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ID1102503600

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    Plenarprotokoll 11/25 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 25. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. September 1987 Inhalt: Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/700) in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1987 bis 1991 (Drucksache 11/701) Dreßler SPD 1667 B Fuchtel CDU/CSU 1671 C Frau Unruh GRÜNE 1673 B Mischnick FDP 1675 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 1678 D Jaunich SPD 1685 A Dr. Hoffacker CDU/CSU 1687 D Frau Krieger GRÜNE 1690D Frau Dr. Niehuis SPD 1693 A Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 1695 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 1699 C Dr. Spöri SPD 1700D Frau Vennegerts GRÜNE 1702 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 1704 B Frau Simonis SPD 1708 C Nächste Sitzung 1712 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1713* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1713* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1987 1667 25. Sitzung Bonn, den 11. September 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter * 11. 9. Bahr 11. 9. Bamberg 11. 9. Frau Beck-Oberdorf 11. 9. Dr. Biedenkopf 11. 9. Böhm (Melsungen) ** 11. 9. Brandt 11. 9. Büchner (Speyer) ' 11. 9. Dr. von Bülow 11. 9. Catenhusen 11. 9. Duve 11. 9. Eigen 11. 9. Erler 11. 9. Dr. Feldmann * 11. 9. Gattermann 11. 9. Frau Dr. Götte 11. 9. Dr. Götz 11. 9. Großmann 11. 9. Dr. Hauchler 11. 9. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 11. 9. Frau Dr. Hellwig 11. 9. Hiller (Lübeck) 11. 9. Hoppe 11. 9. Hoss 11. 9. Irmer 11. 9. Jansen 11. 9. Jung (Lörrach) 11. 9. Kiechle 11. 9. Kirschner 11. 9. Kroll-Schlüter 11. 9. Dr. Kunz (Weiden) 11. 9. Lohmann (Witten) 11. 9. Frau Luuk * 11. 9. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 9. Meyer 11. 9. Mitzscherling 11. 9. Müller (Düsseldorf) 11. 9. Müller (Wesseling) 11. 9. Niegel * 11. 9. Niggemeier 11. 9. Oostergetelo 11. 9. Rawe 11. 9. Reddemann ** 11. 9. Frau Renger 11. 9. Repnik 11. 9. Reuschenbach 11. 9. Rixe 11. 9. Schäfer (Mainz) 11. 9. Dr. Scheer * 11. 9. Frau Schilling 11. 9. Schluckebier 11. 9. Schmidt (München) ** 11. 9. Frau Schmidt (Nürnberg) 11. 9. von Schmude ** 11. 9. Schröer (Mülheim) 11. 9. Dr. Sperling 11. 9. Tietjen 11. 9. Volmer 11. 9. Vosen 11. 9. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Warrikoff 11. 9. Dr. Wieczorek 11. 9. Wieczorek (Duisburg) 11. 9. Frau Wieczorek-Zeul 11. 9. Wissmann 11. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat m seiner 578. Sitzung am 26. Juni 1987 gemäß Artikel 94 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit §§ 5 und 7 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht zum Richter des Bundesverfassungsgerichts Herr Professor Dr. Dieter Grimm, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bielefeld, als Nachfolger für den Richter des Bundesverfassungsgerichts Professor Dr. Konrad Hesse in den Ersten Senat gewählt. Der Bundesrat hat in seiner 578. Sitzung am 26. Juni 1987 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über die sechzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (Sechzehntes Anpassungsgesetz-KOV - 16. AnpG-KOV) Gesetz zur Verlängerung des Versicherungsschutzes bei Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Der Bundesrat begrüßt die Verlängerung der Bezugsfrist für Kurzarbeitergeld in der Stahlindustrie. Er bedauert jedoch, daß der Bundestag der Forderung des Bundesrates in seiner Stellungnahme vom 3. April 1987 zur Einbeziehung der Schiffbauindustrie nicht gefolgt ist. Die Lage in der Schiffbauindustrie gleicht der in der Stahlindustrie. Mit Sorge beobachtet der Bundesrat, daß die mangelhafte Absatzlage sowie wettbewerbsverzerrende Subventionen in anderen Staaten Tausende von Arbeitsplätzen in der Schiffbauindustrie gefährden. Er bittet die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, daß der Geltungsbereich der Ausnahmeregelung über einen verlängerten Bezug von Kurzarbeitergeld auf die Betriebe der Schiffbauindustrie im Sinne der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft über Beihilfen für den Schiffbau im 8. Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes ausgeweitet wird. Die Einbeziehung ist weiterhin erforderlich, um den strukturellen Anpassungsprozeß im Schiffbau mit den Mitteln des Arbeitsförderungsgesetzes sozialpolitisch wirksam unterstützen zu können. Die Dringlichkeit derartiger Anpassungshilfen für die Schiffbauindustrie wie für die Stahlindustrie ist auch durch das Gesetz über die Finanzhilfen des Bundes nach Art. 104a Abs. 4 des Grundgesetzes an die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Freie Hansestadt Bremen und Freie und Hansestadt Hamburg zum Ausdruck gebracht worden. Der Bundesrat hat in seiner 579. Sitzung vom 10. Juli 1987 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: 1714* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. September 1987 Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen Gesetz über Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 (Kindererziehungsleistungs-Gesetz — KLG) Gesetz zur Verlängerung von Auslaufzeiten in der Montan-Mitbestimmung Gesetz zur dauerhaften sozialen Verbesserung der Wohnungssituation im Land Berlin Achtes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und sechstes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1987 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1987 — BBVAnpG 87) Achtes Gesetz zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes Gesetz zu dem Vertrag vom 30. April 1986 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Ungarischen Volksrepublik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen Gesetz zu dem Übereinkommen vom 11. Oktober 1985 zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA-Übereinkommen) Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Steuersenkungs-Erweiterungsgesetz 1988 — StSenkErwG 1988) Gesetz zur Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes Zu den beiden letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: a) Zum Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Steuersenkungs-Erweiterungsgesetz 1988 — StSenkErwG 1988) Der Bundesrat bedauert, daß die Bundesregierung die Ergänzungsvorschläge des Bundesrates im Rahmen dieses Gesetzesvorhabens nicht aufgegriffen hat. Der Bundesrat hatte bereits im Zusammenhang mit dem Steuersenkungsgesetz 1986/88 den Wunsch geäußert, die Lebensaltersgrenze für die Berücksichtigung von Kindern von 16 auf 18 Jahre anzuheben. Der Bundesrat ist deshalb der Auffassung, daß zumindest dieser Vorschlag hätte realisiert werden können, ohne die notwendigen steuersystematischen und haushaltspolitischen Gesichtspunkte zu vernachlässigen. Der Bundesrat erwartet, daß die Bundesregierung die angekündigte Prüfung nunmehr unverzüglich vorantreibt und von sich aus eine entsprechende gesetzliche Regelung vorlegt. b) Zum Gesetz zur Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes Der Bundesrat billigt die in dem Gesetz vorgesehene Erhöhung des Kreditrahmens für den Ausgleichsfonds, um in Verbindung mit der zum 1. Juni 1987 vorgenommenen Erhöhung der Ausgleichsabgabe 1987 auf 7,5 % die Erfüllung bestehender Rechtsansprüche an den Fonds zu gewährleisten. Der Bundesrat hält allerdings die Entwicklung des Mittelbedarfs des Fonds, wie sie sich aufgrund der derzeitigen Zuschußregelung des Dritten Verstromungsgesetzes seit 1986 als Folge des Ölpreisverfalls ergeben hat, und die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Mehrbelastungen für die Stromverbraucher sachlich für nicht vertretbar. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, bei der Neuregelung der Strukturelemente des Kohlepfennigs einschließlich seiner Berechnungsmethode zu gewährleisten, daß einerseits die Hilfen in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen gehalten werden, zum anderen zugleich regional einseitige Belastungen abgebaut werden. Er sieht dabei einen unverzichtbaren Zusammenhang mit einer Anschlußregelung für den Jahrhundertvertrag ab 1995. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die entsprechenden Verhandlungen mit den Betroffenen so zu führen, daß die Neuregelung ab 1988 in Kraft treten kann. Der Bundesrat weist außerdem darauf hin, daß die längerfristige Sicherung des Einsatzes deutscher Steinkohle nur bei Wiederherstellung des länderübergreifenden energiepolitischen Grundkonsenses über die gleichzeitige Nutzung von Kohle und Kernenergie möglich ist. Die hohen Kosten für die Erhaltung des deutschen Steinkohlebergbaus sind volkswirtschaftlich nur tragbar, wenn zum Ausgleich die Kostenvorteile der Kernenergie genutzt werden können. Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 30. Juli 1987 mitgeteilt, daß sie den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Umwelt-Grundrechts, Drucksache 11/604, zurückzieht. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union über den zweiten Teil der 32. ordentlichen Sitzungsperiode der Westeuropäischen Union vom 1. bis 4. Dezember 1986 in Pans (Drucksachen 10/6756, 11/138 Nr. 1.12) Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über die Plenarsitzungen der Nordatlantischen Versammlung am 17. und 18. November 1986 in Istanbul (Türkei) (Drucksache 10/6758, 11/138 Nr. 1.13) Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung nachstehender Vorlage abgesehen hat: Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EGKS, EWG, EURATOM) Nr. 300/76 zur Festlegung der Gruppen der Empfänger, der Bedingungen für die Gewährung und der Sätze der Vergütungen, die den im Schichtdienst arbeitenden Beamten gewährt werden können (Drucksache 11/138 Nr. 3.4) Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung nachstehender EG-Vorlagen, die ihm mit Sammeldrucksache 11/138 überwiesen wurden, abgesehen hat: Drucksache 11/138 Nummern 3.132, 3.133, 3.134, 3.135
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Paul Hoffacker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, wer sich zu den Leistungen der Mütter bekennt, der betreibt die Aufwertung der Familie und der Mütter, nicht aber derjenige, der einem alten, überholten Weiblichkeitsmythos anhängt. Die Bundesregierung Kohl und Frau Süssmuth, solange sie im Amt ist, hat diese Leistungen der Mütter unentwegt anerkannt und sie nicht irgendwie als eine von der Gesellschaft kostenlos zu vereinnahmende Praxis hier bei uns betrachtet.
    Meine Damen und Herren, die SPD, die immer für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern eingetreten ist, hat in ihrer Politik genau das Gegenteil getan. Was hat sie gemacht? Sie hat seinerzeit das Mutterschaftsurlaubsgesetz gemacht und hat damit die außerhäuslich erwerbstätige Frau und Mutter begünstigt und diejenige, die zu Hause arbeitet, geächtet. Wir haben diesen Klassenkampf aufgenommen. Wir haben festgehalten, daß eine solche Vorstellung für unsere Mütter nicht in Ordnung ist. Wir haben das Erziehungsgeld in praxi — davon würden Sie ja träumen, wenn Sie es je hätten anpacken können — eingeführt. Ich meine, daß Sie diese Leistungen nicht einfach herabmindern können. Sie müssen sich schon bequemen, sie anzuerkennen.
    Was wir mit dem Familienlastenausgleich wollen, ist, die Familien zu stärken und die Position der Mutter in der Familie und im Beruf in einen Ausgleich zu bringen, damit sie beide Tätigkeiten miteinander vereinbaren und eine entsprechende Lebensplanung verwirklichen kann.
    Wir wollen auch darauf hinweisen, daß die Familie in unserer Gesellschaft nicht überholt ist, sondern daß sie unverzichtbar ist. Dies, meine ich, müssen wir zur Kenntnis nehmen.
    Wenn wir die Position der Familie stärken wollen, müssen wir auch die Position des ungeborenen Kindes stärken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In Anbetracht der nach wie vor unbefriedigenden Praxis der Schwangerschaftsabbrüche wollen wir ein Beratungsgesetz machen. Dieses Gesetz braucht einen breiten Konsens in der Bevölkerung. In der Bevölkerung wächst das Verständnis für den Schutz des ungeborenen Kindes. Gerade die Jugend betrachtet mit großem Ernst die gegenwärtige Praxis der Abtreibung. Wir müssen uns in der Politik fragen, ob wir vor unserer Jugend bestehen können und ob wir glaubwürdig sind. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Entstehung des Menschen bilden Bewußtsein und machen deutlich, daß Abtreibung eines ungeborenen Kindes Tötung ist. Unsere Jugend wendet sich mit Recht gegen verschleiernde Sprache und gegen die Haltung mancher Erwachsener. Sie weiß, daß Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung nicht im Gegensatz zum Lebensrecht des Kindes stehen, und das Bewußtsein wächst, daß Selbstbestimmung der Frau das Leben eines ungeborenen Kindes nicht auslöschen darf.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Das sagen Sie als Opa!)

    Ich verstehe die beabsichtigten Initiativen von SPD und GRÜNEN nicht, die bereits im Vorfeld und schon im Stadium der Planung eines solchen Gesetzes sich zum Ziel gesetzt haben, es zu Fall zu bringen.

    (Zuruf der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Wenn jetzt GRÜNE und SPD-Frauen sich zum Protest sammeln, dann zeigen sie damit, daß sie nicht zur Diskussion und zur Beratung bereit sind. Daß Frau Ridder-Melchers, die SPD-Staatssekretärin für die Gleichstellung von Mann und Frau in Nordrhein-Westfalen, meint, daß die Frauen gegen dieses Gesetz mobilgemacht werden müßten, und auch DIE GRÜNEN sich der Kampagne zu einem Frauenbegehren anschließen wollen, zeigt deutlich die Haltung, daß sie nicht bereit sind, über ein solches Gesetz und ein solches Vorhaben mit uns gemeinsam nachzudenken und zu diskutieren.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Weil es Frauendiskriminierung ist!)

    Dieses Vorurteil bestätigt Ihre wirkliche Haltung, nämlich daß Sie eine Beratung zugunsten des Lebens und eine Information über Hilfen im Grunde nicht wollen. Dies ist unmißverständlich, aber widersprüchlich, weil Sie sich sonst mit so viel Vehemenz für die Gleichstellung einsetzen.

    (Zuruf des Abg. Sielaff [SPD])

    Wir setzen uns deshalb für eine noch breiter angelegte Werbung für das Leben ein. Das Bundesministerium hat gutes Aufklärungs- und Anschauungsmaterial geliefert.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Und was danach?)

    Für mehr Aufklärung, Information und Werbung spreche ich mich deshalb aus, weil die Anstrengungen des Ministeriums von der Bevölkerung gut aufgenommen werden.

    (Zuruf des Abg. Jaunich [SPD])

    Allen Mitarbeitern im Ministerium danke ich auch an dieser Stelle für diese Arbeit aufrichtig.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Das ist die Höhe!)

    — Es wäre wirklich schön, wenn Sie das einmal mit ein wenig Gelassenheit zur Kenntnis nehmen könnten;

    (Gilges [SPD]: Tun wir doch!)

    denn wir sprechen hier über ein Thema, von dem alle überzeugt sind, daß es doch wohl wichtig ist. Daß eine andere Meinung als die, die Sie haben, vorgetragen wird, müßten Sie eigentlich noch vertragen.

    (Gilges [SPD]: Tun wir auch!)




    Dr. Hoffacker
    Wenn wir in diesen Tagen über die großartigen Bemühungen um die Rettung der Ulmer Siamesischen Zwillinge mit Spannung verfolgen, so muß uns dies bestärken, keine Kraftanstrengung zu scheuen, auch das Leben der vom Tod bedrohten ungeborenen Kinder zu retten.
    Einwände, dafür sei kein Geld da, überzeugen hier nicht. Wir haben für die AIDS-Aufklärung schnell und unbürokratisch gehandelt und haben dafür Geld bereitgestellt. Was hindert uns, so frage ich, hier auch für die ungeborenen Kinder etwas in die Waagschale zu werfen?
    Auf dieser Linie liegt auch das Bemühen unserer Arbeitsgruppe, im Haushalt eine deutliche Anhebung der Mittel für die „Bundesstiftung Mutter und Kind — Schutz des ungeborenen Lebens" zu erreichen. Diese Stiftung darf nicht deswegen diskriminiert werden, weil sie keine Rechtsansprüche für die Betroffenen einräumt. Die Praxis hat gezeigt, daß hier wirksam geholfen worden ist und daß dies auch in Zukunft noch besser werden kann.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Fünf Kinder sind zuviel!)

    Der Bundesjugendplan und die 6 %ige Haushaltssperre sind hier erwähnt worden. Wenn heute über diese Haushaltssperre 1987 geklagt wird, so ist diese Klage sicher verständlich, auch wenn jeder Zuwendungsempfänger rechtzeitig von der Haushaltssperre wußte. Eine sorgfältige Haushaltsführung und der Umgang mit Steuermitteln verlangen, sich auf eine solche gesetzliche Maßnahme einzustellen. Andererseits verkennen wir nicht die mit dieser Haushaltssperre herbeigeführte Friktion im Arbeitsablauf der Jugendarbeit. Deshalb sollte für das neue Jahr eine solche Haushaltssperre nicht angesetzt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn ich mich vehement für eine Entsperrung der Bundesjugendmittel einsetze, dann trete ich mit gleicher Vehemenz für eine entsprechende Verwendung der Mittel ein. Mir fehlt jedes Verständnis für die Vergabe von Mitteln, die zweckwidrig von Zuwendungsempfängern zum Kampf gegen den Staat verwendet werden. So erwarte ich, daß Organisationen, die zum Gesetzesbruch bei der Volkszählung aufgerufen und öffentliche Mittel zur Erreichung dieses Ziels eingesetzt haben, dieses Geld zurückzahlen müssen.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Bitte? Habe ich das richtig gehört?)

    Ich erwarte weiterhin, daß solche Organisationen im Wiederholungsfall keine Mittel für ihre Arbeit erhalten. Wir dürfen keine gesetzesbrecherische Arbeit mit Steuern finanzieren.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der FDP — Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

    — Hören Sie doch mal zu, Herr Gilges.
    Meine Damen und Herren, die Abgrenzung dieser Haltung zur Kritik an staatlichen Maßnahmen durch Jugendverbände will ich aber hervorheben, um jedem Mißverständnis vorzubeugen. Selbstverständlich soll
    Kritik an staatlichen Maßnahmen und Gesetzen nicht geahndet oder Opposition bestraft werden.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Genau das fordern Sie doch!)

    Eine Jugend, die nicht kritisiert, ist nicht gesund. Eine Jugend, die nicht widerspricht, ist verbogen.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Scheinheilig!)

    Aber wer zum Gesetzesbruch auffordert und Maßnahmen dazu ergreift oder unterstützt, überschreitet diese von mir beschriebene Grenze und darf aus dem Bundesjugendplan kein Geld bekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich betone dies ausdrücklich, weil die GRÜNEN mit einem Programm an die Öffentlichkeit getreten sind, das unsere volle Aufmerksamkeit verlangt. Wie wirklichkeitsfremd und gesellschaftsverachtend dieses Programm der GRÜNEN ist, zeigt die Lektüre. Ich halte dieses Programm für jugendgefährdend und in keinem Sinne für jugendförderlich. Ich meine, daß wir es unseren Kindern schuldig sind, daß wir uns mit diesen Vorstellungen der GRÜNEN auseinandersetzen. Ich denke auch, daß die SPD hier bald das Wort ergreifen sollte; sonst macht sie sich nämlich in der Öffentlichkeit dies mit zum Maßstab.
    Meine Damen und Herren, der Garantiefonds ist angesprochen worden. Sie sehen, Herr Jaunich, Ihre Furcht ist völlig unbegründet. Wir haben diese Mittel erhöht. Der Ansatz wird für 1988 ebenfalls den Vorstellungen gerecht. Sie glauben, auf eine falsche Politik zurückgreifen zu müssen, die schlicht und einfach nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Sie wären während Ihrer Regierungszeit über den Zuzug Deutschstämmiger und Auslandsdeutscher zufrieden gewesen. In den Monaten Juli und August sind doppelt so viele aus dem russischen und polnischen Machtbereich zugezogen. Statt 2 000 im gesamten halben Jahr waren es in diesem Jahr in zwei Monaten 5 000. Das verlangt eine schnelle Reaktion. Sie ist erfolgt. Ich verstehe Ihre Kritik daran nicht.
    Meine Damen und Herren, meine Zeit geht zu Ende. Die Bekämpfung von AIDS und auch die Reformen im Gesundheitswesen wären ein wichtiges Kapitel. Polemisieren hilft hier gar nicht. Emotionelles hilft hier ebenfalls nicht. Was hilft, sind die Disziplin, die Selbstdisziplin, Forschungsdrang und ebenfalls eine ganz entschiedene Aufklärung.
    Für uns enthält der Einzelplan alle Möglichkeiten, das politische Geschehen zu steuern. Alle wichtigen Gesichtspunkte sind enthalten. Ich danke allen, die an dieser Erstellung beteiligt waren. Wir werden die Zeit bis zur dritten Lesung nutzen und mögliche Änderungsvorstellungen sicher mit einbringen.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Krieger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Verena Krieger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade haben wir wieder von Herrn Hoffacker schöne Worte zur Frauenpolitik der Regie-



    Frau Krieger
    rung hören können. Doch wie wir alle wissen, liegen schöne Worte und gute Taten oft sehr weit auseinander.

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Ich habe dazu kein Wort verloren! — Rossmanith [CDU/ CSU]: Er hat zur Frauenpolitik nichts gesagt!)

    Es ist Ihnen gelungen, Frau Süssmuth, bei vielen Frauen Hoffnungen zu wecken und den falschen Eindruck zu erzeugen, es würde sich etwas zum Positiven verändern. Dabei besteht Ihre Leistung, die Sie von manchen Ihrer Parteikollegen unterscheiden mag, eigentlich nur darin, daß Sie endlich einmal die Realitäten zur Kenntnis genommen haben.
    Allein die Tatsache, daß Sie nun darauf verzichten, den Frauen zu erzählen, sie sollten sich doch bitte schön mit der Mutterrolle begnügen, empfinden viele schon als fortschrittlich. Das zeigt aber nur, wie sehr die CDU der Entwicklung in den letzten Jahrzehnten hinterhergehinkt ist. Von einer grundsätzlichen Wende oder Verbesserung in der CDU-Frauenpolitik kann aber überhaupt nicht die Rede sein. Der neue Konservatismus mag im Gewand der Frauenfreundlichkeit kommen, aber die nackten Tatsachen sehen ganz anders aus.
    Sie sprechen viel von Gleichberechtigung, Frau Süssmuth. Aber was für eine Gleichberechtigung ist es denn, die Sie meinen? Einer der ersten Schritte zur Gleichberechtigung müßte doch wohl sein, daß Frauen dieselben Möglichkeiten im Beruf bekommen wie Männer. Da das bekanntlich nicht von allein passiert, wäre es eigentlich die erste Aufgabe einer Frauenministerin, dafür zu sorgen, daß die Quotierung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen eingeführt wird.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Jede zweite Lehrstelle einem Mädchen und jeder zweite Arbeitsplatz einer Frau, das ist nicht etwa unbescheiden, das ist einfach nur das, was uns zusteht. Aber die Folge der Quotierung wäre natürlich auch, daß Männer Privilegien aufgeben müßten. Und das geht ihnen bei allem Gerede von Gleichberechtigung denn doch zu weit.
    In den Essener Leitsätzen der CDU heißt es — ich zitiere — :
    Ein Kampf der Geschlechter, in dem die eine Seite gewinnt, was die andere verliert, kann ebensowenig die Lösung sein wie die Verordnung eines starren Leitbildes.
    Das heißt doch mit anderen Worten nichts anderes als: Die Frauen sollen ruhig ein bißchen gleicher werden, aber die Männer darf es nichts kosten. Und ich möchte hinzufügen: Die Bundesregierung darf es auch nichts kosten. Denn genau so sieht der vorliegende Haushalt aus. Für Frauen haben Sie aufmunternde Sprüche parat, Geld gibt es nicht. Sie reden ja viel von Familien- und Kinderfreundlichkeit. Aber nun mal „Butter bei die Fische", wie die Westfalen sagen: Was kommt denn unter dem Strich für Frauen heraus?
    Die Anhebung der Kinderfreibeträge bringt den unteren Einkommensgruppen im Jahr 1988 genau
    8,55 DM mehr im Monat. Das ist nicht einmal ein Mittagessen.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU — Eimer [Fürth] [FDP]: Der Grundbetrag fehlt! Bitte das ganze Paket!)

    Die Verkäuferin in einem Einzelhandelsgeschäft in der von Massenarmut bedrohten Stadt Hattingen in meinem Wahlkreis bekommt für ihr erstes Kind 104 DM mehr. Die Frau eines Vorstandsmitglieds der Thyssen-Henrichshütte dagegen erhält allein über das Ehegattensplitting schon 1 900 DM monatlich vom Staat. Die Sozialhilfeempfängerin — von denen gibt es in unserer Region, wenn Konzerne und Regierungen so weitermachen, immer mehr — zahlt bekanntlich keine Steuern, und deshalb kriegt sie nichts.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Das ist Frauensolidarität à la Rita Süssmuth.
    Finanziert wird dieses Luxuspaket namens Steuerreform unter anderem von den ausländischen Beschäftigten. Ihnen wurden nämlich die Kinderfreibeträge für ihre im Ausland lebenden Kinder einfach ganz gestrichen, als gäbe es sie gar nicht. Mag ja sein, daß das christliche Herz für die Familie schlägt, aber der christliche Geldbeutel bleibt jedenfalls zu.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Laut Frau Süssmuth bemüht sich die Regierung sehr um die Frauen, die nach der Familienphase wieder in den Beruf einsteigen möchten. Doch nun konnten wir vom Bundesfinanzminister hören, daß die freiwilligen Maßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit 1988 wahrscheinlich noch gekürzt werden müssen. Wir schließen daraus, daß Wiedereingliederungsmaßnahmen, Umschulungen und Fortbildungsmaßnahmen eingeschränkt werden müssen. Das geht natürlich genau wieder zu Lasten der Frauen. Und was macht nun die Frauenministerin? Sie appelliert an die Unternehmer, daß die doch bitte schön den Frauen den Einstieg in den Beruf erleichtern möchten, denn das gehöre zu ihrer familienpolitischen Verantwortung. Doch Verantwortung haben die Unternehmer bisher immer nur für eines übernommen: für ihren Profit. Ich glaube kaum, daß sich das durch einen Appell der Ministerin ändern wird.
    Was sich bei den Unternehmen vermutlich ebenfalls nicht ändern wird, ist ihr Verdruß an Menschen in gesicherten und geregelten Arbeitsverhältnissen. Bisher wurden vorwiegend Frauen in flexible Arbeitsverhältnisse gezwungen. In Zukunft sollen aber auch Männer davon betroffen sein. Frau Süssmuth, das ist die Gleichberechtigung, die Sie meinen. Frauen sollen nicht etwa in den Genuß der Privilegien der Männer kommen, nein, Gleichberechtigung heißt bei Ihnen: Alle, Männer wie Frauen, sollen sich gleichermaßen mit immer schlechter werdenden Lebens- und Arbeitsbedingungen abfinden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Das, was Sie Vereinbarkeit von Familie und Beruf nennen, Frau Süssmuth, ist nichts anderes als eine verschleierte Form der Doppelbelastung. Was Sie Gleichberechtigung nennen, ist nichts als die Moder-



    Frau Krieger
    nisierung des Frauenbildes im Interesse des Kapitals.

    (Frau Pack [CDU/CSU]: Mein Gott, was haben Sie für Feindbilder!)

    Mit Familienfreundlichkeit hat das alles überhaupt nichts mehr zu tun. Kein geregelter Feierabend mehr, keine gemeinsamen freien Wochenenden, kaum noch ein Zeitpunkt, an dem alle Familienmitglieder zu Hause sind. Um so kräftiger muß natürlich dann die Wertentscheidung für die Familie betont werden. Geändert hat sich bei Ihrer Politik hauptsächlich die Wortwahl. Gleichberechtigung, Partnerschaft, Anerkennung auch von Frauenarbeit, das sind zentrale Begriffe Ihrer nur scheinbar neuen Frauenpolitik, getreu dem Motto moderner CDU-Strategen: Es reicht, die Worte zu übernehmen. Da, wo sie sich aber praktisch niederschlagen könnten, in frauenfreundlichen Gesetzen zum Beispiel oder beim Geld, in diesem Haushalt also, da suchen wir vergeblich. Das wundert mich nicht. Konservative Politik hatte für die Masse der Bevölkerung und auch für die Frauen immer schon eher die ideellen Werte parat und nur für eine kleine Elite die materiellen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Sie hielt auch immer schon mehr von barmherziger Willkür und von privater Caritas als von verbindlichen Rechtsansprüchen für die Betroffenen.
    Wenn es gerade paßt, wird Geld aus dem Bundeshaushalt auch gerne als politisches Erpressungsmittel eingesetzt. Oder wie soll man es anders nennen, wenn mehreren Jugendverbänden damit gedroht wird, ihre Mittel zu kürzen, nur weil sie es gewagt haben, zum Volkszählungsboykott aufzurufen?

    (Beifall bei den GRÜNEN — Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Das ist eine Frechheit!)

    Die Zeiten, als eine rebellische Jugend noch mehr oder weniger gelitten werden mußte, sind anscheinend vorbei. Heutzutage erwartet eine Regierung brave angepaßte Yuppie-Jugendliche mit Karriereköfferchen und aalglatter Gesinnung. Und wenn die Jugend nicht spurt, dann wird sie eben über den Geldhahn auf den richtigen Weg gebracht. Frau Süssmuth, was Sie in diesem Sommer gemacht haben, das ist politische Zensur.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Rossmanith [CDU/CSU]: Gesetzesbruch, von Ihnen vorgeschlagen!)

    Wenn es das AIDS-Virus nicht gäbe, ich glaube, die Konservativen hätten es erfinden müssen.

    (Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Pfui! — Frau Pack [CDU/CSU]: Geschmackloser geht es nicht! Schämen Sie sich!)

    Ich habe mir einmal angehört, was für eine Art von AIDS-Beratung in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung den Jugendlichen per Telefon angeboten wird, und ich muß sagen: Ich habe wirklich das Grausen gekriegt. Da erklärt uns der wahrscheinlich allen bekannte Krankenpfleger aus der Schwarzwaldklinik mit getragener Stimme folgendes.
    Erstens. „Der beste Schutz vor AIDS ist die Treue. "

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Ist das nicht wahr?)

    Zweitens. Nach „sechs Wochen treuer Zweierbekanntschaft" soll man „gemeinsam zum Testen gehen".
    Drittens. „Vor dem Geschlechtsverkehr" soll man sich dann gegenseitig die Testergebnisse zeigen.
    Viertens. Vorsichtshalber sollte man nach vier Monaten einen zweiten AIDS-Test machen.
    Fünftens. Auch dann ist man noch nicht 100 %ig geschützt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! — Link [Diepholz] [CDU/CSU]: Das sagen die Wissenschaftler!)

    Ich nehme an, wenn sich Jugendliche diese Ratschläge angehört haben, ist ihnen zwar vielleicht noch nicht ganz die Lust vergangen, miteinander ins Bett zu gehen, aber auf jeden Fall dürften sie eine Heidenangst davor bekommen haben. Wahrscheinlich ist genau das der Zweck dieser Art von Aufklärung.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Es gehört doch wirklich schon eine perverse Phantasie dazu, wenn Jugendlichen erzählt wird, damit sie zusammen schlafen können, müssen sie erst einmal zwei AIDS-Tests absolvieren.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Jeder Fünfzehnjährige ein potentieller Virusträger, jeder Geschlechtsverkehr vielleicht der erste Schritt ins Grab: Diese Logik hat mit Prävention überhaupt nichts mehr zu tun. Das Geld, das die Bundesregierung für solche Art von Aufklärung ausgibt, ist nicht herausgeschmissenes Geld, es ist viel schlimmer: Es ist ein eigener Etat im Haushalt zur Förderung von Prüderie.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Sie boykottieren ja auch systematisch jede vernünftige Sexualaufklärung von Kindern und Jugendlichen.

    (Frau Pack [CDU/CSU]: Ich hoffe, da hören genügend Leute zu!)

    Als Herr Geißler noch Familienminister war, ließ er eine gerade fertiggestellte Aufklärungsbroschüre einfach einstampfen, weil sie ihm zu liberal war. Bis heute gibt es keinen Ersatz. Aber vielleicht sollten wir ja froh sein, daß es keinen Ersatz gibt. Denn wahrscheinlich wäre in einer solchen Aufklärungsbroschüre aus Ihrem Hause nur noch von Bienen und Schmetterlingen und als zeitgemäße Variante von AIDS-Tests und Gummihandschuhen die Rede.
    Geld für Sexualaufklärung fehlt. Aber dafür geben Sie sich, wenn es zu spät ist, plötzlich großzügig und kündigen einen Haufen Geld für die Beratung ungewollt schwangerer Frauen an, das — das sei nebenbei bemerkt — nicht aus dem Bundeshaushalt, sondern von den Ländern kommen soll. Doch im Grunde geht es bei Ihrem geplanten Beratungsgesetz überhaupt nicht um Beratung, es geht darum, unter Hinzuziehung von Eltern, Freunden und Arbeitgebern den
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Freitag, den i 1. September 1987 1693
    Frau Krieger
    Frauen klarzumachen, daß sie das Kind, das sie nicht wollen, gefälligst wollen müssen. Der § 218 wird vorläufig noch nicht verschärft. Das ist wahr. Doch das Beratungsgesetz soll die Verschärfung in der Praxis besorgen. Nicht das Strafrecht wird verschlimmert, sondern der Psychoterror. Was Sie Hilfe nennen, ist in Wirklichkeit der nackte Zwang. Das ist Ihre Politik, Frau Süssmuth: Ein Wechselbad von schönen Sprüchen und knallharten Zwangsmaßnahmen. Trotz aller Begriffsanleihen beim feministischen Vokabular: Die Substanz dieser Frauenpolitik ist frauenfeindlich und reaktionär.

    (Beifall bei den GRÜNEN)