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ID1101404800

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    Plenarprotokoll 11/14 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 14. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. Mai 1987 Inhalt: TOP 16: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung von Auslaufzeiten in der Montan-Mitbestimmung (Drucksache 11/288) in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung (Drucksache 11/14) Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . 849A; 865 C Urbaniak SPD 852 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 854 A Hoss GRÜNE 856 D Zink CDU/CSU 859 A Frau Fuchs (Köln) SPD 862 A Andres SPD 867 A Scharrenbroich CDU/CSU 869 A Dr. Langner CDU/CSU (Erklärung nach § 32 GO) 870D Zusatz-TOP: Aktuelle Stunde betr. konkrete Abrüstungschancen in Europa und die Erklärung des Bundeskanzlers Kohl vom 15. Mai 1987 zum augenblicklichen Stand der Verhandlungen über Mittelstreckenraketen Frau Schilling GRÜNE 871 A Rühe CDU/CSU 872B Stobbe SPD 873 C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 874 B Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 875B Frau Geiger CDU/CSU 876A Frau Fuchs (Verl) SPD 877 A Mischnick FDP 878 A Breuer CDU/CSU 878 D Dr. Soell SPD 879 C Lowack CDU/CSU 880 C Dr. Schäuble, Bundesminister BK . . . 881 C Verheugen SPD 882 B Lamers CDU/CSU 883 B Nächste Sitzung 884 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 885*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 885*D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Mai 1987 849 14. Sitzung Bonn, den 22. Mai 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein * 22. 5. Amling 22. 5. Bahr 22. 5. Dr. Bangemann 22. 5. Beckmann * 22. 5. Frau Beck-Oberdorf 22. 5. Frau Beer * 22. 5. Dr. Biedenkopf 22. 5. Biehle * 22. 5. Dr. Blank 22. 5. Buschfort 22. 5. Clemens 22. 5. Dr. Dollinger 22. 5. Dr. Ehmke (Bonn) 22. 5. Eimer (Fürth) 22. 5. Engelhard 22. 5. Erler 22. 5. Feilcke 22. 5. Dr. Fell 22. 5. Francke (Hamburg) ' 22. 5. Gattermann 22. 5. Genscher 22. 5. Dr. Götz 22. 5. Grünbeck 22. 5. Dr. Häfele 22. 5. Frau Hämmerle 22. 5. Frau Dr. Hartenstein 22. 5. Haungs 22. 5. Dr. Haussmann 22. 5. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 22. 5. Dr. Holtz 22. 5. Horn * 22. 5. Dr. Hüsch 22. 5. Ibrügger * 22. 5. Dr.-Ing. Kansy * 22. 5. Kiechle 22. 5. Kirschner 22. 5. Dr. Kohl 22. 5. Kolbow 22. 5. Koschnick • 22. 5. Kroll-Schlüter 22. 5. Dr. Kunz (Weiden) * 22. 5. Dr. Graf Lambsdorff 22. 5. Lattmann * 22. 5. Dr. Mechtersheimer * 22. 5. Dr. Mertens (Bottrop) 22. 5. Niegel * 22. 5. Pesch 22. 5. Petersen * 22. 5. Dr. Pinger 22. 5. Reschke 22. 5. Reuschenbach 22. 5. Ronneburger * 22. 5. Roth 22. 5. Sauer (Salzgitter) * 22. 5. Schmidt (München) 22. 5. Schmitz (Baesweiler) 22. 5. Abgeoranete(r) entschuldigt bis einschließlich von Schmude - 22. 5. Schreiner * 22. 5. Schröer (Mülheim) 22. 5. Frau Simonis * 22. 5. Singer 22. 5. Frau Steinhauer 22. 5. Dr. Stoltenberg 22. 5. Voigt (Frankfurt) * 22. 5. Vosen 22. 5. Dr. Warnke 22. 5. Weiß (Kaiserslautern) * 22. 5. Weisskirchen (Wiesloch) 22. 5. Dr. Weng (Gerlingen) 22. 5. Dr. Wieczorek * 22. 5. Wieczorek (Duisburg) 22. 5. Wischnewski 22. 5. Wissmann 22. 5. Dr. Wörner 22. 5. Wüppesahl 22. 5. Würtz * 22. 5. Zeitlmann 22. 5. Zierer * 22. 5. Frau Zutt 22. 5. Zywietz 22. 5. *für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die in Drucksache 11/253 unter Nummer 2.1 aufgeführte EG-Vorlage Mitteilung der Kommission über eine Perspektive für Europa - die Einheitliche Akte muß ein Erfolg werden - KOM (87) 100 endg. vom 15. Februar 1987 Bericht der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament über die Finanzierung des Gemeinschaftshaushalts - KOM (87) 101 endg. vom 3. März 1987 wird als Drucksache 11/254 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden EG-Vorlage abgesehen hat: Vorschlag für eine Verordnung (EWG, EURATOM, EGKS) des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf die durch Verordnungen (EGKS, EWG, EURATOM) Nr. 3580/85 und (EWG, EURATOM, EGKS) Nr. 2126/86 festgelegten Dienst-und Versorgungsbezüge anwendbar sind Vorschlag für eine Verordnung (EWG, EURATOM, EGKS) des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind - KOM (86) 609 endg. - Rats-Dok. Nr. 10521/36 (Drucksache 11/138 Nr. 3.1)
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    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, Herr Urbaniak, jetzt beantworte ich erst einmal die Frage von Frau Fuchs. Bevor Sie neue Fragen stellen, bekommen erst Frau Fuchs und die SPD ihre Antwort.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Ich danke Ihnen!)

