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ID1101801400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/18 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 18. Sitzung Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1987 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 1157 A Begrüßung des Präsidenten der Großen Türkischen Nationalversammlung und einer Delegation 1143 A Beratung des Berichts des Petitionsausschusses: Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahre 1986 (Drucksache 10/6807) Dr. Pfennig CDU/CSU 1135 C Peter (Kassel) SPD 1138B Frau Dr. Segall FDP 1141 A Frau Nickels GRÜNE 1143 B Haungs CDU/CSU 1145 B von der Wiesche SPD 1146 D Frau Dempwolf CDU/CSU 1148 A Reuter SPD 1149D Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 1151D Fuchtel CDU/CSU 1152B Zusatztagesordnungspunkt 1: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen (Drucksache 11/479) Susset CDU/CSU 1153B Müller (Schweinfurt) SPD 1153 D Dr. Weng (Gerlingen) FDP 1154 C Kreuzeder GRÜNE 1155B Dr. von Geldern, Parl. Staatssekretär BML 1156B Zusatztagesordnungspunkt 2: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Kelly und der Fraktion DIE GRÜNEN: Errichtung einer internationalen Begegnungsstätte für Frieden und Versöhnung in Gernika, Baskenland (Drucksache 11/362) in Verbindung mit Antrag der Fraktion der SPD: Geste des Friedens und der Freundschaft durch die Bundesrepublik Deutschland gegenüber der baskischen Stadt Guernica in Spanien (Drucksache 11/483) Dr. Mechtersheimer GRÜNE 1157 B Dr. Pohlmeier CDU/CSU 1158 A Westphal SPD 1159A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 1160A Zusatztagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Schutz der Topographien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen (Halbleiterschutzgesetz) (Drucksache 11/ 454) 1160 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 11. Oktober 1985 zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA-Übereinkommen) (Drucksache 11/466) 1160D Nächste Sitzung 1160 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 1161* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 18. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Juni 1987 1135 18. Sitzung Bonn, den 16. Juni 1987 Beginn: 12.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Beck-Oberdorf 17. 6. Dr. Biedenkopf 17. 6. Böhm (Melsungen) 17. 6. Cronenberg (Arnsberg) 17. 6. Ehrbar 16. 6. Frau Folz-Steinacker 17. 6. Francke (Hamburg) ** 17. 6. Glos 17. 6. Frau Hensel 17. 6. Höpfinger 17. 6. Dr. Hoyer 16. 6. Jansen 17. 6. Kiechle 17. 6. Kolbow 17. 6. Dr.-Ing. Laermann 17. 6. Meyer 17. 6. Frau Odendahl 17. 6. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Oswald 17. 6. Frau Pack 17. 6. Dr. Penner 17. 6. Rappe (Hildesheim) 16. 6. Reuschenbach 17. 6. Ronneburger ** 17. 6. Frau Schilling 17. 6. Schmidbauer 17. 6. Schmidt (München) * 16. 6. Schröer (Mülheim) 17. 6. Frau Simonis 17. 6. Spilker 17. 6. Frau Steinhauer 17. 6. Frau Würfel 17. 6. Dr. Wulff * 16. 6. Frau Zutt 17. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Inge Segall


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben bereits die Verdienste der Frau Berger hervorgehoben. Es kann aber nicht oft genug gesagt werden: Ohne die Arbeit der ehemaligen Vorsitzenden wären die vielen berechtigten Anliegen der Bürger nicht so zügig und effektiv bearbeitet worden. Doch nicht nur die geleistete Arbeit, sondern vor allem die Persönlichkeit von Frau Berger war für die Arbeit des Petitionsausschusses von ausschlaggebender Bedeutung. Ich möchte Ihnen, Frau Berger, dafür im Namen der vielen Petenten, denen Sie zu helfen versucht haben und in vielen Fällen auch helfen konnten, danken. Außerdem möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, daß Sie mit Ihrer ganzen Persönlichkeit und Ihrer Arbeit dem Ansehen des Deutschen Bundestages in den Augen der Bürger sehr geholfen und es sehr gestärkt haben.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)

    Bevor ich sachlich auf die Inhalte der behandelten Fragen zu sprechen komme, möchte ich dem Hohen Hause einen anderen Punkt vortragen. Um es einmal ganz klar und ohne jede Beschönigung zu sagen: Die Verlegung des Petitionsausschußbüros nach Dottendorf halte ich nicht für eine räumlich zwingende Maßnahme.

    (Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

    Sie wirft vielmehr ein vielsagendes Licht auf das Ansehen und die Wertschätzung, die diesem Ausschuß beigemessen werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und den GRÜNEN)

    Die gesetzesvorbereitende Arbeit anderer Ausschüsse mag wichtig sein, Bürgerschicksale sind gleich wichtig.

    (Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

    Das ist eine Erkenntnis, die sich leider nur schwer durchsetzen läßt. Wie schon in einem gemeinsamen Brief der Obleute am 18. März 1987 mitgeteilt wurde, wird die Ausschußarbeit durch die Verlegung des Ausschußbüros erheblich erschwert, und es ist zu befürchten, daß der Petitionsausschuß die Anträge von Bürgern nicht mehr so behandeln kann wie bisher. Die Verantwortung dafür weise ich eindeutig denjenigen zu, die diesen unvertretbaren Umzug veranlaßt haben.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und der GRÜNEN)

    Einen allgemeinen Überblick über die Arbeit des Petitionsausschusses hat Herr Pfennig ja bereits gegeben. Einige Punkte möchte ich dennoch ergänzen. Bereits bei der Beratung des Berichts des Jahres 1985 hatte ich darauf aufmerksam gemacht, daß das Petitionsrecht vereinzelt dazu mißbraucht wird, allgemeine politische Anliegen vorzutragen. Grundsätzlich ist daran nichts auszusetzen; schließlich sieht Art. 17 des Grundgesetzes ausdrücklich die Möglichkeit vor, gemeinsam Petitionen einzureichen. Der Mißbrauch beginnt jedoch da, wo auf dem Umweg über den Petitionsausschuß schon erörterte politische Fragen erneut vorgebracht werden. Die Kapazitäten des Petitionsausschusses werden dann blockiert, Anliegen von Bürgern kommen dann zu kurz. Ich appelliere dringend an die Initiatoren solcher mißbräuchlichen Petitionen, die nicht zuletzt sicherlich auch bei den GRÜNEN sitzen dürften, dies zu unterlassen.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Woher wissen Sie das eigentlich?)

    Oder sind den GRÜNEN Einzelschicksale von Bürgern weniger wichtig als öffentlich wirksame Massenpetitionen?

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Du große Güte!)

    Bei einer Reform des Petitionsverfahrens werde ich darauf dringen, solchen Mißbräuchen im Interesse aller Bürger einen Riegel vorzuschieben.
    Es wurde schon gesagt, daß — wie schon in den Vorjahren — die meisten Eingaben den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung betrafen. Einen dieser Fälle möchte ich herausgreifen: Ein nun 76jähriger Rentner hat im Jahre 1974 freiwillig Beiträge nachgezahlt. Die Beitragsklasse wurde ihm schriftlich in einem recht kompliziert gefaßten Rentenbescheid mitgeteilt. Darum bemerkte der Petent die falsche Einstufung nicht. Ohne jetzt weitere Details anzuführen — ich verweise dazu auf den Jahresbericht, Seite 25 — , kann festgestellt werden, daß dem Petenten durch die Anerkennung eines Amtshaftungsanspruchs seitens des Versicherungsträgers geholfen wurde. Damals hatte der Petitionsausschuß ganz allgemein um eine eindeutigere Erläuterung der Rentenbescheide gebeten; diese wurde dann ja auch zugesichert. Nun liegt dem Petitionsausschuß jedoch erneut ein ähnlich gelagerter Fall vor. Hier wie dort führt der Antragsteller den Verlust von Ansprüchen auf die Kompliziertheit von Rentenbescheiden zurück. Mag dieser Fall auch etwas anders gelagert sein, so gibt er doch dazu Anlaß, erneut die Versicherungsträger anzuhalten, Rentenbescheide noch klarer zu fassen.
    Ich tue dies von dieser Stelle aus, um der Wichtigkeit dieser Forderung Nachdruck zu verleihen.

    (Beifall des Abg. Neuhausen [FDP])

    Alle Versicherungsträger müssen begreifen, daß die Adressaten ihrer Bescheide nicht Volljuristen, sondern ältere Bürger aller Schichten sind, für die der Rentenbescheid von ausschlaggebender Bedeutung für ihren Lebensabend ist.
    Petitionen sind nur bedingt am Allgemeinwohl ausgerichtet. In den meisten Fällen werden Einzelschicksale vorgetragen, und es wird darum gebeten, Abhilfe



    Frau Dr. Segall
    zu schaffen. So verständlich dies ist und so sehr man akzeptieren muß, daß die Versagung von Ansprüchen eine soziale Härte darstellt, so besorgt bin ich doch darüber, in welch erschreckender Weise sich eine Mentalität durchgesetzt hat, vor allem den eigenen Besitzstand sichern zu wollen. Soziale Gerechtigkeit wird immer häufiger als Sicherung egoistischen Materialismus mißverstanden.
    Um es noch einmal ganz deutlich zu machen: Es geht hier nicht um die vielen Fälle, in denen sich aus dem Lebenslauf des Petenten soziale Härten ergeben, die oft nicht mehr auszubessern sind, ganz zu schweigen von den Fällen, in denen mit Hilfe des Petitionsausschusses Gerechtigkeit hergestellt werden kann. Es geht um etwas anderes: Es gibt Personen, die unabhängig von ihrer sozialen Stellung Ansprüche einklagen und Gesetzesänderungen, die diese Ansprüche nehmen, als grob ungerecht diffamieren. Werden hier nicht Ungerechtigkeit und Verteilungspriorität verwechselt? Ist es dem Bürger nicht klar, daß staatliche Verteilungsentscheidungen immer auch bedeuten, anderen Gruppen etwas zu nehmen?

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Fragt sich nur, welchen Gruppen!)

    Hier zeigt sich die ganze Problematik des Besitzstandsdenkens, das sich immer mehr zum Bremsklotz auf dem Weg zu den notwendigen Reformen unserer sozialen Sicherungen entwickelt. Nimmt man dazu noch die extensive Auslegung des Eigentumsbegriffs des Art. 14 des Grundgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht, auch wenn es sich dabei — wie im System der Rentenversicherung — um Umverteilung im Rahmen des Generationenvertrages handelt, so wird es immer schwieriger, sozial gerechte Reformen durchzusetzen.
    Das Grundgesetz kennt aber nicht nur das Recht auf Eigentum, sondern auch die Sozialpflichtigkeit des Eigentums, wie sie in Art. 14 Abs. 2 des Grundgesetzes festgelegt ist. Diese Sozialpflichtigkeit dient dazu, hemmungsloser Ausnutzung von Besitzstandsgarantien entgegenzutreten. Eigentum findet hier eine verfassungsrechtliche Schranke, die genutzt werden muß, um einem schrankenlosen Besitzstandsdenken entgegenzuwirken.

    (Kühbacher [SPD]: Sehr gut!)

    Würde sich ein etwas liberaleres Selbstverständnis bei den Bürgern durchsetzen, so könnte man dieser Mentalität noch wirksamer entgegentreten. Diese Kritik richtet sich auch als Warnung an alle Parlamentarier. Ich denke nämlich, daß wir alle es waren, die der Anspruchsmentalität nicht entschieden genug entgegengetreten sind oder sie sogar gefördert haben.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Vielleicht durch eigenes schlechtes Beispiel!)

    Wir sollten uns da wirklich einmal an die eigene Brust schlagen.
    Meine Damen und Herren, es wird Ihnen auf gefallen sein, daß ich bisher zwei Arten von Petitionen erwähnt habe, zum einen Petitionen, bei denen Petenten in Einzelschicksalen vom Petitionsausschuß Hilfe erwarten, und zum anderen solche Petitionen, die allgemein einen Mißstand beklagen und allgemein um
    Abhilfe bitten. Daneben gibt es noch eine dritte Kategorie von Petitionen, deren Wichtigkeit man ebenfalls nicht unterschätzen sollte. Dabei handelt es sich um Petitionen, in denen ganz grundlegend Ängste von Bürgern zum Ausdruck kommen.
    Im Jahre 1986 wurden Bürger durch das Reaktorunglück in Tschernobyl veranlaßt, dem Petitionsausschuß ihre Besorgnis über die Kernkraft mitzuteilen.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Das waren mehr als Ängste!)

