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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/23 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 23. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. September 1987 Inhalt: Nachruf auf das frühere Mitglied des Deutschen Bundestages William Borm 1459 A Begrüßung des Vorsitzenden der Zweiten Kammer der Niederländischen Generalstaaten, Dr. Dirk Dolman 1459 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Jobst 1459 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/700) in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1987 bis 1991 (Drucksache 11/701) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 1459D, 1510 B Dr. Apel SPD 1471 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 1481 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 1487 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 1491 B Wedemeier, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 1494 D, 1517 C Neumann (Bremen) CDU/CSU 1499 D Dr. Struck SPD 1503 B Richter FDP 1506 D Roth (Gießen) CDU/CSU 1507 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 1519 C Sellin GRÜNE 1525 B Glos CDU/CSU 1528 B Roth SPD 1531 C Dr. Haussmann FDP 1536 C Wissmann CDU/CSU 1538 B Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 1540 C Hinsken CDU/CSU 1543 C Schäfer (Offenburg) SPD 1545 D Dr. Laufs CDU/CSU 1549 B Frau Garbe GRÜNE 1552 A Frau Dr. Segall FDP 1554 A Fellner CDU/CSU 1556 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 1557 B Nächste Sitzung 1561 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 1562* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1987 1459 23. Sitzung Bonn, den 9. September 1987 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 10. 9. Antretter * 11. 9. Frau Beck-Oberdorf 11.9. Frau Beer 9. 9. Frau Blunck * 10. 9. Böhm (Melsungen) ** 11. 9. Büchner (Speyer) * 11.9. Catenhusen 11.9. Duve 9.9. Eigen 11.9. Dr. Feldmann * 11.9. Frau Fischer * 9.9. Großmann 11.9. Dr. Hoffacker 9.9. Hoss 11.9. Irmer 11.9. Jansen 11.9. Jung (Lörrach) 11.9. Lemmrich * 10.9. Maaß 9.9. Frau Matthäus-Maier 9.9. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Müller * 10. 9. Niegel * 11. 9. Oostergetelo 11.9. Poß 9.9. Rawe 11.9. Reddemann ** 11.9. Schäfer (Mainz) 11.9. Dr. Scheer * 11.9. Schmidt (München) ** 11.9. Frau Schmidt (Nürnberg) 11.9. Schröer (Mülheim) 11.9. Dr. Sperling 11.9. Steiner * 9. 9. Tietjen 11.9. Volmer 11.9. Dr. Vondran 10. 9. Dr. von Wartenberg 9.9. Dr. Wieczorek 11. 9. Wieczorek (Duisburg) 11.9. Dr. Wulff * 9.9. Zierer * 9.9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Rede von Hermann Fellner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schäfer, man kann umweltpolitische Leistungen und die Fähigkeit, die umweltpolitischen Herausforderungen zu lösen, sicherlich nicht danach bemessen, wie die Prozentanteile des Haushalts des Umweltministeriums am Gesamthaushalt ausschauen — unabhängig davon, daß ich bezweifle, ob Sie richtig gerechnet haben.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Ja! Ich habe zitiert, Kollege Fellner!)

