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    Plenarprotokoll 11/41 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 41. Sitzung Bonn, Dienstag, den 24. November 1987 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 11/1051, 11/1081) 2689B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 11/1052, 11/1081) 2689B Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 11/1053, 11/1081) 2689 C Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 11/1054, 11/1081) Dr. Vogel SPD 2689 D Seiters CDU/CSU 2699 C Frau Rust GRÜNE 2709B Dr. Bangemann FDP 2712D Dr. Kohl, Bundeskanzler 2720 B Koschnick SPD 2729 D Austermann CDU/CSU 2732 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 2735 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 2739 C Frau Simonis SPD 2741B Vizepräsident Westphal 2740 D Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksachen 11/1055, 11/1081) Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 2742 B Dr. Rose CDU/CSU 2745 A Voigt (Frankfurt) SPD 2747 B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2750 D Stobbe SPD 2753 D Genscher, Bundesminister AA 2756 C Rühe CDU/CSU 2760 D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksachen 11/1064, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache 11/1076) Walther SPD 2764B, 2774A, 2781C Dr. Friedmann CDU/CSU 2766 D Frau Schilling GRÜNE 2768 D Frau Seiler-Albring FDP 2771B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. November 1987 Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 2774B Jungmann SPD 2778 D Müller (Wadern) CDU/CSU 2780 D Frau Beer GRÜNE 2381 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 11/1069, 11/1081) Esters SPD 2783 B Borchert CDU/CSU 2785 B Volmer GRÜNE 2786 D Frau Folz-Steinacker FDP 2789 A Klein, Bundesminister BMZ 2790 A Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen (Drucksachen 11/1071 11/1081) Hiller (Lübeck) SPD 2791 D Dr. h. c. Lorenz CDU/CSU 2793 B Frau Hensel GRÜNE 2796 B Hoppe FDP 2798 B Sielaff SPD 2799 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 2801D Nächste Sitzung 2803 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2804* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. November 1987 41. Sitzung Bonn, den 24. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Adam-Schwaetzer 24. 11. Dr. Ahrens * 27. 11. Antretter * 24. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Haack 27. 11. Haar 24. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Höffkes 24. 11. Hörster 26. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ibrügger 24. 11. Kiechle 25. 11. Klose 27. 11. Kreuzeder 27. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 24. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 24. 11. Oesinghaus 24. 11. Paintner 27. 11. Paterna 24. 11. Petersen 27. 11. Reddemann * 26. 11. Reimann 24. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schmidbauer 26. 11. von Schmude 24. 11. Dr. Schöfberger 24. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karsten D. Voigt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Rose, Ihre Bemerkungen zu Südafrika waren ausführlich. Aber das, was Sie möglicherweise als Humor verstanden haben, war angesichts der Realität des Rassismus, der Unterdrückung und der Morde durch die staatliche Seite unangemessen, falsch und meiner Meinung nach beschämend.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Sie sind Mitglied im Haushaltsausschuß, Sie sind hier Sprecher für die CDU/CSU. Sie haben kein Wort zu dem Gesetz über den auswärtigen Dienst gesagt. Das erfüllt mich mit Sorge. Dieses Gesetz ist immer wieder verzögert worden. Es zeichnet sich ab, daß der Bundesaußenminister, der auf unser Drängen jetzt zugesagt hat, daß die Regierung ein solches Gesetz vorlegen werde, wieder einmal nicht damit rechnen kann, daß er für die gesamte Koalition spricht, sondern daß hier Vertreter aus der CDU/CSU so etwas sabotieren. Das bestärkt uns in unserer Absicht, durch Drängen, durch parlamentarische Initiativen und auch durch die Diskussion in der nächsten Sitzung des Auswärtigen Ausschusses endlich eine Vorlage der Bundesregierung in diesem Bereich zugunsten der Beschäftigten im auswärtigen Dienst zu verlangen.

    (Repnik [CDU/CSU]: Das ist nicht nötig, Herr Voigt! — Zuruf des Abg. Dr. Rose [CDU/ CSU])

    Das Wichtigste, was in der Außenpolitik in den nächsten Wochen bevorsteht, wird das Gipfeltreffen zwischen den beiden führenden Männern der USA und der Sowjetunion sein. Wir sehen in diesem Treffen und den Fortschritten in der Zusammenarbeit zwischen den USA und der Sowjetunion eine große Chance für die Verwirklichung auch spezifisch europäischer Interessen. Wir sehen Chancen dafür, daß das, was wir lange Zeit gefordert haben, nämlich eine zweite Phase der Entspannungspolitik, jetzt auch zu einer Politik werden könnte, der sich die USA zwar nicht insgesamt anschließen, aber der sie doch in weiten Teilen zu folgen bereit sind. Wir Sozialdemokraten haben in einer Phase, als die USA und die Sowjetunion zunehmend in Widerspruch und Spannung zueinander gerieten, versucht, die Ergebnisse der ersten Phase der Entspannungspolitik zu retten. Wir gerieten damals in Widerspruch zu der Reagan-Administration, weil sich diese nicht genug um Abrüstungsschritte bemühte.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Heute geraten Teile der CDU/CSU mit der Reagan-Administration in Konflikt, weil sich USA und Sowjetunion auf Abrüstungsschritte einigen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Dieser Gegensatz im Verhalten ist Ausdruck der unterschiedlichen Natur unserer Parteien. Wir Sozialdemokraten hatten innerparteiliche Schwierigkeiten beim Beginn der Stationierung. Die CDU/CSU hat innerparteiliche Schwierigkeiten bis zum Rücktritt ihres „abrüstungspolitischen Sprechers" — so hieß er ja — Todenhöfer beim Beginn von abrüstungspolitischen Vereinbarungen. Im Gegensatz zur CDU/CSU begrüßen wir die doppelte Null-Lösung ohne Vorbehalte und auch ohne Hintergedanken. Bundesverteidigungsminister Manfred Wörner hat noch vor wenigen Tagen vor dem Reservistenverband gesagt: Die Abschaffung der nuklearen Mittelstreckenwaffen er-



    Voigt (Frankfurt)

    höht die Gefahr. — Er hat Angst vor nuklearer Abrüstung.

    (Bundesminister Dr. Wörner: Können Sie bitte vollständig zitieren!)

    — Sie können hier nachher endlich einmal Ihre Haltung klarstellen, ob Sie wieder einmal einer neuen Nachrüstung das Wort reden, so wie Sie damals eigentlich schon gegen den Doppelbeschluß waren,

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    weil Sie fürchteten, er könne in Abrüstung enden, oder ob Sie endlich einmal bereit sind, ohne Wenn und Aber

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Einseitige Abrüstung!)

    die doppelte Null-Lösung zu unterstützen. Und wenn Sie sie aus sicherheitspolitischen Gründen bejahen, Herr Wörner, dann müßten Sie auch dafür sorgen, daß nicht jetzt in der NATO weiter über eine Kompensation durch die Stationierung von FB-111-Bombern und F-15- oder F-16-Bombern oder zusätzlichen anderen nuklearen Bomben und Raketen nachgedacht wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Entweder haben Sie den Mut, zu sagen: Ich stehe zur doppelten Null-Lösung, weil sie den sicherheitspolitischen Interessen des Westens nützt. Aber wenn sie ihnen nützt, dann brauchen wir doch keine Nachrüstung und keine Kompensation auf der anderen Seite, weder bei den größeren noch bei den kürzeren Reichweiten.

    (Jungmann [SPD]: Er braucht das, damit er abrüsten kann!)

    Oder sie nützt den sicherheitspolitischen Interessen des Westens nicht, so wie Sie es dort gesagt haben. Dann sollten Sie sich hier hinstellen und sagen: Ich als Verteidigungsminister kann die Verantwortung nicht übernehmen; ich trete zurück. Aber dieses Geeiere, daß einerseits der Bundesaußenminister immer sagt, wie löblich und schön das immer sei, und daß Sie dann zu diesen NATO-Treffen fahren und immer schon dabei sind, wenn die neue Nachrüstung vorbereitet wird, dieser Widerspruch ist kein Ausdruck konzeptioneller Einheit, dieser Widerspruch ist kein dialektischer Widerspruch; er ist ausschließlich Ausdruck von Konzeptionslosigkeit und Handlungsunfähigkeit.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Kein Beifall von der SPD!)

    Ich glaube, es geht jetzt darum, daß wir nicht neue Aufrüstung vorbereiten, während dieser Vertrag, der ein erster Schritt zur Abrüstung ist, noch nicht einmal unterzeichnet ist. Es geht darum, daß wir die folgenden Schritte der Abrüstung sowohl bei den interkontinentalen Systemen wie auch bei den kürzeren Reichweiten — den Kurzstreckensystemen und den Gefechtsfeldwaffen — , bei konventionellen und bei chemischen Waffen konzeptionell vorbereiten.
    Herr Dregger und Herr Rühe haben hier immer gesagt — übrigens zu Recht — : Die Abrüstung darf nach der doppelten Null-Lösung nicht enden; da darf es keine Brandmauer geben. Ich teile diese Auffassung.
    Das entspricht den deutschen Interessen. Doch wo sind Ihre Vorschläge für die Abrüstung in diesem Bereich? Ich warte darauf. Ein Appell an die Sowjetunion, etwas zu tun, ist noch kein abrüstungspolitisches Konzept. Sie haben doch selber immer gesagt: Man kann nicht allein durch einseitige Gesten etwas lösen; man muß erst etwas in Verträge gießen, damit es völkerrechtlich verbindlich ist. Das sind doch die Aussagen aus den vergangenen Jahren. Das damalige Argument, daß jede Seite es revidieren kann, wenn es nicht völkerrechtlich verbindlich ist, ist wirklich gültig. Also wo sind da Ihre Vorschläge für Verhandlungen und Verhandlungsergebnisse in diesem Bereich?
    Ich glaube, es geht hier darum, ein Konzept zur Abrüstung — konventionell und nuklear für die kürzeren Reichweiten — vorzulegen. Ich habe einen Vorschlag. Sie sollten sich auch heute festlegen. Das sollten Sie heute auch sagen. Sonst dürfen Sie sich nicht wundern, wenn wir Ihnen vorwerfen, daß Sie hier in Wirklichkeit eine neue Aufrüstung vorbereiten. Sie sollten heute klar sagen: Eine Nachrüstung im Bereich der Raketen unter 500 Kilometer gibt es für uns nicht. Eine solche klare Aussage von Ihrer Seite vermisse ich bisher. Sie wissen genau, daß im westlichen Bündnis die Absicht besteht, die Lance-Raketen mit größerer Reichweite in größerer Stückzahl bei uns zu stationieren. Diese Debatte ist eine Möglichkeit, klar zu sagen: Wir als Koalitionsfraktionen — das wären dann Sie — sagen kategorisch nein. Wie Jochen Vogel vorhin gesagt hat, gäbe das eine Möglichkeit zu neuen Gemeinsamkeiten. Oder aber Sie entwickeln andere Konzepte der Abrüstung, z. B. den Vorschlag für eine dritte Null-Lösung als Einstieg für den Reichweitenbereich zwischen 150 und 500 km. Dies vielleicht, weil dort überwiegend Raketen mit einer Reichweite sind, von denen der Westen bisher so gut wie nichts hat, wo die Sowjetunion tatsächlich asymmetrisch abrüsten müßte.
    Dafür muß man dann auch ein solches Verhandlungskonzept vorlegen. Man kann nicht sagen, daß man das gemeinsam mit der konventionellen Abrüstung verhandeln will, wenn man weiß, daß der eigene Bündnispartner, die Franzosen, bezüglich der Wiener Verhandlungen, die jetzt im nächsten Jahr beginnen sollen, gesagt haben: Wenn bei diesen Wiener Verhandlungen über nukleare Abrüstung gesprochen wird, dann steigen wir aus. Bei dieser Realität, die nicht ein Teil der Problematik zwischen Ost und West, sondern ein Teil der Problematik innerhalb des Westens ist, müßten Sie Konsequenzen ziehen, entweder indem Sie die Franzosen zur Meinungswende bekehren, oder aber indem Sie sagen: Wir machen daneben ein paralleles Verhandlungsforum auf, wir als CDU/CSU, als Bundesregierung fordern das. Ich habe so etwas von Ihnen bisher nicht gehört. Ich bin gespannt, was der Herr Bundesaußenminister nachher dazu sagen kann.
    Wenn Raketen mit dieser Reichweite dann in Ost und West wegverhandelt worden sind, dann kommt tatsächlich unser Vorschlag für einen atomwaffenfreien Korridor zum Tragen, weil dort schon von der Kategorie der Atomwaffen und ihrer Trägersysteme her zwischen nuklearen und konventionellen Waffen



    Voigt (Frankfurt)

    gar nicht unterschieden werden kann. Wenn man dort einen nuklearwaffenfreien Korridor vereinbart, dann muß man tatsächlich auch Schritte in Richtung auf eine beiderseitige strukturelle Nichtangriffsfähigkeit machen. Das ist auch unser Ziel.
    Nun hat es in den letzen Tagen eine Diskussion über die europäischen Interessen innerhalb der NATO gegeben. Ich möchte ausdrücklich der britischen Premierministerin widersprechen, die behauptet hat, daß eine engere Koordinierung der westeuropäischen Interessen innerhalb der NATO der NATO insgesamt und den transatlantischen Beziehungen insbesondere schaden würde. Das ist nicht wahr. Ein wachsendes Selbstbewußtsein, eine wachsende Zusammenarbeit innerhalb Westeuropas und eine größere Gleichberechtigung der Westeuropäer innerhalb der NATO sind Voraussetzungen für eine Gesundung des transatlantischen Verhältnisses. Ein europäischer Pfeiler ist also nötig, um die NATO auch auf Dauer in ihrem Verhältnis zwischen den USA und Westeuropa zu stabilisieren. Ich möchte der britischen Ministerpräsidentin ausdrücklich widersprechen. Ich glaube, dieses Signal sollten wir gemeinsam von dieser Debatte aus in Richtung London senden.

    (Beifall bei der SPD)

    Andererseits möchte ich den GRÜNEN widersprechen, die glauben, eine solche westeuropäische sicherheitspolitische Kooperation und Integration sei im Widerspruch zu einer gesamteuropäischen Entmilitarisierung.

    (Widerspruch bei den GRÜNEN)

    Das ist falsch. Im Gegenteil: Auf der Grundlage einer sicherheits- und abrüstungspolitischen Zusammenarbeit in Westeuropa kann Westeuropa selbstbewußter, gleichberechtigter

    (Dr. Mechtersheimer [GRÜNE]: Nuklear?)

    auch mutige Schritte der Entspannungspolitik innerhalb des Westens formulieren und gemeinsam gegenüber Osteuropa initiativ werden.

    (Dr. Lippelt [Hannover] [GRÜNE]: Herr Voigt, die Meinung kennen wir von Helmut Schmidt! Sie wiederholen nur, was Helmut Schmidt sagt!)

    Die westeuropäische Kooperation und Integration auch im militärischen Bereich sind kein Widerspruch zu dem Ziel der gesamteuropäischen Entmilitarisierung des Ost-West-Konflikts und der Entspannungspolitik, so wie wir sie wünschen.
    Es geht nicht, wie Sie meinen, um eine westeuropäische Nuklearstreitmacht. Da sind wir dagegen. Deshalb glauben wir, solange Nuklearwaffen im Ost-West-Konflikt noch eine Rolle spielen, so lange bleiben wir in dieser Beziehung abhängig von den Vereinigten Staaten. Ich bin ausdrücklich der Meinung — wir Sozialdemokraten insgesamt —, daß wir uns gegen jede Tendenz wenden sollten, die französischen und britischen Nuklearwaffen in eine europäische Nuklearstreitmacht umzuwandeln.

    (Beifall bei der SPD)

    Im Gegenteil: Uns geht es darum, daß der jetzige Zustand der französischen Kurzstreckenraketen, der sogenannten prästrategischen Waffen, der ja unsere spezifischen Interessen betrifft, geändert wird. Als Herr Präsident Mitterrand hier war, hat er einen wichtigen Hinweis in diese Richtung gegeben. Ich glaube, wir sollten hier sagen: Wir Sozialdemokraten sind der Meinung, ihr Franzosen tut dem deutsch-französischen Verhältnis keinen Gefallen, ihr schadet dem deutsch-französischen Verhältnis, ihr könnt ihm aber nutzen, wenn ihr diesen Zustand ändert; die jetzige Stationierung von Pluton, die spätere Stationierung von Hades ist nicht unseren Interessen gemäß; schafft diese Waffen weg!

    (Beifall bei der SPD)

    Ich glaube, der Präsident der Französischen Republik hat recht, wenn er sagt, daß Abschreckungswaffen nicht potentielle Freunde und Verbündete bedrohen dürfen. Deshalb, glaube ich, sollte man daraus nicht nur in der Deklaration, sondern auch in der eigenen Strategie und in den Beschaffungsprogrammen Konsequenzen ziehen. Deshalb müssen diese prästrategischen Waffen weg; sie sind ein Hindernis für eine Vertiefung der Zusammenarbeit, auch in sicherheitspolitischen und militärischen Fragen in Europa, die wir im konventionellen Bereich insbesondere zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich wünschen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, darf ich am Schluß meiner Ausführungen noch etwas zu dem sagen, was Bundeskanzler Kohl heute morgen bereits ausgeführt hat und worauf Herr Rose auch noch einmal eingegangen ist, nämlich zur Afrikapolitik der Bundesregierung?
    Es ist zwar nett, daß der Bundeskanzler dort hingefahren ist. Das finde ich gut: Reisen bildet — kann man wenigstens hoffen.

    (Zurufe von der CDU/CSU und der SPD)

    Aber, Herr Bundeskanzler, es ist beschämend, daß Sie zwar nach Mosambik gefahren sind und sagen, wir sind bereit, an Mosambik bestimmte Hilfen zu zahlen, daß Sie aber nicht bereit sind, die Destabilisierungspolitik Südafrikas in Angola zu verurteilen. Herr Rose hat dort in bezug auf den unter dem Einfluß der Unita stehenden Bereich sogar von der freien Republik Angola gesprochen. Das ist eine Destabilisierungspolitik, die die Republik Südafrika dort betreibt.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Die anderen sind Stabilisatoren?!)

    Selbstverständlich müssen wir uns auch dagegen wenden, und selbstverständlich hat nicht nur Mosambik, sondern auch Angola die Wiederaufnahme der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit verdient.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Eine Reise nach Mosambik, sosehr sie bildet, sosehr sie zu Erkenntnissen und Einsichten führt, ist kein Ersatz für eine klare Politik gegenüber dem Apartheid-Regime.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Diese alte Leier!)

    Das Apartheid-Regime muß weg. Die Bundesregierung müßte sich den Sanktionen, die in den Vereinten



    Voigt (Frankfurt)

    Nationen gefordert worden sind anschließen. Sie sollte dort anders abstimmen. Sie sollte in den Vereinten Nationen nicht weiter der treueste Verbündete des südafrikanischen Rassistenregimes sein. Die Bundesregierung sollte den Mut haben, zumindest die Sanktionen zu unterstützen, die der amerikanische Kongreß für sich, für die Vereinigten Staaten selber, begrüßt und beschlossen hat.
    Solange die Bundesregierung nicht bereit ist, in diesem Bereich aus der allgemeinen verbalen Kritik am Apartheid-Regime konkrete Konsequenzen zu ziehen in bezug auf Sanktionen und in bezug auf die Aufnahme formeller Beziehungen und Kontakte mit dem ANC, so lange glaube ich, daß es eine allgemeine, verwaschene Rhetorik bleibt, die dazu führt, daß einerseits zwar Strauß ein bißchen murrt, sich aber auch noch ein bißchen in dem repräsentiert fühlen kann, was der Entwicklungshilfeminister Klein sagt, und daß andererseits die FDP sagen kann: Eigentlich meinen wir, das, was der Bundeskanzler gesagt hat oder gesagt haben könnte — seine Äußerungen sind ja immer vielfältig interpretierbar — , könnte auch den Vorstellungen der FDP entsprechen.
    Diese Ambivalenz, diese Vieldeutigkeit, diese Nebulosität auch während der Reise des Bundeskanzlers nach Afrika ist kein Ersatz für ein gemeinsames Konzept. Hier heißt es, sich zu entscheiden, hier heißt es, Farbe zu bekennen, und hier heißt es, daraus praktische Konsequenzen zu ziehen. Ich glaube, daß die Konsequenzen noch ausstehen.
    Ich halte es auch nicht für ganz zufällig — vielleicht sagt der Bundesaußenminister nachher dazu noch etwas —, daß die früher so bekannten und berühmten Namibia-Initiativen, zu denen er sich auch hier im Parlament mehrfach bekannt hat, inzwischen sanft entschlummert sind, daß aber Namibia im Rahmen der Beschlüsse der Vereinten Nationen noch immer nicht selbständig geworden ist und daß die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auch nichts Konstruktives mehr getan hat. Im Gegenteil: Der Entwicklungshilfeminister Klein hat sogar für die Aufnahme der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit Namibia, das letzten Endes noch unter Kolonialstatus steht, plädiert. Dies halte ich für einen untragbaren Zustand.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Repnik [CDU/CSU]: Um den Schwarzen zu helfen! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Gerade angesichts der deutschen rassistischen Vergangenheit muß gegenüber Südafrika klar Position bekannt werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Zu den neckischen Bemerkungen von Herrn Rose am Anfang über Sportler und Nichtsportler: Ich glaube, daß man deutschen Sportlern sagen muß: Bundesdeutsche Sportler gehören nicht in eine sportpolitische Zusammenarbeit nach Südafrika.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Das glauben Sie ja selber nicht!)

    Dies ist nicht eine Absage an die sportpolitische Zusammenarbeit, sondern es gibt bei dieser Frage, bei der Frage der Zusammenarbeit auch im sportlichen Bereich mit Südafrika, auch moralische Kategorien. Sport ist ein Element der Völkerverständigung, und Sportzusammenarbeit darf nicht einer Legitimierung von Regimen oder einer Zusammenarbeit mit Regimen dienen, die vom Rassismus geprägt sind.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Was ist mit der Sowjetunion? — Zuruf von der CDU/CSU: Vietnam, Pnom-Penh!)

    — Vielen Dank für den Zwischenruf. Ich sage Ihnen bei aller Kritik an der Sowjetunion, die ich übrigens im Gegensatz zum Herrn Bundeskanzler nicht damit beleidige, daß ich Goebbels und Gorbatschow miteinander vergleiche — das lasse ich jetzt mal weg — , vergleiche ich die Sowjetunion nicht mit dem Rassisten-regime in Südafrika; denn dies ist das einzige Regime, wo sich Leute aufgrund ihrer Hautfarbe und ihrer Rasse nicht gleichberechtigt an dem Staatswesen beteiligen dürfen.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Was ist mit den Afghanen? — Repnik [CDU/CSU] : Fragen Sie mal die deutschen Minderheiten in der Sowjetunion!)

    Wer diesen Unterschied zwischen dem Prinzip, auf dem das Apartheid-Regime beruht, und unserer Kritik an anderen Diktaturen in der Welt, Ost wie West, nicht begreift, der hat die deutsche Geschichte nicht begriffen. Das muß ich sagen.

    (Beifall bei der SPD)

    Insofern beweisen Ihre Zwischenrufe, daß der Ungeist, der zu Ihrem Vergleich zwischen Goebbels und Gorbatschow geführt hat, bei Ihnen eigentlich immer noch nicht ausgeräumt ist. Sie müssen noch ein bißchen geschichtlichen Nachhilfeunterricht nehmen. Eine solche historische Diskussion, wie sie jetzt in der Sowjetunion mit der Aufarbeitung der eigenen Geschichte stattfindet, täte Ihnen auch ganz gut.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD bereitet eine zweite Phase der Entspannungspolitik vor. Wir sind froh, daß die FDP und Teile der CDU/ CSU mit uns in dieser Frage einen gemeinsamen Weg gehen wollen. Wir wollen eine zunehmende Entmilitarisierung des Systemgegensatzes zwischen Ost und West. Schritte in diese Richtung sind nur möglich, wenn man die Sowjetunion in ihrem neuen Denken testet. Es geht darum, konstruktive Gegenvorschläge zu machen. Die stehen bisher aus. Die fordern wir. Wir haben sie vorgelegt.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Hamm-Brücher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hildegard Hamm-Brücher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir als einer der mittlerweile wohl dienstältesten Parlamentarierinnen in unserer jungen Demokratie, daß ich noch mal auf den erregenden Schlagabtausch zurückkomme, der zwischen Rednerinnen der SPD und dem



    Frau Dr. Hamm-Brücher
    Herrn Bundesfinanzminister Stoltenberg stattgefunden hat.

    (Repnik [CDU/CSU]: Das war die letzte Runde, Frau Kollegin!)

    — Herr Kollege, ich will das gleich begründen. So gut ich diese Empörung verstehe, Frau Simonis, habe ich irgendwie auch verstanden, daß sich Herr Stoltenberg, an dessen Honorigkeit bei uns allen wohl gar kein Zweifel besteht, auch verletzt fühlt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Darum meine ich, daß wir allen Anlaß haben, auch hier im Plenum des Deutschen Bundestages etwas behutsamer mit diesem zerbrechlichen Instrument unserer demokratischen Kultur umzugehen. Wenn wir diese schrecklichen Ereignisse hier bedenken, sollten wir ein bißchen mehr nach vorn schauen. Wir müssen doch — da wird mir angst und bange — demnächst einen Wahlkampf in Schleswig-Holstein führen. Wie wir diesen Wahlkampf führen und wie wir uns hier ohne Schiedsrichter, Pfarrer und Bischöfe auf einen fairen Umgang miteinander verständigen, wird entscheidend für die weitere Entwicklung, für die Glaubwürdigkeit und das Ansehen unserer Demokratie sein. Darum möchte ich wirklich an uns alle appellieren, daß wir alle ein paar Konsequenzen ziehen: In Amtsstuben haben Wahlkampfvorbereitungen nichts zu suchen, wer auch immer, wo auch immer, wann auch immer. Das muß doch eine Bilanz sein. Wahlkämpfe müssen kürzer sein, müssen sparsamer sein und müssen, meine Damen und Herren, um die Sache gehen und nicht in dubioser Weise Menschen beschädigen.

    (Zustimmung der Abg. Frau Garbe [GRÜNE])

    Das ist das Wichtige, worüber wir reden müßten, und wir sollten nicht neue Wunden und neue Verletzungen schaffen

    (Abg. Frau Matthäus-Maier [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — gern, Frau Kollegin, sofort —, die wir uns in unserer demokratischen Situation nicht leisten können und nicht leisten sollen. Zu dieser gemeinsamen Verantwortung möchte ich hier am Beginn meiner Ausführungen doch noch einmal ein sehr nachdrückliches Wort sprechen.

    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der GRÜNEN)