Rede:
ID1104117800

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Hoppe.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/41 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 41. Sitzung Bonn, Dienstag, den 24. November 1987 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 11/1051, 11/1081) 2689B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 11/1052, 11/1081) 2689B Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 11/1053, 11/1081) 2689 C Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 11/1054, 11/1081) Dr. Vogel SPD 2689 D Seiters CDU/CSU 2699 C Frau Rust GRÜNE 2709B Dr. Bangemann FDP 2712D Dr. Kohl, Bundeskanzler 2720 B Koschnick SPD 2729 D Austermann CDU/CSU 2732 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 2735 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 2739 C Frau Simonis SPD 2741B Vizepräsident Westphal 2740 D Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksachen 11/1055, 11/1081) Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 2742 B Dr. Rose CDU/CSU 2745 A Voigt (Frankfurt) SPD 2747 B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2750 D Stobbe SPD 2753 D Genscher, Bundesminister AA 2756 C Rühe CDU/CSU 2760 D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksachen 11/1064, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache 11/1076) Walther SPD 2764B, 2774A, 2781C Dr. Friedmann CDU/CSU 2766 D Frau Schilling GRÜNE 2768 D Frau Seiler-Albring FDP 2771B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. November 1987 Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 2774B Jungmann SPD 2778 D Müller (Wadern) CDU/CSU 2780 D Frau Beer GRÜNE 2381 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 11/1069, 11/1081) Esters SPD 2783 B Borchert CDU/CSU 2785 B Volmer GRÜNE 2786 D Frau Folz-Steinacker FDP 2789 A Klein, Bundesminister BMZ 2790 A Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen (Drucksachen 11/1071 11/1081) Hiller (Lübeck) SPD 2791 D Dr. h. c. Lorenz CDU/CSU 2793 B Frau Hensel GRÜNE 2796 B Hoppe FDP 2798 B Sielaff SPD 2799 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 2801D Nächste Sitzung 2803 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2804* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. November 1987 41. Sitzung Bonn, den 24. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Adam-Schwaetzer 24. 11. Dr. Ahrens * 27. 11. Antretter * 24. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Haack 27. 11. Haar 24. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Höffkes 24. 11. Hörster 26. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ibrügger 24. 11. Kiechle 25. 11. Klose 27. 11. Kreuzeder 27. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 24. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 24. 11. Oesinghaus 24. 11. Paintner 27. 11. Paterna 24. 11. Petersen 27. 11. Reddemann * 26. 11. Reimann 24. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schmidbauer 26. 11. von Schmude 24. 11. Dr. Schöfberger 24. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karitas Dagmar Hensel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben soeben von Herrn Dr. Lorenz gehört, daß das Ziel eines alten Nationalstaats sicher überholt sei. Aber dann haben wir sehr wenig davon gehört, wie denn die Perspektiven der Unionsparteien dazu aussehen. Er selber hat in seinen Worten vorher den Beweis dafür geliefert, daß es, wenn wir heute über den Einzelplan 27 debattieren, im strengen Sinn nur ganz wenig mit den deutsch-deutschen Beziehungen und ihrer politischen Rolle in Europa zu tun hat. Es hat auch wenig mit einer operativen Politik gegenüber der DDR zu tun.
    Wie wir alle wissen, hat das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen so gut wie gar keine entsprechenden Kompetenzen in diesem Sinne, sondern es hat im wesentlichen die Aufgabe, als Ideologiebehörde der Bundesregierung die innenpolitische Legitimation für ein Fossil namens Wiedervereinigung und Nationalstaat aufrechtzuerhalten.

    (Schulze [Berlin] [CDU/CSU]: Überlegen Sie, was Sie sagen! — Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Sagen Sie den Unsinn doch noch mal, damit es jeder versteht! — Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Es wäre wert, daß Sie wiederholen, daß es ein Unsinn sei, an die Wiedervereinigung zu glauben!)

    Dies ergibt sich nicht nur aus der Tatsache, daß die
    operative und konzeptionelle deutsch-deutsche Politik durch das Bundeskanzleramt bzw. das Auswärtige
    Amt wahrgenommen und gestaltet wird, wie sich bei jedem bedeutenden politischen Ereignis zeigt, zuletzt beim Besuch von Erich Honecker. Wer hat den denn vorbereitet? Doch nicht das Ministerium für innerdeutsche Beziehungen.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Die GRÜNEN auch nicht!)