    Aussagekräftiger, Herr Kollege Schäfer, wenn man
    die Umweltpolitik schon gewichten will, wäre dann
    schon die Ausweitung der Planstellen beim Umweltministerium und beim Umweltbundesamt. Man kann dem Minister Töpfer dazu nur gratulieren, daß er das trotz der Verschlossenheit von Herrn Stoltenberg bei Fragen der Ausweitung von Planstellen geschafft hat.
    Ich meine, daß die Haushaltsdebatten für jedes Ressort Anlaß zu Standortbestimmungen — natürlich auch für uns selber — und für einen Blick auf den zukünftigen Weg sein sollten.
    Es kann meines Erachtens keinen Zweifel darüber geben, daß wir in den vergangenen Jahren auf jedem Feld der Umweltpolitik das vernünftigerweise Machbare getan haben. Wir haben dabei ordnungsrechtliche Instrumentarien genutzt, mit Ge- und Verboten, mit Grenzwerten und dem Stand der Technik gearbeitet und haben versucht, dem Gedanken der Umweltvorsorge Rechnung zu tragen. Ich will auch gar keinen Zweifel daran lassen, daß wir mit diesen Instrumentarien auch künftig arbeiten müssen. Aber ich meine, daß gerade die Fülle von Arbeit und Problemen bei der Umsetzung all dieser Vorschriften für den Vollzug in der Verwaltung zeigt, daß dies nicht der alleinige Weg zur Durchsetzung unseres umweltpolitischen Willens sein kann. Wir wollen deshalb künftig noch stärker als bisher die marktwirtschaftlichen Instrumentarien nutzen, die auch zur Durchsetzung umweltpolitischer Ziele zur Verfügung stehen. Wir wollen Produktionsweisen unserer Wirtschaft durchsetzen, die Schadstoffe noch weniger als bisher überhaupt erst entstehen lassen. Dabei werden wir uns mit mehr oder weniger Begeisterung Themen widmen wie Kompensationsregelungen, Zertifikatslösungen, Abgabenregelungen und anderem mehr. All das können, richtig angewandt, marktkonforme finanzielle Innovations- und Investitionsanreize darstellen.
    Ein Beispiel dafür ist sicherlich die Bemühung auch im steuerrechtlichen Bereich, Maßnahmen des Umweltschutzes in unserer Wirtschaft weiter voranzubringen. Ich nehme beispielhaft ein Thema heraus: die Initiative des Freistaates Bayern im Bundesrat. Diese Initiative deckt sich erfreulicherweise auch mit unserer Koalitionsvereinbarung und den umweltpolitischen Vorhaben des Umweltministers. Diese Initiative dient dem Ziel, durch erweiterte Abschreibungsmöglichkeiten schneller dafür zu sorgen, daß der Produktionsapparat unserer Betriebe auf sogenannte integrierte Umweltschutztechnologien umgestellt wird. Es geht hier um eine Änderung des § 7 d des Einkommensteuergesetzes, der vorsieht, daß künftig auch Produktionsanlagen steuerlich begünstigt werden, wenn sie von sich aus umweltfreundlich arbeiten und damit schädliche Abfälle erst gar nicht entstehen lassen.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Da stimme ich zu!)

    — Wenn Sie so begeistert zustimmen, Herr Kollege Schäfer, bekomme ich allerdings wieder Bedenken, ob das richtig ist. Es wird ohnehin eine schwere Aufgabe werden, weil das natürlich Geld kostet und Einbußen bei den Steuereinnahmen in Höhe von Hunderten von Millionen DM verursacht. Aber daß wir uns das vornehmen, zeigt, daß wir neue zusätzliche Wege gehen wollen, daß wir uns also nicht allein auf



