Rede von
Dr.
Inge
Segall
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Hartenstein, den Knüppel der Vorschriften, Rechtsverordnungen und Gesetze haben wir als Legislative immer im Hinterraum liegen. Darauf können wir immer zurückgreifen.
Ich halte es für viel sinnvoller, daß wir es erst einmal anders herum probieren.
Aber jetzt zu unserem eigentlichen Thema: Schon seit einiger Zeit machen sich Wissenschaftler über mögliche Klimaveränderungen und Veränderungen der Erdatmosphäre Sorgen. Zwei Problemgruppen seien hier genannt, zum einen der sogenannte Treibhauseffekt, und zum anderen die Bedrohung der Ozonschicht. Bevor ich dieses Problem genauer erläutere, möchte ich feststellen, daß diese Schlagworte vom Ozonabbau und vom Treibhauseffekt nicht über die Kompliziertheit der Materie hinwegtäuschen dürfen. Ich denke, daß die Beratungen und die Ergebnisse der Enquete-Kommission diese Beurteilung bestätigen werden. Es ist erforderlich, die Enquete-Kommission einzusetzen, um genauestens zu untersuchen, welche Faktoren die beschriebenen Umweltgefahren hervorrufen.
Dann, aber erst dann, meine Damen und Herren von der Opposition, können Verbote erwogen werden. Meinen nicht auch Sie, daß Verbote nur zuleicht dem Bürger etwas vortäuschen, nämlich daß damit zum Schutz der Umwelt bereits alles erforderliche getan sei? Damit würden wir ihn in falschen Illusionen wiegen.
Nun möchte ich etwas genauer die schlagwortartig beschriebenen Umweltprobleme erläutern, die uns dazu bewegen, die Einsetzung einer Enquete-Kommission „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" zu beantragen.
Da ist erstens der sogenannte Treibhauseffekt. Gemeint ist damit, daß wärmerückstrahlende Gase die natürliche Wärmeabstrahlung von der Erde verhindern. In erster Linie ist dafür das Kohlendioxid, das insbesondere bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe freigesetzt wird, verantwortlich. Wie sich dieser Treibhauseffekt auswirkt, ist jedoch zum Beispiel auch davon abhängig, in welchem Umfang der Ozean Kohlendioxid speichert und wie sich diese Speicherkapazität bzw. deren Abnahme auf die mögliche Zunahme der CO2-Emissionen auswirkt. Eine exakte wissenschaftliche Aufklärung dieses Kohlendioxidkreislaufs ist nötig, bevor der Gesetzgeber effektiv handeln kann. Allerdings gibt es Kohlendioxidemissionen auch noch aus anderen Quellen, das ist mir klar.
Ich wies bereits darauf hin, daß in erster Linie das Kohlendioxid für den Treibhauseffekt verantwortlich ist, daneben aber auch Methan, Lachgas, Stickoxide usw., nicht zuletzt auch die Fluorchlorkohlenwasserstoffe.
Die Fluorchlorkohlenwasserstoffe sind jedoch weniger wegen ihres Mitwirkens beim sogenannten Treibhauseffekt so gefährlich; die Hauptgefahr der Stoffe dieser Gruppe liegt in ihrer aggressiven Wirkung gegenüber der Ozonschicht, womit ich zum zweiten
maproblem und zugleich zum Antrag der SPD hinsichtlich eines Verbots der Fluorchlorkohlenwasserstoffe komme.
Seit 1974 tauchen verstärkt Hinweise auf, daß Fluorchlorkohlenwasserstoffe in der Lage sind, die Ozonschicht der Stratosphäre anzugreifen. Diese Befürchtungen, die zum damaligen Zeitpunkt noch eher auf Hochrechnungen denn auf empirischen Beobachtungen beruhten, bewegten den Rat der Europäischen Gemeinschaft auf Initiative der Bundesrepublik im Jahre 1980 dazu, Fluorchlorkohlenwasserstoffe, dem Vorsorgeprinzip entsprechend, in ihrer Produktion und Verbreitung zu begrenzen. Danach sollten die Produktionskapazitäten für FCKWs nicht erhöht und spätestens bis zum 31. Dezember 1981 die Verwendung der FCKWs bei der Abfüllung von Sprühdosen um mindestens 30 % gegenüber dem Jahre 1976 verringert werden. Im EG-Durchschnitt, also nicht nur in der Bundesrepublik, betrug die Verringerung im Jahre 1985 35 % gegenüber 1976. Entsprechend der Ihnen allen bekannten Vereinbarung zwischen Herrn Umweltminister Töpfer und der Industriegemeinschaft Aerosole werden die gefährlichen FCKWs bis zum Ende des Jahres 1989 aus diesem Industriebereich vollkommen verschwunden sein. Schon deshalb ist das geforderte Verbot der FCKWs für diesen Bereich mehr eine propagandistische Maßnahme denn eine Maßnahme, die der Umwelt hilft, meine Damen und Herren von der Opposition.
Das wissen Sie auch ganz genau. Sie wissen nämlich, daß die wirkliche FCKW-Problematik nicht mehr die Aerosolindustrie betrifft, sondern im Bereich der Kunststoffverschäumung
und der Kältemittel angesiedelt ist. Dennoch betiteln Sie Ihren Antrag propagandistisch wirksam mit „Verbot des Einsatzes von FCKWs" in Aerosolen.
Will man die Ozonschicht schützen, so muß man in dem Bereich der Kunststoffverschäumung und bei der Kältemittelproduktion ansetzen.