    Die Art der Petitionen zeigt sehr deutlich, daß es sich nicht um einen Mißbrauch des Petitionsrechts, sondern um tatsächliche Besorgnisse breitester Bürgerschichten handelte.

    (Häfner [GRÜNE]: Allerdings!)

    Die Kernenergie wurde in diesem Hause schon aus vielen Sichten beleuchtet. Ökonomische, ökologische und sicherheitstechnische Erwägungen wurden dabei angestellt. Sosehr diese Aspekte in der inhaltlichen Diskussion zu beachten sind, so sehr muß doch gesehen werden, wie wichtig ein energiepolitisches Vertrauen der Bevölkerung ist.

    (Häfner [GRÜNE]: Wo soll denn das herkommen?)

    Ich bedaure es sehr, daß die Diskussion um die Atomenergie ideologisch derart überfrachtet ist, daß Argumente allein nicht mehr helfen,

    (Häfner [GRÜNE]: Tschernobyl war ein ideologischer Akt!)

    zumal, wenn sie sich für die Atomkraft aussprechen.
    An die Bundesregierung appelliere ich darum, die Sorgen der Bürger, die in Petitionen hinsichtlich der Atomkraft zum Ausdruck gekommen sind, zum Anlaß zu nehmen, maßgeblich auf das Bewußtsein der Bürger einzuwirken. Es muß wieder möglich werden, über die Atomkraft sachlich zu diskutieren.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Ach du liebe Zeit! Machen wir doch nur!)

    Dazu ist es notwendig, pure Angst zu reduzieren, und so auf das Bewußtsein der Bürger einzuwirken. Gerade in den Petitionen zur Atomkraft fiel mir nämlich auf, wie sehr die Angst und wie wenig die Argumente im Vordergrund stehen.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Das stimmt überhaupt nicht!)

    An das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit richte ich daher meine Bitte, zur Versachlichung der Diskussion beizutragen und das Energiekonzept der Regierung dem Bürger verständlicher zu machen. Ein so herzustellender energiepolitischer Grundkonsens ist geeignet, Ängste abzubauen. Es wird sich in den weiteren Jahren der Arbeit des Petitionsausschusses zeigen, ob es gelungen ist, die Ängste der Bürger abzubauen.
    Zum Schluß möchte ich noch einmal in eigener Sache etwas zur Arbeit des Petitionsausschusses sagen. Ihnen allen dürfte bekannt sein, daß das Petitionsverfahrensrecht auf der Grundlage eines von Professor Dr. Graf Vitzthum vorgelegten Gutachtens und unter Berücksichtigung der Beratungen des Aus-



    Frau Dr. Segall
    schusses zu diesem Gutachten überarbeitet wird. Die Obleute des Petitionsausschusses sind übereingekommen, dieser Reform verstärkt ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Gemeinsam werden wir darauf hinwirken, daß die Verfahrensgrundsätze des Petitionsausschusses im Sinne der Bürger reformiert werden. Es wird uns dabei darauf ankommen, das Grundrecht des Art. 17 des Grundgesetzes durch das geänderte Verfahren effektiver zu machen und es den Bürgern so zu ermöglichen, ihr Recht aus Art. 17 des Grundgesetzes in verstärktem Maße wahrzunehmen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort weitergebe, möchte ich Sie davon unterrichten, daß auf der Ehrentribüne eine Delegation unter Leitung des Präsidenten der Großen Türkischen Nationalversammlung, Herrn Necmettin Karaduman, Platz genommen hat. Ich habe die Ehre, Sie im Deutschen Bundestag sehr herzlich zu begrüßen. Wir wünschen Ihnen noch einen angenehmen Aufenthalt und nützliche politische Gespräche in unserem Land. Wir danken Ihnen auch für Ihren morgigen Besuch in Berlin und das Interesse, das Sie damit der besonderen Lage der geteilten Stadt entgegenbringen. Sie haben sich dafür ein besonderes Datum ausgesucht. Vielen Dank für Ihren Besuch!

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Frau Nickels.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Christa Nickels


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Lieber Herr Präsident Westphal! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn dieser Legislaturperiode hat es einige mehr oder weniger große oder kleine Änderungen im Petitionsausschuß gegeben. Bemerkenswert finde ich allerdings alle. Zuallererst ist natürlich unsere Frau Vorsitzende Berger auf die Regierungsbank befördert worden. Das finde ich positiv, weil ich viel davon halte, daß tüchtige Frauen befördert werden und auch einmal Karriere machen. Zweitens ist es für mich auch ein Anzeichen dafür, daß der Petitionsausschuß eben nicht ein Abstellgleis und ein toter Bahnhof für hoffnungslos idealistisch gebliebene Menschen sein muß.

    (Heiterkeit und Beifall bei allen Fraktionen)

    Obwohl Frau Berger also bei uns herausrotiert ist, ist der Frauenanteil im Petitionsausschuß erstaunlicherweise rapide angestiegen, aber nicht etwa durch die Benennung einer neuen Frau Vorsitzenden oder womöglich von vier Obfrauen. Nein, offensichtlich haben alle Fraktionen ihre neuen Frauen in die Siele des Petitionsausschusses geschickt. Ich fürchte nur, das ist nicht unbedingt ein Ausdruck von Wertschätzung der Frauen noch der einer besonderen Wertschätzung dieses Ausschusses. Es scheint mir vielmehr umgekehrt ein Beleg dafür zu sein, daß Frauen wie fast überall im öffentlichen oder privaten Leben eher dahin beordert werden, wo viel Arbeit und wenig
    Ehre zu erwarten ist, während die Männerwelt, Herr Dr. Göhner, zu Höherem drängt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Selbstverständlich ist uns allen klar und bewußt, daß der Petitionsausschuß Verfassungsrang genießt und damit aus der Mitte der anderen Ausschüsse hervorragt. Auch wenn in keiner Fraktion Mandatsträger in diesen Ausschuß drängen — ich will selbstkritisch sagen: auch bei uns nicht; wir hatten für zwei Vollausschußsitze genau zwei freiwillige Frauen, die dort hinein wollten —,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    so ist uns doch allen klar, daß die Arbeit dieses Ausschusses sehr wichtig ist.

    (Zurufe von der SPD)

    — Bei uns sind die Männer auch nicht viel besser als bei Ihnen in der Fraktion.

    (Zuruf von der SPD: Das stimmt uns tröstlich! — Häfner [GRÜNE]: Hoffnungslos in der Minderheit!)

    Weil aber alle diese Arbeit sehr schätzen und wir dafür auch sehr gelobt werden und uns notfalls selber loben, wie das jetzt wieder wie jedes Jahr bei der Debatte des Jahresberichts passiert,

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    haben uns dieses Mal unsere Parlamentarischen Geschäftsführer einen besonders herausgehobenen Termin für die Debatte unseres Jahresberichtes spendiert, quasi ein Solo für den Petitionsjahresbericht. Ich finde, liebe Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer, das ist nicht mehr als recht und billig für diese schwere, harte und wichtige Arbeit.
    Für mich persönlich aber ist das so ähnlich wie Muttertag:

    (Heiterkeit)

    Einmal im Jahr werden die Mütter auf den Sockel gestellt und hoch gefeiert und geehrt, damit sie dann ein ganzes Jahr wieder fleißig malochen und für die anderen die Arbeit machen.

    (Sehr gut! bei der SPD)

    Das hat auch damit zu tun, daß die Mütter ja immer als unbezahlbare Frauen gerühmt werden und dann tatsächlich null DM kriegen.
    Ich möchte nicht, daß das beim Petitionsausschuß ähnlich gehandhabt wird. Ich glaube, daß dieses Parlament und natürlich besonders wir Mitglieder in diesem Petitionsausschuß sehr sorgsam darauf achten müssen, daß nicht mit wohlfeilen Worten von Lob und Ehre über die Petitionsausschußarbeit von Bestrebungen abgelenkt wird, diese Nahtstelle zwischen Parlament und Bürgern und Bürgerinnen einflußlos und machtlos zu halten.
    Bedenklich finde ich auch, daß nun, nachdem Frau Berger auf die Regierungsbank rotierte, der Ausschußvorsitz nicht von der Opposition eingenommen worden ist.

    (Zuruf von der SPD: Das ist wahr!)




    Frau Nickels
    Daß die Opposition den Vorsitz 1983 nicht angestrebt hat, ist mir sehr verständlich. Frau Berger, Sie waren zu dem Zeitpunkt eine anerkannte Institution. Ich glaube, es ist verständlich, daß man dann Hemmungen hat und daß es auch etwas pietätlos ist, wenn man eine anerkanntermaßen sehr wichtige Frau, die eine sehr gute Arbeit gemacht hat, einfach vom Sockel stößt. Die Hemmungen fand ich 1983 berechtigt. Der demokratische Normalfall sollte aber sein, daß der Vorsitz im Petitionsausschuß der Opposition zusteht und auch von dieser eingenommen wird,

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    denn die Petitionen der Menschen sind in aller Regel gegen Regierungshandeln gerichtet.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Richtig!)

    So hat sich wohl auch kaum jemand gewundert — Frau Segall hat das schon angesprochen — , daß beim Anwachsen der Raumbedürfnisse der Fraktionen zu Beginn der 11. Legislaturperiode nicht etwa Teile der Verwaltung, sondern — wer denn sonst? — der Petitionsausschuß aus dem Regierungsviertel verbannt wurde.
    Diesen Äußerlichkeiten, die ich gerade genannt habe, entspricht die Aufgabenzuweisung und Arbeitsweise, auf die viele Mitglieder dieses Parlaments den Petitionsausschuß gerne festlegen möchten. Als Kummerkasten der Nation, wo der gebeutelte kleine Mann und die kleine Frau von der Straße ihr Herz ausschütten können, so liebt der Deutsche Bundestag seinen Petitionsausschuß. Unersetzlich für jede Regierung ist er auch als Fieberthermometer der Nation. Der Petitionsausschuß zeigt der Regierung sicher und blitzschnell an, wenn sie es mit Spar- und Kürzungsmaßnahmen auf Kosten der Schwachen zu toll getrieben hat, ob sie die Menschen mit militärischem Tieffluglärm und dem krebsartigen Wuchern von Truppenübungsplätzen gar zu schamlos malträtierte, ob der Umweltschutz nicht doch ein kleines bißchen mehr Platz in dieser Republik bekommen muß, damit die Volksseele nicht überkocht.
    Natürlich dürfen die empörten Massenpetenten nicht zu viel oder gar alles kriegen, was sie wollen. Die Regierung aber hat einen großen Koffer mit Fieberpillen parat, um den Zorn abzukühlen. Graf Vitzthum, der 1984 ein Gutachten über das Petitionsrecht und die Volksvertretung vorlegte, nennt dies vornehm — ich zitiere — „Hilfestellung bei der Integration des Gemeinwesens insgesamt".
    Mir ist noch eine Veränderung aufgefallen, eine Veränderung vieler Menschen. Die typischen Stammwähler und Stammwählerinnen sind im Schwinden begriffen. Viele Menschen haben keine Lust mehr, sich ein für allemal für eine Partei zu entscheiden und diese dann an ihrer Stelle denken zu lassen. Die Leute werden immer eigensinniger und politischer.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Gott sei Dank!)

    Dabei ist es natürlich nur logisch, daß die Arbeit des Petitionsausschusses — das einzige Türchen der vielbeschworenen Aktivbürger und -bürgerinnen zum Parlament — politisiert wird. Es ist auch im Jahresbericht des Petitionsausschusses niedergelegt worden,
    daß häufiger als früher Petitionen mit politischen Anliegen eingebracht werden.
    Bereits bei der Debatte des Jahresberichts 1985 — am 19. Juni 1986 — wurde diese Tendenz von den Regierungsparteien heftig beklagt. Die Forderung meines Kollegen Horst Fritsch nach Minderheitenrechten und Minderheitenvoten im Petitionsausschuß sowie der Möglichkeit, das Befugnisgesetz auch für Bitten zur Gesetzgebung zu eröffnen, statt dieses einseitig auf Beschwerden zu reduzieren, trug ihm harsche Vorwürfe z. B. von Herrn Dr. Göhner ein. Herr Dr. Göhner mutmaßte, die GRÜNEN wollten

    (von der Wiesche [SPD]: So ein schlimmer Bube!)

    „die Schaffung eines Sonderrechts für bestimmte Petitionen dieser Art,

    (Dr. Göhner [CDU/CSU]: So ist es!)

    ein Sonderrecht, das dann für die Petitionen einzelner Bürger nicht zur Verfügung stände".

    (Dr. Göhner [CDU/CSU]: So ist es!)

    Frau Segall hat diesen Vorwurf ausgedehnt und uns
    der Herzlosigkeit gegenüber dem Einzelanliegen
    geziehen. Ich will das ganz energisch zurückweisen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Darum geht es hier überhaupt nicht. Sie haben damit ganz falsch gelegen, Herr Dr. Göhner.
    Umgekehrt wird allerdings ein Schuh daraus. Heute sind nach dem Befugnisgesetz die Beschwerden gegenüber den Bitten eindeutig bevorzugt. Massenpetitionen sind in aller Regel Bitten zur Gesetzgebung und damit benachteiligt. Die Forderungen nach Gleichstellung der Bitten mit den Beschwerden und Aufnahme eines Minderheitenschutzes in das Befugnisgesetz von 1975 sind nicht einmal auf unserem eigenen grünen Mist gewachsen. Bereits 1975 plädierten viele Abgeordnete der CDU dafür. Gucken Sie einmal in den Protokollen nach. Die damalige Regierung aus FDP und SPD sprach sich seinerzeit genauso vehement dagegen aus, wie die heutige FDP/CDU-
    Regierung das tut.
    Ich weiß tatsächlich nicht, was es hier zu fürchten gibt. Wir wissen doch alle — leider wissen das offensichtlich viele Petenten noch nicht, sonst würden sie uns noch viel mehr scheuchen, als das zur Zeit der Fall ist — , daß die Regierung durch unsere hart erarbeiteten wunderschönen Petitionsbeschlüsse zu nichts verpflichtet wird, wenn die Regierung etwas nicht will.

    (Reuter [SPD]: Absetzen!)

    Deshalb ist das Mindeste, was wir Ausschußmitglieder einfordern müssen, als hochpolitischer und selbstbewußter Ausschuß arbeiten zu können. Dazu muß das Befugnisgesetz erweitert werden. Ebenso müssen die Verfahrensrichtlinien des Petitionsausschusses um Minderheitenrechte erweitert werden. Sehr viele fundierte Anregungen dazu liegen mit der Petition vom Komitee für Grundrechte und Demokratie und mit den Vorschlägen der Vereinigung zur Förderung des Petitionsrechts in der Demokratie vor. Ich habe gestern erfahren, daß diese Vereinigung sogar Klage gegen den Petitionsausschuß vor dem Verwaltungs-



    Frau Nickels
    gericht führen will. Ich selber bin deshalb nicht beleidigt. Denn gegen das, was einem egal ist, wehrt man sich nicht. Daran übt man keine Kritik. Wenn der Petitionsausschuß von Bürgerinnen und Bürgern für wert erachtet wird, daß Zeit, Geld und Nerven für Petitionsbelange aufgewendet werden, dann betrachte ich das als ein Lob und eine Aufwertung dieses Ausschusses.
    Zum Schluß möchte ich noch eines sagen. Frau Berger, die Ära, die Sie in den vielen Jahren geprägt haben, in denen Sie Vorsitzende waren, ist zu Ende gegangen. Der Stil, den Sie maßgeblich mitgeprägt haben — nämlich sich nicht en passant mit den vielen Einzelfällen zu befassen, sondern mit Tatkraft und auch mit Herz dabeizusein — , ist uns eine Verpflichtung, die wir uns zu Herzen nehmen wollen; in diesem Stil wollen wir weiterarbeiten. Aber ich bin nicht der Meinung wie Herr Dr. Pfennig, daß die Reform des Petitionswesens in Ihrer Ära zum Abschluß gekommen ist. Gerade die Tatsache, daß Sie befördert worden sind, ist für mich ein Beweis dafür, daß jetzt der Petitionsausschuß endlich einmal befördert werden muß

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    und daß die Bitten — also die sogenannten politischen Petitionen — den Beschwerden der Bürger gleichgestellt werden müssen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)