    Fellner
    das Instrumentarium, Herr Kollege Schäfer, verlassen wollen, das bei Ihnen das einzige ist.
    Ich bin heute gar nicht so richtig motiviert. Sie haben in Ihrer Rede auch wirklich nichts Neues gebracht. Sie haben nur das Instrumentarium, mit der großen Keule des Staates zu drohen und notfalls auch zuzuschlagen, ohne Rücksicht darauf, ob die Wirtschaft selber in guter Zusammenarbeit mit der Politik diese Probleme nicht besser lösen könnte.
    Ich wollte ergänzend zu diesem Weg, in Kooperation mit der Wirtschaft und mit Anreizen für die Wirtschaft, von sich aus umweltfreundlich zu produzieren, an sich noch einen anderen Gedanken vertiefen, nämlich den, daß das in ähnlicher Form auch mit unserer Landwirtschaft geschehen muß. Das bedeutet eine verstärkte Versöhnung der landwirtschaftlichen Produktionsweisen mit unseren umweltpolitischen Interessen und Zielsetzungen. Ich tue das angesichts der Zeit nicht mehr.
    Ich bin sicher, daß der Haushalt des Umweltministeriums zeigt, welch großen Stellenwert diese Regierung dem Umweltschutz beimißt. Die Gesetzgebungsinitiativen, die wir innerhalb der Koalition beschlossen haben und die wir auf den Weg bringen werden, zeigen sicherlich, daß wir auch in den nächsten Jahren beim Umweltschutz tüchtig vorankommen wollen.
    Danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Nun hat das Wort der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Qualität und Nachdruck der Umweltpolitik sind in erster Linie an der Durchsetzung des Verursacher- und Vorsorgeprinzips, nicht an den Ziffern und den Prozentsätzen des Haushalts abzulesen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wer die Vorsorge- und Verursacherproblematik sieht, muß sich dann auf solche Zahlen beziehen wie die, daß alleine die Umsetzung der Luftreinhaltepolitik der Bundesregierung bis zu 50 Milliarden DM in Bewegung setzt — das sind verursacher- und vorsorgepolitische Maßnahmen —, der muß darauf hinweisen, daß wir darüber hinaus, etwa bei der Umsetzung des Wasserhaushaltsgesetzes — in der letzten Legislaturperiode beschlossen — ebenfalls gewaltige Investitionen der Verursacher auslösen. Das ist marktwirtschaftliche Umweltpolitik, so wie wir sie verstehen.
    Ich möchte es nicht überziehen, aber ganz sicherlich wäre es ein negatives Beispiel, wenn wir viel mehr über das Gemeinlastprinzip in unseren Haushalt hineinschreiben müßten, weil wir des Verursachers nicht mehr habhaft werden können. Dies, meine ich, sollte man als erstes dazu sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wer schon über Haushaltsfragen spricht — Frau Abgeordnete Garbe war so
    freundlich, zumindest darauf hinzuweisen, daß es umweltbezogene Maßnahmen natürlich auch in anderen Ressorts in großem Maße gibt — , der muß natürlich auch darauf hinweisen, daß es materielle Anreizwirkungen gibt, die nicht im Haushalt ihren Niederschlag finden. Ich nenne z. B. die Tatsache, daß wir aus dem ERP-Vermögen für über eine Milliarde DM zinsgünstige Kredite geben können, um entsprechende Investitionen gerade mittelständischer Unternehmen zu erleichtern, um diesen Zielen gerecht zu werden. Man muß darauf hinweisen, daß wir durch § 7 d des Einkommensteuergesetzes abschreibungsfähige Umweltschutzinvestitionen der gewerblichen Wirtschaft fördern. Das waren im Jahre 1981 ca. 1,1 Milliarden DM, und das sind 1985 — das ist der neueste Wert

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: 3,8 Milliarden DM!)

    3,8 Milliarden DM. — Sehen Sie, der Herr Abgeordnete Schäfer wußte, auf welche Zahl ich hinauswollte.
    Dies sind Instrumente, die ich für genauso bedeutsam halte wie direkte Zuschüsse, die nicht wegfallen dürfen. Um nicht falsch verstanden zu werden: Man muß sich sogar überlegen, ob man nicht die auch in meinem Haushalt vorgesehenen etwa 115 Millionen DM für Zuschüsse multiplizieren kann, indem man Teile davon in die Verbilligung von Krediten hineinnimmt und damit auf breiterer Front vorankommt. Haushaltspolitik ist nicht nur dann interessant, wenn man mehr fordert und in guten Zeiten durchsetzen kann, sondern auch wenn man mit etwas Phantasie aus dem, was einem der Steuerzahler geben kann, möglichst viel macht. Das ist meine Aufgabe.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ein Zweites als Vorbemerkung, meine Damen und Herren, weil es der Opposition an mir offenbar in besonderer Weise mißfällt, daß ich offenbar zuviel in der Öffentlichkeit sichtbar werde. Dazu will ich nichts Ergänzendes sagen. Ich bin eigentlich immer noch der Meinung, wir seien darin einig, daß wir möglichst vielen Bürgern deutlich machen müssen, daß sie umweltpolitisch mithandeln. Wie könnten wir das in einer medienbezogenen Gesellschaft besser machen als auch durch den Beleg der Tat des Umweltministers?
    Das andere, was Ihnen auch in besonderer Weise Sorgen macht, ist mein angeblich konfliktscheues Verhalten. Ich muß Ihnen nun wirklich sehr ernst meine Meinung dazu sagen. Für mich sind Konflikt und Konfliktbereitschaft nicht ein Wert als solcher. Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen: Jedes Problem, das ich ohne Konflikte, aus der Kooperation heraus, unter Mitwirken aller lösen kann, erscheint mit ungleich besser gelöst, als wenn ich den Konflikt suchen muß. Sie können mir doch die Konfliktproblematik nur vorhalten, wenn Sie sagen: Auf Grund dieser Tatsache sind Dinge, die notwendigerweise zu tun sind, nicht gemacht worden, die auf anderem Wege hätten besser gemacht werden können. Zu dem bloßen Hinweis, daß es da einen gibt, der keine Bereitschaft zum Konflikt hat, würde ich sagen: Da wollen wir mal ein bißchen weitergehen. Ich bin der festen Überzeugung, daß es richtig war, daß etwa der Herr Abgeordnete