    Wir erhöhen das Wartegeld. Das ist nicht geredet, das ist gehandelt, wenn Ihnen das entgangen ist. Wir erhöhen die Umschulungsbeihilfe. Wir stehen in Verhandlungen, das Übergangsgeld, die Einkommenshilfen zu erhöhen. Wir haben einen Gesetzentwurf eingebracht und in der letzten Bundestagsdebatte darüber gesprochen, nach dem das Kurzarbeitergeld für Stahlarbeiter auf drei Jahre verlängert werden soll. Das ist eine handfeste Hilfe, weil auf diese Weise der notwendige, unumgängliche StrukturanpassungsprozeB gestreckt werden kann. Wenn ein Unternehmen vor der Wahl steht, einen Teil der Arbeitnehmer zu entlassen oder alle kurzarbeiten zu lassen, dann finde ich es sozialer und solidarischer, alle kurzarbeiten zu lassen, als die einen rauszuschmeißen und die anderen weiter im Betrieb zu lassen. Das ist nicht Blabla, wie ich immer von Ihnen höre, das ist nicht „Raurau" , das ist „Blümblüm", nämlich handfest für die Arbeitnehmer.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Zur Sache, Frau Fuchs: Kohle. Gestern haben wir die Erhöhung des Kohlepfennigs beschlossen.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Was hat der Bangemann gesagt?)

    — Warum fangen Sie denn Streit an? Laßt uns doch versuchen, den Konsens gerade in der Kohle zu halten. Ich bin ja, wie Sie wissen, für jeden Streit zu haben, aber es muß doch nicht über alles gestritten werden. Laßt uns den alten Kohiekonsens wiederherstellen! Denn Kohle ist doch keine Sache, von der Hand in den Mund zu leben. Gerade die Kohle müssen wir uns erhalten als ein Stück energiepolitischer Unabhängigkeit.

    (Zuruf von der SPD: So ist das! — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das sagen Sie einmal Herrn Bangemann! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Sie haben mich doch angegriffen, deshalb bekommen Sie jetzt eine Antwort. Spielen Sie doch nicht dauernd über die Bande; jetzt reden wir zusammen. —
    Ich bleibe dabei: Stahl und Kohle haben ganz unterschiedliche Ursachen ihrer Bedrängnis. Beim Stahl handelt es sich darum, daß unsere Stahlarbeitnehmer eine faire Wettbewerbschance in Europa erhalten. Bei Kohle darf man diese Hoffnung gar nicht haben. Da geht es nicht um Wettbewerbschancen; denn die deutsche Kohle wird nie wettbewerbsfähig sein gegenüber Lagerstätten, in denen die Kohle viel bequemer zu fördern ist. Da handelt es sich darum, daß wir unabhängig bleiben, daß wir unsere Energieversorgung auf möglichst viele Beine stützen. Deshalb brauchen wir eine Energieversorgung, die aus mehreren Quellen gespeist wird. Eine davon ist die Kernenergie. Deshalb war der härteste Angriff auf den Jahrhundertvertrag der Ausstieg aus der Kernenergie.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Fuchs [Köln] [SPD] : Nein!)

    — Doch!

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Wer ist denn ausgestiegen?)

