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    Plenarprotokoll 11/41 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 41. Sitzung Bonn, Dienstag, den 24. November 1987 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/700, 11/969) Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 11/1051, 11/1081) 2689B Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 11/1052, 11/1081) 2689B Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 11/1053, 11/1081) 2689 C Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 11/1054, 11/1081) Dr. Vogel SPD 2689 D Seiters CDU/CSU 2699 C Frau Rust GRÜNE 2709B Dr. Bangemann FDP 2712D Dr. Kohl, Bundeskanzler 2720 B Koschnick SPD 2729 D Austermann CDU/CSU 2732 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 2735 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 2739 C Frau Simonis SPD 2741B Vizepräsident Westphal 2740 D Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksachen 11/1055, 11/1081) Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 2742 B Dr. Rose CDU/CSU 2745 A Voigt (Frankfurt) SPD 2747 B Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 2750 D Stobbe SPD 2753 D Genscher, Bundesminister AA 2756 C Rühe CDU/CSU 2760 D Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksachen 11/1064, 11/1081) in Verbindung mit Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksache 11/1076) Walther SPD 2764B, 2774A, 2781C Dr. Friedmann CDU/CSU 2766 D Frau Schilling GRÜNE 2768 D Frau Seiler-Albring FDP 2771B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. November 1987 Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 2774B Jungmann SPD 2778 D Müller (Wadern) CDU/CSU 2780 D Frau Beer GRÜNE 2381 D Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen 11/1069, 11/1081) Esters SPD 2783 B Borchert CDU/CSU 2785 B Volmer GRÜNE 2786 D Frau Folz-Steinacker FDP 2789 A Klein, Bundesminister BMZ 2790 A Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen (Drucksachen 11/1071 11/1081) Hiller (Lübeck) SPD 2791 D Dr. h. c. Lorenz CDU/CSU 2793 B Frau Hensel GRÜNE 2796 B Hoppe FDP 2798 B Sielaff SPD 2799 C Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 2801D Nächste Sitzung 2803 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2804* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 24. November 1987 41. Sitzung Bonn, den 24. November 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Adam-Schwaetzer 24. 11. Dr. Ahrens * 27. 11. Antretter * 24. 11. Frau Beck-Oberdorf 27. 11. Böhm (Melsungen) * 27. 11. Büchner (Speyer) * 27. 11. Bühler (Bruchsal) * 26. 11. Dr. Dollinger 27. 11. Duve 27. 11. Ehrbar 27. 11. Frau Fuchs (Verl) 27. 11. Dr. Geißler 27. 11. Dr. Haack 27. 11. Haar 24. 11. Frau Dr. Hartenstein 26. 11. Frau Dr. Hellwig 27. 11. Heyenn 27. 11. Höffkes 24. 11. Hörster 26. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ibrügger 24. 11. Kiechle 25. 11. Klose 27. 11. Kreuzeder 27. 11. Frau Luuk * 27. 11. Mischnick 24. 11. Dr. Möller 27. 11. Dr. Müller * 27. 11. Dr. Neuling 24. 11. Oesinghaus 24. 11. Paintner 27. 11. Paterna 24. 11. Petersen 27. 11. Reddemann * 26. 11. Reimann 24. 11. Schäfer (Mainz) 26. 11. Schmidbauer 26. 11. von Schmude 24. 11. Dr. Schöfberger 24. 11. Dr. Waigel 27. 11. Graf von Waldburg-Zeil 27. 11. Wieczorek (Duisburg) 27. 11. Wischnewski 27. 11. Würtz 27. 11. Zierer * 26. 11.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Klaus Rose


