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ID1104203900

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    Plenarprotokoll 11/42 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 42. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. November 1987 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksachen 11/1058, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 11/1074) in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 11/1078) in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 11/1068, 11/1081) Dr. Apel SPD 2805 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 2811 C Frau Vennegerts GRÜNE 2815 C Dr. Weng (Gerlingen) FDP 2819B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 2823 A Esters SPD 2831 B Spilker CDU/CSU 2833 C Roth (Gießen) CDU/CSU 2836 A Poß SPD 2838 B Dr. Solms FDP 2841 D Dr. Pfennig CDU/CSU 2843 C Vizepräsident Stücklen 2842B, 2845 B Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksachen 11/1059, 11/1081) Frau Simonis SPD 2845 D Glos CDU/CSU 2849 A Stratmann GRÜNE 2852 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 2855 B Roth SPD 2858 B Dr. Sprung CDU/CSU 2862 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 2865 B Namentliche Abstimmung 2868 B Ergebnis 2868 B Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie (Drucksachen 11/1072, 11/1081) Zander SPD 2870 A Austermann CDU/CSU 2873 A Wetzel GRÜNE 2875 B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. November 1987 Zywietz FDP 2877 B Vosen SPD 2879 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 2880 A Namentliche Abstimmung 2883 A Ergebnis 2883 A Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 11/1060, 11/1081) Dr. Struck SPD 2884 D Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2886 C Frau Flinner GRÜNE 2888 C Bredehorn FDP 2890 C Oostergetelo SPD 2892 B Kiechle, Bundesminister BML 2894 B Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft (Drucksachen 11/1073, 11/1081) Diller SPD 2898 A Scheu CDU/CSU 2900 A Frau Hillerich GRÜNE 2902 A Neuhausen FDP 2903 C Kuhlwein SPD 2904 D Möllemann, Bundesminister BMBW 2906 B Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen 11/1056, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung (Drucksachen 11/1077, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung (Drucksache 11/1075) Kühbacher SPD 2909 A Deres CDU/CSU 2913 C Frau Olms GRÜNE 2915 B Frau Seiler-Albring FDP 2917 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 2919 C Nächste Sitzung 2921 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 2922* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 42. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. November 1987 2805 42. Sitzung Bonn, den 25. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 27. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Clemens 25. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Dr. Feldmann * 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Glotz 26. 11. Dr. Haack 27. 11. Haack (Extertal) 25. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Hörster 26. 11. Kirschner 25. 11. Dr. Klejdzinski * 26. 11. Klose 27. 11. Dr. Knabe 26. 11. Kreuzeder 27. 11. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lemmrich * 26. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 27. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 27. 11. Niegel 26. 11. Frau Pack 27. 11. Paintner 27. 11. Petersen 27. 11. Reddemann * 26. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schartz (Trier) 25. 11. Schmidbauer 26. 11. von Schmude 27. 11. Schreiner 27. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11. Zink 25. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl-Heinz Spilker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich werde noch darauf zurückkommen.

    (Dr. Apel [SPD]: Ich auch!)

    Ich wäre dankbar, wenn Sie mich nicht unterbrechen würden, denn ich habe die vorbereitete Rede umgebaut, weil ich mit einigen Bemerkungen auf die Ausführungen von Herrn Kollegen Apel eingehen möchte. Darum will ich jetzt auch nicht gestört werden. Ich habe ihm lange zugehört und nehme für mich das Recht in Anspruch, jetzt auf Ihre Rede, Herr Dr. Apel, zu reagieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Apel [SPD]: Bringt den Mann nicht aus dem Konzept! Sonst wird er noch langsamer!)

    — So ist das, Herr Apel. Ich weiß, Ihre Fürsorgepflicht nehmen Sie immer sehr ernst. Aber bei mir ist sie nicht angezeigt. Ich kann hier schon selbst fertig werden. Ich brauche weder Ihre Agitation noch Ihre Polemik.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Dr. Apel [SPD]: Das ist auch richtig!)

    Meine Damen und Herren, ich kann von Ihnen natürlich nicht erwarten, daß Sie Ihre Prophezeiungen zurücknehmen. Das wäre wohl zuviel verlangt. Ich möchte aber wenigstens feststellen, daß die von der Koalition gestaltete Politik ganz andere Tatsachen ergeben hat.

    (Zuruf von der SPD: Leider!)

    Das, was Sie gesagt haben, ist schlicht und einfach unwahr.
    Jetzt kommen Sie so ein bißchen geheimnisvoll aus dem Wahlkreis oder woher immer, Herr Kollege Apel, mit anderen Zahlen, die Sie je nach Bedarf in Ihrer Art und Weise — hin und wieder sehr demagogisch — auslegen. Ich möchte damit an Ihr berühmtes Flugblatt erinnern, daß Sie in den letzten Tagen Ihren gesammelten Werken hinzugefügt haben. Sie sprechen in diesem von dem Verhältnis der Steuersenkungen in den verschiedenen Einkommensgruppen zur Steuersenkung des Durchschnittsverdieners, um daraus einen Beweis für soziale Ungerechtigkeit abzuleiten. So habe ich das verstanden. Welche Irreführung! Was ist das für eine oberflächliche Darstellung.
    Sie wissen ganz genau, daß Steuersenkungen bei einzelnen Gruppen zu Steuerbelastungen in eben diesen Gruppen ins Verhältnis gebracht werden müssen, um zuverlässige Zahlen zu bekommen. Das tun Sie
    aber nicht, weil dann ganz andere, für Sie nicht günstige Zahlen herauskommen.

    (Westphal [SPD]: Noch schlimmer!)

    Sie appellieren — das ist Ihre alte Taktik, vielleicht sogar Strategie — mal wieder an den Neid und übersehen, daß Sie mit dieser Methode seit vielen Jahren bei unserer aufgeschlossenen Bevölkerung keinen Erfolg mehr haben.

    (Zuruf von der SPD: Das sehen Sie an den Umfragen!)

    Vielleicht brauchen Sie diese Auftritte, um wieder mehr Boden in Ihrer Partei oder in Ihrem Wahlkreis zu gewinnen, wo Sie ja einiges an Schwierigkeiten hatten.
    Im übrigen, sehr geehrter Herr Apel, haben Sie als Finanzminister andere Rechnungen vorgelegt und vieles vernebelt, was Sie getan und was Sie politisch zu verantworten haben. Gerade weil Sie das nicht gerne hören, sage ich das jetzt hier; denn ich habe Sie schließlich auch anhören müssen.
    Haben Sie z. B. einmal erwähnt, daß die SPD in Ihrer Regierungszeit die Verbrauchsteuern sage und schreibe 17mal erhöht und damit den Bürgern zusätzlich 25 Milliarden DM aus der Tasche gezogen hat? Fast ein Drittel davon entfällt auf Ihre Amtsperiode als Finanzminister. Und Sie wissen: Dies führte dazu, daß die volkswirtschaftliche Steuerquote nach oben ging, also die Belastung von Bürgern und Wirtschaft anwuchs. Und heute stellen Sie sich hier hin und kritisieren eine Steuerreform mit einer Nettoentlastung von 50 Milliarden DM für Wirtschaft und Bürger. Das begreift doch kein Mensch mehr.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Da kann man nur sagen: Welch ein Hohn. Wo sind wir denn hingekommen? Sie wissen auch, lieber Herr Apel, daß in Ihrer Zeit die Bundesausgaben explodierten und die Investitionsquote ganz wesentlich absackte. Auch die Explosion der Schulden mit vielen, vielen Milliarden D-Mark geht auf Ihr Konto.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Man kann schon von einer merkwürdigen Moral reden, wenn Sie sich dann hierherstellen und über Nettoverschuldung sprechen. Ich hätte gar nicht mehr den Mut dazu, so etwas in den Mund zu nehmen.

    (Poß [SPD]: Sie sind doch sonst so mutig!)

    Ausgerechnet Sie ernennen sich dann auch noch zum Vorreiter gegen den von der Bundesregierung vorgelegten Haushalt 1988, den wir trotz unvorhergesehener Belastungen — das können Sie glauben — fest im Griff haben. Wir unterscheiden uns da sehr wesentlich von Ihnen. Auch wir wissen, daß es in einem laufenden Haushalt Risiken gibt. Das war immer so. Das ist gar nichts Neues. Im übrigen darf ich Sie erinnern, daß Sie auf diesem Gebiet mit Ihren zahlreichen Nachtragshaushalten und mit übermäßiger Kredit- bzw. Schuldenaufnahme einige Erfahrungen haben.
    Vielleicht reicht Ihnen das im Augenblick. Sonst könnte ich diesen Beispielen noch einige hinzufügen. Denn wir haben nicht vergessen, Herr Apel, daß die