    Meine Damen und Herren, ich kämpfe für diesen Jahrhundertvertrag, ich kämpfe für den Konsens. Ich will nur darauf aufmerksam machen, daß es natürlich schwer ist zu kämpfen, wenn sich Länder durch billige Kernenergie das Geld verschaffen, um den Kohlepfennig zu bezahlen, und dann die von den Sozialdemokraten geschickten Demonstranten in Wackersdorf zurückhalten müssen. Das ist eine Arbeitsteilung, die natürlich nicht funktioniert. Laßt uns diesen Streit zurückdrängen! Laßt uns versuchen, mit Kohle und Kernenergie zu leben! Ich bin weder Kernenergiefetischist noch überhaupt ein Fetischist. Ich bin dafür, daß wir unsere Energie auf eine breite Basis stellen. Wir brauchen die Kohle und die Bergleute. Das will ich nach allen Seiten sagen — ich kann mich ja nicht drehen.

    (Zuruf von der SPD: Doch! — Lachen bei der SPD)

    Wie wollen Sie es denn gerne haben? Ich wollte mich gerade der Opposition zuwenden.
    Ich bleibe dabei: Nordrhein-Westfalen hat in schwerer Zeit der ganzen Bundesrepublik geholfen. Die Bergleute und die Stahlkocher haben dafür gesorgt, daß die Menschen in Bayern, in Baden-Württemberg, in Niedersachsen nicht erfroren sind. „Gefringst" worden ist ja schließlich nicht nur in Köln, um darauf zurückzukommen. Die Kohle hat ein frierendes Volk davor bewahrt, daß Millionen von Menschen erfroren sind, im wörtlichen Sinne. Wenn es in der Politik Dankbarkeit gibt, dann ist das, was die nordrhein-westfälischen Arbeitnehmer jetzt fordern, kein Almosen, sondern nichts anderes als ein Stück Wiedergutmachung.
    Im übrigen ist das Land Nordrhein-Westfalen kein Land am Rande der Industriegesellschaft. Es hat gewisse Schwierigkeiten, hervorgerufen nicht zuletzt dadurch, daß Modernisierung verpennt wurde, von einem sozialistischen Heiapopeia in den Schlaf gewiegt.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Quatsch! — Dr. Hauchler [SPD]: Purer Unsinn!)




    Bundesminister Dr. Blüm
    Aber die Voraussetzungen, daß dieses Land wieder Spitzenland in der Bundesrepublik wird, sind besser als in jeder anderen Region. Es gibt keine Region, in der so viele qualifizierte Arbeitnehmer auf engstem Raum zusammenleben. Laßt uns zusammen helfen!

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: So nicht! — Frau Dr. Götte [SPD]: Nicht mit Heiapopeia!)

    — Nicht mit Heiapopeia und nicht mit Blabla, sondern mit konkreter Politik. Wir haben für die Stahlarbeiter gesorgt. Wir sorgen für die Bergleute. Wir bekennen uns zur Solidaritätspflicht gegenüber Nordrhein-Westfalen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Reimann [SPD]: Seine Antrittsrede für den Landesvorsitz war das! Es haben noch ein paar Stimmen gefehlt!)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Andres.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Gerd Andres


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Blüm, es wäre sicherlich besser gewesen, wenn Sie einen Teil ihres erregten Debattenbeitrags Herrn Cronenberg und Ihrem Koalitionspartner gewidmet hätten.

    (Beifall bei der SPD)

    Denn nach den Äußerungen, die Herr Cronenberg heute morgen hier in der Debatte von sich gegeben hat, kann man die sozialpolitischen Realitäten in unserem Lande nicht mehr schlimmer auf den Kopf stellen.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Cronenberg hat hier erzählt, daß die MontanMitbestimmung verhindert habe, daß im Stahlbereich strukturelle und technologische Anpassungen vorgenommen worden seien. Welch ein Quatsch! Wer weiß eigentlich nicht, daß unsere Stahlindustrie zu den modernsten in Europa gehört, und wer weiß eigentlich nicht, daß die großen Anpassungsprozesse, die in den letzten Jahren stattgefunden haben, gerade dank Montan-Mitbestimmung ohne große soziale Auseinandersetzungen möglich waren?

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Arbeitsminister, Sie haben sich in Ihrer Rede als der große Retter der Montan-Mitbestimmung und als Kämpfer für Arbeitnehmerinteressen dargestellt. Ich will Sie daran erinnern, daß die gesetzliche Regelung von 1981 dafür gesorgt hat, daß schon zum damaligen Zeitpunkt Mannesmann nicht aus der MontanMitbestimmung herausgefallen ist. Ich will Sie daran erinnern, daß Sie offensichtlich ein außerordentlich kurzes Gedächtnis haben.

    (Dr. Hauchler [SPD]: Er hat sich damals verweigert!)

