Rede von
Rainer
Haungs
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der ersten Petition in Sachen Bausparwesen hat der Ausschuß mehrheitlich beschlossen, sie der Bundesregierung zur Kenntnisnahme zu überweisen. Ich gebe zu, daß der Berechnungsmodus der Bausparkassen nicht unbedingt verbraucherfreundlich ist. Es ging in diesem Punkt ja lediglich um die Bausparkassen.
Was ist der Stein des Anstoßes? Die bekanntermaßen günstigen Zinsen der Bausparkassen werden nach Höhe der Darlehensschuld am Beginn des Vierteljahres berechnet, was natürlich zu der Illusion führen kann, wie Sie, Frau Kollegin, es hier dargelegt haben, daß dem Verbraucher hier zuviel abgenommen wird. Nur, ich möchte Ihnen sagen: Wenn wir einen anderen Abrechnungsmodus finden, was ich begrüßen würde, dann würde dafür nach der Berechnung der Zinssatz wahrscheinlich steigen. Ihre Berechnung, hier könnte 1 Milliarde DM eingespart werden, halte ich für absolut illusorisch.
Desweiteren hat sich der Petent darüber beklagt — diese Klage hat er aber wieder zurückgenommen — , er werde nicht angemessen an den Gewinnüberschüssen beteiligt. Das geschah dann immerhin. Ich kann hier also keine ungerechte Behandlung sehen, nur, ich meine, man könnte es etwas transparenter gestalten, damit zumindest nicht der Eindruck erweckt wird, hier würde jemand ungerecht behandelt. Deswegen haben wir die Petition der Bundesregierung ja auch zur Kenntnisnahme überwiesen.
Dieser Konflikt ist ohne Zweifel vorhanden, aber, Frau Kollegin, wenn Sie das Urteil des Landgerichts Stuttgart erwähnen, muß ich Ihnen sagen: Das Landgericht Stuttgart hat in seinem Urteil aus dem Jahre 1987 die Wirksamkeit dieser Klausel bestätigt und in seiner Entscheidung festgestellt, daß solche Vertragsbestimmungen weder nach den Vorschriften des AGB-Gesetzes unwirksam sind noch von den wesentlichen Grundgedanken des Schuldrechts abweichen. Der Kreditnehmer wurde in diesem Falle nicht unangemessen entgegen dem Gebot von Treu und Glauben benachteiligt. Es ist hier also nicht möglich, auf Berücksichtigung zu plädieren. Aus diesem Grund hat der Ausschuß dieses Votum auch mehrheitlich abgelehnt.
Im zweiten Fall geht es um die Anrechnung von Kindergeld und Kindergeldzuschlag auf die Sozialhilfe. Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Petitionsausschuß mit der Problematik der Sozialhilfeempfänger, daß sie das gewährte Kindergeld oder den Kindergeldzuschlag auf ihre Sozialhilfeleistung angerechnet bekommen. Dies hat, wie Sie ausführten, zur Konsequenz, daß, wenn sich die Kindergeldleistungen erhöhen, der Sozialhilfeempfänger hiervon nichts in seinem Portemonnaie bemerkt. Es gab eine große
Anzahl von Eingaben. Wir haben auch darüber nachgedacht, ob es hier eine Änderung geben kann. Wir halten allerdings eine Änderung vom System der Sozialhilfe her nicht für machbar und plädieren deshalb dafür, diese Petition für erledigt zu erklären.
Die Anrechnung des Kindergeldes bzw. des Kindergeldzuschlages bei der Gewährung von Sozialhilfe ist auf den Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe zurückzuführen. Danach hat gemäß § 2 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz derjenige keinen Anspruch auf Sozialhilfe, der sich selbst helfen kann oder der die erforderlichen Hilfen von anderen erhält.
Auch der Kindergeldzuschlag muß in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden. Ich mache darauf aufmerksam, daß wir in den vorangegangenen Legislaturperioden mehrfach geprüft haben, ob die Anrechnung des Kindergeldes entfallen kann. Wie Ihnen bekannt ist, meine Damen und Herren, hat sich die Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Arbeits- und Sozialminister mit dieser Frage befaßt. Sie ist zu dem Ergebnis gelangt, daß eine Nichtanrechnung des Kindergeldes keine Möglichkeit wäre, sondern höchstens eine Verbesserung der Mehrbedarfsregelung darstellen würde.
Ich gebe zu, daß die Sozialhilfeempfänger auf Grund der gegenwärtigen Rechtslage faktisch nicht an den Erhöhungen des Kindergeldes und des Kindergeldzuschlags partizipieren. Hierbei sollte aber berücksichtigt werden, daß die Regelsätze ja auch angepaßt werden.
Herr Kollege Peter, ich möchte kurz auf Ihren Einwand eingehen, dieser Grundsatz werde beim Erziehungsgeld und den Leistungen der Stiftung „Mutter und Kind" durchbrochen. Diese Ausnahmeregelung war notwendig, weil nur auf diesem Weg auch den Einkommensschwachen die Betreuung und Erziehung eines Kindes ermöglicht wird und weil gleichzeitig den schwangeren Frauen, die sich aus wirtschaftlichen Gründen in einer Konfliktsituation befinden, das Ja zum Kind erleichtert werden kann. Aber eine weitere Durchbrechung des Prinzips der Nachrangigkeit der Sozialhilfe würde unser Sozialhilfesystem in Frage stellen. Vor diesem Hintergrund sieht meine Fraktion keine Möglichkeit, und wir plädieren, diese Petition als erledigt anzusehen.