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ID1102301000

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    Plenarprotokoll 11/23 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 23. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 9. September 1987 Inhalt: Nachruf auf das frühere Mitglied des Deutschen Bundestages William Borm 1459 A Begrüßung des Vorsitzenden der Zweiten Kammer der Niederländischen Generalstaaten, Dr. Dirk Dolman 1459 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Jobst 1459 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1988 (Haushaltsgesetz 1988) (Drucksache 11/700) in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1987 bis 1991 (Drucksache 11/701) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF 1459D, 1510 B Dr. Apel SPD 1471 C Carstens (Emstek) CDU/CSU 1481 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 1487 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 1491 B Wedemeier, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 1494 D, 1517 C Neumann (Bremen) CDU/CSU 1499 D Dr. Struck SPD 1503 B Richter FDP 1506 D Roth (Gießen) CDU/CSU 1507 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 1519 C Sellin GRÜNE 1525 B Glos CDU/CSU 1528 B Roth SPD 1531 C Dr. Haussmann FDP 1536 C Wissmann CDU/CSU 1538 B Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 1540 C Hinsken CDU/CSU 1543 C Schäfer (Offenburg) SPD 1545 D Dr. Laufs CDU/CSU 1549 B Frau Garbe GRÜNE 1552 A Frau Dr. Segall FDP 1554 A Fellner CDU/CSU 1556 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 1557 B Nächste Sitzung 1561 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 1562* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. September 1987 1459 23. Sitzung Bonn, den 9. September 1987 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 10. 9. Antretter * 11. 9. Frau Beck-Oberdorf 11.9. Frau Beer 9. 9. Frau Blunck * 10. 9. Böhm (Melsungen) ** 11. 9. Büchner (Speyer) * 11.9. Catenhusen 11.9. Duve 9.9. Eigen 11.9. Dr. Feldmann * 11.9. Frau Fischer * 9.9. Großmann 11.9. Dr. Hoffacker 9.9. Hoss 11.9. Irmer 11.9. Jansen 11.9. Jung (Lörrach) 11.9. Lemmrich * 10.9. Maaß 9.9. Frau Matthäus-Maier 9.9. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Müller * 10. 9. Niegel * 11. 9. Oostergetelo 11.9. Poß 9.9. Rawe 11.9. Reddemann ** 11.9. Schäfer (Mainz) 11.9. Dr. Scheer * 11.9. Schmidt (München) ** 11.9. Frau Schmidt (Nürnberg) 11.9. Schröer (Mülheim) 11.9. Dr. Sperling 11.9. Steiner * 9. 9. Tietjen 11.9. Volmer 11.9. Dr. Vondran 10. 9. Dr. von Wartenberg 9.9. Dr. Wieczorek 11. 9. Wieczorek (Duisburg) 11.9. Dr. Wulff * 9.9. Zierer * 9.9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Apel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein.
    Meine Damen und Herren, wir haben heute morgen im „Handelsblatt" etwas lesen können, was Sie eigentlich genauso beunruhigen muß wie uns: Vielen Städten und Gemeinden bleibt doch gar nichts anderes übrig, als angesichts dieser Situation die Gebühren und die Beiträge für ihre Bürger und die Gewerbesteuerbelastung ihrer Wirtschaft anzuheben.

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    So kommt dann Ihre Steuerpolitik vor Ort bei Bürgern und Betrieben in Form von höheren Beiträgen, Steuern und Gebühren an.
    Wir sehen es doch bereits nicht nur im Ruhrgebiet, sondern auch in Niedersachsen, auch in SchleswigHolstein: Die Gemeinden werden viele freiwillige Leistungen für die Bürger nicht mehr finanzieren können. Da werden dann Bibliotheken und Schwimmbäder geschlossen. Da wird das kulturelle Angebot eingeschränkt. Die Lebensqualität für die Bürger wird spürbar sinken.
    Meine Damen und Herren von der Koalition, hinter dieser Finanzpolitik steht Methode. Sie wollen den
    armen Staat. Aber wir Sozialdemokraten wissen: Den armen Staat können sich nur die Reichen leisten.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sie haben ihn doch arm gemacht! 13 Jahre lang!)

    Die große Mehrheit unserer Bürger ist auf ein funktionsfähiges Gemeinwesen angewiesen.
    Sie wissen es doch genauso wie wir: Unser Gemeinwesen steht vor großen Herausforderungen:

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Die Zinsen für Ihre Schulden zahlen!)

    Der Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit muß endlich energisch angegangen werden.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Die Umwelt muß verbessert und geschützt werden. Der Strukturwandel unserer Wirtschaft muß bewältigt werden.

    (Zuruf des Abg. Dr. Dregger [CDU/CSU])

    — Hochverehrter Herr Kollege Dregger, ich begrüße Sie. Sie sind etwas verspätet gekommen.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Keineswegs!) Das ist aber nicht zu bedauern.

    Die Alterssicherung steht auf Grund der Bevölkerungsentwicklung vor einer Zerreißprobe. Sie muß langfristig konsolidiert werden. Das geht doch nicht ohne einen höheren Bundeszuschuß zur Rentenversicherung.
    Diesen Aufgaben müssen wir uns stellen. Wir brauchen eine solide finanzierte Steuerpolitik mit Augenmaß. Wir müssen für mehr Steuergerechtigkeit durch Steuererleichterungen für kleine und mittlere Einkommen sorgen. Eine Politik für mehr Steuergerechtigkeit ist möglich, ohne daß die Handlungsfähigkeit von Bund, Ländern und Gemeinden zerstört wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir brauchen mehr öffentliche und private Investitionen zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit, ohne daß die öffentlichen Haushalte dadurch in unlösbare Finanzierungsschwierigkeiten geraten.

    (Frau Dr. Hellwig [CDU/CSU]: Also höhere Steuern?)

    — Nein, Sie müßten einmal zuhören, und Sie müßten sich einmal ernsthaft mit unserem Programm „Arbeit und Umwelt" auseinandersetzen. Dann könnten Sie sehen, wie so etwas geht.

    (Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Aber wenn Sie, hochverehrte Kollegin, schon fragen, wie denn, dann sagen wir Ihnen: Wir Sozialdemokraten fordern — das abzulehnen werden Sie weiterhin Begründungsschwierigkeiten haben — die Einführung einer steuerstundenden Investitionsrücklage, die vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen das Investieren erleichtert und ihnen Möglichkeiten gibt, neue Arbeitsplätze zu schaffen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)




    Dr. Apel
    Wir brauchen eine faire Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs, die die Finanzlage der finanzschwächeren Länder konsolidiert. Wir brauchen eine Gemeindefinanzreform, die allen Städten und Gemeinden eine ihren investiven und sozialen Ausgaben entsprechende Finanzausstattung gewährt und ihre Finanzautonomie sichert.
    Meine Damen und Herren, die von Herrn Stoltenberg zu verantwortende Finanzpolitik leistet keinen Beitrag zur Lösung der drängenden Probleme unseres Landes,

    (Beifall bei der SPD)

    im Gegenteil, ihr fehlen Solidität und Glaubwürdigkeit, und der Haushalt '88 und der vorliegende Finanzplan verstoßen gegen die Grundsätze von Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit. Die Staatsverschuldung steigt sprunghaft an. Der finanzielle Handlungsspielraum von Bund, Ländern und Gemeinden wird bedrohlich eingeengt, und — wir haben das heute wieder festgestellt — aus parteitaktischen Gründen werden die Einzelheiten der geplanten Steuererhöhungen erst nach den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Bremen der Öffentlichkeit bekanntgegeben.

    (Dr. Spöri [SPD]: Ein Schmierenstück ist das!)

    Damit soll die volle Wahrheit über das ungerechte Steuerpaket verschleiert werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Dieser unseriösen und unsoliden Politik muß Einhalt geboten werden. Da sind wir uns mit einer ganzen Reihe von CDU-Politikern in Ländern und Gemeinden einig. Wir brauchen einen Neuanfang, eine Finanzpolitik für gerechte Steuern und solide Finanzen. Wir Sozialdemokraten sind bereit, dazu unseren Beitrag zu leisten.
    Schönen Dank.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD sowie Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Carstens (Emstek).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Manfred Carstens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sofern Ihre Rede, die Sie soeben gehalten haben, Herr Kollege Apel, der groß angekündigte Generalangriff der SPD gewesen sein soll, sollten Sie uns das noch wissen lassen. Ich bin der Meinung, daß es geradezu eine Zumutung ist, von Ihnen auf Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit angesprochen zu werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir alle wissen doch aus den 70er Jahren, daß diese Worte zu Apels Zeiten geradezu Fremdworte in der deutschen Finanzpolitik gewesen sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Eine noch größere Zumutung ist es, vom Kollegen Apel in Sachen Kredite und Schulden angesprochen zu werden. Herr Kollege Apel, wenn Sie diese Themen aufgreifen, sollten Sie nicht vergessen — und ich bitte Sie, das in Zukunft bei Ihren Äußerungen zu bedenken — , daß wir keine oder kaum Kredite aufnehmen müßten, wenn wir heute nicht die Zinsen für Ihre Schulden zu zahlen hätten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben damals — wie Sie glaubten, zur Bewältigung von Strukturproblemen — ein Ausgabenprogramm auf das andere geschichtet.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sie haben uns arm gemacht! )

    Sie haben Milliarden über Milliarden Schulden gemacht. Die Zinslast stieg an und leider mit jedem Ausgabenprogramm auch die Arbeitslosigkeit. Wir hatten danach beides zu bewältigen, die hohe Schuldenlast und die Arbeitslosigkeit, und wir sind auf dem besten Weg, diese beiden Probleme in den Griff zu bekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir debattieren hier heute und in den nächsten Tagen im Deutschen Bundestag den Bundeshaushalt 1988 und die mittelfristige Finanzplanung bis 1991. Eines ist aber jetzt schon klar: Diese Bundesregierung bleibt auch im sechsten Jahr auf Kurs,

    (Zuruf von der SPD: Auf falschem Kurs!)

    und das ist ganz wichtig. Eine solide Haushalts- und Finanzpolitik wird auch in den nächsten Jahren zentrale Bedeutung innerhalb der Regierungspolitik haben, und das heißt für uns: Fortsetzung der erfolgreichen Politik.
    Wir schaffen finanzielle Handlungsspielräume über zurückhaltende Ausgabenzuwächse bei den öffentlichen Haushalten, ohne die Aufgaben der öffentlichen Hand zu vernachlässigen. Wir nutzen diese erarbeiteten Finanzspielräume zur Stärkung des privaten Sektors durch Begrenzung der Nettoneuverschuldung und durch das Senken von Steuern. Wir setzen mit dieser Politik auf den Fleiß und auf das Können unserer Bürger, nicht auf staatliche Gängelung. Diese Politik war in den letzten Jahren erfolgreich und wird auch in den nächsten Jahren erfolgreich sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Kollege Apel meinte eben — ich hatte es angedeutet — , von Haushaltswahrheit und -klarheit reden zu sollen. Ich kann mich nur an wenige Jahre erinnern, in denen wir zu seiner Zeit, zur Zeit der SPD, nicht Nachtragshaushalte benötigten oder in denen gar während der Beratungsverfahren nicht noch Ergänzungshaushalte dazwischengeschoben wurden.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Ein Durcheinander war das!)

    Ich darf Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegen, sagen, daß dies nun zwischenzeitlich der sechste Haushalt von Gerhard Stoltenberg in Folge ist, der erstens rechtzeitig vorgelegt wurde und zweitens rechtzeitig zum neuen Jahr abgeschlossen sein wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Dregger [CDU/CSU]: Solide! Zuverlässig!)




    Carstens (Emstek)

    Meine Damen und Herren, das ist der sechste Haushalt in Folge, der mit einer Ausgabensteigerung um 2 % operiert.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: So ist das!)

    In den letzten fünf Jahren haben wir im Durchschnitt nur 1,7 % jährlich zusätzlich ausgegeben. Aber auch dieser Haushalt geht von einer Steigerungsrate um 2 % — im Entwurf noch von 2,4 % — aus. Wir konnten seit Jahren ohne Nachtragshaushalt auskommen,

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    und dieser Haushalt hat gute Chancen, diesem Beispiel zu folgen.

    (Glos [CDU/CSU]: Hervorragend!)

    Meine Damen und Herren, wir haben uns vorgenommen, den Haushalt, den der Bundesfinanzminister vorgelegt hat, noch ein wenig zu verbessern. Wir werden in den nächsten Monaten jeden Einzelplan genauestens unter die Lupe nehmen. Das heißt natürlich, daß wir zwar hier und dort noch Geld in den Ministerien ausfindig machen wollen, daß aber die einzelnen Ministerien auch das nötige Geld behalten werden, um ihre Aufgaben gut erfüllen zu können. Die vom Finanzminister ausgewiesene Gesamtausgabensteigerung gegenüber dem Vorjahr von 2,4 % gilt allerdings nicht nur als absolute Obergrenze, sondern soll noch ein Stück weit reduziert werden. Nach unserer Meinung sollte es möglich sein, die Neuverschuldung auf unter 29 Milliarden DM zu begrenzen.

    (Zustimmung des Abg. Dr. Weng [Gerlingen] [FDP])

    Wir werden bemüht sein, die Beratungen so abzuschließen, daß wir auch für das nächste Jahr keinen Nachtragshaushalt nötig haben, und sämtliche neuen Vorhaben müssen im Rahmen der vorgesehenen Ausgabensteigerung um 2,4 % finanziert werden. Wenn bei neuen Vorhaben nicht glaubhaft nachgewiesen werden kann, daß die Gesamtfinanzierung langfristig gesichert ist, braucht man nicht mit einer Genehmigung dieser neuen Vorhaben zu rechnen.

    (Zustimmung des Abg. Dr. Weng [Gerlingen] [FDP])

    Wir werden Haushaltsumschichtungen ermöglichen, am liebsten in Richtung der investiven Anteile, aber nur gegen Beibringung entsprechender Deckung.
    Eines ist aber auch klar: Gesetzliche Leistungen sowie rechtliche und internationale Verpflichtungen werden für Einsparungen nicht herangezogen. Darauf kann sich jeder Bürger in unserem Lande verlassen.
    Wir werden uns am kommenden Montag mit den Haushaltspolitikern der FDP in einer Klausurtagung treffen, um weitere Einzelheiten festzulegen. Aber eines lassen Sie mich hierzu schon feststellen: Die SPD hat ihrerseits in der Sommerpause bekundet, daß sie davon ausgeht, daß wir in den Jahren 1988 bis 1990 in jedem Jahr eine Nettoneuverschuldung von über 30 Milliarden DM werden in Kauf nehmen müssen. Sie hat sogar davon gesprochen, daß es bis auf 45 Milliarden DM würde klettern können.
    Meine Damen und Herren, es ist unser Ziel — und ich bin sicher, daß wir uns innerhalb der CDU/CSU-Fraktion alle einig sind — , alles dafür zu tun, daß wir
    trotz der gewaltigen Steuersenkungen in den Jahren 1988, 1989 und 1990 möglichst in keinem Jahr die Neuverschuldung von 30 Milliarden DM überschreiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Struck [SPD]: Das schafft ihr nie!)

    Ich bin sicher, daß wir eine gute Chance haben, das zu erreichen.
    Meine Damen und Herren, wir werden diese Politik nicht ändern, auch nicht auf Grund der Kritik, die hier der Kollege Apel geäußert hat, und das ist gut so. Ich weiß, daß die gesamte Fraktion der CDU/CSU und auch die der FDP hinter dieser Politik stehen, und auch das ist gut so. Bringt doch diese Politik für die überwiegende Mehrheit unserer Bevölkerung Auswirkungen und Entwicklungen mit sich, die sich sehen lassen können. Ohne diese solide Haushalts- und Finanzpolitik wäre diese Entwicklung überhaupt nicht möglich gewesen.
    Man kann davon reden, daß es für unser Volk und für die gesamte Bevölkerung ein Glück ist, daß wir imstande gewesen sind, die öffentlichen Finanzen wieder unter Kontrolle zu bringen und sie wieder in den Griff zu nehmen. Es ist genauso ein Glücksfall für unser Land, daß nicht mehr Apel und Matthöfer Finanzminister sind, sondern so ein Mann wie Gerhard Stoltenberg.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, in den Monaten Juli und August und bis in die letzten Tage hinein hat man innerhalb der Opposition versucht, die Politik von Gerhard Stoltenberg unter der Kanzlerschaft von Helmut Kohl madig zu machen. Man hat von Greueltaten geredet, Horrorszenarien aufgebaut, und man hat davon gesprochen — und das alles in einem Zug —, daß die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte und die Mineralölsteuer um 20 Pfennig pro Liter angehoben werden müßten. Verschiedene andere Steuern sollten angehoben werden; wir würden dafür sorgen, daß die Länder und die Kommunen nicht mehr imstande wären, ihre Aufgaben zu erfüllen;

    (Dr. Struck [SPD]: Das stimmt doch!)

    wir würden sie nach der Aussage der SPD geradezu in den Ruin treiben. Der Kollege Spöri, der sich besonders hervorgetan hat, brachte es dann noch fertig, im Sommer mit einer angeblichen Streichliste im Fernsehen herumzuwedeln.

    (Dr. Spöri [SPD]: Sagen Sie doch mal, was Sie wirklich machen! Was machen Sie denn jetzt, Herr Carstens?)

    Bei der Überprüfung dessen, was denn wohl diese Streichliste bedeutete,

    (Zurufe des Abg. Dr. Spöri [SPD])

    stellte sich heraus — jetzt wird der Kollege Spöri ganz nervös — , daß es sich nur um Auszüge aus einer Liste von möglichen Subventionskürzungen handelte, die schon zu einer Zeit im BMF erstellt worden war, als



    Carstens (Emstek)

    Gerhard Stoltenberg noch gar nicht da war, nämlich zu SPD-Zeiten.

    (Dr. Spöri [SPD]: Sagen Sie doch mal, was Sie machen!)

    Das ist dann relativ spät herausgekommen, aber immerhin ist es auch festzustellen.

    (Dr. Struck [SPD]: Was machen Sie denn jetzt! — Dr. Spöri [SPD]: Was machen Sie denn jetzt? Zur Sache!)

    Ich kann jedenfalls sagen, daß zum Beispiel in einer großen deutschen Tageszeitung über dieses Sommerszenario der SPD folgendes kommentierend gesagt worden ist:

    (Dr. Spöri [SPD]: Da haben Sie aber lange gesucht! — Dr. Waigel [CDU/CSU]: Aber doch gefunden!)

    In der finanz- und haushaltspolitischen Diskussion sind seit Wochen Bezichtigungen an der Tagesordnung, die unter normalen Umständen eine Beleidigungsklage nach der anderen auslösen müßten.

    (Dr. Struck [SPD]: Das ist das DeutschlandMagazin!)

    Das gilt besonders, seit sich der SPD-Abgeordnete Dieter Spöri auf diesem Feld bewegt.

    (Dr. Struck [SPD]: Ziesel!)

    Seither wird im Finanzministerium nur noch gelogen, werden Erkenntnisse und Beschlüsse vorenthalten und die Öffentlichkeit auf jede nur erdenkliche Weise getäuscht. Der Stil der Auseinandersetzung hatte wohl schon lange nicht mehr ein so verheerendes Niveau.
    Dies stand wörtlich vor einigen Tagen in der „Welt" zu lesen.

    (Dr. Apel [SPD]: Euer Zentralorgan! — Dr. Spöri [SPD]: Haben Sie das souffliert?)

    Das, was Sie hier an Greueltaten und Horrorszenario aufzubauen versuchten,

    (Dr. Apel [SPD]: Sag doch mal die Wahrheit! — Dr. Struck [SPD]: Was wollt ihr denn?)

    das haben wir in Ihrer Zeit miterleben müssen, leider miterleben müssen. Wir erinnern uns alle noch an die hektischen Monate der Haushaltsaufstellung, an die zum Teil chaotischen Haushaltsberatungen, an ständig neue Hiobsbotschaften z. B. im Zusammenhang mit der Tornado-Finanzierung, die uns ja unter dem Namen Apel noch sehr stark in Erinnerung ist. Fast jährlich gab es Nachtragshaushalte. Ich möchte sagen: Es schlägt schon fast dem Faß den Boden aus, wenn die Schuldenmacher von gestern Gerhard Stoltenberg und uns heute eine Finanzkrise anzudichten versuchen.

    (von der Wiesche [SPD]: Es geht um Ihre Schulden!)

    Wir haben im Jahre 1975 einmal erlebt, daß ein Finanzminister dem Parlament zumuten wollte, die Mehrwertsteuer um zwei Punkte anzuheben, dem Parlament zumuten wollte, die Mineralölsteuer anzuheben, die Tabaksteuer und weitere Steuern anzuheben. Und dieser Finanzminister wagt es heute hier nach vorne zum Pult zu kommen und uns zu kritisieren. Das war einmalig in der Geschichte. Es war der einmalige Finanzminister von damals, Hans Apel, der uns das zugemutet hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Da hat ihn das Pferd getreten!)

    Jetzt, meine Damen und Herren, sind die Finanzen solide geordnet.

    (Lachen des Abg. Dr. Apel [SPD])

    In einer so komplizierten Volkswirtschaft wie der unseren gibt es immer wieder Probleme, aber wir sind auf der stabilen Grundlage, die wir geschaffen haben, imstande, diese Probleme zu bewältigen. Ich habe soeben schon gesagt — und ich stehe dazu —, daß wir die große Chance haben, diese gewaltige Steuerentlastung in den nächsten Jahren zu bewältigen, ohne in einem Jahr die Grenze von 30 Milliarden DM Neuverschuldung zu überschreiten. Das wäre eine gewaltige Leistung.

    (Dr. Struck [SPD]: Das schafft ihr nicht! — Dr. Spöri [SPD]: Wo ist die Finanzierung?)

    Fast alle Bürger in unserem Land hätten ihre Vorteile davon, nicht nur die reichen, Herr Kollege Apel, so, wie Sie es soeben polemisch dargestellt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn wir diese Finanzpolitik nicht gemacht hätten, könnte man jetzt gar nicht darüber diskutieren, eine derartige Steuerentlastung zu beschließen. Gerhard Stoltenberg hat eben die Ausgabenzuwächse genannt, die bei Ihnen üblich gewesen sind. Wenn wir diese Ausgabenzuwächse seit 1982 weiter gehabt hätten, müßten wir jetzt nicht über Steuersenkungen reden, sondern darüber, daß 80 Milliarden DM zusätzliche Kreditfinanzierung notwendig wären — 80 Milliarden DM — , dann redeten wir nicht von Steuersenkungen, sondern davon, daß die Steuern und Abgaben erhöht werden müßten.

    (Dr. Spöri [SPD]: Das macht ihr doch im Oktober!)

    Das wäre dann die Fortsetzung damaliger SPD-Politik. Aber das ist durch diese Politik verhindert worden.
    Wir haben nun, bei allen Problemen, die es immer noch in unserem Lande gibt, hier Gott sei Dank vorzutragen, daß wir uns mittlerweile im fünften Jahr einer wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung befinden. Immer mehr Sektoren und Regionen, trotz aller Probleme, werden in diese Entwicklung einbezogen. Niemand kann erwarten, daß von einer wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung alle Probleme beseitigt werden. Aber das andere ist genauso sicher: Ohne eine anhaltende wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung geht so gut wie nichts. Es kommt nicht von ungefähr, daß bei Umfragen in der Bevölkerung immer mehr Menschen, angesprochen auf ihre persönliche finanzielle Situation, zum Ausdruck bringen, daß sie mit der ganz gut zufrieden seien.

    (Stratmann [GRÜNE]: Besonders die Bauern!)




    Carstens (Emstek)

    Das ist schon ein erstaunlicher Prozentsatz. Wenn diese Entwicklung weiter anhält — in diesem Jahr hatten wir vorübergehend Schwierigkeiten, das wollen wir gerne eingestehen — —

    (Dr. Struck [SPD]: Nicht nur in diesem Jahr! Ihr habt immer Schwierigkeiten! Ihr werdet noch mehr Schwierigkeiten kriegen!)

    Aber es gibt keinen ernst zu nehmenden Wirtschaftswissenschaftler, keinen ernst zu nehmenden Experten, der nicht mindestens davon ausgeht, daß wir in diesem Jahr nennenswertes Wachstum behalten und sich dieses Wachstum auch im Jahre 1988, mit einer steigenden Tendenz, fortsetzen wird.

    (Dr. Spöri [SPD]: Das ist doch reine Lyrik!)

    Immer mehr Menschen kommen in den Genuß dieser wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung.
    Meine Damen und Herren von der SPD, Sie sollten sich einmal ansehen, wie die Arbeitnehmer in unserem Land in den Jahren 1981 und 1982 gestellt waren, in einer Zeit, als Sie regierten, in einer Zeit, als wir kein Wirtschaftswachstum gehabt haben. Da schrumpfte die Wirtschaft.

    (von der Wiesche [SPD]: Die Arbeitslosen müssen Sie sich mal ansehen!)

    — Gerade in dieser Zeit sind zusätzlich viele arbeitslos geworden. Allein im Jahre 1982 haben wir in Deutschland 441 000 Arbeitsplätze verloren, allein in diesem Jahr, für welches Sie politisch voll und ganz verantwortlich gewesen sind und noch sind.

    (Dr. Penner [SPD]: Mehr voll als ganz!)

    Das gilt ähnlich für das Jahr 1981. In diesem Jahr stieg nicht nur die Arbeitslosigkeit so immens an, sondern wir hatten auch sinkende Reallöhne. Das ist doch völlig klar. Es geht ja gar nicht anders. Wenn die Wirtschaft schrumpft, sind im Prinzip nur sinkende Reallöhne möglich. Das heißt dann aber auch umgekehrt, daß, wenn die Wirtschaft über Jahre wächst, wir über Jahre steigende Reallöhne haben.

    (Kolb [CDU/CSU]: Das geben selbst die Gewerkschaften zu!)

    In unserer Zeit nun erleben wir, daß wir steigende Reallöhne haben. Die Renten steigen real. Die Finanzen der Rentenkassen werden sicherer. Die Zinsen sind gesunken. Das Geld ist absolut stabil. Das sind doch alles Dinge, die wir vorzeigen können, die es zu Ihrer Zeit so gut wie nie gegeben hat. Das alles zusammen ergibt dann eben doch den hohen Grad an Zufriedenheit der Menschen in unserem Lande mit ihrer Situation.
    Nun kommt es für uns darauf an, daß wir die Problembereiche nicht aus dem Auge verlieren. Aber das tun wir ja nicht.

    (Dr. Spöri [SPD]: Jetzt klärt mal endlich die Finanzierung auf!)

    Gerade für die setzen wir besondere Mittel in den Haushalt ein,

    (Zurufe von den GRÜNEN: Wo denn?)

    z. B. für die Landwirtschaft. Der Anteil der Landwirtschaft steigt um 7,4 % — bei einem Gesamtausgabenwachstum von 2,4 %. Ich kann Ihnen sagen, daß wir
    auch auf europäischer Ebene Programme in Vorbereitung haben, die dafür sorgen, daß die Überschüsse in der Landwirtschaft abgebaut werden. Wir konzentrieren uns nicht nur auf die gesamtwirtschaftliche Aufwärtsentwicklung — die ist besonders wichtig, weil die meisten Leute davon positiv betroffen werden —, sondern wir sehen uns auch die Problembereiche an und überlegen, was wir zur Behebung dieser Probleme tun können, z. B. im Bereich der Kohle, z. B. bei den Werften. Wie sähe es heute bei den Werften aus, wenn wir nicht eingegriffen hätten oder wenn wir kein Geld gehabt hätten, so wie Sie heute kein Geld hätten, wenn Sie weiter regiert hätten?

    (Dr. Penner [SPD]: Das liegt alles am Lambsdorff !)

    Wir haben das alles vor Augen, und wir sind dabei, diese Dinge in den Griff zu bekommen.
    Denken Sie einmal an die Zinsbelastungen derjenigen, die sich vor Jahren ein Häuschen gebaut haben. Die mußten in Ihren Regierungsjahren zeitweise 11 %, 12 %, 13 % Zinsen zahlen. Sie konnten das kaum aufbringen. Einige mußten mehr Zinsen im Monat zahlen, als sie überhaupt verdient haben. Jetzt ist der Zinssatz zurückgegangen, auf 61/2 %, 7 %. Das macht bei vielen Leuten eine monatliche Nettoentlastung von drei-, vier-, fünfhundert D-Mark aus. Das ist ein Ergebnis unserer soliden und sozialen Politik, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — von der Wiesche [SPD]: Das ist doch nicht Ihr Verdienst! — Roth [SPD]: Das war das Drehbuch des letzten Jahres!)

    Denken Sie etwa auch an die Sozialhilfeempfänger. Die Sozialhilfeempfänger haben erfahren, daß wir regelmäßig die Regelsätze angehoben haben. Das, was wir angehoben haben, kommt den Sozialhilfeempfängern real zugute, weil es nicht durch die Inflationsraten aufgefressen wird, sondern bei stabiler Währung echt, real zur Verfügung steht. Das ist soziale Politik, wie wir sie verstehen und wie wir sie weitermachen wollen, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das kann man auch auf die Entwicklung in Schleswig-Holstein im Vergleich zu Bremen übertragen. Ich will dazu keine längeren Ausführungen machen. Ich nehme an, daß dazu noch der Regierungschef von Bremen Stellung nehmen wird. Aber ihm möchte ich im voraus schon mit auf den Weg geben, sich hier in dieser Runde vor dem Plenum des Deutschen Bundestages damit auseinanderzusetzen, wie er es denn wohl begründet, daß Bremen im Vergleich zu allen anderen Bundesländern bei der Verschuldung des Landes absoluter Spitzenreiter ist,

    (Dr. Struck [SPD]: So ein Quatsch! — Roth [SPD]: Jetzt reden wir einmal über Frankfurt!)

    daß Bremen auch bei der Arbeitslosigkeit absoluter Spitzenreiter ist. Bremen steht ganz obenan und Schleswig-Holstein an sechster, siebter Stelle. Aber dazu wird es gleich weitere Auseinandersetzungen geben. Nur, Herr Wedemeier, ich möchte Sie schon



    Carstens (Emstek)

    jetzt bitten, doch auch die Verschuldung des Landes anzusprechen und nicht zu vergessen.
    Denn, meine Damen und Herren, die Politik, die wir 1982 angefangen haben, die auf die Privatinitiative setzt, den Staat seine Aufgaben erfüllen läßt, ihn aber nicht ins Handeln im Rahmen der wirtschaftlichen Bereiche hineinzieht oder ihn zumindest nach und nach aus den wirtschaftlichen Abläufen weiter herauszieht, hat dafür gesorgt, daß die Leistungsfähigkeit unserer Bevölkerung angeregt wurde, daß die Rahmenbedingungen dafür gegeben wurden, daß sich Einsatz lohnt. Das haben wir nun als Ergebnis vorzulegen: eine sich schon über fünf Jahre nach oben entwickelnde Wirtschaft.
    Sie, Herr Kollege Apel, haben über Jahre den Fehler gemacht und würden ihn auch heute, wenn Sie die Mehrheit dazu hätten, fortsetzen, nicht auf die Privatinitiative, sondern weiter auf den Staat und seine Institutionen zu setzen. Das ist noch überall in der Welt, wo das praktiziert wurde, fehlgeschlagen. Der Lehrsatz der SPD lautete sozusagen: Hier x Milliarden DM mehr ausgeben, dort y zusätzliche Arbeitsplätze. — Ich gebe zu, meine Kolleginnen und Kollegen der SPD, daß diese Argumentation verblüffend einfach ist. Sie hat nur einen Fehler: sie stimmt nicht. Denn das Ergebnis dieser Politik haben wir gesehen. Nach diesem System sind Sie vorgegangen und sind gescheitert. Sie haben nicht mehr Arbeitsplätze geschaffen, sondern die Arbeitslosigkeit und gleichzeitig die Verschuldung sind angestiegen. Das ist unserer Bevölkerung noch bestens in Erinnerung. Ich bin sicher, daß die große Mehrheit unseres Volkes diese Politik auch nicht wieder erleben möchte.
    Unsere Rechnung ist ebenso einfach. Sie setzt Vertrauen in die Abläufe der sozialen Marktwirtschaft voraus.

    (Dr. Apel [SPD]: Der redet wie das Sandmännchen!)

    Man muß davon überzeugt sein, daß eine gewisse Summe x, von vielen Unternehmern und Privaten, von der großen Breite der mittelständischen Betriebe investiert, eine andere Qualität hat, als wenn diese Summe der Staat verausgabt.

    (Zuruf von der SPD: Mehr Arbeitslosigkeit!)

    Wenn viele, viele Einzelinvestitionen durch die mittelständische Wirtschaft vorgenommen werden, hat das eine gänzlich andere Qualität, als wenn das über staatliche Einrichtungen liefe. Diese Politik muß fortgesetzt werden.

    (Dr. Spöri [SPD]: Das ist doch Dummheit, das gegeneinander auszuspielen!)

