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ID1104114900

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    Plenarprotokoll 11/41 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 41. Sitzung Bonn, Dienstag, den 24. November 1987 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 11/1051, 11/1081) 2689B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 11/1052, 11/1081) 2689B Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 11/1053, 11/1081) 2689 C Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 11/1054, 11/1081) Dr. Vogel SPD 2689 D Seiters CDU/CSU 2699 C Frau Rust GRÜNE 2709B Dr. Bangemann FDP 2712D Dr. Kohl, Bundeskanzler 2720 B Koschnick SPD 2729 D Austermann CDU/CSU 2732 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 2735 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 2739 C Frau Simonis SPD 2741B Vizepräsident Westphal 2740 D Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksachen 11/1055, 11/1081) Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 2742 B Dr. Rose CDU/CSU 2745 A Voigt (Frankfurt) SPD 2747 B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2750 D Stobbe SPD 2753 D Genscher, Bundesminister AA 2756 C Rühe CDU/CSU 2760 D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksachen 11/1064, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache 11/1076) Walther SPD 2764B, 2774A, 2781C Dr. Friedmann CDU/CSU 2766 D Frau Schilling GRÜNE 2768 D Frau Seiler-Albring FDP 2771B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. November 1987 Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 2774B Jungmann SPD 2778 D Müller (Wadern) CDU/CSU 2780 D Frau Beer GRÜNE 2381 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 11/1069, 11/1081) Esters SPD 2783 B Borchert CDU/CSU 2785 B Volmer GRÜNE 2786 D Frau Folz-Steinacker FDP 2789 A Klein, Bundesminister BMZ 2790 A Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen (Drucksachen 11/1071 11/1081) Hiller (Lübeck) SPD 2791 D Dr. h. c. Lorenz CDU/CSU 2793 B Frau Hensel GRÜNE 2796 B Hoppe FDP 2798 B Sielaff SPD 2799 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 2801D Nächste Sitzung 2803 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2804* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. November 1987 41. Sitzung Bonn, den 24. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Adam-Schwaetzer 24. 11. Dr. Ahrens * 27. 11. Antretter * 24. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Haack 27. 11. Haar 24. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Höffkes 24. 11. Hörster 26. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ibrügger 24. 11. Kiechle 25. 11. Klose 27. 11. Kreuzeder 27. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 24. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 24. 11. Oesinghaus 24. 11. Paintner 27. 11. Paterna 24. 11. Petersen 27. 11. Reddemann * 26. 11. Reimann 24. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schmidbauer 26. 11. von Schmude 24. 11. Dr. Schöfberger 24. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11.
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    Rede von Helmut Esters


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten in diesem Jahr den Einzelplan 23 unter dem frischen Eindruck einer Afrika-Reise. Wir halten es für gut, daß sich in der letzten Woche der Bundeskanzler persönlich ein Bild davon gemacht hat, wofür dieser Haushalt benötigt wird. Es kann der Regierung nur nutzen, wenn ihre Entwicklungspolitik von möglichst viel Sachverstand und Zustimmung bei uns und in den Ländern der Dritten Welt getragen wird.
    Wenn es denn aber inzwischen Allgemeingut geworden ist, daß wir die afrikanischen und alle anderen Entwicklungsländer trotz ihrer zahlreichen Krisen nicht einfach abschreiben können, müssen wir vom Bundeskanzler auch erwarten, daß er seine Richtlinienkompetenz zukünftig zu einer deutlichen Erhöhung des Etats für die wirtschaftliche Zusammenarbeit nutzt.

    (Beifall bei der SPD)

    Das derzeitige Ergebnis kann niemanden zufrieden-
    stellen, obwohl ich anerkennen will, daß bei den Beratungen im Haushaltsausschuß noch einige Korrekturen zum Besseren hin erfolgen konnten.
    Trotzdem wird der Einzelplan 23 in 1988 mit 6 848 000 000 DM erstmals hinter dem bereinigten Ansatz des Vorjahres zurückbleiben. Nach Jahren der Stagnation sinkt nun der Plafond sogar um 0,52 %.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Es kann also keine Rede mehr davon sein, daß der Einzelplan 23 eine höhere Steigerungsrate aufweist als der Gesamthaushalt; ganz im Gegenteil. Das ist mehr als enttäuschend, und eine Besserung ist nicht in Sicht.