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aufgabe der deutschen Außenpolitik ist es, für Frieden in Freiheit zu sorgen. Jede Diskussion über den Einzelplan des Auswärtigen Amts muß sich dieser Überschrift unterordnen.
    Die heutige Aussprache über den Kanzlerhaushalt hat bereits Linien gezogen. Der Weg zum Frieden — ich würde lieber sagen: die Weiterwanderung auf dem Weg des Friedens; ich sage auch bewußt nicht „Weitermarsch" — mag umstritten sein, doch das Ziel soll uns alle vereinen, ich hoffe: wirklich alle. Keiner soll den Begriff „Frieden" verfälschen; denn auf keinen Fall kann Frieden ohne Freiheit sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zur Sicherung dieses Friedens können viele beitragen. Es sind natürlich die Politiker, es sind die Kirchen, es sind die Kaufleute, es sind die Touristen, und es sind die Medien. Es sind aber auch die Diplomaten, die für unser Vaterland Dienst in aller Welt tun.
    Ich weiß, daß in gewissen Kreisen über den auswärtigen Dienst nicht immer das beste Urteil gefällt wird. Man sollte zumindest wissen, daß man dort einen schweren Dienst leistet, weil nicht immer der Kaviar in Moskau oder der Champagner in Paris locken. Die Masse der Diplomaten, die über die ganze Welt verstreut sind — von Port au Prince auf Haiti bis Hanoi oder von Ouagadougou bis Bandar Seri Begawan, um ein paar exotische Namen zu nennen — , beweist, daß hier auch schwere Posten zu versehen sind.
    Das Parlament und der Haushaltsausschuß haben der Bedeutung des auswärtigen Dienstes erneut Rechnung getragen. In diesem Zusammenhang möchte ich etwas aufgreifen, was vorhin vom Redner der GRÜNEN und was auch von der Opposition insgesamt bestritten wurde. Wir sind im Haushalt 1988 wiederum auf dem Wege zur Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit des auswärtigen Dienstes fortgeschritten. Schwerpunkt der Haushaltsberatung war, durch personelle Verstärkungen und strukturelle Verbesserungen dem großen Ziel näherzukommen, nämlich auf den klassischen Feldern des diplomatischen Korps sowie auf den Gebieten der Wirtschaftsförderung, der Kulturbegegnung und der Völkerverbindung voranzuschreiten. Deshalb haben wir in einem Drei-Stufen-Plan 1986, 1987 und 1988 insgesamt 250 neue Stellen geschaffen. Auch wenn jetzt wieder wie im ganzen Bundeshaushalt 1 % der Stellen eingespart werden muß, bleiben trotzdem 188 zusätzliche Stellen übrig. Das ist ein größerer Zuwachs als bei allen anderen vergleichbaren Ministerien. Das Ergebnis ist mit 6 159 Stellen des auswärtigen Dienstes die zweitbeste Quote seit 1975.
    Auch in der Qualität der Stellen gibt es einen deutlichen Schritt nach vorn; denn bekanntlich werden nur geringerwertige Stellen eingespart, während höherwertige neu geschaffen werden. So gibt es kaum mehr eine Botschaft, deren Leiter unter A 16 eingestuft ist, und auch im mittleren und im gehobenen Dienst ist einiges getan worden.
    Ich möchte deshalb mögliche Aussagen der Opposition, die auch schon im Ausschuß gefallen sind, zurückweisen. Wer selbst zu einer Kappung der Planstellen um 127 beigetragen hat, darf jetzt nicht beim Zuwachs von 188 Stellen wehklagen. Wer die entsprechende Personalausstattung trotz schwieriger gewordener Arbeits- und Lebensbedingungen verweigert hat, solange er regierte, der ist jetzt mit Forderungen aus der Opposition heraus unglaubwürdig.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: War der Außenminister nicht der gleiche?)

    Trotzdem freue ich mich, daß die Opposition unseren Weg unterstützt. Das gilt besonders für die überschwenglichen Forderungen, noch mehr zu tun; das hat die SPD im Ausschuß laufend gemacht. Auch die GRÜNEN haben heute noch einmal vorgetragen, sie wollten unendlich viel mehr tun, allerdings bei gewissen anderen Bereichen sparen. Ich bin sicher, wir werden uns irgendwo in der Mitte treffen.
    Wir alle haben die Herausforderungen der Zukunft erkannt. Die Tendenz zu immer stärkerer internationaler Verflechtung wird sich fortsetzen. Die Bedeutung der Außenpolitik wird sich vergrößern. Die Bundesrepublik als Mittelmacht an der Schnittstelle des geteilten Europa ist besonders auf Absicherung und Abstützung angewiesen, im Verbund der Europäischen Gemeinschaft und des westlichen Bündnisses, in der Verständigung mit den Ländern Osteuropas und in der Zusammenarbeit mit allen Staaten und Völkern, die hierzu bereit sind. Diese Zusammenarbeit zu fördern soll unser aller Ziel sein.
    Damit möchte ich zu einigen wenigen Inhalten der deutschen Außenpolitik kommen.

    (Zuruf von der SPD: Es sind bisher nur wenige!)

    Sie berühren beispielsweise die politische Zusammenarbeit mit den Ländern der Dritten Welt. Hier möchte ich einen Punkt aufgreifen, zu dem sich der Kollege von den GRÜNEN bereits geäußert hat, nämlich unsere Ausstattungshilfe. Im Gegensatz zu Ihnen von den GRÜNEN, die die Ausstattungshilfe insgesamt ablehnen, ja, sogar verteufeln wollen, und auch im Gegensatz zu manchen von der SPD, die sich zwar umgestellt haben, aber immer noch meinen, die Ausstattungshilfe sei nicht der richtige Weg, um in der Dritten Welt zu helfen, sind wir der Überzeugung, daß diese Hilfe, die seit mehr als 20 Jahren geleistet wird, mit kleinen, aber sinnvollen und anerkannten Schritten zu einer wesentlichen Verbesserung der Infrastruktur der Länder Afrikas und sonstiger Länder der Dritten Welt beitragen kann. Wir werden demnächst das neue Dreijahresprogramm erörtern, und ich kann nur hoffen, daß es im Interesse der Sache zu einer breiten Übereinstimmung der Fraktionen kommt. Es wäre schön, wenn die GRÜNEN ihre ideologischen



    Dr. Rose
    Scheuklappen ablegen könnten. Denn die Ausstattungshilfe ist ein ideales Programm, mit wenig Mitteln viel zu helfen. Jeder, der einmal im Jahr bei der Ausstattungshilfe-Reise dabei ist — und da sitzen viele Kollegen; es ist also nicht bloß immer der Klaus Rose, der durch die Welt reist,

    (Schily [GRÜNE]: Aber meistens!)

    sondern es sind viele Kollegen, die bei solchen Anlässen dabei sind —, weiß, wie die Ausstattungshilfe geachtet wird, daß sie als wertvoll betrachtet wird, und ich hoffe deshalb sehr, daß wir auch diesen Mitteln unsere Zustimmung geben können.
    Meine Damen und Herren, auch im Bereich der humanitären Hilfe bleiben wir gefordert. Selbstverständlich könnte man da noch viel mehr machen. Es liegen Anträge, die Mittel für die humanitäre Hilfe aufzustocken, sowohl von den GRÜNEN als auch von der SPD vor, und auch wir sind überzeugt, daß man mehr tun müßte. Aber das Instrument der im Notfall einsetzbaren überplanmäßigen Ausgaben führt uns auf jeden Fall dazu, daß dann, wenn Not am Mann ist, auch die entsprechenden Mittel gegeben werden können, so daß man nicht unbedingt vorher im Haushalt höhere Millionenbeträge einsetzen muß. Wo Not ist, muß geholfen werden. Das ist auch unsere Auffassung. Nur sind die Mittel für den Haushalt 1988 nicht ohne weiteres auszuweiten gewesen.
    Eines muß man allerdings wissen: Bei der humanitären Hilfe tauchen meistens Länder auf, die plötzlich in Notsituationen kommen, die durch ihr politisches System verursacht sind. Es sind neben Afghanistan, Äthiopien oder Angola eine Reihe anderer Länder, die hauptsächlich wegen marxistischer Systeme in Schwierigkeiten geraten sind. Auch das muß man der Öffentlichkeit sagen, wenn nach Hilfe gerufen wird. Die humanitäre Hilfe wird von uns unabhängig von Schwierigkeiten, die in einem Land auf Grund seines politischen Systems entstehen, gegeben, aber man muß wissen, warum es zu den Flüchtlingsströmen in der Welt kommt, man muß wissen, warum es dazu kommt, daß ein Land überhaupt in Not gerät, und man soll auch wissen, warum die Bundesrepublik Deutschland dann trotzdem hilft.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich meine deshalb, wir sollten z. B. von Angola, wo der Herr Bundesaußenminister vor kurzem war, nicht bloß die eine Seite, die Regierungsseite, also die marxistische Seite, sehen, sondern sollten auch die freie Republik Angola sehen. Da übermorgen in Bonn eine Pressekonferenz mit dem Ziel, deren Schicksal darzustellen, stattfindet, meine ich, es wäre schön, wenn unsere Journalisten dorthin genauso eilen würden wie früher zu Vietnam-Terminen oder zu Nicaragua-Sit-ins.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, jeder weiß, daß die Bundesrepublik Mitglied in zahlreichen internationalen Organisationen ist. Neben der UNO sind dies vor allem die UNESCO und das Internationale Kinderhilfswerk UNICEF. All diese Organisationen leiden unter Finanzproblemen. Uns kann nicht daran liegen, diese Organisationen auszutrocknen, doch ideologische
    Bocksprünge können wir ebensowenig durchgehen lassen. Die UNESCO scheint ja nun auf einem guten Weg zu sein, wobei ich noch einmal daran erinnern möchte, daß es ohne eine deutliche Haltung der Koalitionsfraktionen und hier auch und ganz besonders der CSU nicht zur Reform und nicht zu einem neuen Generalsekretär gekommen wäre. Vor drei oder vier Jahren haben wir das auch in diesem Hause noch anders beurteilt, und wir können nur dafür dankbar sein, daß mit einem neuen Generalsekretär auch ein neuer Weg auf finanziellem Sektor beschritten wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Ein ähnliches Problem taucht ja jetzt bei der UNICEF auf. Mühsam bettelt dieses Kinderhilfswerk um jeden Dollar, bettelt um viele Mark. Der Steuerzahler in der Bundesrepublik gibt derzeit 15,5 Millionen Mark für UNICEF aus. Was aber reitet die Verantwortlichen von UNICEF? Sie vergraulen einen ihrer spendenträchtigsten Sonderbotschafter und jammern über entgangene Einnahmen.

    (Beckmann [FDP]: Ja, das war eine Unverschämtheit!)

    Es geht heute nicht um die Tennisleistungen von Boris Becker. Darüber will ich gar nicht reden. Wer ihn aber nicht mehr als UNICEF-Botschafter will, weil er vor vielen Jahren als unpolitischer Jüngling in Südafrika Tennis spielte,

    (Frau Eid [GRÜNE]: Das ist er leider heute auch noch!)

    der braucht eigentlich auch nicht den deutschen Steuerzahler zu bemühen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich gebe auch Steffi Graf recht, wenn sie sich jeglicher politischer Bewertung künftiger Tennisspiele mit Südafrikanerinnen enthielt. Hier schlägt nämlich Ideologie in Blindheit um, und das ist dann genauso wie bei dem berühmten Siegerpferd, das in Neuseeland einen Preis nach dem anderen einritt und dann plötzlich aus dem Verkehr gezogen wurde, weil sich herausgestellt hatte, daß das arme Pferd in Südafrika geboren war.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Machen Sie sich doch nicht lächerlich!)

