Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz kommt die Bundesregierung lediglich ihrer gesetzlichen Anpassungsverpflichtung nach. Darüber hinaus hält sie es leider nicht für notwendig, etwas für die Weiterentwicklung der Kriegsopferversorgung zu tun. So enthält — das hat auch Herr Blüm zugegeben — der vorgelegte Gesetzentwurf keinen einzigen Regelungsvorschlag, der eine strukturelle Leistungsverbesserung zum Ziel hätte. Nichts, aber auch gar nichts von den vielfältigen Versprechungen gegenüber den Kriegsopfern und ihren Verbänden findet darin seinen Niederschlag. Dies ist für uns Sozialdemokraten unannehmbar und einmal mehr Ausdruck der sozialen Kälte, wie sie zum Markenzeichen Ihrer konservativen Politik geworden ist.
Es kann wahrlich kein Trost für die Kriegsopfer sein, daß sie nicht die einzige gesellschaftliche Gruppe sind, die diese soziale Kälte zu spüren bekommt, daß sie in dieser Hinsicht ein gemeinsames Schicksal haben z. B. mit den Rentnern, den Arbeitslosen, den Behinderten oder den Sozialhilfeempfängern, die seit der Wende schmerzlich erfahren mußten, was soziale Ungerechtigkeit bedeutet.
Weiterführen kann uns die Entwicklung nur, wenn die soziale Gerechtigkeit wieder Richtschnur politischen Handelns wird. Dafür bestehen aber bei dieser Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen wenig Aussichten. Im Gegenteil, die Steuerpläne der Bundesregierung zeigen vielmehr, daß wieder einmal den Reichen geholfen und die Arbeitnehmer und ihre Familien im Stich gelassen werden sollen.
Am Ende wird es gar so sein, daß die Kriegsopfer, die ohnehin zu den Verlierern des Steuergerangels gehören werden, zur Finanzierung der Steuererleichterungen für Hochverdienende über erhöhte Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuern herangezogen werden.
Solche Absichten werden wir Sozialdemokraten allerdings wie bisher unseren Widerstand entgegensetzen.
Zur Anpassung der Versorgungsbezüge nach dem Bundesversorgungsgesetz hat mein Kollege Klaus Kirschner schon im Detail Stellung genommen.
Ich möchte deshalb auf die Notwendigkeit der strukturellen Weiterentwicklung eingehen, die im vorgelegten Entwurf nicht vorkommt. Ich möchte dies insbesondere mit dem Blick auf die Tausenden von Frauen tun, die im Zusammenhang mit den Kriegsauswirkungen ein sehr schweres Leben auf sich nehmen mußten, sei es als selbst unmittelbar Kriegsbeschädigte, sei es als Mütter, denen die Kinder genommen wurden, oder sei es als Witwen, deren Ehemänner nicht mehr aus dem Krieg zurückkamen, oder etwa als Ehefrauen, die für ihre schwerbeschädigten Ehemänner sorgen und sie pflegen.
Solche Einzelschicksale müssen wir vor Augen haben, wenn wir beurteilen wollen, ob die bestehenden Entschädigungsleistungen und Hilfen noch ausreichend sind oder ob sie verbessert werden müssen. Dabei wissen wir — ich denke, das kann ich auch im Namen aller Fraktionen des Hauses sagen — , daß man allein mit Geldleistungen natürlich nicht alle Nachteile ausgleichen kann, von denen die Kriegsopfer betroffen sind. Aber dies wissen die Kriegsopfer auch und verlangen es auch nicht.