Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, man muß zunächst einmal feststellen, daß wir von der Union die Diskussion für notwendig halten. Aber das ändert nichts daran, daß die Begründung für diese Aktuelle Stunde abenteuerlich ist.
Uns werden doch zur Begründung dieser angeblich neuen Hinweise Listen vorgelegt, die viele Vorgänge und Messungen aus dem Ausland enthalten. Soweit die Messungen überhaupt in Deutschland stattgefunden haben, liegen sie oft jahrelang zurück. Das eigentlich Traurige ist, daß erst die neue Koalition aus diesen Listen die richtigen Konsequenzen gezogen hat.
— Ich will hier nichts verharmlosen. — Gestern haben mir die Behörden — das ist allerdings wirklich neu —, auch die bayerischen Behörden bestätigt, die jetzt erst anlaufenden systematischen Messungen hätten auch in Bayern ergeben, daß die neu festgesetzten Grenzwerte, die noch gar nicht gelten, teilweise überschritten werden.
Meine Damen und Herren, das sind überhaupt keine erfreulichen Prognosen. Darüber müssen wir diskutieren. Aber wir brauchen erst einmal systematische Meßergebnisse. Bevor Sie schon zu Beginn der Messungen den Alarm ausrufen, sollten wir hier zunächst einmal festhalten, daß die neuen Gesetze diese systematischen Messungen erst einmal ausgelöst haben.
Wir hinken, Frau Kollegin, in diesem Bereich nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik hinterher, sondern wir waren gar nicht in der Lage, die schon beschlossenen Grenzwerte sofort in Kraft zu setzen, weil die Analysemethoden zum Teil noch fehlen.
Wir von der Union und wir in der neuen Koalition benutzen bewußt den technischen Fortschritt, um uns immer genauere Kenntnisse zu verschaffen nicht nur über die Gefährdung des Menschen, sondern auch über die Verunreinigung von Luft, von Wasser, von Boden.
Meine Damen und Herren, wenn man aus neuen Erkenntnissen immer den Schluß zieht, daß die Risiken für den Menschen zunehmen, dann halte ich das für einen Fehlschluß. Er ist manchmal richtig, häufig falsch, und es ist vor allem ein typisch grüner Fehlschluß. Sie haben es geradezu für notwendig gehalten, von Verseuchung zu sprechen. Sie versetzen damit die Menschen völlig unnötig in Panik.
Ich habe hier nicht die Zeit, um Ihnen zu erläutern,
was es bedeutet, wenn ein nach dem Vorsorgewert
festgelegter Grenzwert überschritten wird. Das kann ich hier aus Zeitgründen nicht.
Sie wissen es wahrscheinlich nicht, was das bedeutet; vielleicht wissen Sie es aber auch.
Doch wenn Sie das wissen, dann befolgen Sie halt die Handlungsanleitung Ihres Fraktionssprechers, der uns erst vor kurzem wieder im „Spiegel" darauf aufmerksam gemacht hat, was Sie eigentlich hier wollen: Sie wollen in diesem Staat einiges aufmischen, Sie wollen einiges in Unruhe bringen,
und Sie wollen polarisieren, steht da. Für diese Politik brauchen Sie den verunsicherten Bürger,
und wir wollen den aufgeklärten Bürger.
— Frau Kollegin Unruh, Zwischenrufe sollte man nicht nach der Zahl und nicht nach der Lautstärke beurteilen, sondern nach dem Inhalt; und da schneiden Sie ganz schlecht ab.
Von den GRÜNEN unterscheidet uns nicht die Sehnsucht nach der heilen Welt, sondern die Erkenntnis, daß den Menschen bei Ihrem Handeln Grenzen gesetzt sind.
Wenn man nicht jedes Molekül, das man mit verfeinerter Nachweistechnik überall in unserer Welt nachweisen kann, schon zum Problem erklärt, dann werden Sie sich vielleicht wundern: Ich bin für die Null-Lösung, bezogen auf die Reststoffe der Pflanzenschutzmittel im Grundwasser. Bloß, wir brauchen dafür ein bißchen Zeit. Die Gesetze sind doch kaum in Kraft getreten. Wir wenden sie jetzt an. Die ersten Ergebnisse der Analysen zeigen doch den Zustand vor der neuen Gesetzeslage auf. Das Ganze bewirkt doch etwas.
Warum können wir denn optimistisch sein? Selbst das hier angesprochene Atrazin hat nach meinen Informationen eine Zerfallzeit von sechs Monaten. Wir können da ja noch Weiteres entwickeln. Ich bin hoffnungsvoll. Wir müssen das neue Wasserhaushaltsgesetz erst einmal richtig anwenden. Der Kollege Göhner hat es schon gesagt.
Meine Damen und Herren, in Mittelfranken gibt es einen Praxisversuch mit mechanischer Unkrautbekämpfung. Das ist übrigens von einer CSU-Mehrheit beschlossen worden. Ich sage jetzt nicht von wem. Da hatten die Bauern ursprünglich gesagt: Jetzt spinnen auch die CSUler.
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8 Mai 1987 683
Dr. Friedrich
Und gestern habe ich mit dem Obmann des Bauernverbandes in meinem Wahlkreis geredet. Er sagt: Da ist in Sachen integrierter Pflanzenschutz eine erfolgreiche Lösung gefunden worden.
— Frau Unruh, Sie dürfen doch nicht erwarten, daß die Bauern in Mittelfranken und erst recht die in Schleswig-Holstein die neuen Maschinen jetzt schon kennen und schon anwenden können. Das dauert ein bißchen. Wir brauchen Geduld.
Meine Damen und Herren, ich muß hier etwas abkürzen, weil ich immer auf Zwischenrufe eingehe. Deshalb nur folgendes.