    Ich stelle mir die Frage, wie Ihr Gesichtsverlust gewesen wäre, wenn Sie aus den wochenlangen Koalitionsverhandlungen — wo wir ein Gefeilsche um Steuerreform für Hochverdienende erlebt haben, wo aber über Wochen von Montan keine Rede war —

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Waren Sie dabei?)

    ohne Montan herausgekommen wären. Dann säßen Sie ohne Gesicht in diesem Parlament, Herr Arbeitsminister.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Er tut so, als wäre er dabei gewesen!)

    Auch muß man sich einmal genau anschauen, zu welchem Preis Sie sich diese Montanregelung eingehandelt haben. Wir diskutieren heute ja überhaupt nicht über Montansicherung, sondern wir diskutieren über ein Vorschaltgesetz, über die Verlängerung von Auslauffristen. Das, was Sie uns konkret präsentieren könnten, liegt nicht auf dem Tisch dieses Hauses.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Ich glaube, ihr wollt über euren Gesetzentwurf diskutieren! Ist das nichts?)

    Die sozialdemokratische Fraktion hat einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Siehste! Zuhören!)

    der deutlich macht, daß für uns die Montan-Mitbestimmung das weitestgehende Mitbestimmungsmodell ist, daß dieses Mitbestimmungsmodell — erstens — möglichst in allen Großunternehmen und Konzernen eingeführt werden muß und — zweitens — daß wir diese Montan-Mitbestimmung jetzt und ohne Abstriche sichern müssen. Das ist allerdings nicht der erklärte Wille der Regierungskoalition.
    Herr Blüm, es wäre interessant, hier über die Bedingungen zu reden, die Sie sich für die Montan-Mitbestimmungs-Regelung, wie sie in Ihren Koalitionsvereinbarungen festgelegt ist, eingehandelt haben. Herr Cronenberg hat Ihnen heute morgen in der Debatte die Kette gezeigt, die er Ihnen um den Hals gewunden hat. Da steht, daß wir mit einer Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes zu rechnen haben. Deswegen ist es richtig, daß meine Kollegin Fuchs darüber geredet hat, was an weiteren grundlegenden Veränderungen des sozialen Konsenses in unserem Lande zu erwarten ist.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Das äußere Erscheinungsbild macht noch keinen Karl Marx!)

    Da steht darüber hinaus, daß Sie die Sprecherausschüsse für leitende Angestellte einführen werden, und da ist niedergeschrieben, daß sozusagen ein Junktim zwischen der Montan-MitbestimmungsRegelung und diesen gesetzlichen Veränderungen besteht.
    Ich will Ihnen sagen, daß die Notwendigkeit, Sprecherausschüsse gesetzlich zu verankern, außer einer kleinen Gruppe von Verbandsfunktionären niemand sieht. Weder die Arbeitnehmer noch die Arbeitgeber, weder die Arbeitgeberverbände noch die Gewerkschaften, ja noch nicht einmal die leitenden Angestellten selbst halten solch eine Regelung für notwendig.

    (Beifall bei der SPD)

    Und ich sage Ihnen: Ich weiß aus Gesprächen in Großbetrieben, die freiwillig Sprecherausschüsse oder
    Sprecherkonstruktionen für leitende Angestellte ein-



    Andres
    geführt haben, daß auch diese Betroffenen kein Interesse an einer gesetzlichen Regelung haben.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Irrtum, sagte der Igel, mein Lieber!)

    — Sie können ja darauf antworten.
    Herr Blüm, eine weitere Frage wäre zu stellen. Sie haben in Ihrer Rede am 15. Mai im Bundesrat die Montan-Mitbestimmung als das soziale Urgestein unserer Gesellschaft bezeichnet. Herr Cronenberg hat heute morgen davon gesprochen, daß das sozusagen die Felsbrocken seien, die für seine Regelung im Weg liegen. Ich möchte Sie mal fragen: Wenn dieses soziale Urgestein sich laut Ihren Äußerungen so bewährt hat, warum nehmen Sie dann eigentlich Veränderungen an dieser Regelung vor? Warum ändern Sie beispielsweise das Wahlverfahren?

    (von der Wiesche [SPD]: Das frage ich mich auch!)

    Warum ändern Sie die Zusammensetzung der Arbeitnehmerbank? Wenn sich dieses soziale Urgestein so bewährt hat, gibt es nach meiner Auffassung keinen Grund, es zu schleifen. Sie müßten einmal etwas näher begründen, warum Sie diese Absichten haben.
    Herr Cronenberg hat ja in einem zweiten wichtigen Punkt seiner sehr bedeutsamen Rede heute morgen die Katze ein bißchen aus dem Sack gelassen. Er hat davon gesprochen, daß die individuellen Rechte der Arbeitnehmer gestärkt werden müssen.

    (Neuhausen [FDP]: Sehr gut!)

    Wir wissen aus unserer Erfahrung der Arbeits- und Sozialgeschichte, daß der Anspruch, die Rechte des einzelnen zu stärken, immer mit dem Versuch einhergeht, die gemeinsame Interessenvertretung der Arbeitnehmer zu schleifen und damit den einzelnen schutzlos der Macht ökonomisch Starker auszusetzen.

    (Beifall bei der SPD)

    Deswegen gehören für uns das Recht des einzelnen und die gemeinsame Interessenvertretung über die Gewerkschaften zusammen.

    (Zuruf von der FDP: Sie sind Gewerkschaftsfunktionär!)

    — Ich bin Gewerkschaftssekretär; ja. Ich bin stolz darauf. Und ich weiß, wovon ich rede.

    (Richter [FDP]: So reden Verbandsfunktionäre!)

    Diesen Eindruck habe ich bei Ihnen manchmal nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Blüm, für uns kann ich feststellen, daß die Montan-Mitbestimmung, um die es hier heute zumindest bei zwei Gesetzentwürfen geht, ein bedeutsamer Schritt zur Demokratisierung der Wirtschaft war. Auch das Betriebsverfassungsgesetz brachte Mitbestimmungsrechte für Arbeitnehmer und ihre Interessenvertretung. Für uns ist klar, daß Mitbestimmung im Betrieb und Unternehmen immer auch Mitverantwortung für Arbeitnehmer und ihre Vertretung bedeutet.
    Diese Gemeinsamkeiten sind nach unserer Auffassung einer der Grundpfeiler unseres demokratischen Sozialwesens, der mit dafür gesorgt hat, daß die Herausbildung unseres demokratischen und sozialen Gemeinwesens und unsere wirtschaftliche Stärkung möglich waren.
    Ich fordere Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, deshalb auf, diese sozialen und demokratischen Grundbedingungen in unserem Land nicht zu gefährden, sondern weiter auszubauen. Wir laden Sie ausdrücklich ein, sich den Vorstellungen, die wir heute als SPD-Fraktion für die Montansicherung vorgelegt haben, anzuschließen.
    Ich sage ausdrücklich dazu: Unser Gesetzentwurf enthält keine Quotenregelung und keine Regelung, die die Montanzugehörigkeit einer Untergesellschaft beinhaltet. Denn wenn Sie solche Regelungen schaffen, führt dies dazu, daß durch Veränderungen im Unternehmen selber, durch Willkür der Unternehmer dafür gesorgt werden kann, daß trotzdem weiter Unternehmen aus dem Bereich der Montan-Mitbestimmung herausfallen.
    Deshalb ist es, meine ich, notwendig — und da widersprechen wir Ihnen von der FDP ganz entschieden und auch dem Bundesarbeitsminister, der immer verfassungsrechtliche Gründe vorschiebt — , daß, solange Montan in diesen Unternehmen eine Rolle spielt, die Montan-Mitbestimmung in diesen Unternehmen gesichert wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Mein Platz ist auf der Seite der Arbeitnehmer. Das entspricht nicht nur meiner Herkunft aus einer Arbeiterfamilie, sondern auch der Ansicht, daß die Arbeitnehmer, gemessen an den Möglichkeiten der Arbeitgeber zur Durchsetzung ihrer Interessen, noch immer im Rückstand sind.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: „Mein Platz ist an der Seite der Eisenbahner, weil mein Vater Eisenbahner war"!)

    — Schreien Sie doch später! Warten Sie mal ab!
    Arbeitnehmer brauchen also Verstärkung, wenn das Gleichgewicht der Kräfte hergestellt werden soll. Das stammt leider nicht von mir, sondern das hat Herr Blüm, heute Arbeitsminister, am 15. Dezember 1969 gesagt. Deswegen hätten Sie sich Ihre Schreierei ersparen können.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Ich habe gar nicht geschrien, ich habe gerufen!)

    Die Zukunft wird zeigen, wie ernst Sie es mit dieser Aussage meinen, Herr Blüm. Nicht dieses VorschaltGesetz, sondern die Frage, wie zügig und mit welchen endgültigen Regelungen die Sicherung der MontanMitbestimmung beschlossen werden wird und wie Sie mit der Betriebsverfassung umgehen, wird uns darüber aufklären. Wir hoffen sehr, daß das nicht nach der Melodie geschieht: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?"
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD)