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ID1102301600

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    Plenarprotokoll 11/23 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 23. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. September 1987 Inhalt: Nachruf auf das frühere Mitglied des Deutschen Bundestages William Borm 1459 A Begrüßung des Vorsitzenden der Zweiten Kammer der Niederländischen Generalstaaten, Dr. Dirk Dolman 1459 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Jobst 1459 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/700) in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1987 bis 1991 (Drucksache 11/701) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 1459D, 1510 B Dr. Apel SPD 1471 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 1481 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 1487 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 1491 B Wedemeier, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 1494 D, 1517 C Neumann (Bremen) CDU/CSU 1499 D Dr. Struck SPD 1503 B Richter FDP 1506 D Roth (Gießen) CDU/CSU 1507 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 1519 C Sellin GRÜNE 1525 B Glos CDU/CSU 1528 B Roth SPD 1531 C Dr. Haussmann FDP 1536 C Wissmann CDU/CSU 1538 B Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 1540 C Hinsken CDU/CSU 1543 C Schäfer (Offenburg) SPD 1545 D Dr. Laufs CDU/CSU 1549 B Frau Garbe GRÜNE 1552 A Frau Dr. Segall FDP 1554 A Fellner CDU/CSU 1556 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 1557 B Nächste Sitzung 1561 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 1562* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1987 1459 23. Sitzung Bonn, den 9. September 1987 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 10. 9. Antretter * 11. 9. Frau Beck-Oberdorf 11.9. Frau Beer 9. 9. Frau Blunck * 10. 9. Böhm (Melsungen) ** 11. 9. Büchner (Speyer) * 11.9. Catenhusen 11.9. Duve 9.9. Eigen 11.9. Dr. Feldmann * 11.9. Frau Fischer * 9.9. Großmann 11.9. Dr. Hoffacker 9.9. Hoss 11.9. Irmer 11.9. Jansen 11.9. Jung (Lörrach) 11.9. Lemmrich * 10.9. Maaß 9.9. Frau Matthäus-Maier 9.9. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Müller * 10. 9. Niegel * 11. 9. Oostergetelo 11.9. Poß 9.9. Rawe 11.9. Reddemann ** 11.9. Schäfer (Mainz) 11.9. Dr. Scheer * 11.9. Schmidt (München) ** 11.9. Frau Schmidt (Nürnberg) 11.9. Schröer (Mülheim) 11.9. Dr. Sperling 11.9. Steiner * 9. 9. Tietjen 11.9. Volmer 11.9. Dr. Vondran 10. 9. Dr. von Wartenberg 9.9. Dr. Wieczorek 11. 9. Wieczorek (Duisburg) 11.9. Dr. Wulff * 9.9. Zierer * 9.9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Rede von Dr. Wolfgang Weng


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister hat mit einer beeindruckenden Einbringungsrede dem Parlament den Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 1988 übergeben und damit das weitere Verfahren in die Hände des Parlaments
    und zunächst, nach der zu erwartenden Überweisung, in die Hände des Haushaltsausschusses gelegt.
    Einige Stichworte mögen verdeutlichen, welch konsequenter Unterschied im Haushaltsverfahren und Haushaltsgebaren seit 1982 Eingang gefunden hat.
    Erstens frühzeitige Vorlagen durch die Regierung, um hierdurch uns, dem Parlament, die erforderliche Beratungszeit derart einzuräumen, daß der Haushalt vor Beginn des Haushaltsjahres Gesetzeskraft erlangen kann.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Zweitens Offenlegung der Ansätze wie auch der Risiken, und Bereitschaft, im Lauf des Verfahrens notwendige Änderungen auch politisch aufzugreifen und durchzusetzen — was nicht immer einfach ist, wie wir aus den vergangenen Jahren wissen.
    Drittens restriktive, d. h. eben sparsame Haushaltsführung in Ansätzen, die für das kommende Jahr nur eine Erhöhung um 2,4 %, auf das Soll des Vorjahres bezogen, bedeuten.
    Ich weiß nicht, ob die Opposition — hier insbesondere die SPD — im vergangenen Jahr gut beraten war, die Arbeit des Haushaltsausschusses pauschal als quasi ergebnislos, als quasi unsinnig zu bezeichnen; denn sie stellt damit ja ihre eigene Arbeit im Ausschuß ebenso in Frage wie die der Kollegen der Koalition. Es spielen — ich meine, das muß auch deutlich gemacht werden — ja nicht nur die tatsächlichen Veränderungen der Vorlage durch den Ausschuß, durch das Parlament eine Rolle, sondern es spielt auch die politische Grundhaltung der Parlamentsmehrheit eine Rolle, die wir artikulieren; denn diese Grundhaltung versetzt den Finanzminister in die Lage, in den Spitzengesprächen mit den ja immer ausgabefreudigen Fachministern konsequent zu bleiben.
    Ich halte es auch nicht für besonders nützlich, wenn an den Dingen massiv herumkritisiert wird, die bei einem derart geordneten Verfahren zwangsläufig sind. Wenn die Regierung in der ersten Jahreshälfte einen Haushaltsentwurf erstellt, dessen Einnahme- und Ausgabeseite auf vielen Unwägbarkeiten und Schätzungen beruhen, dann ist es zwangsläufig, daß auf Grund der in der zweiten Jahreshälfte bekanntwerdenden Änderungen noch Korrekturen erfolgen müssen.

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Das hat, Herr Kollege Apel, überhaupt nichts mit mangelnder Wahrheit zu tun.
    Wenn ich bei Ihnen bin, Herr Kollege Apel: Sie haben in Ihrer Rede mit dem Hinweis darauf, die FDP habe doch alles mitgemacht, erneut versucht, sich aus der eigenen Verantwortung zu stehlen.

    (Dr. Apel [SPD]: Überhaupt nicht!)

    Die FDP hat zu keinem Zeitpunkt die gemeinsame Politik in Frage gestellt, sich distanziert. Sie hat aber im richtigen Moment erkannt, wo die Fehler lagen, und hat eine entsprechende politische Wende herbeigeführt. Das unterscheidet uns ja in vielen Politikbe-



    Dr. Weng (Gerlingen)

    reichen von Ihnen, die Sie auf alten Fehlern beharren, die Sie diese alten Fehler fortsetzen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Das glaubt er doch selbst nicht!)

    Man muß sich — ich komme auf die Haushaltsgegebenheiten zurück — eben vorstellen — erlauben Sie mir einen Vergleich aus meinem Apothekerberuf —, daß auf einer Balkenwaage auf beiden Schalen eine Vielzahl unterschiedlicher Gewichte liegt und daß sich diese Waage im Gleichgewicht befindet. Zunahme oder Wegnahme eines Gewichts auf einer Seite zieht automatisch Änderungen auf der anderen Seite nach sich.
    Daß im laufenden Haushalt Spielräume noch enger werden als in den vergangenen, ist doch unser politischer Wille; denn parallel zu der niedrigen Steigerungsrate von nur 2,4 % haben wir zusätzliche Steuererleichterungen beschlossen, die allein 1988 rund 15 Milliarden DM Entlastung für die Bürger bedeuten, 15 Milliarden DM, die nur ein weiterer Teil des geplanten Gesamtvolumens von 50 Milliarden DM sind, die wir durch Senkung der Steuern bei unseren Bürgern belassen wollen. Es ist unser Wunsch— ich sage das auch im Vorausblick auf die geplante Steuerreform — , daß möglichst viel Geld beim Bürger bleibt, daß der Staatsanteil Zug um Zug gesenkt wird.
    Das ist natürlich die Angelegenheit der Kollegen der CDU/CSU und der FDP. Die Aufgabe der Abgeordneten der Koalition ist eine doppelte und damit nicht leichter: Wir können von der Opposition — deren Sprecher haben das ja heute vormittag verdeutlicht — keinerlei konstruktive Beiträge für unsere Arbeit erwarten, sondern nur Kritik um der Kritik willen.

    (Zuruf von der SPD: Sie haben nicht zugehört!)

    Das, was Sie, Herr Kollege Kleinert, gerade dargelegt haben, war ja ein Gesamtabriß alles Wünschenswerten innerhalb von zwei Minuten.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Geben Sie mir mehr Redezeit!)

    Sicher eine besondere Meisterleistung hinsichtlich der Geschwindigkeit, aber natürlich keine realistischen Ansätze politischer Handlungsfähigkeit.
    Einerseits tragen wir die von uns gewünschte Haushaltspolitik der Regierung im Grundsatz, verteidigen also deren Entwurf. Wir wollen ihn aber trotzdem verbessern und auch konstruktiv-kritische Anmerkungen zur Regierungspolitik machen.
    Meine Damen und Herren, da ja fast alle Mitglieder der Regierung auch Abgeordnete dieses Hauses sind, gehe ich davon aus, daß die zahlreichen Minister, die heute und an den kommenden Tagen das Wort ergreifen werden, uns genau in diesem Ziel unterstützen werden, denn das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Parlaments, und auch diese Debatte in erster Lesung soll an sich eine Parlamentsdebatte und kein Vorstellungswettbewerb des Bundeskabinetts und wahlkämpfender Bundesratsmitglieder sein.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Kritische Anmerkungen zu dem Kabinettsbeschluß zum Haushalt 1988 betreffen auch die Parlamentarier selbst, denn wir haben die ausgabewirksamen Beschlüsse für das laufende Jahr und im vergangenen Jahr abgesegnet; sie müssen jetzt haushaltsmäßig ihren Niederschlag finden. Aber der Gesamtzusammenhang einzelner Beschlüsse und Gesetze muß eben vom Finanzminister erkannt und verantwortet werden. Die Mark kann nur einmal ausgegeben werden. Freie Spielräume sind bei nach wie vor zu hoher Nettoneuverschuldung nicht gegeben.
    Wir gehen deshalb mit dem Ziel in die Beratung, die Verschuldung abzusenken. Diesmal wird es ganz besonders schwer werden. Ich sage dies auch mit Blick auf den Verhandlungszeitraum und den Zeitpunkt der abschließenden Beratung hier im Hause. Wir haben im letzten Jahr gesehen, daß wir vor der zweiten und dritten Beratung noch einmal mit neuen Zahlen konfrontiert worden sind. Wir haben diesen Zahlen in Kenntnis all der Schwierigkeiten, die uns daraus in der öffentlichen Debatte entstehen könnten, Rechnung getragen.

    (Zuruf von der SPD)

    Dennoch — das sage ich Ihnen, lieber Kollege von der SPD mit Ihrem Zwischenruf — , natürlich ist uns auch bewußt, daß es bei einer großen Zahl von Bürgern als wesentlich angenehmer empfunden wird, wenn man aus öffentlichen Haushalten in irgendeiner Weise bedient wird, statt durch Einsparungen nachteilig betroffen zu sein.
    Es wird also diesmal ganz besonders schwer werden, denn die Tatsache, daß das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr bei nur ca. 1,8 % landen wird — ohne mich mit dieser Zahl abschließend festlegen zu können — sorgt natürlich auch im kommenden Jahr im Vergleich zur mittelfristigen Finanzplanung für Mindereinnahmen. Daß aber der Kurs richtig ist, zeigt sowohl die nach wie vor klare Unterstützung der unabhängigen Bundesbank, als auch die ständige Verbesserung der Situation auf dem Arbeitsmarkt, die anhaltende Vermehrung der Zahl der Arbeitsplätze seit 1983. Dies ist durch unsere Haushaltspolitik wesentlich mitverursacht.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Struktur des Haushalts ist allerdings etwas weniger befriedigend als in den vergangenen Jahren, denn der Investitionsanteil geht zurück, Subventionen steigen an. Wenn auch einiges hiervon durch frühere gesetzliche Verpflichtungen entsteht, anderes durch den von uns nicht zu beeinflussenden Kursrückgang des US-Dollars in der Vergangenheit — Gott sei Dank hat er sich jetzt stabilisiert, unter anderem auch durch Engagement unserer Regierung; das sollte an der Stelle auch gesagt werden — , so hat es doch auf der anderen Seite auch Gefälligkeiten der Bundesregierung gegeben, die aus heutiger Sicht die Strukturprobleme verschärfen.
    Es muß als weiteres gesagt werden, daß der Abschluß der Tarifpartner im öffentlichen Dienst deutlich über der Steigerungsrate des Gesamthaushalts liegt und damit natürlich auch zu einer Verschiebung innerhalb der großen Ausgabenblöcke beiträgt. Ich wünsche mir unbedingt, daß die öffentlich Bedienste-



    Dr. Weng (Gerlingen)

    ten eine im Vergleich zu anderen Berufsgruppen angemessene und leistungsgerechte Bezahlung erwarten dürfen, und sie müssen auch angemessene Aufstiegschancen behalten — dies in Kenntnis unserer Restriktionen der vergangenen Jahre — , aber gerade bei restriktiver Haushaltsführung kann das nur die Konsequenz haben, daß die Zahl der öffentlich Bediensteten verringert wird. Hier wäre uns ein Ansatz für Stellenreduzierungen im Regierungsentwurf 1988 und nicht nur in der weiteren Planung liebgewesen.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Bei den Staatssekretären! )

    Hierbei wäre — ich sage dies, ohne daß es des Zurufs von der SPD bedurfte — auch Selbstdisziplin der Regierung wünschenswert, denn die Spitze dieses Eisbergs bei der Schaffung neuer Personalstellen ist die Regierungsforderung nach zwei neuen beamteten Staatssekretären, über die wir im Haushaltsausschuß noch werden beraten müssen.

    (Sehr gut! bei der SPD)

    Eines muß klar sein: Wenn der Regierungswechsel von 1969 — da kann man der jeweiligen Schuldzuweisung ja ein wenig vorbeugen — eine Ausweitung der Zahl aller Staatssekretäre um 25 % nach sich zog, so mußte nicht zwangsläufig die jetzige Koalition nochmals um 20 % aufstocken. Und bei aller Ehrfurcht vor der Organisationsgewalt der Bundesregierung sage ich: Irgendwo muß auch einmal Schluß sein.

    (Becker [Nienberge] [SPD]: Aha!)

    Noch ein weiteres Wort zu dem Ausgabenkomplex Personalkosten. Bei allem Verständnis für die Wünsche aus dem Innenministerium, meine Damen und Herren, dann, wenn wir den 1982 begonnenen Kurs jetzt total ändern wollten, indem wir den haushaltsmäßig nicht abgesicherten Strukturbericht des Innenministers umsetzen, wäre damit der Weg soliden Haushaltens verlassen.
    In den Bereich kritischer Anmerkungen gehört auch der Stand der Privatisierung, denn andere Länder wie England oder Frankreich machen uns ja vor, wie konsequent man hier verfahren kann. Natürlich ist es mir auch recht, daß, wie ich gesehen habe, gerade die GRÜNEN unserer politischen Zielgebung hier besonders vehement Paroli zu bieten versuchen. Das macht der Öffentlichkeit eben deutlich, wo welche politischen Vorstellungen sind: dort Marsch in die Staatswirtschaft, bei uns mehr Vertrauen auf den Bürger,

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Sie haben ja gar nicht hingehört!)

    mehr Rückgabe von wirtschaftlichen Möglichkeiten an die Bürger.

    (Bohl [CDU/CSU]: Sehr gut! Weiter so! — Frau Vennegerts [GRÜNE]: Das ist Wirtschaftsdarwinismus!)

    Hatte die Bundesregierung nach der Wende in allen Regierungserklärungen das Ziel Privatisierung ausdrücklich artikuliert, so bleibt das Ergebnis doch sehr deutlich hinter den Erwartungen zurück. Das groß angekündigte Gesamtkonzept betraf nach seiner Verabschiedung nur einen sehr bescheidenen Teil von
    Beteiligungen und Dienstleistungen der öffentlichen Hand, und selbst diese wenigen Projekte kommen aus unterschiedlichen Gründen nur sehr zögerlich voran.
    Die versprochenen Privatisierungen hängen offensichtlich genau an der Bürokratie fest, die — vielleicht sind in den jeweiligen Ministerien Sozialdemokraten dabei —

    (Dr. Apel [SPD]: Mein Gott!)

    unserem erklärten politischen Ziel von Anfang an hinhaltenden Widerstand entgegengesetzt hat.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU — Weitere Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, sei es wegen des Börsenkurses, sei es, weil betriebliche Untersuchungen urplötzlich andere Zustände ergaben, als sonst über irgendeinen Betrieb immer geäußert worden war, es rührt sich in diesem ordnungspolitisch so wichtigen Bereich fast nichts mehr.
    Während wir z. B. nach wie vor die Auffassung vertreten, daß zumindest eine Verringerung des Anteils der öffentlichen Hände an der Lufthansa sinnvoll und vertretbar ist, sollen jetzt weitere öffentliche Körperschaften beteiligt werden. Und daß in diesem Zusammenhang — auch wenn ich hier mit Franz Josef Strauß überraschenderweise einmal einer Meinung war, nämlich in der Angelegenheit der Hilton-Hotels; Herr Kollege Glos, auch Sie haben es sicher in der Zeitung gelesen — der Versuch der Geschäftsführung der deutschen Lufthansa, sich zu einem Mischkonzern zu entwickeln, ein Schlag ins Gesicht unseres politischen Willens ist, bleibt trauriges Fazit.
    Der Vorstand der Deutschen Lufthansa muß sich fragen lassen, warum er nicht in vernünftiger Kooperation mit Hoteleignern — auch unter Einbeziehung mittelständischer Unternehmen — seinen Angebotsbedarf decken kann, sondern versucht hat, mit Milliardenaufwand eine Hotelkette zu erwerben.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Daß dieser Versuch gescheitert ist, lag ja nun nicht an der Deutschen Lufthansa, sondern am schnellen Zugriff eines anderen Anbieters.

    (Glos [CDU/CSU]: Zu kurz gesprungen!)

    — Ja, da ist der Herr Ruhnau zu kurz gesprungen. — Meine Damen und Herren, ist es denn wirklich wünschenswert, daß letztendlich der deutsche Steuerzahler das Risiko der Ausbuchung von Hotels in aller Welt trägt? Das kann nicht sein!
    Herr Finanzminister, Sie werden entsprechend der Bundeshaushaltsordnung in diesem Jahr stärker gefordert sein als seither, über den Fortbestand der Notwendigkeit öffentlicher Beteiligungen zu berichten, denn bei einer ganzen Zahl solcher Bundesbeteiligungen glauben wir nicht, daß es hoheitliche oder sonstige unabweisbare Gründe für den Besitz des Bundes gibt. Hier wird in der 11. Wahlperiode wieder neuer Schwung erwartet.
    Anläßlich dieser Haushaltsdebatte muß das Parlament seinen Blick auch auf die längerfristigen Aufga-



    Dr. Weng (Gerlingen)

    ben und Zielsetzungen richten, bei denen die Bundesregierung im Sinne politischer Führung Prioritäten setzen sollte. Ich meine z. B. den Bereich der Luft- und Raumfahrt. Wir werden in künftigen Haushalten nicht all die Projekte finanzieren können, die im Augenblick in Definition oder Entwicklung sind. Wir wissen auch, daß in diesen Bereichen viel Geld ausgegeben werden kann, egal, ob es Raketen, Weltraumstationen und Raumgleiter im Forschungsbereich, ob es Jäger 90 und Panzerabwehrhubschrauber im Verteidigungsressort oder der Airbus beim Bundeswirtschaftsminister sind.
    Es wird nicht alles gehen, und Entscheidungen sind gefordert. Unsere Fraktion wird sich diesen Entscheidungen stellen. Die Regierung sollte das gleiche tun.
    Ich will allerdings beim Airbus einschränkend darauf hinweisen, daß hier nach unserer Überzeugung die Komplettierung der Flugzeugfamilie erforderlich ist. Kurz-, Mittel- und Langstreckenflugzeug müssen angeboten werden können. Wir müssen aber — und das sage ich im Blick auch auf die Berichterstattergespräche — sehr sorgfältig prüfen, ob der hohe Subventionsbedarf nicht auch durch innerbetriebliche Einsparungsmaßnahmen verringert werden kann. Es darf auch nicht durch ein einziges Projekt jede andere Förderungsmöglichkeit bei der zivilen Luftfahrt ausgeschlossen werden.
    Ich habe kürzlich mit Blick auf Luft- und Raumfahrt scherzhaft gesagt: Das ganze Geflügel frißt uns Haushältern die Haare vom Kopf. Der Hintergrund ist ernst genug.

    (Kuhlwein [SPD]: Da haben aber alle gelacht!)

    — Es haben alle gelacht, die dabei waren; das ist richtig. Das waren vielleicht Leute, die etwas mehr Humor hatten als Sie gerade, Herr Kollege; aber das soll es ja geben.

    (Dr. Apel [SPD]: Wir haben sehr viel Humor!)

    Meine Damen und Herren, eine Erwähnung zur geplanten großen Steuerreform darf in einer Haushaltsrede nicht fehlen, nicht zuletzt deshalb, weil die Opposition und hier insbesondere die Sprecher der SPD während der Sommerpause eine ganz üble Kampagne gefahren sind. Ich hoffe, daß sich der baden-württembergische Kollege Spöri den Artikel in der „Zeit" vom 24. Juli sehr genau durchgelesen hat, in dem Gerd Bucerius unter der Überschrift „Steuern und Redlichkeit" mit seinen Verhaltensweisen hart aber korrekt ins Gericht ging.

    (Zuruf von der SPD: Das ist auch ein Schwarzer!)

    Wie unsauber die Diskussion von der SPD geführt wird, wird ja schon daran deutlich, daß man nicht das große Entlastungsvolumen begrüßt, sondern an den noch offenen, aber nach Aussage des Finanzministers bis Oktober zu klärenden Fragen der Finanzierung eines Teilbetrags herummäkelt.

    (Kuhlwein [SPD]: Dem glauben Sie noch?)

    Wer das geplante Entlastungsvolumen von 25 Milliarden DM, wer die Senkung des Eingangssteuersatzes, wer die Erhöhung von Grundfreibeträgen und von Kinderfreibeträgen verschweigt, ist nicht aufrichtig. Daß durch den Wegfall der überzogenen Progression im Bereich mittlerer Einkommen eine durchgreifende Strukturverbesserung geplant ist, paßt natürlich nicht in das Konzept von Miesmachern.

    (Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    — Die Miesmacher haben sich sofort gemeldet. Es gibt, meine Damen und Herren, einen alten Volksspruch, der heißt: Getroffener Hund bellt. Wir haben das erleben dürfen, auch wenn es ein sehr müdes Bellen gewesen ist.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Also, das anhören zu müssen ist eine Qual! Machen Sie mal ein bißchen Pfeffer da rein, Mensch!)

    Die große Steuerreform ist ein notwendiges und wichtiges Vorhaben dieser Wahlperiode. Das Datum der Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Bremen am kommenden Sonntag verdeutlicht, warum bei der Opposition nicht Sachlichkeit, sondern Polemik stattfindet.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Ein 30jähriger Greis, der da redet! Furchtbar!)

    — Wahrscheinlich können Sie einer ruhigen Rede einfach nicht ruhig zuhören. Sie müssen wohl Schreihälse hier vorne stehen haben, um dem überhaupt folgen zu können. Es geht hier um Worte, die gesprochen, nicht um Worte, die geschrieen werden, Frau Collega. Hier findet von Ihrer Seite Polemik statt in der Überzeugung, es handle sich hier um Wahlspeck für diese Landtagswahlen.
    Meine Damen und Herren, ich bin sicher, die Bürger der genannten Bundesländer werden dies durchschauen.

    (Dr. Struck [SPD]: Da haben Sie ganz recht!)

    Meine Damen und Herren Kollegen, der Haushaltsausschuß wird sich nach der Debatte dieser Woche des Entwurfs der Regierung annehmen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Sie kriegen die rechten Stimmen der CDU!)

    Ich bin mir der weiteren kollegialen Zusammenarbeit in der Koalition sicher; denn, lieber Kollege Carstens, wir, die Koalitionsabgeordneten des Haushaltsausschusses tragen zunächst einmal die Verantwortung dafür, daß unsere Mehrheit im Deutschen Bundestag einen richtigen und notwendigen Kurs in der Haushaltspolitik fortführt.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich erteile das Wort dem Herrn Präsidenten des Senats der Freien Hansestadt Bremen.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit bei den Beratungen, die Sie nun in den Ausschüssen haben werden, gern



    Präsident des Senats Wedemeier (Bremen)

    auf die Lage strukturschwacher Länder und Gemeinden lenken.
    Der Haushaltsplan 1988 und leider auch die mittelfristige Finanzplanung zeigen nicht auf, daß es verstärkte Anstrengungen der Bundesregierung gegen regionale Entwicklungsunterschiede geben wird. Ganz im Gegenteil, die Ausgaben für regionale Wirtschaftsförderung werden zusammengestrichen, die Ausgaben für die Mittelstandsförderung sollen halbiert werden, und die Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitik sollen ebenfalls verringert werden.

    (Dr. Schroeder [Freiburg] [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht!)

    Erforderlich wäre es aber, in den Bereichen Regional- und Arbeitsmarktpolitik finanzielle Mittel zur Bekämpfung der regionalen Disparitäten und der Beschäftigungskrise einzusetzen.

    (Beifall bei der SPD)

    Den wirtschaftsschwachen Regionen und den von der Beschäftigungskrise besonders betroffenen Menschen muß schnell und wirksam geholfen werden, und zwar nicht durch Zwischenrufe, sondern durch Taten, Herr Abgeordneter.

    (Beifall bei der SPD)

    Regionalpolitische Anstrengungen sind besonders angesichts der Tatsache, daß sich das Süd-Nord-Gefälle zur Krise entwickeln könnte, dringend erforderlich. Wir haben ein ausgeprägtes Süd-Nord-Gefälle. Es besteht in der Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungskraft, der Beschäftigung.

    (Glos [CDU/CSU]: Warum?)

    Das Volkseinkommen ist also sehr unterschiedlich, auch die Arbeitslosenquote. Im Süden haben wir 6,3 % Arbeitslose, im Norden 11,8 %.

    (Seiters [CDU/CSU]: Besonders in Bremen!)

    — In Bremen haben wir 15,5 % Arbeitslose. Das ist richtig.

    (Seiters [CDU/CSU]: Schlechteste Entwicklung in Norddeutschland!)

    Sie haben, Herr Carstens, nach den Gründen der Arbeitslosenzahl in Bremen gefragt. Ich will Ihnen einige nennen, die auch für die Küste zutreffen. Sollten Sie von Cloppenburg aus mal in Richtung Küste fahren und durch Ostfriesland kommen, werden Sie Arbeitslosenquoten von über 20 % im Lande Niedersachsen feststellen. Insofern haben wir ein gemeinsames Problem an der Küste, das Sie nicht auf Bremen oder Niedersachsen reduzieren können.
    Wir haben in den letzten 12 Jahren sehr viele Arbeitsplätze in der Werftindustrie verloren. Warum, müssen wir hier nicht weiter diskutieren: verringerte Weltnachfrage, Subventionen. Internationale Konkurrenz! „In Korea ist alles billiger", stimmt einfach nicht, sondern da wird natürlich staatlich subventioniert. Sonst könnten die gar nicht so billig sein.

    (Bohl [CDU/CSU]: Ist doch gar nicht wahr!)

    Hier haben wir in den letzten 12 Jahren über 40 000 Arbeitsplätze verloren.

    (Bohl [CDU/CSU]: Das können Sie in Bremen erzählen, aber nicht hier!)

    — Wenn Sie nicht einmal Zahlen zur Kenntnis nehmen wollen, die vom Minister veröffentlicht worden sind, brauchen wir mit Ihnen über die Werftindustrie nicht weiter zu reden.

    (Beifall bei der SPD)

    Das sind übrigens Zahlen, die auch mein Kollege Albrecht aus Niedersachsen und Herr Barschel aus Schleswig-Holstein veröffentlicht haben. Das sind Fakten. Daran können Sie nicht vorbei.
    Wir haben eine erhebliche Zahl Arbeitsplätze in der Nahrungs- und Genußmittelindustrie und in der Fischwirtschaft verloren. Nicht wegen des neuesten Skandals, sondern wegen der Umstrukturierungen der vergangenen Jahre sind Tausende von Arbeitsplätzen verlorengegangen.

    (Seiters [CDU/CSU]: Welchen Skandal meinen Sie denn?)

    Auch in der Tabak- und der Kaffeeindustrie sind in Norddeutschland, insbesondere in Bremen, Arbeitsplätze verlorengegangen, bedingt auch in der Stahlindustrie.
    Also, meine Damen und Herren, es gibt Grund genug, regionalpolitische Anstrengungen zu unternehmen.