode steckt, die Methode nämlich, Teile des öffentlich verantworteten Bildungssystems auf dem Altar der neoliberalen Privatisierungsideologie zu opfern.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das glauben Sie doch selber nicht!)

    Im Bildungssystem, meine Damen und Herren, zeigt sich besonders deutlich, was für alle Bereiche der Gesellschaftspolitik gilt: Nur reiche Leute können sich einen armen Staat leisten. Die Mehrheit der Menschen braucht einen Staat, der finanziell in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen. Wer die Ausbildung seiner Kinder nicht selbst finanzieren kann, braucht dafür die Hilfe der Solidargemeinschaft, der braucht BAföG. Nur wenn Schüler und Studenten auch finanziell die Möglichkeit zur Ausbildung erhalten, ist Chancengleichheit gewährleistet. Unter Ihrer Regie, Herr Möllemann, wird für 1988 der BAföG-Plafond weiter ausgetrocknet. Auch die groß verkündete 11. Novelle wird nicht verhindern, daß die Gefördertenquote weiter zurückgeht. Was die Probleme der Familien mit mittlerem Einkommen angeht, brauchen wir von Ihnen keine neuen Modelle, Herr Möllemann, sondern wir brauchen endlich deutliche Verbesserungen der Freibeträge beim BAföG. Wir sehen auch nicht ein, warum wir uns mit Ihrem Spielmaterial zum Mittelstandsloch im Ausschuß beschäftigen sollen, bloß damit Sie bis 1990 — weil Sie bis dahin keine leistungswirksamen Gesetze entwickeln dürfen — unbeschädigt über die Runden kommen.
    Sie verlangen von jungen Leuten, Herr Möllemann, die vor Ort keinen Ausbildungsplatz finden, mehr Mobilität. Sie haben gleichzeitig das Benachteiligtenprogramm der Bundesanstalt für Arbeit überantwortet und damit der jeweiligen Finanzlage in Nürnberg ausgeliefert. Sie setzen sich über die Freiheit der jungen Leute hinweg, einen Beruf nach eigener Neigung und in der eigenen Heimat zu wählen, und Sie gefährden die Startchancen für die leistungsschwächeren Jugendlichen, weil sich der Bund dort aus der finanziellen Verantwortung zurückzieht.
    In der Weiterbildungspolitik täuschen Sie mit einer sogenannten konzertierten Aktion Initiativen vor, die in Ihrem Haushalt keinerlei Entsprechung finden. Die Vorgaben, die Sie für diese konzertierte Aktion gemacht haben, geben indes zu schlimmen Befürchtungen Anlaß. Wer glaubt, über mehr Markt und Wettbewerb das Problem lösen zu können, wie künftig alle Menschen mit neuen Herausforderungen im Arbeitsleben, in der Familie, in der Gesellschaft fertig werden können, der hat mit Chancengleichheit und mit freier Entfaltung des Individuums wenig im Sinn.
    Sie kündigen, Herr Möllemann, den Hochschullehrern mehr Freiheit bei der Auswahl ihrer Studenten in den Verteilungsstudiengängen an. Sie eröffnen damit gleichzeitig den Weg zu mehr Ungleichheit zwischen den Studenten und zwischen den Hochschulen. Sie wollen die Satzungsautonomie der Studenten für ihre Selbstorganisation auf Bundesebene beschränken, weil Sie sich eine botmäßige Studentenvertretung mit Ihnen genehmen Gruppierungen stricken wollen. Sie lassen zu, daß in der Europäischen Gemeinschaft die von uns gemeinsam aufgebauten Fachhochschulen diskriminiert werden

    (Frau Pack [CDU/CSU]: Das ist doch gar nicht wahr!)

    und daß damit ein Stück Chancengleichheit für den zweiten Bildungsweg wieder aufgehoben wird.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das Gegenteil ist der Fall!)




    Kuhlwein
    Man könnte die Reihe der Beispiele beliebig fortsetzen, die diesen Bundesbildungsminister und seine bisherige Tätigkeit kennzeichnen. Aber, Herr Möllemann, wir haben auch nicht mehr erwartet. Der sozialliberale Bildungspolitiker Möllemann der 70er Jahre ist längst vom neoliberalen Technokraten Möllemann abgelöst worden. Wo früher um Freiheit, Chancengleichheit und Solidarität gerungen wurde, wird heute die Bildungspolitik am Markt, an Effektivität und Wettbewerb, an Elite und Wirtschaftswachstum ausgerichtet. In der Logik der Strategie dieses Bundesbildungsministers müßte es eigentlich liegen, daß er sich selbst überflüssig macht. Warum sollte denn nicht auch hier der Markt am besten funktionieren, wenn es keinen mehr gibt, der eingreift?

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Ich bin allerdings skeptisch, ob das der weiteren Karriere von Herrn Möllemann dienlich sein würde. Ich möchte deshalb Herrn Möllemann daran erinnern, daß in seiner eigenen Partei der Slogan „Zukunft durch Leistung" propagiert wird. Wenn das so ist, kann ich mir kaum vorstellen, daß das, was Sie mit diesem Haushalt abgeliefert haben, schon Ihre politische Zukunft sichern kann.

    (Beifall bei der SPD — Frau Pack [CDU/ CSU]: Das ist so unsachlich wie nur was!)

    Schüler und Studenten, Lehrer und Eltern, Hochschullehrer und wissenschaftliche Mitarbeiter, Auszubildende und Ausbilder finden sich nicht mehr damit ab, daß die Zukunftschancen der jungen Generation in unserer Gesellschaft in Bildung und Ausbildung immer stärker beschnitten werden. Viele von ihnen werden am kommenden Sonnabend hier in Bonn für mehr Chancengleichheit und Bildung für alle,

    (Frau Pack [CDU/CSU]: Ich nicht!)

    für Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung demonstrieren.

    (Geis [CDU/CSU]: Viele nicht!)

    Wir stehen am Anfang einer neuen Bildungsbewegung, und es täte uns allen gut, diese Bewegung ernst zu nehmen, das Gespräch mit ihr zu suchen und das, was notwendig ist, in politische Reformschritte umzusetzen.
    Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)