    Wir müssen unsere Wirtschaft weiter anregen, zu investieren, Arbeitsplätze zu schaffen, für Wachstum zu sorgen, damit wir weiter steigende Reallöhne haben,

    (Dr. Spöri [SPD]: Wer ist denn gegen private Investitionen?)

    damit die Sozialklassen weiter in Ordnung bleiben und daß wir auch imstande sind, den sozial Schwachen zu helfen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Ach wirklich?)

    Meine Damen und Herren von der SPD, den sozial Schwachen kann der Staat auch nur helfen, wenn die wirtschaftliche Entwicklung gut ist, wenn auch Geld in die Kassen des Staates fließt.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Das ist der Punkt!)

    Bei Ihrer Schuldenpolitik und bei dem Auftürmen der Zinslasten wären Sie heute überhaupt nicht mehr imstande gewesen, den Schwächsten im Lande zu helfen. Auch das gehört zu unserer Politik: daß wir die Schwächsten im Lande nicht vergessen, sondern unsere Politik auch auf sie ausrichten.
    Diese Politik hat den Vorteil, daß sie sich auch rechnen läßt, daß sie finanzierbar ist, daß man sogar eine gewaltige Steuerentlastung vornehmen kann, ohne die Neuverschuldung wesentlich anzuheben — nur ein wenig, und das vorübergehend. Wir werden den Beweis antreten.

    (Dr. Struck [SPD]: Das wollen wir einmal sehen!)

    Die Bevölkerung unseres Landes kann das in den nächsten Jahren beobachten, und sie wird das auch beobachten, da bin ich sicher. Ich freue mich schon darauf, daß diese Beobachtung vorgenommen werden wird.
    Unsere Rechnung geht so: Bei einer normalen wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung, wie wir sie jetzt vier, fünf Jahre gehabt haben, haben wir eine nominelle wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung von 4 bis 5 % zu erwarten.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Wieviel?)

    Von dem daraus resultierenden Zuwachs der Steuereinnahmen — nicht durch Erhöhung der Steuersätze — von 20 Milliarden bis 25 Milliarden DM jährlich für den Fall, daß man die Steuern nicht senkte, also bei gleichbleibenden Steuersätzen, haben wir jährlich nur etwa knapp die Hälfte in den öffentlichen Haushalten ausgegeben und wollen auch in den nächsten Jahren nur etwa knapp die Hälfte dieses Zuwachses durch Ausgaben belegen. Das heißt, daß gut 10 Milliarden DM der Zuwächse bei den Steuereinnahmen, die ohne Steuererhöhung einfließen, für zweierlei Dinge verwendet werden können: entweder für den Abbau der Neuverschuldung oder für das Senken der Steuern. Unsere Politik ist es gewesen — in den ersten Jahren war es auch dringend notwendig —, über Jahre die Neuverschuldung zurückzuführen. Das kann man ablesen: Es ging von 37/38 Milliarden DM herunter bis auf 22/23 Milliarden DM. Für die zweite Legislaturperiode, politisch schon 1986 beginnend, haben wir uns vorgenommen, schwerpunktmäßig die Steuern zu senken, und zwar in einem gewaltigen Ausmaß. Hierbei nehmen wir in Kauf, daß die Neuverschuldung ein wenig ansteigt, um sie aber schon ab 1991 schwerpunktmäßig wieder abzubauen. Alles, was wir an Steuern entlasten werden und schon entlastet haben, gerade für die, die Kinder haben, ist bislang finanziert worden, ohne daß wir den Bürgern



    Carstens (Emstek)

    irgend etwas von dem weggenommen haben, was sie vorher hatten.

    (Becker [Nienberge] Es ist vielmehr dadurch finanziert worden, daß der Staat von den Steuereinnahmen, die ihm über Wirtschaftswachstum zufließen, nur die Hälfte für Ausgaben und die andere Hälfte entweder für den Abbau der Neuverschuldung oder zum Senken der Steuern verwandt bzw. vorgesehen hat. So finanziert sich innerhalb der Sozialen Marktwirtschaft bei guter Politik eine solch große Reform. Was übrigbleibt, was in dieser Zeitspanne nicht bewältigt werden kann, das muß kompensiert werden, und dazu hat unser Finanzminister soeben klare Aussagen gemacht. Da gibt es nicht einen einzigen Punkt, den wir verheimlichen. (Dr. Apel [SPD]: Das ist gut! — Dr. Spöri [SPD]: So ein Komiker! — Zuruf von der SPD: Das ist die Unwahrheit!)


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    (Dr. Apel [SPD]: Ich habe keine gehört!)

    Da kann man genau nachlesen, wie wir vorgehen. Wenn jemand sagt, daß das nicht fundiert sei, dann weiß ich nicht, wie dieser sich das sonst in der Politik vorstellen könnte.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Wohl anders!) Wir werden klar und deutlich Auskunft geben.


    (Dr. Spöri [SPD]: Wann denn?)

    Die Worte, die Gerhard Stoltenberg hierzu gefunden hat, brauchen keine weitere Bestätigung.

    (Dr. Spöri [SPD]: Das stinkt doch zum Himmel, was Sie da verzapfen!)

    Meine Damen und Herren, um diese Politik durchhalten zu können, müssen wir auch in den nächsten Jahren jährlich nur mit einem Zuwachs von gut 2 bis 3 % zurecht kommen, nicht nur beim Bund, auch bei den Ländern und bei den Kommunen. Bei den Kommunen hat man noch am ehesten Spielraum, wenn man sich ansieht, wie sich die Steuereinnahmen entwickeln und wie sie sich auf Bund, Länder und Kommunen verteilen.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Kaum Spielraum! — Dr. Struck [SPD]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

    Im Jahre 1988 wird der Zuwachs bei den Steuereinnahmen zugunsten der Gemeinden zwischen 2 und 3 % liegen; aber schon für das Jahr 1989 kann man davon ausgehen, daß die Steuereinnahmen der Kommunen um 4 bis 5 % ansteigen werden.
    Meine Damen und Herren, nun möchte ich auch hier einmal sagen, daß die Städte und Gemeinden mit derartigen Zuwächsen hinkommen müssen. Man kann nicht alles finanzieren, was wünschbar ist, sondern man muß sich danach richten, was an Finanzvolumen zur Verfügung steht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Unruh [GRÜNE]: Das ist ja furchtbar!)

    Bei allem, was wir in den nächsten Wochen und Monaten beschließen werden, können alle Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden davon ausgehen, daß wir schon um die Bedeutung der Städte und Gemeinden wissen, daß wir z. B. wissen, daß die Gemeinden und die Städte die Hauptträger der öffentlichen Investitionen sind, daß dafür auch ein gewisses Finanzvolumen vorhanden sein muß. Das wissen wir, und die Kommunen in unserem Lande können sich darauf verlassen, daß das im Rahmen der Beschlüsse umgesetzt wird.

    (Dr. Struck [SPD]: Da sind sie aber verlassen! — Zurufe von den GRÜNEN)

    Des weiteren sind wir im Rahmen der Zuwächse von 2 bis 3 % auch in der Lage, Sozialpolitik zu machen. Wir haben in den letzten Jahren bei einer Ausgabensteigerung von nur 1,7 % eine Reihe von Beschlüssen gefaßt und durchgesetzt, die Sie sich damals niemals hätten vornehmen können.

    (Roth [SPD]: Neue Armut!)

    Wir haben z. B. das Kindergeld für arbeitslose Jugendliche, das Sie damals gestrichen haben, das die SPD gestrichen hat, 1985 wieder eingeführt. Wir haben das Wohngeld erhöht, wir haben das Arbeitslosengeld mehrfach erhöht. Wir haben den Wehrsold angepaßt, das Erziehungsgeld eingeführt. Wir haben die Steuern für die gesenkt, die Kinder haben, und für die, die keine Steuern zahlen, haben wir das Kindergeld um bis zu 46 DM je Kind und Monat angepaßt. Das sind soziale Maßnahmen, die man selbst im Rahmen von zwei- bis dreiprozentigen Ausgabensteigerungen finanzieren kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wir werden diese Politik fortsetzen und dabei die Anliegen unserer Bevölkerung nicht vergessen und sehr wohl auch immer wieder berücksichtigen, daß es in unserem Land noch Problembereiche gibt, in denen es unserer Hilfe bedarf. Die Betroffenen in diesen Bereichen müssen aber natürlich auch durch ihre eigene Leistung dazu beitragen, daß sie zusammen mit unserer Hilfe aus ihren Schwierigkeiten herauskommen.
    Meine Damen und Herren, wir haben uns natürlich vorgenommen, bei der Steuersenkung den Meinen Mann nicht aus dem Auge zu verlieren.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Und wo bleiben die Frauen?)

    Das, was Herr Apel hier gesagt hat, war eine typische SPD-Neidparole. Ich möchte Ihnen dazu folgende Antwort geben: Natürlich kann bei einer Steuerentlastung nicht jeder gleichmäßig — im Vergleich zu anderen — entlastet werden. Das hat es noch nie gegeben, das kann es einfach nicht geben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das soll es auch nicht geben!)

    Bei unserer Politik aber soll bis 1990 jeder Steuerzahler entlastet werden. Bei Ihrer Politik wäre, wenn sie hätte weitergeführt werden können, überhaupt kein Steuerzahler entlastet worden; er wäre vielmehr weiterhin mit Steuerlasten belastet worden.

    (Dr. Struck [SPD]: Quatsch!)




    Carstens (Emstek)

    Jeder einzelne Bürger wird sich demnächst ausrechnen können, mit welcher Entlastung er zu rechnen hat. Dann werden nicht nur 8 bis 9%, wie es der Kollege Apel hier gesagt hat, zufrieden sein, sondern dann werden viele Bürger erkennen, daß die Politik, die wir machen, vielen und nicht nur wenigen Steuerzahlern Vorteile bringt.

    (Dr. Spöri [SPD]: Sehr brav!)

    Meine Damen und Herren, diese Politik der letzten Jahre wird uneingeschränkt fortgeführt.

    (Zuruf von der SPD: Das ist schlimm!)

    Wir werden — erstens — über den Haushaltsentwurf 1988 und den Finanzplan bis 1991 dafür garantieren, daß die Steuersenkungen 1988 und 1990 im Rahmen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung solide finanziert werden können.
    Zweitens: Die Steuerentlastungen 1986, 1988 und 1990 insgesamt sollen für jeden steuerzahlenden Haushalt spürbar sein.
    Drittens: Der Ausgaberahmen für das Jahr 1988 und der im Finanzplan vorgegebene Rahmen ist so gesteckt, daß der Bund seine Verpflichtungen erfüllen kann, und zwar sowohl was die Verteidigungsfähigkeit als auch den sozialen Frieden berührt, aber auch was die wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen der Zukunft angeht.
    Viertens: Unsere Haushalts- und Finanzpolitik setzt den erfolgreichen Weg einer angebotsorientierten Politik fort. Dies besagt konkret: Senkung der Staatsquote bei gleichzeitiger Senkung der Steuerquote.
    Fünftens: Meine Damen und Herren, den mündigen Bürger zu erfinden und ihn gleichzeitig durch staatliche Gängelung zu entmündigen, ist nicht Sache der CDU/CSU. Wir setzen auch in der Zukunft auf den privaten Sektor, auf Fleiß und Können der Bürger. Das schafft Arbeit, Einkommen und Wohlstand.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)