    Südafrika ist offensichtlich überhaupt das Hauptreizwort der deutschen Politik, zumindest der deutschen Außenpolitik. Doch alles kommt sowieso in Bewegung: Der Herr Bundeskanzler reiste nach Mosambik, und Strauß wird es ebenfalls tun. Der Herr Genscher hat Angola besucht, vielleicht wird er demnächst auch Südafrika besuchen. Der Vorsitzende der Nord-Süd-Kommission war überall, vielleicht noch nicht in Südafrika. Aber vielleicht kommt er auch dorthin.

    (Zuruf von der SPD: Blüm vielleicht auch!)

    Man merkt: Alles ist in Bewegung. Die alten Griechen hätten gesagt: Panta rhei.

    (Beifall bei der SPD)




    Dr. Rose
    Ich finde es gut, daß alles im Fluß ist, weil dadurch auch die unterschiedlichsten Gruppen miteinander reden und dadurch vielleicht auch, so wie wir einmal eine neue Ostpolitik hatten, eine neue Südpolitik entstehen kann, die zum Nutzen der Menschen in der ganzen Welt sein kann.

    (Frau Eid [GRÜNE]: Aber hoffentlich nicht nach Ihrem Zuschnitt!)

    Denn zahlreiche neue politische Kräfte sind dort entstanden. Der Gegenpol, den manche immer noch sehen — hier sind die bösen Buren, und da ist der fortschrittliche und menschliche ANC — , ist längst verschwunden. Es gibt eine Reihe neuer Kräfte, mit denen man reden sollte. Diese neuen Kräfte sind auch aufgerufen, zum friedlichen Prozeß in Südafrika beizutragen. Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll, daß ein deutscher Lehrer an einer Auslandsschule in Südafrika Bedenken hatte, ob er damit der Apartheid hilft oder ob er nicht vielleicht doch eine vernünftige Kooperation durchführt, die auch den Schwarzen helfen soll. Ich bin dankbar, daß vom Jahre 1988 an, z. B. in der deutschen Schule in Kapstadt, Programme für nichtweiße Schüler entwickelt werden und damit der gemischt-rassige Prozeß auch auf diese Weise unterstützt wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Eid [GRÜNE]: Das hat aber sehr lange gedauert!)

    Meine Damen und Herren, wir haben das Programm südliches Afrika deshalb nochmals aufgestockt. Aber ich möchte folgendes sagen: Wenn wir dankbar und stolz sind, daß Goethe-Institute inzwischen nicht bloß in Bukarest, sondern auch in Budapest oder in Peking sind, wenn wir damit rechnen können, daß Goethe-Institute in Prag oder Warschau eröffnet werden, dann frage ich, was denn daran verkehrt sein soll, daß deutsche Schulen oder GoetheInstitute auch im südlichen Afrika sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf der Abg. Frau Eid [GRÜNE])

    Wir sollten diese Scheuklappen ablegen, wir sollten uns nicht scheuen, überall hinzufahren und damit auch zu zeigen, daß wir Außenpolitik zu machen verstehen, indem wir mit den Leuten und nicht übereinander reden und niemanden aussparen, der nach irgendeinem Lehrbuch, das Sie irgendwo gelesen haben, vielleicht nicht in Ihr Konzept paßt.
    Ich meine, die deutsche Außenpolitik ist auch auf Grund des Haushalts 1988 auf einem guten Weg. Die Änderungsanträge, die von den GRÜNEN gestellt worden sind, überzeugen nicht. Ich meine, die CDU/ CSU kann dem Haushalt zustimmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Voigt (Frankfurt).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karsten D. Voigt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Rose, Ihre Bemerkungen zu Südafrika waren ausführlich. Aber das, was Sie möglicherweise als Humor verstanden haben, war angesichts der Realität des Rassismus, der Unterdrückung und der Morde durch die staatliche Seite unangemessen, falsch und meiner Meinung nach beschämend.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Sie sind Mitglied im Haushaltsausschuß, Sie sind hier Sprecher für die CDU/CSU. Sie haben kein Wort zu dem Gesetz über den auswärtigen Dienst gesagt. Das erfüllt mich mit Sorge. Dieses Gesetz ist immer wieder verzögert worden. Es zeichnet sich ab, daß der Bundesaußenminister, der auf unser Drängen jetzt zugesagt hat, daß die Regierung ein solches Gesetz vorlegen werde, wieder einmal nicht damit rechnen kann, daß er für die gesamte Koalition spricht, sondern daß hier Vertreter aus der CDU/CSU so etwas sabotieren. Das bestärkt uns in unserer Absicht, durch Drängen, durch parlamentarische Initiativen und auch durch die Diskussion in der nächsten Sitzung des Auswärtigen Ausschusses endlich eine Vorlage der Bundesregierung in diesem Bereich zugunsten der Beschäftigten im auswärtigen Dienst zu verlangen.