    Spilker
    Bundesregierung 1969 unter Führung der Sozialdemokraten mit einem Haushaltsvolumen von 82 Milliarden DM anfing, um 1982 mit über 240 Milliarden DM abzutreten. Das ist eine gewaltige Steigerung, die geht in die Hunderte von Prozenten. Ihre jährliche Steigerungsrate betrug 9 %.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Wenn Sie einmal davon ausgehen, daß diese bei uns bei 1,7 To liegt, und wenn Sie für einen Augenblick unterstellen, daß auch Sie mit solchen Steigerungsraten gearbeitet hätten: Mein Gott, hätten wir hervorragende Verhältnisse, um noch viel mehr tun zu können, für alle die Bürger, die wir auf Grund der Situation und der Kassenlage da oder dort vielleicht noch nicht genügend entlasten können.
    Herr Apel, wir haben eine Entlastung um 50 Milliarden DM auf die Beine gestellt. Sie haben die Bürger um 25 Milliarden DM mehr belastet. Wenn das kein Unterschied ist wie Tag und Nacht, dann weiß ich überhaupt nicht mehr, wie ich das kommentieren soll.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Gründe, daß sich die Steigerungsquote 1988 auf 2,4 % erhöhen wird, kennen Sie ganz genau. Hierdurch wird auch eine Nettokreditaufnahme von 29,5 Milliarden DM leider erforderlich. Ich sage: leider. Man hat auch in der Politik zu reagieren, ich sagte eben schon: Es gibt keinen Haushalt ohne Risiken.
    Ich möchte Ihnen hier noch etwas ins Stammbuch schreiben, damit Sie nicht unberührt davonkommen. Früher war es nämlich auch in der Politik üblich — zu Hause ist das ja Norm —, daß man für unvorhergesehene Entwicklungen Reserven hat. Ich darf hier einmal an den früheren Bundesfinanzminister Schäffer erinnern und an den Juliusturm, den Sie dann leider sehr schnell geplündert haben.

    (Lachen bei der SPD)

    Statt dessen — das muß ich anerkennenderweise sagen — haben Sie uns einen Berg hinterlassen. Nur bestand dieser nicht aus Geld, sondern aus Schuldscheinen, eine Erbschaft, die man als Folgeregierung leider nicht ausschlagen kann. Das ist das Schicksal einer jeden Regierung.

    (Glos [CDU/CSU]: Grauenvolle Erbschaft! — Zuruf von der SPD: Die Bundesbankgewinne!)

    — Hören Sie doch auf mit den Zwischenrufen! Tun Sie nicht so, als wenn Sie die Bundesbankgewinne wohltätigen Zwecken zur Verfügung gestellt hätten. Auch die Neue Heimat hat davon nichts bekommen.

    (Poß [SPD]: Airbus! Bundesbankgewinne in den Airbus!)

    Seit einigen Wochen und Monaten, meine Damen und Herren, gibt es Schwierigkeiten — das Wort „Turbulenzen" fiel hier bereits — auf den internationalen Geld- und Kapitalmärkten, auch an den Börsen. Das sind traurige Entwicklungen, denen wir mit großer Sorge begegnen, die wir aber mit Sicherheit nicht wegreden können. Das sind Entwicklungen, denen wir uns zu stellen haben und denen wir uns mit Sicherheit nicht entziehen können. Trotz ihrer Auswirkungen — das sollte man vielleicht ein wenig mehr
    beachten — auf unsere Volkswirtschaft und deren Auswirkungen wiederum auf den Bundeshaushalt können wir einen ausgewogenen Etat vorlegen, zu dem mein Freund Carstens bereits einiges gesagt hat. Dieser Finanzminister hat von Anfang an auf einer soliden und sparsamen Haushaltspolitik bestanden. Das war überhaupt die Geschäftsgrundlage bei Übernahme seines Amtes. Daran hat er sich strikt gehalten, und gottlob ist er nicht auf Vorschläge von Ihnen eingegangen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Es war seine Politik, die in der Fraktion und Koalition realisiert wurde, es war seine Politik, die Freiräume schaffte, durch die u. a. die größte Steuerreform möglich wurde, die wir je in dieser Bundesrepublik hatten. Wir haben gegeben, zurückgegeben, Sie haben genommen. Das ist der Unterschied.

    (Glos [CDU/CSU]: Und Geben ist seliger als Nehmen!)

    Jetzt kommen Sie — Herr Spöri, Sie telefonieren gerade, aber ich will Sie trotzdem stören — und fangen wieder an, von der Umverteilung von unten nach oben zu reden. Das ist die ständige Platte, die langsam schon einige Risse hat. Jetzt will ich Ihnen mal sagen, was ich unter Umverteilung verstehe : Umverteilung war das Zusammenwirken von Inflation, Explosion der Staatsverschuldung, steigender Steuerabgaben und Zinslasten zu Ihrer Regierungszeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Poß [SPD]: Jetzt sinken die Steuern und Abgaben?)

    Sie reden von Umverteilung, wir reden von Entlastung.

    (Sellin [GRÜNE]: Und von Nettoneuverschuldung!)

    — Davon reden Sie, weil Sie „große Erfahrung" auf dem Gebiet haben.

    (Zuruf von der SPD: Die GRÜNEN doch nicht!)

    Durch die Steuerreform 1990, meine verehrten Damen und Herren, sollen unsere Bürger und die Wirtschaft nicht nur massiv entlastet werden. Wir wollen aber auch zur Steuervereinfachung und Steuergerechtigkeit beitragen. Gerechtigkeit, — da gebe ich Ihnen allerdings recht — hat bei uns einen anderen Stellenwert als bei Ihnen. Das hat nichts mit Gleichmacherei zu tun. Gerecht sein heißt Leistung belohnen. Gerecht und sozial sein heißt Steuerbürger entlasten, fühlbar und auf Dauer entlasten. Leistung immer mehr zu belasten oder bei Mehrarbeit sogar noch zu bestrafen ist und bleibt unsozial.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies paßt nicht zu unserer Politik für den Menschen und gehört auch nicht in einen sozialen Rechtsstaat, dem wir von der CDU/CSU uns verbunden fühlen und dem wir alle hier in diesem Hause grundgesetzlich verpflichtet sind.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Roth (Gießen).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Adolf Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Einen finanzpolitischen Kurswechsel wird es nicht geben. Ich glaube, das kann man als Resümee im Schlußteil dieser Haushalts- und Finanzdebatte des heutigen Vormittags jetzt schon ziehen.

    (Zurufe von der SPD)

    Ihr nostalgischer Rückgriff auf die gescheiterten Rezepte von vorgestern war nicht so faszinierend, daß wir von dem Weg, den wir jetzt fünf Jahre mit Erfolg beschritten haben, ausgerechnet Ihnen zuliebe abgingen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wohin sollte uns ein solcher Kurswechsel auch führen? Wir brauchen jetzt nicht den hektischen Aktionismus täglich neuer wenig ausgereifter Vorschläge, sondern wir brauchen mehr Konsequenz in der Durchsetzung dessen, was man als richtige Politik erkannt hat. Dort gibt es immer Schwächen. Aber das konsequent weiterzuführen ist unser eigentlicher Parlamentsauftrag.

    (Dr. Spöri [SPD]: Die Umfragen lauten anders!)

    Meine Damen und Herren Redner der Opposition, die Bürger haben nicht vergessen, welcher finanzpolitische Kurs für diesen verhängnisvollen Marsch in Inflation, Staatsverschuldung, wirtschaftliche Krisen, Arbeitsplatzvernichtung und alles andere verantwortlich gewesen ist.

    (Dr. Spöri [SPD]: Diese alte Platte! Riesige Arbeitsplatzvernichtung und alles!)

    Diese Bürger wissen auch ganz genau, wer nach 1982 die Karre wieder aus dem Dreck gezogen hat — um Ihnen das ganz klar zu sagen. Wir lassen uns auf diesem Erfolgsweg nicht beeinträchtigen. Wir werden ihn auch in den nächsten Jahren fortsetzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Bundesfinanzminister, den Sie heute so heftig attackiert haben, ist am 4. Oktober fünf Jahre im Amt gewesen, länger als jeder seiner sechs sozialdemokratischen Amtsvorgänger. Von denen hat nicht ein einziger eine vergleichbare Regierungsleistung vorzuweisen wie Herr Dr. Stoltenberg.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte unmittelbar an die Adresse des Kollegen Apel, den ich hier nicht mehr sehe, sagen: Man möchte ihm eigentlich wünschen, er hätte als Betroffener von damals bessere Karten in der Hand, denn dann wäre uns manches in der Aufräumarbeit der letzten Jahre leichter gemacht worden.
    Meine Damen und Herren, ich höre noch Ihre hämische Frage von früher: Wo ist denn die Alternative der Opposition? Es gäbe eine solche nicht. Wir haben jetzt in fünf Jahren den Gegenbeweis antreten können, was eine durchdachte und konsequent durchgesetzte Politik vollbringen kann.
    Das wichtigste Startkapital bei einer neuen Phase wirtschaftspolitischer Bewährung ist die wiedergewonnene Handlungsfähigkeit des Staates.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Deshalb steht auch das Etatjahr 1988, nachdem wir jetzt in das sechste Jahr eines kontinuierlichen wirtschaftlichen Aufschwungs eintreten,

    (Poß [SPD]: Besonders kräftig jetzt!)

    unter dem Regime der weiterhin strengen Ausgabenbegrenzung. Bewußt auf zwei Prozent heruntergedrückte Ausgabenzuwachsraten in sechs Haushaltsjahren, dies war das wirkungsvollste Gesundungsprogramm. Nur auf dieser Grundlage konnten wir die dem Wähler versprochene Politik durchsetzen; denn wir haben zwei Dinge angekündigt: Wir wollten wieder Ordnung ins Staatsgeschehen bringen, wir wollten die Staatsfinanzen sanieren und konsolidieren, und wir wollten, wenn gespart wird, daß der Bürger etwas davon hat: Wir wollten nämlich dauerhaft die Steuern senken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf der Abg. Frau Traupe [SPD])

    — Kein Mensch, Frau Kollegin Traupe, hätte Ende 1982 auch nur zu denken gewagt, daß die neue Regierung schon nach fünf Jahren

    (Poß [SPD]: Am Ende ist!)

    in der Lage wäre, die Steuern um 50 Milliarden DM netto zugunsten der Bürger zu senken.
    Meine Damen und Herren, es ist allein diese Form der Selbstbeschränkung des Staates, die Kontinuität einer disziplinierten Finanzpolitik, die Handlungsspielräume für beides geschaffen hat: für Konsolidierung und für Steuersenkung.
    Wer hat sich denn wirklich einmal klargemacht, daß unser Bruttosozialprodukt seit 1982 um ein volles Drittel, um 500 Milliarden DM, gewachsen ist? Das sind bis 1988 rund 33%. In diesem Zeitraum sind aber die Ausgaben des Bundes nur um 12,4 % gestiegen. Dahinter verbergen sich doch keine Scharlatanerie und auch keine sinnlosen Sparziele, dahinter verbirgt sich der Grundstock für weniger Schulden und für sinkende Steuerbelastung.
    Der Haushalt 1988 — das ist mehrfach angeklungen — bleibt mit seiner moderaten Zuwachsrate von 2,4 merklich unter dem geschätzten Zuwachs des Bruttosozialprodukts. Trotz des Aderlasses auf der Steuereinnahmenseite wird der beschlossene Ausgabenzuwachs keine Finanzierungslöcher aufreißen. Das Finanzgefüge bleibt auch nach der zweiten Steuersenkungsstufe intakt, die bekanntlich den Staat auf der Einnahmenseite ein erhebliches Opfer kosten wird. Wir werden die Kreditaufnahme unter 30 Milliarden DM eingrenzen können.
    Man kann sich jeden Bundeshaushalt, jeden öffentlichen Haushalt, schöner vorstellen, als er in Wahrheit ist; aber das, was wir in 200 Beratungsstunden als Zahlenwerk erarbeitet haben, ist solide und ist Ausdruck unserer ehrgeizigen finanzpolitischen Linie.
    Unsere Ausgabendisziplin hat in vielen Fällen — das möchte ich anerkennend sagen — ja auch die konstruktive Unterstützung der SPD gefunden. Meine



    Roth (Gießen)

    Damen und Herren, was ich nicht verstehen kann, ist Ihre fundamentale Kritik an der Kreditaufnahme. Zunächst einmal muß wiederholt werden, daß es ohne die Zinsverpflichtungen auf die Schulden Ihrer Regierungsjahre für die neue Bundesregierung nie notwendig gewesen wäre, auch nur einen Pfennig Kredit aufzunehmen. Im nächsten Jahr werden die Zinsausgaben um volle 6 Milliarden DM höher liegen als die geplante Kreditaufnahme. Die Kreditaufnahme wird auf Dauer mit dem Kapitel „Bewältigung der sozialdemokratischen Vergangenheit" verbunden sein.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Deshalb : Wenn schon die Kreditaufnahme nicht mehr verfügbar ist für operative Regierungspolitik, weil man in früheren gesunden Jahren die Erfordernisse einer vernünftigen Finanzpolitik mißachtet hat, dann sollten Sie heute diese Kritik nicht erheben.
    Das ist aber nur die eine Seite. Die andere Seite ist eine Rückblende auf das Ende Ihrer Regierungszeit, auf das Jahr 1982. Damals hatten Sie, Frau Kollegin Matthäus-Maier, 37 Milliarden DM neue Schulden.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Aber wir haben Subventionen gezahlt!)

    — Was Sie neu gemacht haben, das will ich Ihnen sagen. Sie haben damals aus aktuellen Steuererhöhungen — auf Benzin, auf Tabak, auf Diesel, auf Schaumwein, auf Branntwein — im Haushalt 1982 5 Milliarden DM beim Bürger abkassiert.

    (Dr. Apel [SPD]: Keine Aufregung!)

    Sie hatten einen Bundesbankgewinn, der um 4,5 Milliarden DM höher gewesen ist, nämlich 10,5 Milliarden DM, als er jetzt eingestellt wird.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Nein, in 13 Jahren 13 Milliarden!)

    Von Steuersenkungen war damals überhaupt keine Spur, und da setzen Sie sich heute auf das hohe Roß der Kritik und meinen, Sie könnten uns etwas vorhalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Abg. Frau Matthäus-Maier [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Nein, ich lasse keine Frage zu. — Dennoch sind Sie mit Ihrer Politik gescheitert.
    Meine Damen und Herren, 1988 sieht das Zahlenbild nun wirklich anders aus. Wir verkraften 11 Milliarden DM Mindereinnahmen aus den beiden Stufen der Steuersenkungspolitik. Wir haben den niedrigeren Gewinn der Bundesbank. Wir verzichten auf der Einnahmenseite im Steuerkapitel auf 689 Millionen DM in Gestalt höherer Bundesergänzungszuweisungen an die Bundesländer.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Die Nachteile hat NRW!)

    Meine Damen und Herren, trotzdem ist der Anteil der Kreditaufnahme am Gesamthaushalt in diesem Haushaltsjahr 1988 mit gut 10 % ein volles Drittel niedriger als Ihr damaliger Kreditanteil beim Haushalt 1982. Wenn Sie diesen Fortschritt bestreiten, bestreite ich die Fairneß in Ihrer Argumentation.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir werden 1988 die gesamtwirtschaftliche Steuerquote auf den neuen Tiefstand von 22,7 % gedrückt haben, auch dies Ausweis der erfolgreichen Steuersenkungspolitik zugunsten der Bürger, wo wir auf hohe Milliardenbeträge verzichtet haben.
    Wir können aber allen Haushaltsverpflichtungen gerecht werden. Sie sind vernünftig abgedeckt. Alle Haushalte stehen selbstverständlich unter Vorbehalt. Sie sind nicht frei von Risiken. Das wird auch die SPD anerkennen müssen, die allein vor 1982 fünf Nachtragshaushalte nötig hatte. Natürlich sind in einem Zahlenwerk von 275 Milliarden DM Unwägbarkeiten enthalten. Auch 1988 werden wir im Haushaltsausschuß der Leistung überplanmäßiger und außerplanmäßiger Ausgaben in begründeten Einzelfällen zustimmen müssen. Damit bestätigen wir ja gerade, daß es solche Ausgaben gibt, die nicht vorhersehbar, allerdings unabweisbar sind. Einzelfallentscheidungen dieser Art, Herr Esters, rechtfertigen doch nicht, daß Sie schon heute die Solidität des Gesamtwerks in Frage stellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    So wie der Haushalt jetzt in zweiter und dritter Lesung verabschiedet wird, berücksichtigt er alle rechtlichen und sonstigen Verpflichtungen, die an ihn gestellt sind. Spekulative Positionen haben im Haushalt nichts zu suchen!
    Im Verlauf der Haushaltsberatungen hat es erhebliche Veränderungen gegeben. 2,5 Milliarden DM zusätzliche Anforderungen mußten abgedeckt werden. Die Stichworte sind bekannt: Rentenversicherung, Kriegsopferversorgung, Arbeitslosenhilfe, Erziehungsgeld, Stiftung Mutter und Kind, Begrüßungsgeld für DDR-Besucher, Städtebauförderung, Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Alles haben wir abgedeckt und aufgefangen.
    Aber wir mußten, wenn wir den Gesamtrahmen, den wir uns vorgenommen hatten, nicht überschreiten wollten, auch entsprechende Eingriffe machen. Es war unumgänglich, bei den sächlichen Verwaltungsausgaben 3 % einzusparen. Das sind 340 Millionen DM. Wir mußten eine globale Minderausgabe von 400 Millionen DM einstellen. Und wir mußten einen Eingriff in den Stellenbestand mit 1 To vornehmen.
    Mit alledem wächst natürlich die Anforderung an den staatlichen Sektor, seine für unser Gemeinwesen wichtige Dienstleistungsfunktion in Zukunft noch rationeller und effizienter zu erbringen. Kreativität und Anpassungsbereitschaft, Umstellungen und Verbesserungen sind unausweichlich. Auf keinen Fall aber — darauf lege ich Wert — dürfen in unseren Ministerien und Dienststellen dann die Belastungen solcher Eingriffe gedankenlos nach unten abgewälzt werden. Da sollten wir uns auch als Haushaltsgesetzgeber verantwortlich fühlen.
    Alles in allem: Wir haben die Kontrolle über die Haushaltsausgaben — das ist der wichtigste parlamentarische Auftrag — zu keinem Zeitpunkt verloren; und das wird auch 1988 der Fall sein. Wir werden die finanzpolitische Linie hin zu besseren Rahmenbedingungen und zur weiteren Stärkung der Binnennachfrage auch in der neuen Phase der wirtschaftlichen Herausforderungen durchhalten. Es muß alles



    Roth (Gießen)

    getan werden, damit es nicht zu einem — befürchteten — Export deutscher Arbeitsplätze kommt. Der Industriestandort Bundesrepublik steht im internationalen Wettbewerb der Kosten und der Steuersysteme. Deshalb müssen wir alles tun, damit die Bundesrepublik für deutsches wie für ausländisches Investitionskapital attraktiv bleibt und daß wir einer Veränderungsscheu in Teilen unserer Gesellschaft auch politisch entgegenwirken.
    Mit Recht wird von vielen die ordnungspolitische Erneuerung im Sinn von Marktöffnung und mehr Flexibilität und Hinführung zu eigenverantwortlichem Handeln eingeklagt. Wir tragen dem durch das Signal der Privatisierung von Bundesvermögen Rechnung. Auch im nächsten Jahr wollen wir konsequent industriellen Beteiligungsbesitz abgeben:

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    bei VW, bei der VIAG, bei der DSL-Bank und bei der Deutschen Pfandbriefanstalt.

    (Dr. Spöri [SPD]: Tolle Leistung!)

    — Privatisierung, Herr Spöri, ist Ordnungspolitik und keine Fiskalpolitik.

    (Dr. Apel [SPD]: Aber natürlich ist es Fiskalpolitik! Ich bitte Sie!)

    Das war von Anfang an so. Wir werden auch damit unseren Beitrag zur Revitalisierung der Sozialen Marktwirtschaft in der Bundesrepublik leisten. Wir brauchen mehr rentable Arbeitsplätze.

    (Dr. Spöri [SPD]: Sehr wahr! Durch Privatisierung: Arbeitsplätze!)

    Da müssen wir Marktanreize schaffen, die investitionsbereites Kapital auch in produktive Verwendungsrichtungen in unseren Binnenmarkt hineinlenken. Dies müssen wir fördern. Das ist die Politik des Finanzministers, der unser volles Vertrauen genießt. Staatsausgaben, wie von Ihnen heute massiv verlangt,

    (Dr. Spöri [SPD]: Lesen Sie mal bei Franke nach, Ihrem Parteifreund Franke!)

    die den Kapitalmarkt absaugen und Verbrauchern wie Investoren die Mittel entziehen, führen nicht zu höherer Beschäftigung. Deshalb lehnen wir diese Kurskorrektur ab.
    Wir bleiben bei unserer Haushaltslinie, die in ihrem bewährten Rahmen auch 1988 Erfolg bringen wird.

    (Dr. Spöri [SPD]: Weiter so! Abwärts so!)

    Deshalb stimmen wir den hier beratenen Einzelplänen ausdrücklich zu.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)