    Schon vor diesem Hintergrund dürfte einleuchten, daß meine Fraktion an der Forderung nach Auflösung des innerdeutschen Ministeriums und der Überführung der vorhandenen Sachkompetenzen und Abteilungen in die entsprechenden Ministerien festhält.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ein Blick in die Struktur des Einzelplans 27 genügt, um festzustellen, daß eine Regierung, die es mit Semantik und Namensklarheit genau nähme, dieses Ministerium umbenennen müßte, z. B. in „Ministerium zur Förderung der Vertriebenenverbände" oder so ähnlich.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Dummes Zeug ist das!)

    Das zeigen vor allem die Etatansätze 685 02 und die unter Titelgruppe 03. Denn hier sind die größten prozentualen Steigerungsraten in der Mittelzuweisung zu finden.

    (Bindig [SPD]: Richtig!)

    Dabei stehen die Flüchtlings- und Vertriebenenverbände mit einzigartigen 12 % Steigerung einsam an der Spitze.

    (Schulze [Berlin] [CDU/CSU]: Man muß die Ausgangslage sehen, die Sie und Ihre Vorgänger geschaffen haben!)

    Das ist eine Tendenz, die 1983 mit 2,5 Millionen DM begann und heute bei 4,1 Millionen DM angekommen ist.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Rechnen können die GRÜNEN nicht, auch wenn sie Lehrerinnen sind!)

    Bemerkenswert daran ist, daß diese Mittel nur an einen sehr kleinen Kreis von Verbandsfunktionären ausgeschüttet werden, die immer noch für ein Deutschland in den Grenzen von 1937 Politik machen,

    (Schulze [Berlin] [CDU/CSU]: Sicher, das ist ja auch richtig!)

    und auch, daß 68 % des Etatansatzes der institutionalisierten Förderung, also der Aufrechterhaltung, von Apparaten dienen. Dabei können sich die so geförderten Vertriebenenfunktionäre noch nicht einmal als Repräsentanten der Vertriebenen legitimieren,

    (Sielaff [SPD]: Das ist richtig!)

    da die Mehrzahl dieser Gruppe nicht oder zumindest nicht meinungsbildend in den entsprechenden Organisationen tätig ist. Hier wird in unmoralischer Weise eine Klientel der Unionsparteien an den Tropf von Staatsgeldern gehängt.

    (Schulze [Berlin] [CDU/CSU]: Eine unglaubliche Formulierung, die Sie da finden!)




    Frau Hensel
    Für eine auf Entspannung und Verständigung in Europa zielende Politik sollte es sich verbieten,

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Die GRÜNEN müßten verboten werden!)

    in derartiger Form eine Kleinstschar Unverbesserlicher politisch und materiell zu unterstützen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Sie meinen die Linksradikalen!)

    Meine Damen und Herren, bei der Vorstellung Ihres Etatansatzes haben Sie, Frau Wilms, hervorgehoben, daß Sie sich besonders um die politische Bildungsarbeit kümmern wollen. Dementsprechend steigen auch die Ansätze in der Titelgruppe 03. Im „Deutschlandarchiv" vom September ist dankenswerterweise nachzulesen, wie Sie sich, Frau Wilms, die Bildungsförderung vorstellen. Was die Ministerin da entwikkelt, läuft auf ein simples Strickmuster hinaus: Hier die Bundesrepublik, liebenswert und fehlerfrei, die eine vaterländisch gesonnene Jugend untertänigst zu schätzen weiß, weil sie, die Jugend, sozusagen als monströses Kontrastprogramm im Osten sieht, daß ein Weg, nämlich in der DDR, zu Elend und Unterdrückung führt. Anders ausgedrückt: Kritik an den hiesigen Verhältnissen ist nur statthaft mit Blick auf die DDR, weil dort nämlich alles noch viel schlimmer ist. Das Ungenügende der hiesigen Verhältnisse soll als Bagatelle erscheinen gegenüber den Verhältnissen im anderen Deutschland. Dies ist kein Ausrutscher von Ihnen, Frau Wilms, sondern das hat System.
    Das zeigt sich auch in der ideologiegeprägten Haltung im Teil A der Materialien zur Lage der Nation, der im ökonomischen Bereich ein ebenso irreführendes Bild der Realitäten aufzeigt, wie Sie es, Frau Wilms, im Bildungsbereich beabsichtigen. Das ganze könnte als ein etwas zu schlicht geratener Ansatz abgetan werden, stünden nicht wirtschaftliche und machtpolitische Interessen dahinter. Daraus kann sehr schnell wieder ein Rahmen werden, in dem wie in den 50er und 60er Jahren in obrigkeitsstaatlicher Manier jeder Kritiker bundesdeutscher Verhältnisse als totalitärer Freiheitsfeind oder Kommunist