    (Repnik [CDU/CSU]: Das ist nicht nötig, Herr Voigt! — Zuruf des Abg. Dr. Rose [CDU/ CSU])

    Das Wichtigste, was in der Außenpolitik in den nächsten Wochen bevorsteht, wird das Gipfeltreffen zwischen den beiden führenden Männern der USA und der Sowjetunion sein. Wir sehen in diesem Treffen und den Fortschritten in der Zusammenarbeit zwischen den USA und der Sowjetunion eine große Chance für die Verwirklichung auch spezifisch europäischer Interessen. Wir sehen Chancen dafür, daß das, was wir lange Zeit gefordert haben, nämlich eine zweite Phase der Entspannungspolitik, jetzt auch zu einer Politik werden könnte, der sich die USA zwar nicht insgesamt anschließen, aber der sie doch in weiten Teilen zu folgen bereit sind. Wir Sozialdemokraten haben in einer Phase, als die USA und die Sowjetunion zunehmend in Widerspruch und Spannung zueinander gerieten, versucht, die Ergebnisse der ersten Phase der Entspannungspolitik zu retten. Wir gerieten damals in Widerspruch zu der Reagan-Administration, weil sich diese nicht genug um Abrüstungsschritte bemühte.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Heute geraten Teile der CDU/CSU mit der Reagan-Administration in Konflikt, weil sich USA und Sowjetunion auf Abrüstungsschritte einigen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Dieser Gegensatz im Verhalten ist Ausdruck der unterschiedlichen Natur unserer Parteien. Wir Sozialdemokraten hatten innerparteiliche Schwierigkeiten beim Beginn der Stationierung. Die CDU/CSU hat innerparteiliche Schwierigkeiten bis zum Rücktritt ihres „abrüstungspolitischen Sprechers" — so hieß er ja — Todenhöfer beim Beginn von abrüstungspolitischen Vereinbarungen. Im Gegensatz zur CDU/CSU begrüßen wir die doppelte Null-Lösung ohne Vorbehalte und auch ohne Hintergedanken. Bundesverteidigungsminister Manfred Wörner hat noch vor wenigen Tagen vor dem Reservistenverband gesagt: Die Abschaffung der nuklearen Mittelstreckenwaffen er-



    Voigt (Frankfurt)

    höht die Gefahr. — Er hat Angst vor nuklearer Abrüstung.

    (Bundesminister Dr. Wörner: Können Sie bitte vollständig zitieren!)

    — Sie können hier nachher endlich einmal Ihre Haltung klarstellen, ob Sie wieder einmal einer neuen Nachrüstung das Wort reden, so wie Sie damals eigentlich schon gegen den Doppelbeschluß waren,

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    weil Sie fürchteten, er könne in Abrüstung enden, oder ob Sie endlich einmal bereit sind, ohne Wenn und Aber

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Einseitige Abrüstung!)

    die doppelte Null-Lösung zu unterstützen. Und wenn Sie sie aus sicherheitspolitischen Gründen bejahen, Herr Wörner, dann müßten Sie auch dafür sorgen, daß nicht jetzt in der NATO weiter über eine Kompensation durch die Stationierung von FB-111-Bombern und F-15- oder F-16-Bombern oder zusätzlichen anderen nuklearen Bomben und Raketen nachgedacht wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Entweder haben Sie den Mut, zu sagen: Ich stehe zur doppelten Null-Lösung, weil sie den sicherheitspolitischen Interessen des Westens nützt. Aber wenn sie ihnen nützt, dann brauchen wir doch keine Nachrüstung und keine Kompensation auf der anderen Seite, weder bei den größeren noch bei den kürzeren Reichweiten.

    (Jungmann [SPD]: Er braucht das, damit er abrüsten kann!)

    Oder sie nützt den sicherheitspolitischen Interessen des Westens nicht, so wie Sie es dort gesagt haben. Dann sollten Sie sich hier hinstellen und sagen: Ich als Verteidigungsminister kann die Verantwortung nicht übernehmen; ich trete zurück. Aber dieses Geeiere, daß einerseits der Bundesaußenminister immer sagt, wie löblich und schön das immer sei, und daß Sie dann zu diesen NATO-Treffen fahren und immer schon dabei sind, wenn die neue Nachrüstung vorbereitet wird, dieser Widerspruch ist kein Ausdruck konzeptioneller Einheit, dieser Widerspruch ist kein dialektischer Widerspruch; er ist ausschließlich Ausdruck von Konzeptionslosigkeit und Handlungsunfähigkeit.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Kein Beifall von der SPD!)

    Ich glaube, es geht jetzt darum, daß wir nicht neue Aufrüstung vorbereiten, während dieser Vertrag, der ein erster Schritt zur Abrüstung ist, noch nicht einmal unterzeichnet ist. Es geht darum, daß wir die folgenden Schritte der Abrüstung sowohl bei den interkontinentalen Systemen wie auch bei den kürzeren Reichweiten — den Kurzstreckensystemen und den Gefechtsfeldwaffen — , bei konventionellen und bei chemischen Waffen konzeptionell vorbereiten.
    Herr Dregger und Herr Rühe haben hier immer gesagt — übrigens zu Recht — : Die Abrüstung darf nach der doppelten Null-Lösung nicht enden; da darf es keine Brandmauer geben. Ich teile diese Auffassung.
    Das entspricht den deutschen Interessen. Doch wo sind Ihre Vorschläge für die Abrüstung in diesem Bereich? Ich warte darauf. Ein Appell an die Sowjetunion, etwas zu tun, ist noch kein abrüstungspolitisches Konzept. Sie haben doch selber immer gesagt: Man kann nicht allein durch einseitige Gesten etwas lösen; man muß erst etwas in Verträge gießen, damit es völkerrechtlich verbindlich ist. Das sind doch die Aussagen aus den vergangenen Jahren. Das damalige Argument, daß jede Seite es revidieren kann, wenn es nicht völkerrechtlich verbindlich ist, ist wirklich gültig. Also wo sind da Ihre Vorschläge für Verhandlungen und Verhandlungsergebnisse in diesem Bereich?
    Ich glaube, es geht hier darum, ein Konzept zur Abrüstung — konventionell und nuklear für die kürzeren Reichweiten — vorzulegen. Ich habe einen Vorschlag. Sie sollten sich auch heute festlegen. Das sollten Sie heute auch sagen. Sonst dürfen Sie sich nicht wundern, wenn wir Ihnen vorwerfen, daß Sie hier in Wirklichkeit eine neue Aufrüstung vorbereiten. Sie sollten heute klar sagen: Eine Nachrüstung im Bereich der Raketen unter 500 Kilometer gibt es für uns nicht. Eine solche klare Aussage von Ihrer Seite vermisse ich bisher. Sie wissen genau, daß im westlichen Bündnis die Absicht besteht, die Lance-Raketen mit größerer Reichweite in größerer Stückzahl bei uns zu stationieren. Diese Debatte ist eine Möglichkeit, klar zu sagen: Wir als Koalitionsfraktionen — das wären dann Sie — sagen kategorisch nein. Wie Jochen Vogel vorhin gesagt hat, gäbe das eine Möglichkeit zu neuen Gemeinsamkeiten. Oder aber Sie entwickeln andere Konzepte der Abrüstung, z. B. den Vorschlag für eine dritte Null-Lösung als Einstieg für den Reichweitenbereich zwischen 150 und 500 km. Dies vielleicht, weil dort überwiegend Raketen mit einer Reichweite sind, von denen der Westen bisher so gut wie nichts hat, wo die Sowjetunion tatsächlich asymmetrisch abrüsten müßte.
    Dafür muß man dann auch ein solches Verhandlungskonzept vorlegen. Man kann nicht sagen, daß man das gemeinsam mit der konventionellen Abrüstung verhandeln will, wenn man weiß, daß der eigene Bündnispartner, die Franzosen, bezüglich der Wiener Verhandlungen, die jetzt im nächsten Jahr beginnen sollen, gesagt haben: Wenn bei diesen Wiener Verhandlungen über nukleare Abrüstung gesprochen wird, dann steigen wir aus. Bei dieser Realität, die nicht ein Teil der Problematik zwischen Ost und West, sondern ein Teil der Problematik innerhalb des Westens ist, müßten Sie Konsequenzen ziehen, entweder indem Sie die Franzosen zur Meinungswende bekehren, oder aber indem Sie sagen: Wir machen daneben ein paralleles Verhandlungsforum auf, wir als CDU/CSU, als Bundesregierung fordern das. Ich habe so etwas von Ihnen bisher nicht gehört. Ich bin gespannt, was der Herr Bundesaußenminister nachher dazu sagen kann.
    Wenn Raketen mit dieser Reichweite dann in Ost und West wegverhandelt worden sind, dann kommt tatsächlich unser Vorschlag für einen atomwaffenfreien Korridor zum Tragen, weil dort schon von der Kategorie der Atomwaffen und ihrer Trägersysteme her zwischen nuklearen und konventionellen Waffen



    Voigt (Frankfurt)

    gar nicht unterschieden werden kann. Wenn man dort einen nuklearwaffenfreien Korridor vereinbart, dann muß man tatsächlich auch Schritte in Richtung auf eine beiderseitige strukturelle Nichtangriffsfähigkeit machen. Das ist auch unser Ziel.
    Nun hat es in den letzen Tagen eine Diskussion über die europäischen Interessen innerhalb der NATO gegeben. Ich möchte ausdrücklich der britischen Premierministerin widersprechen, die behauptet hat, daß eine engere Koordinierung der westeuropäischen Interessen innerhalb der NATO der NATO insgesamt und den transatlantischen Beziehungen insbesondere schaden würde. Das ist nicht wahr. Ein wachsendes Selbstbewußtsein, eine wachsende Zusammenarbeit innerhalb Westeuropas und eine größere Gleichberechtigung der Westeuropäer innerhalb der NATO sind Voraussetzungen für eine Gesundung des transatlantischen Verhältnisses. Ein europäischer Pfeiler ist also nötig, um die NATO auch auf Dauer in ihrem Verhältnis zwischen den USA und Westeuropa zu stabilisieren. Ich möchte der britischen Ministerpräsidentin ausdrücklich widersprechen. Ich glaube, dieses Signal sollten wir gemeinsam von dieser Debatte aus in Richtung London senden.

    (Beifall bei der SPD)

    Andererseits möchte ich den GRÜNEN widersprechen, die glauben, eine solche westeuropäische sicherheitspolitische Kooperation und Integration sei im Widerspruch zu einer gesamteuropäischen Entmilitarisierung.