    (Dr. Struck [SPD]: Leider!)

    Denn nach der korrigierten Finanzplanung soll das ursprünglich für 1988 angepeilte Ziel von 7,2 Milliarden DM erst nach 1990 wieder ins Auge gefaßt werden.

    (Kühbacher [SPD]: Beschämend! — Dr. Hauchler [SPD]: Herr Minister, zeigen Sie Flagge!)

    Wenn die Bundesregierung dem steigenden Problemdruck in den Ländern der Dritten Welt mit einem solchen Haushalt gerecht werden will, kann das das Parlament nicht gleichgültig lassen. Die Verantwortung für die immer stärker werdende Kritik am Volumen unserer Hilfe trägt allein die Bundesregierung.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Wer die jährlichen Verpflichtungsermächtigungen gegen alle parlamentarischen Ratschläge jahrelang drastisch gekürzt hat,

    (Walther [SPD]: Richtig!)

    der darf sich nicht wundern, daß heute nicht genügend geprüfte Projekte und Programme vorliegen.
    Zu den besonderen Ungereimtheiten dieses Haushalts zählt auch, daß die Verpflichtungsermächtigungen für die Länder südlich der Sahara ausgerechnet jetzt, nachdem wichtige Teile der Bundesregierung ihr Herz für Afrika entdeckt haben,

    (Zuruf von der SPD: Was?) gegenüber dem Vorjahr abgesenkt werden.


    (Walther [SPD]: Unglaublich! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Die Kürzungen im Einzelplan 23 sind auch ein schlechtes Omen für die 1988 erstmals in Berlin stattfindende Tagung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds. Hier lassen die Bundesregierung und die Koalition ihren neuen Minister im Regen stehen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ach!)

    Denn dies ist der erste Etat, den wir hier verabschieden, der unter seiner Verantwortung ausgehandelt worden ist. Dieses Manko ist durch erhöhte Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit dieser internationalen Tagung nicht wettzumachen.
    Wir erwarten von der Bundesregierung vor allem eins: daß sie sich in Berlin konstruktiv und in der Rolle



    Esters
    eines Vordenkers und Wegbereiters an der Lösung der Schuldenkrise beteiligt.

    (Beifall bei der SPD)

    Lösungsansätze sind national und international in der Gesellschaft, in der Wissenschaft und auch bei den privaten Banken zur Genüge vorhanden.

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    Es wird nun höchste Zeit, daß sich die Bundesregierung damit auch inhaltlich befaßt.
    Der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung vom 18. März 1987 versprochen — Zitat — : „Wir wollen Rückflüsse aus der Kapitalhilfe schrittweise wieder zur Finanzierung neuer Maßnahmen einsetzen. " Dieses Versprechen ist bislang nicht eingelöst worden.

    (Walther [SPD]: Ja!)

    Darüber kann auch die Tatsache nicht hinwegtäuschen, daß 1988 100 Millionen DM der Mehreinnahmen aus Rückflüssen theoretisch für neue Darlehen zur Verfügung stehen.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Ist das nichts?)

    Die Bedingungen, unter denen diese Mittel genutzt werden können, sind jedoch für Minister Klein unerfüllbar. Der Minister mag sich mit dieser Regelung laut „Wirtschaftswoche" „sehr fair behandelt" fühlen, wir im Parlament können und dürfen dies nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir haben die Bundesregierung seit längerem, zuletzt vor zwei Jahren, aufgefordert, Lösungsvorschläge zur zukünftigen Verwendung von Tilgungs-
    und Zinsrückflüssen aus der bilateralen Finanziellen Zusammenarbeit im Rahmen des Einzelplans 23 vorzulegen.
    Wir haben die Bundesregierung ferner aufgefordert, zu prüfen, ob die Bildung eines deutschen Entwicklungsfonds bei der Kreditanstalt in Frankfurt oder die Schaffung nationaler revolvierender Entwicklungsfonds in geeigneten Entwicklungsländern selbst die richtigen Instrumente sein könnten.
    Mit dem Zögern der Bundesregierung droht die einmalige Gelegenheit verpaßt zu werden, der internationalen Gebergemeinschaft ein Modell zu präsentieren, wie die entwicklungspolitische Zweckbindung früher gewährter Darlehen im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit in vollem Umfang erhalten bleiben kann,

    (Kühbacher [SPD]: So könnte es sein!)

    wie zusätzliche Wachstumsimpulse im beiderseitigen Interesse von Geber- und Nehmerländern ausgelöst werden können und wie die Verschuldungssituation solcher Entwicklungsländer, die inzwischen Nettozahler geworden sind, spürbar erleichtert werden kann.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir erwarten von der Bundesregierung, daß das bislang Versäumte, Herr Minister, möglichst schnell nachgeholt wird.

    (Kühbacher [SPD]: Und daß auch der Finanzminister überzeugt wird!)

    Der Problembereich darf nicht nur ein wichtiges Thema bei unverbindlichen Pressekonferenzen bleiben. Ich bin sicher, daß der neue Minister die breite Zustimmung des gesamten Parlaments auf seiner Seite hat, wenn er in dieser Frage neue politische Lösungen anbietet. Wir bieten Ihnen dafür unsere Unterstützung an, wenn es darum gehen wird, derartige Entscheidungen gegen administrative Widerstände durchzusetzen. Ich bin auch ganz sicher, daß die Mitglieder des Haushaltsausschusses, wenn ausreichend Beratungszeit zur Verfügung steht, kein Verständnis für komplizierte Verfahrensregelungen haben werden, die von ihren Erfindern im Finanzministerium zur Verhinderung einer Problemlösung erdacht worden sind. — Herr Staatssekretär Voss, ich nehme an, Sie haben das gehört. —

    (Parl. Staatssekretär Dr. Voss: Ich habe es gehört!)

    Die betroffenen Entwicklungsländer haben davon nämlich im Endeffekt gar nichts.
    Noch haben Sie es, Herr Minister Klein, in der Hand, zu beweisen, daß die Bundesrepublik Deutschland aktiv für eine gerechte und soziale Weltwirtschaftsordnung eintritt. Ich meine, die Weltbank-Konferenz in Berlin ist der geeignete Rahmen, dies zu bestätigen.
    Mutige neue Schritte erwarten wir auch bei der Technischen Zusammenarbeit.

    (Zuruf von der SPD: Du mutest ihm zu viel zu!)

    Auf Initiative der CDU-Fraktion und unter maßgeblicher Beteiligung des Parlamentarischen Staatssekretärs im BMZ hat der Bundestag 1982 einen grundlegenden Beschluß zur Reform der personellen Hilfe gefaßt. Seit Sie aber in der Regierungsverantwortung stehen, haben wir auf diesem Gebiet, Herr Staatssekretär, so gut wie keine Bewegung mehr verspürt.

    (Dr. Struck [SPD]: Ja, so ist es! — Kühbacher [SPD]: Herr Köhler, wie ist es?)

    Den Fachkräftemangel in Entwicklungsländern ständig als Sündenbock für ausbleibende Erfolge der Entwicklungshilfe hinzustellen, macht nämlich langsam keinen Sinn mehr. Wenn allein in der Bundesrepublik Deutschland bis Ende 1986 rund 134 000 Fach-und Führungskräfte ausgebildet worden sind und jedes Jahr 13 000 hinzukommen, und wenn man ferner weiß, daß wir allein für diese Ausbildung 2,2 Milliarden DM ausgegeben haben, dann muß sich jeder vernünftige Mensch die Frage stellen, was denn bei all diesen Bemühungen herausgekommen ist. Es darf doch nicht wahr sein, daß die von uns ausgebildeten Fach- und Führungskräfte nach ihrer Rückkehr einfach spurlos verschwinden. Es kann doch nicht stimmen, daß ein in Deutschland ausgebildeter Ingenieur oder Wirtschaftswissenschaftler oder Städteplaner nach seiner Rückkehr nicht geeignet sein soll, in ei-



    Esters
    nem von uns finanzierten Entwicklungsprojekt mitzuarbeiten.

    (Kühbacher [SPD]: Das ist ja unerhört! Das geht gegen die Substanz! Daß Sie nur Bescheid wissen!)

    Für uns alle muß es in Zukunft eine wichtige Aufgabe sein, möglichst viele der hier Ausgebildeten an einer ihrer Fähigkeit entsprechenden Entwicklungsaufgabe mitarbeiten zu lassen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ihre positiven Eindrücke von ihrem früheren Gastland Bundesrepublik Deutschland müssen auch wir nach der Rückkehr in ihre Heimatländer am Leben erhalten, wie es viele andere Industrieländer mit Erfolg praktizieren. Dies, Herr Minister, darf nicht nur Aufgabe der auswärtigen Kulturpolitik sein. Bei der Lösung dieser wichtigen, aber noch unerledigten Aufgabe können Sie unserer parlamentarischen Unterstützung sicher sein. Wir erwarten, daß der Entwicklungsminister auf diesem Gebiet neue Konzepte entwickelt, die weniger eine Globallösung als vielmehr am Anfang einige länderbezogene Pilotprogramme zum Ziel haben.
    Ich will aber noch ein anderes Tabu-Thema unserer Entwicklungszusammenarbeit anschneiden, das nicht mehr in die Landschaft paßt: die berühmten „Inlandskosten" in der Finanziellen Zusammenarbeit. Die fehlende Bereitschaft der Bundesregierung, vor allem des Bundesfinanzministeriums, diese Kosten mitzufinanzieren, ist immer häufiger die Ursache dafür, daß entwicklungspolitisch sinnvolle Projekte scheitern, an deren Realisierung auch wir ein Interesse haben. Ich möchte Sie, Herr Minister, ausdrücklich ermuntern, sich dieser Frage ganz besonders anzunehmen und sie nicht länger im Gestrüpp der Grundsatzbedenkenträger hängen zu lassen.
    Zu viele Entwicklungsländer haben inzwischen erkannt, daß Programme und Projekte nur dann erfolgreich sein können, wenn sie nicht ausschließlich von der Vorgabe bestimmt werden, unsere Entwicklungshilfe allein zur Finanzierung von Devisenkosten einzusetzen. Wenn Sie auf diesem Gebiet neue Wege aufzeigen, dann wird sich der Haushaltsausschuß sicherlich auch nicht verweigern Ihr Haus bei der Überprüfung der vom Parlament vorgegebenen länderbezogenen Rahmenplanung zu unterstützen. Es kann in der Tat nicht der Weisheit letzter Schluß sein, nur solche Projekte zu berücksichtigen, die gerade in den bereitgestellten Finanzrahmen eines Landes passen. Hier werden wir zukünftig um mehr Flexibilität nicht herumkommen.
    Ein solches Arbeitsprogramm für den Bereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit wird nicht nur auf begeisterte Zustimmung stoßen, nachdem die Mehrheit des Haushaltsausschusses auch über dieses Ressort die einprozentige Stellenkürzung verhängt hat. Aus unserer Sicht hat das BMZ wegen seiner gestiegenen Aufgaben einen erheblichen Personalbedarf.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Der Bundeskanzler kann nur dann eine bessere Qualität seiner Entwicklungspolitik erwarten, wenn das BMZ seine Aufgabe als politisches Führungs- und Kontrollinstrument ausreichend wahrnehmen kann.

    (Kühbacher [SPD]: Aber 1 % haben Sie gekürzt!)

    Der neue Minister wird besonders darauf zu achten haben, daß ihm diese Verantwortung nicht von den agilen Durchführungsorganisationen aus der Hand genommen wird. Im Interesse der Sache hoffen wir, daß ihm dies nach Ablauf der für jeden neuen Entwicklungsminister reichlich bemessenen Einarbeitungszeit und Schonfrist gelingen wird.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD: Die Schonfrist ist schon lange abgelaufen!)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Borchert.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jochen Borchert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Etat des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit für das Jahr 1988 werden eine Reihe von wichtigen Weichenstellungen eingeleitet, die dem neuen Minister die Möglichkeit geben, die deutsche Entwicklungspolitik qualitativ weiter zu verbessern. Wer Entwicklungspolitik nur mit Blick auf Haushaltszahlen und Prozentsätze beurteilt — wie es der Kollege Esters soeben streckenweise getan hat — und dabei als wichtigstes Kriterium die Entwicklung des Einzelplans 23 im Vergleich zum Gesamthaushalt heranzieht, der übersieht, in welchem Umfang sich heute die Anforderungen an die Entwicklungspolitik verändert haben. Der Kollege Esters hat recht, daß im Vergleich zu 1987 der Etat um 0,52 % absinkt. Aber unter Berücksichtigung der 100 Millionen DM, die aus den Rückflüssen wieder für die finanzielle Zusammenarbeit eingesetzt werden können, steigt der Etat um 0,9 %.
    Der Vergleich dieser Haushaltsansätze sagt aber nur wenig über den tatsächlichen Umfang der Entwicklungshilfe aus. Der Rückgang der Mittel im Einzelplan 23 bedeutet nicht, daß materiell weniger Hilfe geleistet werden kann. Im Bereich der bilateralen Zusammenarbeit sind die Etatansätze um rund 2 % erhöht worden. Es kann daher in größerem Umfang Hilfe geleistet werden.
    Während sich damit einerseits der reale Ressourcentransfer aus der Bundesrepublik in die Entwicklungsländer durch eine Steigerung vieler Haushaltsansätze erhöht, sinkt andererseits der Gesamtplafond im Einzelplan 23, weil in der internationalen Zusammenarbeit unsere Leistungen auf der Dollar-Basis festgesetzt sind. Der veränderte Dollarkurs führt dazu, daß sich die Ausgaben in D-Mark verringern, dies aber keine Auswirkungen auf das reale Volumen der tatsächlichen Hilfe hat.
    Der Zwang, angesichts mangelnder Absorptionsfähigkeiten mehr Geld mit den bisherigen Instrumenten in den Entwicklungsländern unterzubringen, darf nicht noch gesteigert werden. Der schnelle Mittelabfluß um jeden Preis begünstigt vielfach nur Großprojekte; er führt sehr schnell zu kapitalintensiven Ar-



    Borchert
    beitsplätzen an der Stelle von vielen Arbeitsplätzen im Rahmen angepaßter Technologien.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Bundesregierung hat im Haushalt 1988 erstmals
    den Wiedereinsatz von Mitteln aus Darlehensrückflüssen vorgesehen. Ob sich die für das nächste Jahr gefundene Lösung bewährt, Mehreinnahmen aus den Rückzahlungen bis zu einer Höhe von 100 Millionen DM wieder für die finanzielle Zusammenarbeit einzusetzen, wird sich im Haushaltsvollzug 1988 herausstellen. Wir werden diesen Versuch kritisch begleiten und die Erfahrungen dann bei den Haushaltsberatungen in einem Jahr erneut berücksichtigen.
    Das entwicklungspolitische Umfeld hat sich auch im abgelaufenen Jahr weiter verändert. Ein großer Teil der Entwicklungsländer ist so sehr überschuldet, daß sie die Aufwendungen scheuen, die ihnen durch neue Entwicklungshilfeprojekte der bisherigen Art entstehen. Sie können ihren Anteil an diesen Vorhaben oft nur noch unter großen Schwierigkeiten finanzieren oder bleiben ihren Anteil schuldig. Hier sind neue Formen der Hilfe erforderlich.
    Als neues Instrument der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ist im letzten Jahr die Strukturhilfe im Haushalt eingeführt worden. Die Strukturhilfe ist für das kommende Jahr im Umfang auf 500 Millionen DM aufgestockt worden. Die Bundesregierung bedient sich damit eines Instruments, das bereits von der Weltbank mit Erfolg eingesetzt worden ist.
    Die eingeleitete Neuorientierung der Entwicklungspolitik wird also auch mit dem Haushalt 1988 fortgesetzt. Eine neue Qualität der Entwicklungspolitik ist aber nicht nur mit mehr Geld zu erreichen. Mehr Qualität erfordert mehr Koordination und einen intensiveren Dialog mit den Entwicklungsländern, um die spezifischen Ausgangsbedingungen der einzelnen Länder bei der Projektgestaltung mit berücksichtigen zu können. Nur so kann Entwicklungshilfe auf gewachsene Strukturen in den Entwicklungsländern aufbauen und kulturelle und soziale Verhaltensnormen berücksichtigen.
    Wirksame Entwicklungshilfe bedeutet in Zukunft noch stärker kleinere Projekte und mehr Mitsprachemöglichkeiten der Betroffenen. Eine erfolgreiche Entwicklungspolitik muß die eigenen Anstrengungen der Entwicklungsländer unterstützen und Selbsthilfeprozesse in diesen Ländern stärken. Das kann nur bedeuten: mehr ländliche, mehr kleinbetriebliche Förderung und eine integrierte ländliche Entwicklung an der Stelle von Großprojekten.
    Mehr Qualität in diesem Sinne bedeutet nicht unbedingt mehr Geld, sondern ist zeitraubender und arbeitsintensiver. Mehr Qualität in der Entwicklungshilfe bedeutet, daß wir die Menschen in diesen Ländern in den Stand versetzen müssen, sich selbst zu helfen, statt auf Dauer Empfänger von Hilfe zu sein.
    Vielen Ländern können wir wirksam helfen, wenn wir die personelle Zusammenarbeit ausbauen und etwa Hilfe leisten beim Aufbau eines leistungsfähigen Schul- und Ausbildungssystems, aber auch einer leistungsfähigen Verwaltung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Einsatz deutscher Lehrer in Entwicklungsländern zum Ausbau und zum Aufbau leistungsfähiger Schulsysteme und einer daran anschließenden Berufsausbildung, die am Bedarf dieser Länder orientiert ist, sind Formen der personellen Zusammenarbeit, mit denen wir wirksam die Eigenanstrengungen der Länder unterstützen können. Wir haben daher die Mittel für die Ausbildung qualifizierter Fachleute und für den Einsatz deutscher Experten in den Entwicklungsländern weiter aufgestockt.
    Mehr Qualität bedeutet aber auch — da stimme ich dem Kollegen Esters zu — , daß wir schneller und flexibler auf Veränderungen reagieren müssen. Wenn Mittel der technischen und finanziellen Zusammenarbeit in vielen Bereichen langsamer abfließen, müssen wir eben Länderquoten flexibler handhaben, um im Rahmen bilateraler Vereinbarungen Hilfe nach dem Umfang des tatsächlichen Mittelabflusses einplanen und zusagen zu können. Starre Länderquoten können hier Mittel in der Entwicklungshilfe blockieren.
    Die Ansätze im Einzelplan 23 tragen den veränderten Bedingungen der Entwicklungshilfe Rechnung. Dort, wo in Selbsthilfeansätzen eine Absorptionsfähigkeit besteht, sind die Mittel erhöht worden. Durch ausreichende Verpflichtungsermächtigungen haben die entsprechenden Organisationen die erforderliche und notwendige Planungssicherheit. Die Arbeit der privaten Träger soll durch ein Dienstleistungszentrum, das vom Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit finanziert wird, erleichtert werden, und die Maßnahmen im Bereich der Armutsbekämpfung durch Selbsthilfe sind finanziell weiter abgesichert. Die schnell und flexibel einsetzbare Strukturhilfe ist erhöht worden, und erstmals werden Darlehensrückflüsse wieder entwicklungspolitisch eingesetzt. Damit bietet der Einzelplan 23 für das Haushaltsjahr 1988 eine solide Grundlage für die qualitative und quantitative Weiterentwicklung der Entwicklungspolitik. Aus diesen Gründen stimmen wir dem Einzelplan 23 zu.
    Ich möchte abschließend für die gute Zusammenarbeit bei der Vorberatung und bei der Beratung im Haushaltsausschuß Ihnen, Herr Minister Klein, und den Mitarbeitern des Ministeriums für die sehr offene und sehr ausführliche Information und für die gute Zusammenarbeit sehr herzlich danken.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und bei Abgeordneten der SPD)