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ID1104206900

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    Plenarprotokoll 11/42 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 42. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. November 1987 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksachen 11/1058, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 11/1074) in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 11/1078) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 11/1068, 11/1081) Dr. Apel SPD 2805 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 2811 C Frau Vennegerts GRÜNE 2815 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 2819B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 2823 A Esters SPD 2831 B Spilker CDU/CSU 2833 C Roth (Gießen) CDU/CSU 2836 A Poß SPD 2838 B Dr. Solms FDP 2841 D Dr. Pfennig CDU/CSU 2843 C Vizepräsident Stücklen 2842B, 2845 B Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksachen 11/1059, 11/1081) Frau Simonis SPD 2845 D Glos CDU/CSU 2849 A Stratmann GRÜNE 2852 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 2855 B Roth SPD 2858 B Dr. Sprung CDU/CSU 2862 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 2865 B Namentliche Abstimmung 2868 B Ergebnis 2868 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie (Drucksachen 11/1072, 11/1081) Zander SPD 2870 A Austermann CDU/CSU 2873 A Wetzel GRÜNE 2875 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. November 1987 Zywietz FDP 2877 B Vosen SPD 2879 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 2880 A Namentliche Abstimmung 2883 A Ergebnis 2883 A Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 11/1060, 11/1081) Dr. Struck SPD 2884 D Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2886 C Frau Flinner GRÜNE 2888 C Bredehorn FDP 2890 C Oostergetelo SPD 2892 B Kiechle, Bundesminister BML 2894 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft (Drucksachen 11/1073, 11/1081) Diller SPD 2898 A Scheu CDU/CSU 2900 A Frau Hillerich GRÜNE 2902 A Neuhausen FDP 2903 C Kuhlwein SPD 2904 D Möllemann, Bundesminister BMBW 2906 B Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen 11/1056, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung (Drucksachen 11/1077, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache 11/1075) Kühbacher SPD 2909 A Deres CDU/CSU 2913 C Frau Olms GRÜNE 2915 B Frau Seiler-Albring FDP 2917 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 2919 C Nächste Sitzung 2921 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 2922* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. November 1987 2805 42. Sitzung Bonn, den 25. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 27. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Clemens 25. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Dr. Feldmann * 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Glotz 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Haack (Extertal) 25. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Hörster 26. 11. Kirschner 25. 11. Dr. Klejdzinski * 26. 11. Klose 27. 11. Dr. Knabe 26. 11. Kreuzeder 27. 11. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lemmrich * 26. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 27. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 27. 11. Niegel 26. 11. Frau Pack 27. 11. Paintner 27. 11. Petersen 27. 11. Reddemann * 26. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schartz (Trier) 25. 11. Schmidbauer 26. 11. von Schmude 27. 11. Schreiner 27. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11. Zink 25. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heide Simonis


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich bin bereit, das zur Kenntnis zu nehmen, weil ich gar nicht anders kann, denn wenn ich es in die Hand nehme und lese, nehme ich es zur Kenntnis. Aber bei der Treffsicherheit des Sachverständigengutachtens bin ich keineswegs bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß das richtig ist. Ich halte es mit dem alten Churchill, daß ich nur den Statistiken glaube und traue, die ich selbst mit zurechtgelogen habe.

    (Glos [CDU/CSU]: Das ist Selbstbezichtigung! — Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich!)

    Das ist alles nur Statistik, und das wissen Sie natürlich genauso gut wie ich.
    Dauer und Ausmaß der Arbeitslosigkeit nehmen zu, das Nord-Süd-Gefälle verstärkt sich, Arbeitnehmer sind im Norden Deutschlands häufiger und länger arbeitslos.

    (Dr. Graf Lambsdorff [FDP]: Warum denn?)

    — Sicherlich nicht, weil sie fauler sind als andere Arbeitnehmer, sondern weil die Wirtschaftspolitik ihnen überhaupt keine Möglichkeit gibt zu arbeiten, Graf Lambsdorff.

    (Glos [CDU/CSU]: Deswegen werden sie krank!)

    Sie werden wohl nie begreifen, daß das etwas miteinander zu tun hat: Wirtschaftspolitik und die Fähigkeit der Leute, arbeiten zu können.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Das Lohnniveau ist niedriger als im Süden, und für die Werften in Schleswig-Holstein, aber auch für die anderen Werftstandorte im Norden stehen weitere Entlassungen in ziemlich hoher Größe an.
    Beschäftigungsinitiativen zum Abbau der Massenarbeitslosigkeit, zur Integration Jugendlicher, die zum erstenmal ins Berufsleben wollen, von Frauen, die wieder in den Beruf zurück wollen, finden nicht statt. Umstrukturierungsprogramme für die Regionen, de-



    Frau Simonis
    ren Produkte national und international nicht mehr abgesetzt werden können, finden nicht oder in so geringem Ausmaß statt, daß die positiven Wirkungen von den negativen aufgefressen werden. Ein Blick in die mittelfristige Finanzplanung des Finanzministers zeigt, daß Sie genau bei dem Instrument, das uns helfen könnte, nämlich die Gemeinschaftsaufgabe „Zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" , 1991 auf 60 % herunterfahren wollen, so daß die Aussichten, Geld zu bekommen und etwas längerfristig anzulegen, für viele Länder sehr schwierig sein werden.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Das ist doch völlig falsch, was Sie sagen! Gerade die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe werden aufgestockt!)

    — Sie haben in die mittelfristige Finanzplanung einfach nicht hineingeguckt, denn sonst müßten Sie wissen, daß diese Mittel in der mittelfristigen Finanzplanung heruntergefahren werden. Gucken Sie mal rein, da brauchen Sie sich nicht aufzuregen! Ich weiß, daß es für manche Leute schwer ist, einen Haushalt zu lesen. Sie können es offensichtlich auch nicht.
    Der Dollarverfall, das Zusammenbrechen der amerikanischen Börse, das wie ein Lauffeuer auf andere Börsenplätze übersprang, sind nicht Ursachen für die Probleme, mit denen wir jetzt im Moment zu kämpfen haben, sondern sind die Folgen der total falschen Politik, der verfehlten Wirtschaftspolitik in Amerika und hier. Wenn nicht Arbeitnehmer und ihre Familien den Preis für diese verfehlte Wirtschaftspolitik zu zahlen hätten, könnte man sich die Schadenfreude angesichts der Tatsache nicht verkneifen, daß viele Angebotsökonomiker sich in der Zwischenzeit — nach dem Motto: Was kümmert mich mein Gerede von gestern — aus Ihren Reihen verabschiedet haben. Da erklärt Tyll Necker, daß man sich nicht für ewige Zeiten an seinen einmal festgelegten Grundsätzen des Haushaltkonsolidierens und Sparens festhalten müßte, sondern daß man, wenn es notwendig wäre, durchaus auch ganz anders vorgehen, nämlich mehr Kredite aufnehmen könnte.
    Wie ein Schock im kalten Wasser muß all jenen, die das zu hohe Lohnniveau in der Bundesrepublik in einstimmigem Chor mit dem Wirtschafts- und Finanzminister beklagt haben, die Empfehlung von Herrn Dr. Stoltenberg in den Ohren geklungen haben, die Gewerkschaften mögen doch in den kommenden Jahren das Schwergewicht auf hohe Lohnforderungen legen. Die haben natürlich nicht begriffen, daß Sie wollten, daß damit mehr in Ihre Kasse der Staatsfinanzen hineinkommt; denn bei höheren Löhnen fällt selbst bei geringeren Steuern ein bißchen mehr für Sie ab. Das ist der Trick. Sie sind nicht auf einmal in die Reihe der Nachfrageökonomiker getreten.

    (Beifall bei der SPD)

    Es rächt sich jetzt, daß die Staatskonsolidierung nach Buchhaltermanier betrieben wurde, um die eingesparten Gelder in einer einzigen sogenannten Steuerreform rauszupulvern, und nicht nach dem Motto vorgegangen wurde, daß heute jede Mark sinnvoll ausgegeben ist, die morgen hilft, Probleme auf dem
    Arbeitsmarkt in der Sozialpolitik, generell in der Daseinsfürsorge zu mildern.
    Das Ende all Ihrer Bemühungen sind immer höher werdende Staatsdefizite. Sie glauben doch selber nicht daran, daß Sie nächstes Jahr mit 30 Milliarden DM Nettokreditaufnahme durchkommen. Wenn sich die Entwicklung dieses Jahres fortsetzt, werden Sie ganz schön weit darüber liegen, wie in der Zwischenzeit auch schon Herr Bangemann in seinem Brief zugibt.
    Diese erhöhten Staatsdefizite sind leider nicht geplante Ausgaben, um damit Beschäftigung zu schaffen, sondern sie müssen nachträglich notgedrungen hingenommen werden wegen mangelhafter Konjunkturpolitik, wegen sinkender Steuereinnahmen, wegen zunehmender Arbeitslosigkeit und wegen sich aufreißender Löcher bei den Sozialversicherungen.
    Neu ist das für Sie nicht. Denn hätten Sie in den Wirtschaftsbericht der OECD in diesem Jahr hineingeguckt, hätten Sie lesen können, daß das, was für uns vorausgesagt wird, relativ düster ist und daß im Grunde genommen die OECD schon seit Anfang des Jahres davon ausgeht, daß bei uns in der Bundesrepublik eine weitere Abschwächung des Wachstums unvermeidbar ist. Damals war von Börsenkrach und Dollarverfall noch nicht die Rede, aber die Zeichen an der Wand waren unübersehbar.
    Der Bundeswirtschaftsminister hat gestern selbst gesagt, daß die Probleme unserer Wirtschaft struktureller Art seien. Richtig, aber strukturelle Probleme löst man nicht so einfach, wie sich das der Herr Wirtschaftsminister vorstellt. Notwendige Anpassungen an neue weltwirtschaftliche Daten sind nicht mit dem Ladenschlußgesetz zu lösen. Sie sind uns nämlich immer noch den Beweis schuldig geblieben, wieso sich eigentlich die Nachfragemacht bei Arbeitslosen, bei Rentnern und bei Sozialhilfeempfängern dann erhöht, wenn sie nicht von 9 bis 18 Uhr einkaufen, sondern nach 18 Uhr. Sie müssen mir wirklich einmal erklären, wieso dann auf einmal mehr Geld in den Taschen derjenigen ist, die sowieso kein Geld haben. Die Yuppies, diese merkwürdige Leitfigur eines Homo oeconomicus, den Sie offensichtlich aus Amerika importiert haben, wissen immer, wie sie ihr Geld ausgeben müssen, egal, ob um 18 Uhr geschlossen wird oder nicht. Für diese brauchen wir das Ladenschlußgesetz nicht zu ändern.
    Arbeitslosigkeit, Wechselkurse und Börsen sind nicht Ergebnis göttlichen Waltens des Marktes, sondern Ergebnis politischen Handelns oder Unterlassens. Die konservative Bonner Regierung unterläßt mehr, als sie handelt, und ist damit verantwortlich für die Arbeitslosigkeit, für die Wechselkurse und für das, was auf den Börsen passiert.
    Sie unterliegen der Fehleinschätzung, daß der Exportboom der vergangenen Jahre auf die famose Wirtschaftspolitik der Regierung und nicht auf den absurd überhöhten Dollar zurückzuführen sei. Deswegen haben Sie in Jahren relativen wirtschaftlichen Aufschwungs vergessen, die dümpelnde Binnenmarktnachfrage durch rigorose Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit zu stärken, und haben darauf gesetzt, daß die Amerikaner bis in alle Ewigkeiten damit



    Frau Simonis
    einverstanden sein würden, daß wir ihren Markt überschwemmen und daß ihr Haushaltsdefizit so weiterbesteht.
    Sie unterliegen der Fehleinschätzung, daß die hohen Bundesbankgewinne, die auf Grund des hohen Dollarkurses die Sanierungspolitik ein bißchen mit unterstützt haben, auf Ihre Weisheit und auf Ihr Können zurückzuführen seien, und haben sich damit die Möglichkeit verbaut, regionale und sektorale Defizite hier bei uns wahrzunehmen.
    Sie sind grundsätzlich unfähig, zu erkennen, daß Sie den finanz- und wirtschaftspolitischen Karren gegen die Wand fahren lassen, was sich spätestens in den nächsten Jahren in Zahlen festmachen lassen wird. Deswegen werden wir Ihrem Haushalt nicht zustimmen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Glos.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Michael Glos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Beratung des Haushalts des Bundesministers für Wirtschaft ist jedes Jahr eine willkommene Gelegenheit, über die wirtschaftspolitischen Konzepte der einzelnen Parteien zu diskutieren und die Vorstellungen von Opposition und Regierungsfraktionen gegeneinanderzustellen.
    Ich will das Ergebnis nicht vorwegnehmen, aber ich kann doch feststellen, verehrte Frau Kollegin Simonis: Auch nach Ihrem Beitrag suchen wir immer noch nach geeigneten Rezepten, denn Sie haben überhaupt nichts Zukunftweisendes dazu beitragen können.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Zu dem Thema Defizite möchte ich zwei Sätze sagen: Ich bin nicht der Meinung — so einfach ist die Geschichte nicht — : Rote Defizite sind schlecht, und schwarze Defizite sind automatisch gut.

    (Gansel [SPD]: Es gibt also schwarze Defizite! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Ich möchte einmal versuchen, es ganz kurz so zu erklären, daß vielleicht auch Sie es verstehen können: Wenn wir jetzt vorübergehend ein höheres Defizit in Kauf nehmen müssen, dann deshalb, weil wir massiv die Steuern senken. Der Bundeshaushalt 1988 enthält bereits Auswirkungen dieser massiven Steuersenkung. Wenn bei Ihnen die Defizite angestiegen sind, hatte das damit zu tun, daß die Ausgaben ständig angestiegen waren. Solange wir gleichzeitig bei unserer Politik die Staatsquote zurückführen, so lange ist diese Politik Garantie für ein langes und stetiges Wachstum. Ich gebe zu, daß derzeit für das Wachstum Gefahren bestehen, daß wir natürlich beachten, was im Ausland vor sich geht, daß wir uns aber deswegen von unserem seriösen und soliden Weg nicht abbringen lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Auch vor dem Hintergrund des jüngsten Sachverständigengutachtens fordert die SPD starrsinnig einen Kurswechsel in der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Ich habe eine ganze Reihe Presseerklärungen von Ihnen
    da. Ich kann sie Ihnen zeigen. Die SPD setzt danach weiter auf den punktuellen Aktionismus von Beschäftigungsprogrammen statt auf Konzepte mit Augenmaß. Die SPD will nach wie vor, daß der Staat in wirtschaftliche Abläufe hineinredet, statt durch Steuersenkung, Deregulierung und Privatisierung den Spielraum für die Entfaltungsmöglichkeiten aller am Wirtschaftsprozeß Beteiligten, d. h. auch für die Arbeitnehmer, zu vergrößern.

    (Frau Weyel [SPD]: Sagen Sie das einmal den Landwirten!)

    Die Kollegen von der SPD unterliegen hier dem Reiz der Oppositionstätigkeit, bei der jeder Abgeordnete gerade seine Vorstellung als den Stein der Weisen anbietet. Das Ergebnis ist ein bunter Strauß in sich widersprüchlicher wirtschaftspolitischer Ideen.

    (Roth [SPD]: Ist das ein Stein oder eine Blume?)

    — Ein Flickenteppich ist es.

    (Roth [SPD]: Das ist ja jetzt eine Inflation der Bilder! — Gansel [SPD]: Der Strauß ist ein Flickenteppich!)

    Wenn man da nach einem Konzept sucht, dann sieht man nur einen rot-grünen Schimmer, der da immer wieder herauskommt, Herr Roth.
    Die SPD versucht, mit dem Vergrößerungsglas ausfindig gemachte Einzelkritikpunkte im Sachverständigengutachten als Beweis für ihre Behauptung zu nehmen, der Sachverständigenrat unterstütze ihre wesentlichen Positionen. In Wirklichkeit erteilen die Fünf Weisen zum wiederholten Mal jeder Art von Beschäftigungsprogrammen eine klare Absage. Sie schreiben:
    Der Staat ist nicht der Motor des Wachstums. Wachstumspolitik ist in ihrem Kern Wirtschaftsordnungspolitik.
    Unbeirrt vom Urteil der Fachleute nimmt die SPD jedes in der Sache noch so entfernte Ereignis zum Anlaß, um ihren wirtschaftspolitischen Ladenhüter „Arbeit und Umwelt" — wie es heute morgen auch Herr Apel getan hat — wieder in Umlauf zu bringen.

    (Roth [SPD]: Was ist mit Franke?)

    Herr Roth, auch Sie haben dies in Ihrem Konzept. Durch die Tüchtigkeit Ihrer Pressestelle habe ich das, was Sie vortragen werden, bereits überfliegen können. Hier steht also auch nur wieder diese neue/alte Wundermedizin „Arbeit und Umwelt" drin, die alle Unzuträglichkeiten von Kopf bis Fuß, gleichsam vom Haarausfall über den Mundgeruch bis zum Fußpilz, alle Krankheiten kurieren soll. „Arbeit und Umwelt" gegen US-Leistungsbilanzdefizit, gegen Dollar-Kursverfall, gegen angeblich absinkende Binnennachfrage, gegen Börsenturbulenzen, nicht zu vergessen selbstverständlich gegen Umweltverschmutzung und vieles andere mehr.
    Diese verkürzte Aufzählung, für was Sie dieses Programm alles einsetzen wollen, verdeckt aber natürlich, daß dieses Programm, falls es so verwirklicht würde, auch sehr viele schädliche Wirkungen hätte. Die Redlichkeit gebietet es, sie aufzuzählen. Dieses



    Glos
    Programm „Arbeit und Umwelt" würde bedeuten: gigantische Staatsverschuldung, Inflation,

    (Walther [SPD]: Ist doch alles Quatsch, was Sie da erzählen! — Bohl [CDU/CSU]: Es ist richtig!)

    Strangulierung der Wirtschaft, Steuererhöhungen und Verzerrungen im volkswirtschaftlichen Produktionsgefüge und, und, und.

    (Walther [SPD]: Wer hat denn den Unsinn aufgeschrieben?)

    — Lieber Herr Walther, ich schätze Sie als einen Vorsitzenden, der mit großer Sachkunde und Umsicht den Haushaltsausschuß leitet. Sie sollten der Tatsache, daß Sie sonst ein kooperationsbereiter Mann sind, jetzt hier vor Ihren Parteifreunden nicht mit Unverschämtheiten zu kaschieren suchen, indem Sie dauernd zwischenrufen. Das ist unter Ihrer Würde.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, während die SPD noch über ihre veralteten und bereits in den 70er Jahren erfolglosen Programmen nachsinnt, hat die Bundesregierung längst die Weichen für die Aufrechterhaltung günstiger konjunktureller Bedingungen gestellt. Die Maßnahmen zur Steuerentlastung — brutto 70 Milliarden DM jährlich, netto nach der Gegenfinanzierung 50 Milliarden DM jährlich — und gleichzeitig zur Steuervereinfachung verbessern die wirtschaftlichen Bedingungen in der Bundesrepublik Deutschland bei weitem mehr, als öffentliche Investitionsprogramme es je bewirkt haben und es je bewirken könnten.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Die steuerliche Entlastung verbessert die Leistungsanreize sowohl für Arbeitnehmer als auch für Unternehmer. Die Steuerentlastung stärkt die unternehmerische Investitionsfähigkeit. Die Steuerentlastung steigert die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft. Die Steuerentlastung dämpft die Flucht in die Schattenwirtschaft. Die Steuerentlastung verbessert die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen und gleichzeitig die Attraktivität des Standorts Bundesrepublik Deutschland für nationale und internationale Investoren. Die Steuerentlastung liefert vor allem einen entscheidenden Beitrag zur Ankurbelung der Konjunktur in der gesamten westlichen Welt und damit zum Abbau der Defizite, die sich zwischen den Industriestaaten ergeben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In seinem am Montag veröffentlichten Jahresgutachten attestiert der Sachverständigenrat den Koalitionsfraktionen in bezug auf die Steuerreform einen Schritt in die richtige Richtung. Sicher kritisiert er uns auch. Er bemängelt zum Beispiel, daß Behinderungen des Wirtschaftswachstums zugunsten verteilungspolitischer Erwägungen nicht konsequent genug abgebaut würden. An einer anderen Stelle kritisiert der Sachverständigenrat sogar, daß die Spitzenbelastung bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer nicht stärker gesenkt wird. Ich kann sagen: Auch ich bedaure dies. Mit meiner Partei, der CSU, wäre über eine stärkere Senkung zu reden gewesen. Wir haben aber mit dieser Operation die Steuerreform sicher
    nicht für alle Zeiten abgeschlossen. Auch in der nächsten Legislaturperiode müssen wir uns über Steuern unterhalten. Dabei muß selbstverständlich noch stärker berücksichtigt werden, was sich in unseren Hauptwettbewerberländern auf dem Weltmarkt tut. Wir können nicht die Augen zumachen, wenn diese bedeutend niedrigere Sätze sowohl bei der Einkommen- als auch bei der Körperschaftsteuer haben.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Walther [SPD]: Die Bemessungsgrundlage ist bei den anderen viel breiter!)

    — Wir werden auch die Bemessungsgrundlage verbessern, Herr Walther.

    (Walther [SPD]: Wann denn? Wann denn?)

    Ich hoffe, daß auch Sie sich dann hinter diese Maßnahmen stellen. Wenn Sie nachlesen, was wir jetzt

    (Walther [SPD]: Wann denn?)

    zur Finanzierung der 19 Milliarden vorgeschlagen haben, finden Sie eine ganze Reihe von Vorschlägen zur Verbesserung der Bemessungsgrundlage. Nur ein Stichwort: Wir gehen auch an das heikle Kapitel bessere steuerliche Erfassung der Kapitalerträge heran.

    (Walther [SPD]: Hahaha!)

    Die SPD behauptet, ihr Wunschprogramm „Arbeit und Umwelt" müsse wegen der Dollarschwäche und auf Grund der internationalen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland aufgelegt werden. Ich bin der Meinung: Beide Positionen sind kein überzeugendes Alibi. Zwar ist der Dollarkurs für die deutschen Exporteure einzelner Branchen wichtig. Doch darf nicht außer acht gelassen werden, daß nur 10 bis 15 To der deutschen Exporte in den Dollarraum fließen. Im übrigen haben unsere fernöstlichen Konkurrenten auf dem amerikanischen Markt unter der Dollarentwicklung in gleicher Weise wie wir zu leiden. Wichtiger als die jeweiligen tagesaktuellen Dollarkurse sind aber längerfristige Orientierungen. Wir hoffen, daß sich der Dollarkurs wieder auf einem längerfristig stabilen Niveau einpendelt, damit unsere Unternehmen entsprechend kalkulieren können.
    Aber eines ist ganz sicher: Die Lösung dieser Probleme, die uns schmerzen, liegt doch nicht allein in unserer Hand. Wir wissen: Die Bundesrepublik Deutschland ist in das internationale Konzert der westlichen Staaten eingebunden und kann nicht als Solist tätig werden. Wohl aber können wir unsere Interessen auf der Weltbühne deutlich machen. Das ist mit Entschiedenheit getan worden. Das wird auch in Zukunft so geschehen. Wir haben ja auch gestern diese positive Wirkung der konzertrierten Zinssenkungsaktion bemerkt, die zwischen Deutschland, Frankreich und anderen Ländern abgesprochen war. Die Börse war gestern freundlicher. Das setzt sich heute hoffentlich fort. Ich bin überzeugt, daß nach dieser Phase der Verunsicherung wieder eine bessere Phase kommen wird.
    Die Bundesrepublik Deutschland hat nach meiner Auffassung und nach Auffassung unserer Fraktion kein Defizit in der Übernahme internationaler Verantwortung. Mit der im kommenden Jahr wirksam werdenden steuerlichen Entlastung um netto 14 Milliarden DM kommt die Bundesrepublik diesen internatio-



    Glos
    nalen Verpflichtungen in vollem Umfang nach. Die Steuersenkung wirkt ja auf der Angebots- und Nachfrageseite, was immer wieder vergessen wird. Das heißt, Konsum und Investitionen werden gleichermaßen begünstigt. Zieht man in Betracht, daß Konsum- und Investitionsentscheidungen aber auch vom künftig zu erwartenden Einkommen abhängen, so wird die für 1990 vorgesehene Reform bereits auf die Konjunktur der Jahre 1988 und 1989 ausstrahlen. Weil dieser positive Effekt der 1990er-Steuerreform erwünscht ist, werden wir uns auch nicht auf Diskussionen einlassen, in denen etwa der Umfang oder die zeitliche Ausgestaltung dieser Entlastung zur Disposition gestellt wird. Mit dieser Nachfragesteigerung durch die Steuersenkung wirken wir auch daran mit, daß andere Länder ihre Exporte in die Bundesrepublik Deutschland steigern können, vielleicht auch die Vereinigten Staaten von Amerika, was wir uns zum gegenseitigen Abbau der Defizite sicher wünschen würden.
    Ein weiterer Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur Beseitigung internationaler Handelsungleichheit besteht darin, daß wir für die Offenhaltung unserer Märkte für ausländische Produkte konsequent eintreten und Protektionismus für uns nicht zur Debatte steht. Hier bitten wir auch unseren Hauptpartner, die Vereinigten Staaten von Amerika, die Debatte über mehr Protektionismus wieder zu beenden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Sehr richtig!)

    Ich sehe mit einiger Sorge, daß das Herannahen der Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten von Amerika auch solche Debatten belebt und daß man hier möglicherweise für die Zukunft mit falschen Rezepten kochen will. Wir können nur hoffen, daß der Protektionismus international bekämpft wird und die USA nicht der Vorreiter auf einem falschen Weg sind.
    Die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien kommen ihrer wirtschaftspolitischen Verantwortung selbstverständlich auch im Binnenmarkt — und hier im Detail — nach. Ich möchte ein paar Worte zum Einzelplan 09 sagen,

    (Walther [SPD]: Wird langsam Zeit!)

    der ja — ich weiß nicht, ob man es als Erfolg bezeichnen soll — gegenüber dem Soll von 1987 um 9,5 ansteigt. Er hat damit die höchste Wachstumsrate aller Einzelhaushalte.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Airbus!) Ich will nur sagen, wer davon profitiert.


    (Walther [SPD]: Airbus-Subventionen! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Ich komme noch ganz bestimmt darauf. Wie können sie von mir denken, daß ich den Airbus jemals vergessen werde, da er doch in Hamburg gebaut wird. —

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Von dieser Steigerung profitieren hauptsächlich der Kohlebereich, der Stahlbereich, die Luftfahrttechnik, die Werften und die Regionalpolitik. Zusätzliche Ausgaben für die Kohle in den kommenden Haushaltsjahren werden sich aus der notwendigen Kapazitätsanpassung ergeben. Mit einem gesonderten Titel werden im Stahlbereich Mittel als Beitrag zur sozialen Flankierung von Strukturanpassungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt. Diese Mittel betreffen hauptsächlich Zahlungen an Arbeitnehmer, deren Freisetzung durch die teilweise oder gänzliche Schließung von Stahlwerksanlagen verursacht wird. Ich begrüße diese Subventionen insofern, als sie nicht nur Erhaltungssubventionen sind und dadurch keine Dauersubventionen werden, sondern auch Subventionen für Umstrukturierungsprozesse sind. Ich glaube, das ist doch ein entscheidender Unterschied.
    Ich sage auch gern ein Wort zu den Zuschüssen an die Werften. Auch hier kommen wir unseren Verpflichtungen gegenüber den norddeutschen Küstenländern nach. Es liegt ein Antrag auf dem Tisch, wonach die Verpflichtungsermächtigungen auf Antrag der CDU/CSU und FDP noch einmal erhöht werden. Ich glaube, hier haben wir kein Defizit. Ich bin überzeugt, daß man dies auch dort zu schätzen weiß. Ich will auch nicht verschweigen — das wäre in einer solchen Debatte unredlich —, daß die damit gewährten Hilfen in meinen Augen viele Schattenseiten aufweisen. Sie vergrößern das Volumen der Finanzhilfen, die in keinem Fall Dauerhilfen werden dürfen.
    Während wir jetzt im Fall der Steuersubventionen gottlob durch viel Mut aller Koalitionspartner erfolgreiche Arbeit im Subventionsabbau geleistet haben, steht dies beim Abbau offener Subventionen leider noch aus. Wir müssen diesen Bereich auch künftig sehr stark im Auge behalten.

    (Beifall des Abg. Dr. Faltlhauser [CDU/ CSU])