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ID1101404600

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    Plenarprotokoll 11/14 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 14. Sitzung Bonn, Freitag, den 22. Mai 1987 Inhalt: TOP 16: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung von Auslaufzeiten in der Montan-Mitbestimmung (Drucksache 11/288) in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung (Drucksache 11/14) Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . 849A; 865 C Urbaniak SPD 852 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 854 A Hoss GRÜNE 856 D Zink CDU/CSU 859 A Frau Fuchs (Köln) SPD 862 A Andres SPD 867 A Scharrenbroich CDU/CSU 869 A Dr. Langner CDU/CSU (Erklärung nach § 32 GO) 870D Zusatz-TOP: Aktuelle Stunde betr. konkrete Abrüstungschancen in Europa und die Erklärung des Bundeskanzlers Kohl vom 15. Mai 1987 zum augenblicklichen Stand der Verhandlungen über Mittelstreckenraketen Frau Schilling GRÜNE 871 A Rühe CDU/CSU 872B Stobbe SPD 873 C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 874 B Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 875B Frau Geiger CDU/CSU 876A Frau Fuchs (Verl) SPD 877 A Mischnick FDP 878 A Breuer CDU/CSU 878 D Dr. Soell SPD 879 C Lowack CDU/CSU 880 C Dr. Schäuble, Bundesminister BK . . . 881 C Verheugen SPD 882 B Lamers CDU/CSU 883 B Nächste Sitzung 884 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 885*A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 885*D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22. Mai 1987 849 14. Sitzung Bonn, den 22. Mai 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein * 22. 5. Amling 22. 5. Bahr 22. 5. Dr. Bangemann 22. 5. Beckmann * 22. 5. Frau Beck-Oberdorf 22. 5. Frau Beer * 22. 5. Dr. Biedenkopf 22. 5. Biehle * 22. 5. Dr. Blank 22. 5. Buschfort 22. 5. Clemens 22. 5. Dr. Dollinger 22. 5. Dr. Ehmke (Bonn) 22. 5. Eimer (Fürth) 22. 5. Engelhard 22. 5. Erler 22. 5. Feilcke 22. 5. Dr. Fell 22. 5. Francke (Hamburg) ' 22. 5. Gattermann 22. 5. Genscher 22. 5. Dr. Götz 22. 5. Grünbeck 22. 5. Dr. Häfele 22. 5. Frau Hämmerle 22. 5. Frau Dr. Hartenstein 22. 5. Haungs 22. 5. Dr. Haussmann 22. 5. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 22. 5. Dr. Holtz 22. 5. Horn * 22. 5. Dr. Hüsch 22. 5. Ibrügger * 22. 5. Dr.-Ing. Kansy * 22. 5. Kiechle 22. 5. Kirschner 22. 5. Dr. Kohl 22. 5. Kolbow 22. 5. Koschnick • 22. 5. Kroll-Schlüter 22. 5. Dr. Kunz (Weiden) * 22. 5. Dr. Graf Lambsdorff 22. 5. Lattmann * 22. 5. Dr. Mechtersheimer * 22. 5. Dr. Mertens (Bottrop) 22. 5. Niegel * 22. 5. Pesch 22. 5. Petersen * 22. 5. Dr. Pinger 22. 5. Reschke 22. 5. Reuschenbach 22. 5. Ronneburger * 22. 5. Roth 22. 5. Sauer (Salzgitter) * 22. 5. Schmidt (München) 22. 5. Schmitz (Baesweiler) 22. 5. Abgeoranete(r) entschuldigt bis einschließlich von Schmude - 22. 5. Schreiner * 22. 5. Schröer (Mülheim) 22. 5. Frau Simonis * 22. 5. Singer 22. 5. Frau Steinhauer 22. 5. Dr. Stoltenberg 22. 5. Voigt (Frankfurt) * 22. 5. Vosen 22. 5. Dr. Warnke 22. 5. Weiß (Kaiserslautern) * 22. 5. Weisskirchen (Wiesloch) 22. 5. Dr. Weng (Gerlingen) 22. 5. Dr. Wieczorek * 22. 5. Wieczorek (Duisburg) 22. 5. Wischnewski 22. 5. Wissmann 22. 5. Dr. Wörner 22. 5. Wüppesahl 22. 5. Würtz * 22. 5. Zeitlmann 22. 5. Zierer * 22. 5. Frau Zutt 22. 5. Zywietz 22. 5. *für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die in Drucksache 11/253 unter Nummer 2.1 aufgeführte EG-Vorlage Mitteilung der Kommission über eine Perspektive für Europa - die Einheitliche Akte muß ein Erfolg werden - KOM (87) 100 endg. vom 15. Februar 1987 Bericht der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament über die Finanzierung des Gemeinschaftshaushalts - KOM (87) 101 endg. vom 3. März 1987 wird als Drucksache 11/254 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden EG-Vorlage abgesehen hat: Vorschlag für eine Verordnung (EWG, EURATOM, EGKS) des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf die durch Verordnungen (EGKS, EWG, EURATOM) Nr. 3580/85 und (EWG, EURATOM, EGKS) Nr. 2126/86 festgelegten Dienst-und Versorgungsbezüge anwendbar sind Vorschlag für eine Verordnung (EWG, EURATOM, EGKS) des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind - KOM (86) 609 endg. - Rats-Dok. Nr. 10521/36 (Drucksache 11/138 Nr. 3.1)
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    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Arbeitsminister schweigt, sagt Frau Fuchs. Eine halbe Stunde vorher sagte Herr Urbaniak. Der Arbeitsminister redet nur. Will sich die Opposition nun einmal entscheiden: Rede ich nur, oder schweige ich?

    (Frau Weyel [SPD]: Es kommt auf den Zeitpunkt an! — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Er redet Unsinn!)

    Ich sage, für die Kumpels, für die Bergleute, für die Stahlkocher sind die Reden völlig unwichtig; wichtiger ist, was gemacht wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Dann macht doch was!)

    Nochmals für alle an Rhein und Ruhr: Wir sichern die Montan-Mitbestimmung, die die Sozialdemokraten 1981 im Stich gelassen haben. Das sind die Tatsachen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Weyel [SPD]: Das stimmt doch nicht! — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Falsch, sie ist doch verlängert!)

    Hätten Sie die Montan-Mitbestimmung gerettet, müßten wir sie heute nicht sichern. Das entspricht dem Gesetz der Logik.
    Liebe Frau Kollegin Fuchs, ich dachte, wir diskutieren heute über Montan-Mitbestimmung.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das hat mit Arbeitsplätzen zu tun!)

    Sie haben über den Ladenschluß, über das Beschäftigungsförderungsgesetz, über Jugendarbeitsschutz gesprochen. Wir können über alles reden.

    (Zuruf von der SPD: Ist alles demontiert worden!)

    Jetzt rede ich über das, was wir für die Stahlarbeiter und für die Bergleute machen. Hier wird keiner Auseinandersetzung aus dem Wege gegangen. Im Reden ist Johannes Rau Weltmeister. In der Tat, da können wir nicht mithalten. Wir haben gehandelt: 2,6 Milliarden DM für die Stahlindustrie in unserer Regierungszeit. Nie gab es eine Bundesregierung, die die Stahlindustrie mehr unterstützt hat als diese von der CDU/CSU geführte Bundesregierung mit der FDP.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Auch das ist falsch!)

    — Das ist nicht falsch. Zahlen — das habe ich immer gesagt — sind Ihr Schicksal. Adam Riese war nie Ihr Freund; die Zahlen sprechen für uns.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Jetzt bereiten Sie sich auf den nächsten Zahlenschlag vor: Sozialpolitik! Wir lassen die Stahlarbeitnehmer nicht im Stich. Wir haben das Instrumentarium zur Hilfe ausgebaut. Auch hierzu wieder Zahlen: In den letzten vier Jahren wurden an Montanunionshilfen 404 Millionen DM an die Stahlarbeitnehmer



    Bundesminister Dr. Blüm
    gezahlt — zum Mitschreiben, Herr Urbaniak: 404 Millionen DM!

    (Abg. Urbaniak [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Setzen Sie sich erst einmal, denn jetzt kommt die zweite Zahl: In den 13 Jahren, in denen Sie regiert haben, Herr Urbaniak, waren es nicht 404 Millionen DM, sondern genau 77 Millionen DM. Was ist mehr: 404 Millionen oder 77 Millionen?


Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

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    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, Herr Urbaniak, jetzt beantworte ich erst einmal die Frage von Frau Fuchs. Bevor Sie neue Fragen stellen, bekommen erst Frau Fuchs und die SPD ihre Antwort.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Ich danke Ihnen!)

    Wir erhöhen das Wartegeld. Das ist nicht geredet, das ist gehandelt, wenn Ihnen das entgangen ist. Wir erhöhen die Umschulungsbeihilfe. Wir stehen in Verhandlungen, das Übergangsgeld, die Einkommenshilfen zu erhöhen. Wir haben einen Gesetzentwurf eingebracht und in der letzten Bundestagsdebatte darüber gesprochen, nach dem das Kurzarbeitergeld für Stahlarbeiter auf drei Jahre verlängert werden soll. Das ist eine handfeste Hilfe, weil auf diese Weise der notwendige, unumgängliche StrukturanpassungsprozeB gestreckt werden kann. Wenn ein Unternehmen vor der Wahl steht, einen Teil der Arbeitnehmer zu entlassen oder alle kurzarbeiten zu lassen, dann finde ich es sozialer und solidarischer, alle kurzarbeiten zu lassen, als die einen rauszuschmeißen und die anderen weiter im Betrieb zu lassen. Das ist nicht Blabla, wie ich immer von Ihnen höre, das ist nicht „Raurau" , das ist „Blümblüm", nämlich handfest für die Arbeitnehmer.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Zur Sache, Frau Fuchs: Kohle. Gestern haben wir die Erhöhung des Kohlepfennigs beschlossen.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Was hat der Bangemann gesagt?)

    — Warum fangen Sie denn Streit an? Laßt uns doch versuchen, den Konsens gerade in der Kohle zu halten. Ich bin ja, wie Sie wissen, für jeden Streit zu haben, aber es muß doch nicht über alles gestritten werden. Laßt uns den alten Kohiekonsens wiederherstellen! Denn Kohle ist doch keine Sache, von der Hand in den Mund zu leben. Gerade die Kohle müssen wir uns erhalten als ein Stück energiepolitischer Unabhängigkeit.

    (Zuruf von der SPD: So ist das! — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Das sagen Sie einmal Herrn Bangemann! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Sie haben mich doch angegriffen, deshalb bekommen Sie jetzt eine Antwort. Spielen Sie doch nicht dauernd über die Bande; jetzt reden wir zusammen. —
    Ich bleibe dabei: Stahl und Kohle haben ganz unterschiedliche Ursachen ihrer Bedrängnis. Beim Stahl handelt es sich darum, daß unsere Stahlarbeitnehmer eine faire Wettbewerbschance in Europa erhalten. Bei Kohle darf man diese Hoffnung gar nicht haben. Da geht es nicht um Wettbewerbschancen; denn die deutsche Kohle wird nie wettbewerbsfähig sein gegenüber Lagerstätten, in denen die Kohle viel bequemer zu fördern ist. Da handelt es sich darum, daß wir unabhängig bleiben, daß wir unsere Energieversorgung auf möglichst viele Beine stützen. Deshalb brauchen wir eine Energieversorgung, die aus mehreren Quellen gespeist wird. Eine davon ist die Kernenergie. Deshalb war der härteste Angriff auf den Jahrhundertvertrag der Ausstieg aus der Kernenergie.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Fuchs [Köln] [SPD] : Nein!)

    — Doch!

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Wer ist denn ausgestiegen?)

    Meine Damen und Herren, ich kämpfe für diesen Jahrhundertvertrag, ich kämpfe für den Konsens. Ich will nur darauf aufmerksam machen, daß es natürlich schwer ist zu kämpfen, wenn sich Länder durch billige Kernenergie das Geld verschaffen, um den Kohlepfennig zu bezahlen, und dann die von den Sozialdemokraten geschickten Demonstranten in Wackersdorf zurückhalten müssen. Das ist eine Arbeitsteilung, die natürlich nicht funktioniert. Laßt uns diesen Streit zurückdrängen! Laßt uns versuchen, mit Kohle und Kernenergie zu leben! Ich bin weder Kernenergiefetischist noch überhaupt ein Fetischist. Ich bin dafür, daß wir unsere Energie auf eine breite Basis stellen. Wir brauchen die Kohle und die Bergleute. Das will ich nach allen Seiten sagen — ich kann mich ja nicht drehen.

    (Zuruf von der SPD: Doch! — Lachen bei der SPD)

    Wie wollen Sie es denn gerne haben? Ich wollte mich gerade der Opposition zuwenden.
    Ich bleibe dabei: Nordrhein-Westfalen hat in schwerer Zeit der ganzen Bundesrepublik geholfen. Die Bergleute und die Stahlkocher haben dafür gesorgt, daß die Menschen in Bayern, in Baden-Württemberg, in Niedersachsen nicht erfroren sind. „Gefringst" worden ist ja schließlich nicht nur in Köln, um darauf zurückzukommen. Die Kohle hat ein frierendes Volk davor bewahrt, daß Millionen von Menschen erfroren sind, im wörtlichen Sinne. Wenn es in der Politik Dankbarkeit gibt, dann ist das, was die nordrhein-westfälischen Arbeitnehmer jetzt fordern, kein Almosen, sondern nichts anderes als ein Stück Wiedergutmachung.
    Im übrigen ist das Land Nordrhein-Westfalen kein Land am Rande der Industriegesellschaft. Es hat gewisse Schwierigkeiten, hervorgerufen nicht zuletzt dadurch, daß Modernisierung verpennt wurde, von einem sozialistischen Heiapopeia in den Schlaf gewiegt.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Quatsch! — Dr. Hauchler [SPD]: Purer Unsinn!)




    Bundesminister Dr. Blüm
    Aber die Voraussetzungen, daß dieses Land wieder Spitzenland in der Bundesrepublik wird, sind besser als in jeder anderen Region. Es gibt keine Region, in der so viele qualifizierte Arbeitnehmer auf engstem Raum zusammenleben. Laßt uns zusammen helfen!

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: So nicht! — Frau Dr. Götte [SPD]: Nicht mit Heiapopeia!)

    — Nicht mit Heiapopeia und nicht mit Blabla, sondern mit konkreter Politik. Wir haben für die Stahlarbeiter gesorgt. Wir sorgen für die Bergleute. Wir bekennen uns zur Solidaritätspflicht gegenüber Nordrhein-Westfalen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Reimann [SPD]: Seine Antrittsrede für den Landesvorsitz war das! Es haben noch ein paar Stimmen gefehlt!)