    (Widerspruch bei den GRÜNEN)

    Das ist falsch. Im Gegenteil: Auf der Grundlage einer sicherheits- und abrüstungspolitischen Zusammenarbeit in Westeuropa kann Westeuropa selbstbewußter, gleichberechtigter

    (Dr. Mechtersheimer [GRÜNE]: Nuklear?)

    auch mutige Schritte der Entspannungspolitik innerhalb des Westens formulieren und gemeinsam gegenüber Osteuropa initiativ werden.

    (Dr. Lippelt [Hannover] [GRÜNE]: Herr Voigt, die Meinung kennen wir von Helmut Schmidt! Sie wiederholen nur, was Helmut Schmidt sagt!)

    Die westeuropäische Kooperation und Integration auch im militärischen Bereich sind kein Widerspruch zu dem Ziel der gesamteuropäischen Entmilitarisierung des Ost-West-Konflikts und der Entspannungspolitik, so wie wir sie wünschen.
    Es geht nicht, wie Sie meinen, um eine westeuropäische Nuklearstreitmacht. Da sind wir dagegen. Deshalb glauben wir, solange Nuklearwaffen im Ost-West-Konflikt noch eine Rolle spielen, so lange bleiben wir in dieser Beziehung abhängig von den Vereinigten Staaten. Ich bin ausdrücklich der Meinung — wir Sozialdemokraten insgesamt —, daß wir uns gegen jede Tendenz wenden sollten, die französischen und britischen Nuklearwaffen in eine europäische Nuklearstreitmacht umzuwandeln.

    (Beifall bei der SPD)

    Im Gegenteil: Uns geht es darum, daß der jetzige Zustand der französischen Kurzstreckenraketen, der sogenannten prästrategischen Waffen, der ja unsere spezifischen Interessen betrifft, geändert wird. Als Herr Präsident Mitterrand hier war, hat er einen wichtigen Hinweis in diese Richtung gegeben. Ich glaube, wir sollten hier sagen: Wir Sozialdemokraten sind der Meinung, ihr Franzosen tut dem deutsch-französischen Verhältnis keinen Gefallen, ihr schadet dem deutsch-französischen Verhältnis, ihr könnt ihm aber nutzen, wenn ihr diesen Zustand ändert; die jetzige Stationierung von Pluton, die spätere Stationierung von Hades ist nicht unseren Interessen gemäß; schafft diese Waffen weg!

    (Beifall bei der SPD)

    Ich glaube, der Präsident der Französischen Republik hat recht, wenn er sagt, daß Abschreckungswaffen nicht potentielle Freunde und Verbündete bedrohen dürfen. Deshalb, glaube ich, sollte man daraus nicht nur in der Deklaration, sondern auch in der eigenen Strategie und in den Beschaffungsprogrammen Konsequenzen ziehen. Deshalb müssen diese prästrategischen Waffen weg; sie sind ein Hindernis für eine Vertiefung der Zusammenarbeit, auch in sicherheitspolitischen und militärischen Fragen in Europa, die wir im konventionellen Bereich insbesondere zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich wünschen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, darf ich am Schluß meiner Ausführungen noch etwas zu dem sagen, was Bundeskanzler Kohl heute morgen bereits ausgeführt hat und worauf Herr Rose auch noch einmal eingegangen ist, nämlich zur Afrikapolitik der Bundesregierung?
    Es ist zwar nett, daß der Bundeskanzler dort hingefahren ist. Das finde ich gut: Reisen bildet — kann man wenigstens hoffen.

    (Zurufe von der CDU/CSU und der SPD)

    Aber, Herr Bundeskanzler, es ist beschämend, daß Sie zwar nach Mosambik gefahren sind und sagen, wir sind bereit, an Mosambik bestimmte Hilfen zu zahlen, daß Sie aber nicht bereit sind, die Destabilisierungspolitik Südafrikas in Angola zu verurteilen. Herr Rose hat dort in bezug auf den unter dem Einfluß der Unita stehenden Bereich sogar von der freien Republik Angola gesprochen. Das ist eine Destabilisierungspolitik, die die Republik Südafrika dort betreibt.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: Die anderen sind Stabilisatoren?!)

    Selbstverständlich müssen wir uns auch dagegen wenden, und selbstverständlich hat nicht nur Mosambik, sondern auch Angola die Wiederaufnahme der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit verdient.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Eine Reise nach Mosambik, sosehr sie bildet, sosehr sie zu Erkenntnissen und Einsichten führt, ist kein Ersatz für eine klare Politik gegenüber dem Apartheid-Regime.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Diese alte Leier!)