    Bundesminister Dr. Töpfer
    Baum auf freiwilliger Basis ein Asbest-Abkommen gemacht hat, das jetzt exekutiert, durchgeführt wird, wirklich abhakbar durch Herrn Hartkopf kontrolliert wird und zeigt: Jawohl, wir kommen von dieser Faser weg. Warum ist denn eine Lösung, die uns etwa bei den FCKW bis zum Ende 1989 immerhin 25 000 Tonnen erspart — —

    (Frau Garbe [GRÜNE]: „Frankfurter Rundschau" !)

    — Das ist ja richtig, das habe ich sogar gelesen. Aber Sie dürfen ganz sicher davon ausgehen, daß wir dieses Abkommen nicht als ein wie auch immer unverbindliches Angebot, sondern als ein genauso wie das Asbest-Abkommen umzusetzendes und durchzuführendes Vorhaben sehen. Wir wissen doch ganz genau, daß wir diese Probleme dann etwa elf Jahre schneller angehen, als wir das international können. In der nächsten Woche wird der Herr Parlamentarische Staatssekretär Gröbl in Montreal eine FCKW-Vereinbarung international mit unterzeichnen, die, in der Wirkung ein Minus von 50 % , im Jahre 2 000 das Ziel erreicht. Dies ist uns in der Tat zuwenig, und hier wollen wir wirklich mehr machen.
    Wie attraktiv die Umweltpolitik der Bundesregierung ist, können Sie an der Bereitschaft, ja geradezu an dem unmittelbaren Interesse vor allem auch unserer östlichen Nachbarn ablesen, mit uns zu Abschlüssen zu kommen. Man frage sich immer: Woran liegt das? Natürlich auch daran, daß wir darüber Normalität weiterführen wollen. Aber es liegt zu einem guten Teil auch daran, daß bei uns auf Grund unseres umweltpolitischen Kurses umweltentlastende Techniken entwickelt worden sind, die man gerne übernehmen will. Meine Damen und Herren, ich war gestern — ich konnte es nicht verhindern: Es war Fernsehen dabei, man staune — in Niederaussem. Ich habe mir dort mit meinem Kollegen Dr. Reichelt, dem Umweltminister der DDR, die Entschwefelungstechniken angesehen, mit denen wir unsere Braunkohlekraftwerke mit sehr viel Geld entschwefeln. Fragen wir uns doch einmal, erinnern wir uns doch einmal zurück: Wann eigentlich ist die Großfeuerungsanlagen-Verordnung verabschiedet worden? Wenn ich mich recht erinnere, ist sie mit Wirkung ab Juni 1983 verabschiedet worden. Dann frage ich mich schlicht und einfach: Wer hat denn Verantwortung dafür zu tragen gehabt, und wer ist derjenige gewesen, der damals gesagt hat: Fünf Jahre Nachrüstungszeit sind zu lange? Meine Damen und Herren, wir wissen heute, daß in den letzten fünf Jahren eine wahnsinnige Anstrengung unternommen worden ist, um Braunkohlekraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland mit einer Leistung von 9 600 MW zu entschwefeln, und zwar mit einem Kostenaufwand von 5 Milliarden DM.
    Meine Damen und Herren, auch und gerade meine Damen und Herren von der Opposition, der SPD, wenn Sie mir nicht glauben, dann lesen Sie bitte nach, was mein Kollege Matthiesen vor wenigen Stunden bei der Einweihung der ersten Rauchgasentschwefelungsanlage der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke, RWE, gesagt hat. Der Mann hat recht: Dies ist — so Matthiesen — weltweit einmalig bei der Durchsetzung umweltentlastender Technologie. Deswegen sind wir in dieser Hinsicht attraktiv. Deswegen
    haben wir nicht nur mit der DDR ein Abkommen unterzeichnet, sondern wir werden in sehr kurzer Zeit auch mit der Tschechoslowakei und mit der UdSSR ein solches Abkommen treffen. Die Diskussionen und Gespräche mit anderen Ländern im Osten sind ja angelaufen.
    Das heißt also, meine Damen und Herren — —

    (Frau Ganseforth [SPD]: Sie sind der Größte, heißt das!)

    — Wenn Sie zu diesem Ergebnis kommen, will ich das nicht dementieren. — Meine Damen und Herren, von daher begeben wir uns in die weitere Diskussion in der Umweltpolitik nicht konfliktscheu, sondern — ganz im Gegenteil — in der festen Überzeugung, daß die Umweltpolitik Markt und Paragraphen braucht. Ich will es sogar umgekehrt sagen: Sie braucht Paragraphen und Markt. Wenn denn bisher einer dieser beiden Sektoren zu kurz gekommen sein sollte, dann wohl eher die Möglichkeit, die Kreativität vieler Leute durch marktwirtschaftliche Anreize dafür zu nutzen, daß die Umwelt entlastet wird. Deswegen war es ganz gut, daß wir in der letzten Legislaturperiode praktisch alle umweltbezogenen Gesetze novelliert haben, so daß wir jetzt darangehen können mit der Mitwirkung möglichst vieler zu weiteren Ergebnissen, zu weiteren Entlastungen zu kommen.
    Meine Damen und Herren, natürlich sind wir bei der Gewässersanierung noch längst nicht am Ziel. Welcher Umweltminister kann sich hinstellen und sagen: Wir haben alles erreicht? Das ist doch mit Sicherheit nicht der Punkt. Ich habe mich vor wenigen Tagen mit meiner Kollegin aus den Niederlanden getroffen. Wir sind uns bei unserem Gespräch völlig einig gewesen. Sie ist mit mir der Überzeugung, daß wir uns als Zielsetzung vornehmen sollten, die noch vorhandenen, jedoch schon wesentlich abgebauten Belastungen des Rheins um 50 % zu reduzieren, und zwar — Ausgangsbasis ist das Jahr 1985 — bis 1995. Wir werden dies auf der internationalen Rheinkonferenz, die am 1. Oktober stattfinden wird, mit einbringen, und ich hoffe, daß die beiden anderen Partner, also die Schweiz und Frankreich, dort weiter mitgehen.
    Ich glaube, daß in diesem Zusammenhang natürlich auch die Frage der Störfallverordnung eine wichtige Rolle spielt. Aber, meine Damen und Herren, wir haben unseren Entwurf vorgelegt; wir haben ihn mit den Ländern diskutiert. Die Länder haben mit Blick auf die Vollzugsnotwendigkeiten Wünsche gehabt: Die Verwaltungsvorschrift sollte mit vorgelegt werden. All dies ist keine Verzögerung oder zu langsames Handeln, sondern der Hinweis darauf, daß es eine wirklich falschverstandene Zusammenarbeit von Bund und Ländern wäre, wenn wir nur hingehen und sagen würden: Wir machen unsere Verordnung; seht ihr zu, wie sie hinterher umgesetzt werden kann.
    Lassen Sie mich einige Worte, weil ich gerade bei der Entlastung von Gewässern bin, zur NordseeschutzKonferenz sagen. Zunächst einmal: Ich halte es für bemerkenswert, daß ich völlig abgestimmt mit meinen Kollegen der norddeutschen Bundesländer nach London fahre.

    (Frau Ganseforth [SPD]: Bemerkenswert!)




    Bundesminister Dr. Töpfer
    Wir haben in der letzten Woche eine Umweltministerkonferenz mit den norddeutschen Ländern durchgeführt. Wir haben uns in allen Punkten — in allen, ich unterstreiche das nachhaltig — mit den Kollegen aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen geeinigt, welche Ziele wir in London in Angriff nehmen und was wir erreichen sollen.

    (Frau Ganseforth [SPD]: Das ist doch selbstverständlich!)

    Das gilt für den Gesamtbereich der Beendigung der Abfallbeseitigung auf hoher See. Frau Abgeordnete Garbe, um das ganz deutlich zu sagen: In diesem Papier — ich schicke es Ihnen gerne zu — steht, daß die Abfallbeseitigung bis 1990 auf hoher See zu beenden ist. Dazu stehe ich ohne Wenn und Aber. Es steht genauso darin, daß die Abfallverbrennung auf hoher See bis 1991 drastisch zu verringern und bis 1995 zu beenden ist. „Bis Mitte der 90er Jahre" steht dort. Das ist nicht eine Aussage des Bundesumweltministers, sondern die gemeinsame Aussage aller Umweltsenatoren und Umweltminister der norddeutschen Länder.
    Mir liegt sehr daran. Wissen Sie auch, warum? Mir geht es natürlich auch darum, daß wir unsere Abfallexporte ersetzen. Die Voraussetzungen dafür liegen aber auf zwei Ebenen: Sie liegen einmal auf der Ebene, daß wir — wo immer möglich — Abfälle vermeiden und wiederverwerten, auch bei Sonderabfällen. Sie liegen aber vornehmlich auf der Ebene, daß wir umweltverträgliche Abfallbeseitigungsanlagen in der Bundesrepublik Deutschland selbst errichten müssen. Dabei bitte ich auch um die Unterstützung der Kollegen aus den Ländern vor Ort.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Garbe [GRÜNE]: Keine Großfeuerungsanlagen!)

    Um es auch hier ganz klar zu sagen: Bis zur Stunde gibt es keine Zuständigkeit der Bundesregierung für die Erstellung von Abfallbeseitigungsanlagen.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Das ist schlicht gelogen!)

    Ich kann nur dazu beitragen, daß die Länder diesen Aufgaben möglichst nachkommen können. Um auch das ganz klar zu sagen: Hier gibt es überhaupt keine unterschiedliche Wertung zwischen allen Umweltministern und -senatoren der Bundesländer und dem Bundesumweltminister. Wir sind uns völlig einig darüber, daß wir innerhalb möglichst kurzer Zeit 10 neue Sondermüllverbrennungsanlagen brauchen.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Aber nach bestem technischen Stand! Das ist nicht gewährleistet, vor allem nicht, wenn die Privatwirtschaft die Dinger betreibt!)

    — Einverstanden, ich komme gern darauf zurück. — Ich wollte nur ergänzen: Diese Meinung, daß wir diese Sondermüllverbrennungsanlagen brauchen, hat bis zu seinem Abschied aus der Regierungsverantwortung auch der Umweltminister Joschka Fischer in Hessen deutlich vertreten.
    Wenn wir uns darüber einig sind, daß wir Sonderabfallverbrennungsanlagen brauchen und daß wir sie vor Ort auch wirklich mit tragen, dann werden wir das
    Ziel, nämlich die Vermeidung von Verbrennungen auf hoher See, vor 1995 erreichen. Dann werden wir vorher die Möglichkeit haben, Abfalltransporte nach Schönberg nicht mehr vorzunehmen. Meine Damen und Herren, die uns auf diesem Gebiet so hart ins Gericht nehmen, gehen Sie bitte zunächst einmal nach Hamburg und fragen dort nach, wie die Situation der Abfallbeseitigung ist. Dann kommen Sie hierher und sagen, was die Bundesregierung etwa mit Blick auf Schönberg zu tun hat. Auch das muß zusammen gesehen werden.
    Ich meine also: Wir werden keine „Giftmüllverschiebepolitik" machen, sondern wir werden mit allem Nachdruck darauf hinarbeiten, daß umweltverträgliche Abfallbeseitigungsanlagen errichtet werden. Denn es sind Krokodilstränen, wenn jemand darüber klagt, wir sollten die Altlastensanierung vornehmen, und dann von Finanzierungsfragen spricht, aber nicht gleich auch etwas dazu sagt, wo wir die so sanierten Stoffe lagern sollen, wenn wir keine Abfallbeseitigungsanlagen entsprechender Art haben.
    Ich muß Ihnen dazu noch einmal sagen: Die Bundesregierung nimmt diese Verantwortung auch finanziell sehr ernst. Wenn Sie die gesamte Diskussion darüber nachvollziehen, wissen Sie, daß wir erstens im gesamten Bereich von Forschung und Entwicklung die Bemühungen der Bundesländer, zu einer Sanierung von Altlasten zu kommen, massiv und nachhaltig fördern. Dem Kollegen Riesenhuber sei für diese Bereitschaft gedankt. Ich habe als Landesminister selbst davon profitieren können. Zweitens haben wir unsere Bereitschaft erklärt, auch bei der Finanzierung von Modellanlagen der Sondermüllbeseitigung unseren finanziellen Anteil zu leisten. Ich habe mit Dank festzustellen, daß etwa das Land Schleswig-Holstein in Brunsbüttel nach einstimmigem Stadtratsbeschluß eine solche Anlage bauen wird. Es gibt die Diskussion in Emden. Wir haben die Diskussion in Kaisersesch in Rheinland-Pfalz.
    Wir wollen nicht eine Politik betreiben, die den Kopf in den Sand steckt, um die Probleme zu übersehen. Wir werden vielmehr mit der Förderung und der einstimmigen Unterstützung der Bundesländer diesen Weg beschreiten.
    Ich freue mich auch — lassen Sie mich das ergänzend dazu sagen — , daß ich heute in den Zeitungen lesen konnte, daß der Kollege Jo Leinen im Saarland jetzt eine Sondermülldeponie errichten wird. Gut so. Dies brauchen wir als Infrastruktur für ein Industrieland wie die Bundesrepublik Deutschland. Wir können uns nicht darauf verlassen, daß auf Dauer andere unsere schlechten Risiken des Wohlstands übernehmen und sie zu schlechteren Konditionen — auch schlechteren ökologischen Konditionen — beseitigen, als wir das bei uns tun könnten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich weiß, meine Damen und Herren, daß ich dringlich auf die Uhr zu blicken habe. Lassen Sie mich dennoch einige Sätze zur Frage der Luftreinhaltung sagen. Ich fange dabei gern beim Verkehr an. Ich habe zunächst einmal mit Freude festgestellt, daß auch der Abgeordnete Schäfer seine Kritik an der Luftreinhaltepolitik der Bundesregierung nur noch auf den Be-



    Bundesminister Dr. Töpfer
    reich des Verkehrs erstreckt. Wir sind uns wohl einig, daß in den anderen Bereichen Bedeutsames geschehen ist.
    Kommen wir auf den Verkehr zu sprechen. Meine Damen und Herren, ich nehme die Sache mit dem Tempolimit natürlich sehr, sehr ernst.

    (Frau Traupe [SPD]: Na, na!)

    Deswegen muß ich zunächst einmal darauf hinweisen: Es ist doch wohl nicht so, daß wir in der Bundesrepublik Deutschland kein Tempolimit hätten. Wir wollen zunächst einmal festhalten, daß ein ganz erheblicher Teil der deutschen Straßen — ich glaube, es sind 94 % — mit einem Tempolimit versehen sind. Über den Rest haben wir uns zu unterhalten.
    Es ist die Frage, welche Auswirkungen das in der Diskussion über die Luftreinhaltung haben kann, die uns beide — Herr Abgeordneter Schäfer, das sage ich deutlich — genauso ernsthaft und genauso nachdrücklich bewegt. Ich kann es eben nicht hinnehmen, wenn jemand kommt und sagt: Wenn ihr die Frage dieses Tempolimits auch noch klärt, dann ist der Wald wieder gesund.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Wer sagt das?)

    — Lesen Sie es bitte nach. Ich habe es gerade von dem Abgeordneten Schäfer so gehört.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Nein!)

    Deswegen muß ich noch einmal darauf hinweisen: Wir haben das Problem des Tempolimits nicht ungeprüft weggelegt, sondern es gab eine breite Diskussion des Umweltbundesamts mit Fakten und Zahlen. Auf Grund dieser Unterlagen ist entschieden worden.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Die Fakten und Zahlen haben ergeben: erhebliche Reduzierung!)

    Zum zweiten frage ich mich wirklich, wie Sie folgendes zusammenbekommen: Auf der einen Seite beklagen Sie, daß es bei uns nur 702 000 Autos mit dem geregelten Dreiwegekatalysator gibt. Jedes vierte Auto mit einem Ottomotor, das jetzt zugelassen wird, ist mit einem solchen Dreiwegekatalysator ausgestattet. Das ist doch schon einmal ein ganz vernünftiger Ansatz nach den drei Jahren, die wir daran arbeiten.
    Auf der anderen Seite sahen Sie sich gezwungen oder veranlaßt, das Sommerloch auch damit zu füllen, daß Sie sich ungeprüft — der Abgeordnete Laufs hat das deutlich gesagt — einer vordergründigen Kampagne gegen den Katalysator angeschlossen haben.
    Meine Damen und Herren, wem will ich es übelnehmen, wenn er hinterher sagt: Die sollen sich erst einmal klarwerden, bevor ich zusätzliche Kosten für den Katalysator übernehme! — Das ist doch menschlich nachvollziehbar und verständlich.