    (Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Endlich kommen wir zum Thema!)

    verunglimpft oder ausgegrenzt wird. Sie erinnern sich bestimmt daran, daß auch heute noch der platte Satz diesen Kritikern häufig an den Kopf geworden wird: So geh doch rüber! — erinnern Sie sich bitte — zum Schaden von Toleranz und demokratischer Meinungsvielf alt.
    Nun weisen Sie, Frau Wilms, auch noch darauf hin, daß die Erziehung zu einem überzeugten Demokraten für die Sicherung des Staatswesen allein nicht ausreichend ist. Hier sei die Förderung eines gesunden, gesamtdeutschen Nationalbewußtseins durch verstärkte deutschlandpolitische Bildung notwendig. Zum Beleg weisen Sie auf die erheblich gestiegenen Jugend-, Schüler- und Studentenfahrten nach Berlin (West), an die Grenze zur DDR und in die DDR hinein sowie auf die gestiegene Nachfrage der geförderten Bildungs- und Informationsveranstaltungen hin.
    Ob Sie selber an diese Interpretation glauben, vermag ich nicht zu beurteilen. Auf jeden Fall aber sind diese Erscheinungen weniger ideologisch begründet, als dies allenthalben behauptet wird. In der Mehrzahl der Fälle entscheiden sich Gruppen für entsprechende Fahrten und Seminare, weil sie im Gegensatz zu anderen Bildungsangeboten gut bezuschußt werden. Die Veranstaltungen locken mit Brötchen und Getränken, und die Fahrten sind einfach billiger als andere. Wenn Sie, Frau Wilms, das nicht glauben, dann fragen Sie doch die CDU-Referenten nach ihren Eindrücken und Erfahrungen.
    Ich denke aber, Sie wollen einfach nicht sehen, daß die überwiegende Mehrzahl nicht nur der jüngeren Bundesbürger und -bürgerinnen mit Vaterlandsduseleien und gesamtdeutschen Nationalismen wenig am Hut haben. Die Untersuchungen von Ronge über die Aufnahme von DDR-Übersiedlern in der Bundesrepublik bestätigen dies übrigens in aller Deutlichkeit. Die Motive für die Anteilnahme bei der bundesdeutschen Bevölkerung sind eben nicht national, sie sind humanitär geleitet. Das ist das Wichtige. Warum sehen Sie in der Entwicklung keinen Fortschritt, keine Chance für eine postnationale, multikulturelle europäische Entwicklung?

    (Zurufe von der CDU/CSU: Oh! Noch einmal! — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Erklären Sie das einmal! Das brauchen wir zum Mitschreiben!)

    Warum wollen Sie zurück zu Bewußtseins- und Politikformen des 19. Jahrhunderts? Wir GRÜNEN treten für einen politischen Paradigmawechsel in der Deutschlandpolitik ein.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Was ist das denn? — Dr. Hennig [CDU/CSU]: Sie sollten Ihren Assistenten wechseln! — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Der Usus der Fremdwörter muß auf ein Minimum reduziert werden!)

    Ich muß mich etwas kürzer fassen. — Sie werden verstehen, daß wir aus den vorgenannten Gründen dem Haushaltsansatz, der sich im wesentlichen auf eine verquere Bildungs- und Propagandaarbeit beschränkt und im geschilderten Kontext zu sehen ist, nicht zustimmen können.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Lesen Sie nur die Fremdwörter vor!)

    — Dann würden Sie es vielleicht nicht verstehen.
    Aber trotz oder gerade wegen dieser Kritik bemüht sich unsere Fraktion auch weiterhin, Bewegung in die festgefahrenen Verhältnisse zu bringen. Schon im März 1986 haben DIE GRÜNEN in einem Grundsatzpapier in bezug auf die deutsch-deutschen Beziehungen einen Dialogbegriff entwickelt, der verständnisorientiert einen uneingeschränkten Dialog zwischen den Staaten und den Gesellschaften fordert.
    Es ist an der Zeit — ich komme jetzt langsam zum Schluß —

    (Zurufe von der CDU/CSU: Sehr gut! — Sehr schade, wir hätten Sie noch so gerne gehört!)




    Frau Hensel
    — vielleicht hören Sie noch auf das Schlußwort —, den Versuch zu unternehmen, all diese politischen Initiativen fruchtbar zu bündeln. Es ist nicht vorstellbar, z. B. zu einem interfraktionellen Arbeitspapier zu kommen. Die Herren von der CDU waren in der DDR und haben den Dialog gesucht

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Die CSU auch!)

    — die CSU auch —, die SPD hat ein SED-SPD-Grundsatzpapier vorgelegt. Ist es nicht an der Zeit, und ist es nicht vorstellbar, zu einem interfraktionellen Arbeitspapier und vielleicht auch zu einem gemeinsamen Entschließungsantrag zu kommen, der Formen und Inhalte eines zwischenstaatlichen und zwischengesellschaftlichen Dialogs einer politischen Streitkultur darlegt. Ich möchte diesen Vorschlag hier ganz ernsthaft zur Diskussion stellen, weil ich es bedauerlich fände, wenn die positiven Impulse der jüngsten Zeit, vor allen Dingen das SED-SPD-Papier, in einer jeweils bilateralen Exklusivität endeten.
    Deshalb sind DIE GRÜNEN der Auffassung, daß eine derartige interfraktionelle Initiative ein konstruktiver und beispielhafter Beitrag für eine europäische Begegnungskultur auf allen Ebenen sein kann.
    Ich danke sehr fürs Zuhören.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Hoppe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Günter Hoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für Nachtgedanken zur Deutschlandpolitik ist es eigentlich noch zu früh, für Tagträume nie zu spät. Aber die Realität gibt uns die Aufgabe vor, und das heißt, die bedrückende Teilung zu mildern.
    Unsere Politik — ich hoffe, die gemeinsame Politik aller Parteien — will Wunden schließen, die Wunden der Trennung. Der Preis, den wir für menschliche Erleichterungen zahlen, ist kein Beitrag zur Stabilisierung der DDR, und schon gar kein Beitrag zur Stabilisierung der SED. Wir zahlen ihn gewissermaßen als Liebhaberpreis für die Einheit der Nation.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wir wissen, Deutschlandpolitik ist eingebettet in die West-Ost-Beziehungen. Im Bewußtsein dieses Rahmens kann es für uns keinen Alleingang oder einen deutsch-deutschen Sonderweg geben. Ziel unserer Deutschlandpolitik muß bleiben, eine europäische Friedensordnung zu gestalten, in der das deutsche Volk seine Einheit und Freiheit in voller Übereinstimmung mit seinen Nachbarn in West und Ost vollenden kann.
    Mit unseren amerikanischen Freunden teilen wir die feste Überzeugung, daß die Verwirklichung der Menschenrechte und die Überwindung der unnatürlichen Teilung Deutschlands und Europas in einem engen Zusammenhang stehen.
    Wir schulden dem Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten Dank für seine Resolution vom 17. November 1987, mit der es gegenüber der Führung der DDR entschlossen für eine Aufhebung des Schießbefehls und die Beseitigung der Berliner Mauer eingetreten ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das Repräsentantenhaus hat hiermit einen wichtigen Anstoß für eine Verbesserung der Menschenrechtslage der Deutschen in der DDR und für weitere Fortschritte im KSZE-Prozeß gegeben.
    Meine Damen und Herren, ob und in welchem Umfang die neue Politik Gorbatschows sowie die positiven Schritte der beiden Großmächte im Abrüstungsbereich tatsächlich neue Perspektiven in der Deutschlandpolitik eröffnen, bleibt abzuwarten. Die Chancen — wenn sie sich ergeben — sind von uns zu nutzen, aber ich warne vor Illusionen.
    Nach Auffassung des ersten stellvertretenden Leiters der internationalen Abteilung des Zentralkomitees der sowjetischen Kommunisten, des Herrn Sagladin, untergräbt die westliche Gesellschaftsordnung die Grundfesten der normalen Existenz der Menschheit. Darin liege die Bestätigung dafür, daß diese Gesellschaft die historische Rechtfertigung ihrer Existenz beinahe schon erschöpft habe. So Ende Oktober im Organ der Sozialistischen Einheitspartei „Die Wahrheit". Solche unheilschwangeren Orakel passen eigentlich so gar nicht zu den Schalmeienklängen von Glasnost und Perestroika, die ja nach ihrer Ankündigung nicht nur innen-, sondern auch außenpolitisch gedacht sind. Sie stehen allerdings in bedenklichem Einklang mit den Ausführungen Kurt Hagers im „Neuen Deutschland" etwa zur gleichen Zeit.
    Dennoch sollten wir uns durch solche Töne nicht daran hindern lassen, die Politik des neuen Denkens auf ihre Glaubwürdigkeit hin zu testen; aber wir dürfen auch nicht blauäugig darüber hinwegsehen, daß das von Gorbatschow verkündete Aktionsprogramm natürlich in erster Linie ein groß angelegter Versuch ist, durch eine Effizienzsteigerung der sowjetischen Wirtschaft das kommunistische System lebensfähig zu machen und das Monopol der Partei über das Leben in der Sowjetunion unverrückbar zu erhalten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, weniger Wodka und mehr Technologie ist noch nicht die Gleichung für Demokratie,

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: So muß man das sehen!)

    und diejenigen, die plötzlich krampfhaft nach vermeintlichen Gemeinsamkeiten suchen, sollten dies nicht übersehen. Die Sowjetunion könnte ja gerade in Berlin beweisen, daß ihr an wirklicher Entspannung gelegen ist. Statt dessen streut sie mit Querschüssen gegen die Beteiligung Berliner Abgeordneter am Besuch des Auswärtigen Ausschusses in Moskau Sand in das Getriebe unserer Beziehungen. Sowjetunion und DDR müssen wissen, daß es keine Entspannungspolitik um Berlin herum geben wird, und die DDR kann ihre Bereitschaft zu einem neuen Herangehen an die West-Ost-Beziehungen glaubwürdig untermauern, wenn sie die Altlasten beseitigen würde.
    Ich habe immer wieder deutlich gemacht, daß die Absenkung des Mindestumtauschs und die Einbezie-



    Hoppe
    hung Berlins in die erweiterte Besuchsregelung gerade für Berlin eine essentielle humanitäre und soziale Frage ist.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Immer noch wartet der jetzige Bundestagspräsident Dr. Jenninger auf die Verwirklichung der ihm noch als Staatsminister im Kanzleramt gegebenen Zusage, auch die Berliner in die erweiterte Besuchsregelung einzubeziehen.

    (Zuruf von der SPD: Sehr gut, daß Sie das sagen!)

    Meine Damen und Herren, der Antrag der SPD zur Zukunft Berlins zwischen Ost und West kommt deshalb, wie mir scheint, gerade im richtigen Zeitpunkt. Wenn auch einige der dort aufgezeigten Ziele zunächst noch illusionär erscheinen mögen, so knüpft er mit anderen doch an sehr konkrete Vorhaben unserer Politik an, bei denen wir wieder zur Gemeinsamkeit in der Deutschlandpolitik zurückfinden könnten.

    (Jungmann [SPD]: Sehr schön!)

    Die Erhaltung des Konsenses zwischen den Parteien ist gerade in Berlin-Fragen ein vitales Element unserer Außen- und Deutschlandpolitik, und Chancen für Gemeinsamkeit gibt es für die Pläne zur Verbesserung der Verkehrswege nach Berlin; denn im innerdeutschen Ausschuß ist damals ein weitgehend übereinstimmender Beschluß gefaßt worden, der jetzt auch seinen Niederschlag in Kommuniqué des Honecker-Besuchs gefunden hat. Und ebenso zeichnet sich zum Antrag „Gemischte Wirtschaftskommission" im innerdeutschen Ausschuß Übereinstimmung darüber ab, daß diese Kommission, wenn es sie dann geben soll, auch in Berlin tagen muß und die Rolle Berlins durch die Einrichtung nicht geschmälert werden darf.

    (Wartenberg [Berlin] [SPD]: Das ist Ihnen aber ein bißchen spät eingefallen!)

    Überhaupt sollten wir das bevorstehende neue Jahr dazu nutzen, darüber nachzudenken, wie wir wieder zu mehr Gemeinsamkeit zurückfinden können, wie sie in der gemeinsamen Entschließung von CDU/ CSU, SPD und FDP vom Februar 1984 Ausdruck gefunden hat. Die Aussichten dafür sind ja dann wohl auch gar nicht so schlecht, insbesondere dann nicht, wenn die SPD es wagen würde, ein wenig Rückbesinnung zu betreiben.
    Meine Damen und Herren, wir brauchen miteinander ein operatives Konzept unserer Deutschlandpolitik. Operatives Konzept bedeutet, daß wir eigene konkrete Vorstellungen für unsere mittelfristige Politik entwickeln. Selbst agieren statt reagieren, nicht allen Anstößen der DDR sofort nacheilen, sondern eigene Anstöße geben, das muß die Losung unserer Politik sein.
    Denn wenn wir nicht in der Lage sind, uns aus unserer politischen Defensivhaltung zu lösen, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn eines Tages das Wort des angesehenen früheren Regierungssprechers von Hase auch auf uns Anwendung findet:
    Schlimm, wenn gute Politik schlecht verkauft wird, aber gefährlich, wenn schlechte Politik gut verkauft wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)