    Das Apartheid-Regime muß weg. Die Bundesregierung müßte sich den Sanktionen, die in den Vereinten



    Voigt (Frankfurt)

    Nationen gefordert worden sind anschließen. Sie sollte dort anders abstimmen. Sie sollte in den Vereinten Nationen nicht weiter der treueste Verbündete des südafrikanischen Rassistenregimes sein. Die Bundesregierung sollte den Mut haben, zumindest die Sanktionen zu unterstützen, die der amerikanische Kongreß für sich, für die Vereinigten Staaten selber, begrüßt und beschlossen hat.
    Solange die Bundesregierung nicht bereit ist, in diesem Bereich aus der allgemeinen verbalen Kritik am Apartheid-Regime konkrete Konsequenzen zu ziehen in bezug auf Sanktionen und in bezug auf die Aufnahme formeller Beziehungen und Kontakte mit dem ANC, so lange glaube ich, daß es eine allgemeine, verwaschene Rhetorik bleibt, die dazu führt, daß einerseits zwar Strauß ein bißchen murrt, sich aber auch noch ein bißchen in dem repräsentiert fühlen kann, was der Entwicklungshilfeminister Klein sagt, und daß andererseits die FDP sagen kann: Eigentlich meinen wir, das, was der Bundeskanzler gesagt hat oder gesagt haben könnte — seine Äußerungen sind ja immer vielfältig interpretierbar — , könnte auch den Vorstellungen der FDP entsprechen.
    Diese Ambivalenz, diese Vieldeutigkeit, diese Nebulosität auch während der Reise des Bundeskanzlers nach Afrika ist kein Ersatz für ein gemeinsames Konzept. Hier heißt es, sich zu entscheiden, hier heißt es, Farbe zu bekennen, und hier heißt es, daraus praktische Konsequenzen zu ziehen. Ich glaube, daß die Konsequenzen noch ausstehen.
    Ich halte es auch nicht für ganz zufällig — vielleicht sagt der Bundesaußenminister nachher dazu noch etwas —, daß die früher so bekannten und berühmten Namibia-Initiativen, zu denen er sich auch hier im Parlament mehrfach bekannt hat, inzwischen sanft entschlummert sind, daß aber Namibia im Rahmen der Beschlüsse der Vereinten Nationen noch immer nicht selbständig geworden ist und daß die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auch nichts Konstruktives mehr getan hat. Im Gegenteil: Der Entwicklungshilfeminister Klein hat sogar für die Aufnahme der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit Namibia, das letzten Endes noch unter Kolonialstatus steht, plädiert. Dies halte ich für einen untragbaren Zustand.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Repnik [CDU/CSU]: Um den Schwarzen zu helfen! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Gerade angesichts der deutschen rassistischen Vergangenheit muß gegenüber Südafrika klar Position bekannt werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Zu den neckischen Bemerkungen von Herrn Rose am Anfang über Sportler und Nichtsportler: Ich glaube, daß man deutschen Sportlern sagen muß: Bundesdeutsche Sportler gehören nicht in eine sportpolitische Zusammenarbeit nach Südafrika.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Das glauben Sie ja selber nicht!)

    Dies ist nicht eine Absage an die sportpolitische Zusammenarbeit, sondern es gibt bei dieser Frage, bei der Frage der Zusammenarbeit auch im sportlichen Bereich mit Südafrika, auch moralische Kategorien. Sport ist ein Element der Völkerverständigung, und Sportzusammenarbeit darf nicht einer Legitimierung von Regimen oder einer Zusammenarbeit mit Regimen dienen, die vom Rassismus geprägt sind.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Was ist mit der Sowjetunion? — Zuruf von der CDU/CSU: Vietnam, Pnom-Penh!)

    — Vielen Dank für den Zwischenruf. Ich sage Ihnen bei aller Kritik an der Sowjetunion, die ich übrigens im Gegensatz zum Herrn Bundeskanzler nicht damit beleidige, daß ich Goebbels und Gorbatschow miteinander vergleiche — das lasse ich jetzt mal weg — , vergleiche ich die Sowjetunion nicht mit dem Rassisten-regime in Südafrika; denn dies ist das einzige Regime, wo sich Leute aufgrund ihrer Hautfarbe und ihrer Rasse nicht gleichberechtigt an dem Staatswesen beteiligen dürfen.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Was ist mit den Afghanen? — Repnik [CDU/CSU] : Fragen Sie mal die deutschen Minderheiten in der Sowjetunion!)

    Wer diesen Unterschied zwischen dem Prinzip, auf dem das Apartheid-Regime beruht, und unserer Kritik an anderen Diktaturen in der Welt, Ost wie West, nicht begreift, der hat die deutsche Geschichte nicht begriffen. Das muß ich sagen.

    (Beifall bei der SPD)

    Insofern beweisen Ihre Zwischenrufe, daß der Ungeist, der zu Ihrem Vergleich zwischen Goebbels und Gorbatschow geführt hat, bei Ihnen eigentlich immer noch nicht ausgeräumt ist. Sie müssen noch ein bißchen geschichtlichen Nachhilfeunterricht nehmen. Eine solche historische Diskussion, wie sie jetzt in der Sowjetunion mit der Aufarbeitung der eigenen Geschichte stattfindet, täte Ihnen auch ganz gut.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD bereitet eine zweite Phase der Entspannungspolitik vor. Wir sind froh, daß die FDP und Teile der CDU/ CSU mit uns in dieser Frage einen gemeinsamen Weg gehen wollen. Wir wollen eine zunehmende Entmilitarisierung des Systemgegensatzes zwischen Ost und West. Schritte in diese Richtung sind nur möglich, wenn man die Sowjetunion in ihrem neuen Denken testet. Es geht darum, konstruktive Gegenvorschläge zu machen. Die stehen bisher aus. Die fordern wir. Wir haben sie vorgelegt.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD)