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    Plenarprotokoll 11/11 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 11. Sitzung Bonn, Freitag, den 8. Mai 1987 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 635 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 (Kindererziehungsleistungs-Gesetz) (Drucksache 11/197) Dr. Blüm, Bundesminister BMA 635 B Frau Steinhauer SPD 637 B Frau Verhülsdonk CDU/CSU 639 D Frau Unruh GRÜNE 641 D Frau Würfel FDP 643 B Günther CDU/CSU 644 D Peter (Kassel) SPD 646 A Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 648 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Versicherungsschutzes bei Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit (Drucksache 11/198) in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederherstellung eines ausreichenden Schutzes bei Arbeitslosigkeit (Drucksache 11/132) Dr. Blüm, Bundesminister BMA 649 B Heyenn SPD 652 A Feilcke CDU/CSU 653 D Hoss GRÜNE 655 A Dr. Thomae FDP 656 C Schreiner SPD 657 D Scharrenbroich CDU/CSU 660 D Präsident Dr. Jenninger 650 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die sechzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (Sechzehntes Anpassungsgesetz — KOV — ) (Drucksachen 11/150, 11/199) Dr. Blüm, Bundesminister BMA 662 A Kirschner SPD 663 C Heinrich FDP 665 B Frau Unruh GRÜNE 666 B Louven CDU/CSU 667 D Frau Weiler SPD 669 A Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Einsetzung einer Enquete-Kommission „AIDS" (Drucksache 11/248) in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Gefahren von AIDS und wirksame Wege zu ihrer Eindämmung zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Einsetzung einer Enquete-Kommission „AIDS" zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Einsetzung einer Enquete-Kommission (Drucksachen 11/117, 11/120, 11/122, 11/244 (neu]) Frau Wilms-Kegel GRÜNE 670 C II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Mai 1987 Aktuelle Stunde betr. neueste Hinweise auf einen alarmierenden Anstieg bei der Verseuchung von Grund- und Trinkwasser durch Einsatz von Pflanzenschutzmitteln Frau Garbe GRÜNE 671 B Dr. Göhner CDU/CSU 672 A Frau Blunck SPD 673 A Frau Dr. Segall FDP 674 A Schmidbauer CDU/CSU 675 A Frau Flinner GRÜNE 676A Dr. Rüttgers CDU/CSU 676 C Reuter SPD 677 B Baum FDP 678B Pfuhl SPD 679 A Grüner, Parl. Staatssekretär BMU . . . 680A Dr. Friedrich CDU/CSU 682 A Lennartz SPD 683 B Michels CDU/CSU 684 B Nächste Sitzung 685 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 686 * A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Mai 1987 635 11. Sitzung Bonn, den 8. Mai 1987 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 8. 5. Antretter * 8. 5. Bahr 8. 5. Bindig 8. 5. Bredehorn 8. 5. Dr. Briefs 8. 5. Bühler (Bruchsal) * 8. 5. Buschbom 8. 5. Dr. Ehrenberg 8. 5. Frau Fuchs (Köln) 8. 5. Dr. Gautier 8. 5. Gerster (Worms) 8. 5. Dr. Glotz 8. 5. Haar 8. 5. Dr. Haussmann 8. 5. Hiller (Lübeck) 8. 5. Frau Hoffmann (Soltau) 8. 5. Ibrügger 8. 5. Jung (Düsseldorf) 8. 5. Kastning 8. 5. Kiehm 8. 5. Kittelmann * 8. 5. Koschnick 8. 5. Dr.-Ing. Laermann 8. 5. Lambinus 8. 5. Leidinger 8. 5. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lemmrich * 8. 5. Dr. Lippelt (Hannover) 8. 5. Magin 8. 5. Dr. Müller * 8. 5. Frau Pack * 8. 5. Petersen 8. 5. Pfeiffer 8. 5. Reschke 8. 5. Reuschenbach 8. 5. Roth (Gießen) 8. 5. Frau Schilling 8. 5. von Schmude 8. 5. Freiherr von Schorlemer 8. 5. Dr. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 8. 5. Seehofer 8. 5. Dr. Soell * 8. 5. Dr. Spöri 8. 5. Steiner * 8. 5. Dr. Stoltenberg 8. 5. Dr. Unland * 8. 5. Dr. Warnke 8. 5. Dr. Weng (Gerlingen) 8. 5. Wilz 8. 5. Wissmann 8. 5. Frau Wollny 8. 5. Zierer 8. 5. Frau Zutt 8. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von Dr. Dieter Thomae


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Arbeitslosigkeit soll verhindert und nicht verwaltet werden.

    (Feilcke [CDU/CSU]: Richtig!)

    Das Frühjahrsgutachten der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute bestätigt trotz unterschiedlicher Prognosen, daß die Politik der Bundesregierung sehr erfolgreich ist. Hohe Preisstabilität, erhebliche Einkommenszuwächse und ein weiterer Beschäftigungsanstieg werden von allen vorausgesagt. Wir werden mit einer umfassenden Steuerreform die weitere Beschäftigung sichern. Und trotzdem: Es bleibt eine zu hohe Zahl von Arbeitslosen. Es bleiben Bürger, die einen Anspruch haben, daß wir uns um sie kümmern. Dazu gehören sogenannte Unterqualifizierte ebenso wie die Arbeitnehmer der Problemindustrien sowie vor allen Dingen ältere Arbeitnehmer.
    Neben der Durchsetzung einer soliden liberalen Wirtschaftspolitik hat diese Bundesregierung mehr als jede andere Bundesregierung dafür gesorgt, daß die Bürger, die arbeitslos sind, fort- und weitergebildet werden. Mehr als 530 000 sind 1986 in Bildungsmaßnahmen eingetreten. Dies war möglich, weil wir die Arbeitslosenversicherung konsolidiert haben.
    Wir wissen, wie schwierig es gerade für ältere Arbeitslose ist, eine neue Anstellung zu finden. Diese Personen, die meistens jahrzehntelang Beiträge in die Arbeitslosenversicherung gezahlt haben, können nicht mit einem Jahr Arbeitslosengeld abgespeist werden. Deshalb waren wir bereits in der vergangenen Legislaturperiode für die längere Zahlung des Arbeitslosengeldes, deshalb auch der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung. Deshalb begrüßen wir von den Liberalen es, daß es nach langen Bemühungen demnächst gelingen wird, die Mischnick-Vorstellungen zu realisieren, wonach die Länge der Leistungsgewährung von der Dauer der Beitragszahlung abhängig gemacht wird.
    Ich möchte Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, daß nach den Koalitionsvereinbarungen bei finanziellen Spielräumen der Bundesanstalt für Arbeit Beitragssenkungen vor Leistungsverbesserungen gehen.

    (Beifall bei der FDP)




    Dr. Thomae
    Herr Hoss, die Beitragssenkungen sind möglich, weil wir neue Arbeitsplätze geschaffen haben. Das waren 600 000.

    (Frau Steinhauer [SPD]: Und die Arbeitszeitverkürzung!)

    Außerdem müssen Sie feststellen, daß die Dauer der Jugendarbeitslosigkeit und die Arbeitslosigkeit der älteren Bürger dank der soliden Politik dieser Regierung abgenommen haben.
    Der Gesetzentwurf der SPD ist unseriös. Die SPD glaubt wieder einmal, als Oppositionspartei tief in die große Wundertüte greifen und soziale Wohltaten ausschütten zu können.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Billige Polemik!) Für die Folgen hätten Sie ja nicht aufzukommen.


    (Reimann [SPD]: Genausowenig wie Sie!)

    Der SPD-Vorschlag würde in kurzer Zeit die Bundesanstalt wieder in rote Zahlen bringen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Sie verlieren keinen sozialen Besitzstand!)

    Der von der SPD gemachte Vorschlag würde 5 Milliarden DM kosten. Weitere 5 Milliarden DM würde die Verwirklichung der SPD-Forderung kosten, daß die Bundesanstalt für Arbeit für ihre Leistungsbezieher wieder volle Rentenversicherungsbeiträge zahlen soll, also summa summarum 10 Milliarden DM. Dieser Vorschlag ist unseriös und auch nicht finanzierbar.
    Meine Damen und Herren, die Tarifpartner tragen selbst eine sehr hohe Mitverantwortung für Wohlstand und Arbeit. Es darf nicht vergessen werden, daß die Tarifpartner den Preis für die Arbeit gemeinsam bestimmen und damit einen entscheidenden Einfluß auf die Beschäftigung haben. Daß vor zwei Wochen ein Arbeitskampf in der Metallindustrie vermieden worden ist, haben wir mit Erleichterung aufgenommen. Die zusätzlichen Beschäftigungskosten können von großen Firmen verkraftet werden und durch Rationalisierungsmaßnahmen aufgefangen werden. Oh dies den kleineren Betrieben gelingt, ist eine andere Frage.

    (Beifall des Abg. Cronenberg [Arnsberg] [FDP])

    Mir scheint, daß die Verhandlungspartner auf der Arbeitgeberseite mehr an die Großindustrie gedacht haben als an den Mittelstand.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Dabei ist es gerade den vielen kleinen Betrieben im letzten Jahr gelungen, neue Arbeitsplätze zu schaffen.
    Mittelstandsfeindlich ist bekanntlich die SPD. Wie sonst könnte sie die Streichung des Überbrückungsgeldes fordern, mit dem wir die Gründung einer selbständigen Existenz erleichtern wollen? Wir Liberale wollen diese Maßnahmen von drei auf maximal sechs Monate verlängern. Es ist besser, jemandem den Schritt in die Selbständigkeit zu erleichtern, als ihn weiter arbeitslos zu lassen.

    (Beifall bei der FDP)

    Darüber hinaus schaffen diese Selbständigen auch zusätzliche Arbeitsplätze.
    Arbeitsmarktpolitik bedarf einer hohen Phantasie und Flexibilität aller Beteiligten. Erstens. Die Arbeitnehmer müssen mobiler und in stärkerem Maße zur Umschulung bereit sein. Zweitens. Die Gewerkschaften müssen endlich akzeptieren, daß sich betriebliche Arbeitszeiten nicht nach Einheitstarifverträgen richten können.

    (Schreiner [SPD]: Am besten gleich verbieten!)

    Drittens. Die Arbeitgeber müssen endlich die Teilzeitarbeit fördern. Viertens. Wir brauchen endlich neue Berufsbilder für einfachere Tätigkeiten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

    Letzter Punkt — darauf wird die FDP verstärkt Gewicht legen — : Wir brauchen endlich eine betriebliche und überbetriebliche Fortbildung, die verstärkt in die Tarifverträge einbezogen wird.
    Hier liegt eine außerordentlich wichtige Aufgabe für die Arbeitgeber und für die Gewerkschaften. Nur wenn sie gemeinsam mit der Bundesregierung die Qualifizierungsoffensive fördern, kann die Beschäftigungsoffensive erfolgreich sein. Nur so können wir Schritt für Schritt in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit weiterkommen, was die FDP als oberste Priorität ansieht.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Schreiner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ottmar Schreiner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Rede des Bundesarbeitsministers habe ich mich gefragt, was denn schlimmer sei: eine Hand in der Tasche oder ein Brett vor dem Kopf?

    (Zustimmung bei der SPD und den GRÜNEN — Oh-Rufe bei der CDU/CSU)

    — Es kommt noch.

    (Kolb [CDU/CSU]: Ich dachte, Ihre Jusozeiten sind vorbei! — Feilcke [CDU/CSU]: Und Sie haben kein Brett vor dem Kopf beim Reden?)

    — Sie sind von Brettern geradezu umzingelt, Herr Kollege Feilcke. Sie brauchen da überhaupt nichts zu sagen.
    Der Bundesarbeitsminister hat mit der Bemerkung begonnen, die Bundesregierung habe sich bislang an alles gehalten, was man versprochen habe.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: JusoStil!)

    Herr Bundesarbeitsminister, ich darf Sie an die verschiedenen Erklärungen der Bundesregierung zum Problem der Massenarbeitslosigkeit in der Vergangenheit erinnern. Ich darf aus der Regierungserklärung vom 4. Mai 1983 zitieren. Damals hatte Kohl im Deutschen Bundestag gesagt:
    Aufgabe Nummer eins ist die Beseitigung der
    Massenarbeitslosigkeit. Hier geht es für uns nicht
    658 Deutscher Bundestag — 11, Wahlperiode — 11. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. Mai 1987
    Schreiner
    nur um ein wirtschaftliches Problem, sondern vor allem um ein Gebot der Mitmenschlichkeit.

    (Bundesminister Dr. Blüm: Richtig!)

    Bundesarbeitsminister Blüm hatte in der „Bild" -Zeitung am 8. Juni 1983 folgende Überschrift produziert:
    Blüm: „1 Million Arbeitslose weniger — so geht's."
    Ihr Kollege Geißler hatte in derselben Zeitung — das scheint Ihr Leib- und Magenblatt zu sein — am 3. Mai 1983 folgende Überschrift produziert:
    Geißler: „In zwei Jahren 1 Million Arbeitslose weniger. "
    Das waren die Absichtserklärungen, die Versprechungen der Bundesregierung in den 80er Jahren, nachdem Sie die Macht in diesem Lande übernommen hatten.

    (Kolb [CDU/CSU]: Wir regieren, wir haben keine Macht!)

    Von diesen Versprechungen ist überhaupt nichts eingelöst worden.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Ganz im Gegenteil:

    (Dreßler [SPD]: Alles nur Bluff!)

    In der jüngsten Regierungserklärung ist innerhalb von zweieinhalb Stunden, in denen sich der Bundeskanzler hier produziert hat, über das Problem der Massenarbeitslosigkeit so gut wie kein Satz gesprochen worden.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Einige wenige Platitüden, die von Ihnen hätten übernommen sein können: die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern, in die Zukunft blicken. Das war es dann schon.
    Das legt den Schluß nahe, Herr Arbeitsminister, daß sich die Bundesregierung mit dem Problem der Massenarbeitslosigkeit nicht mehr beschäftigen will, daß die Bundesregierung auf gesellschaftliche Gewöhnungseffekte, auf gesellschaftliche Verdrängungsprozesse spekuliert, mit einem hohen Sockel von Millionen arbeitslosen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu leben: weit über 2 Millionen, stille Reserve über 1 Million, insgesamt 3 Millionen.
    Mir steht es nicht zu, Ihnen Ihre Wahlergebnisse zu neiden. Sie mögen Ihre Wahlergebnisse interpretieren, wie Sie wollen, aber eines ist gewiß:

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das tun wir auch!)

    Angesichts der historischen Erfahrung in Deutschland tragen Sie vor dem Hintergrund von über drei Millionen arbeitslosen Mitbürgerinnen und Mitbürgern

    (Günther [CDU/CSU]: Es gibt keine drei Millionen Arbeitslose!)

    ein hohes Maß an Verantwortung. Dieses hohe Maß an Verantwortung könnte irgendwann einmal in ein hohes Maß an Schuld umkippen. Wir brauchen Sie nicht daran zu erinnern, daß, wenn die Entwicklung
    so weitergeht, wenn die Bundesregierung so tut, als gäbe es diese Probleme nicht, wenn die Bundesregierung die Massenarbeitslosigkeit nicht mehr zur Kenntnis nimmt, wir strukturell einer Situation entgegensteuern können, die mit der Ausgangslage in den 30er Jahren im Deutschen Reich vergleichbar sein kann.

    (Beifall der Abg. Frau Unruh [GRÜNE] — Zuruf von der FDP: Völliger Quatsch!)

    — Das ist kein völliger Quatsch. Ich prophezeie Ihnen eines: Der zweite deutsche Demokratieversuch wird in schwere Wasser geraten, wenn das Problem Massenarbeitslosigkeit für die Regierung nicht stattfindet.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Ich prophezeie Ihnen keine Wiederholung der 30er Jahre, aber ich sage Ihnen, daß sich die Arbeitslosen das nicht auf Dauer bieten lassen werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Ich sage Ihnen dazu, daß die arbeitslosen Mitbürgerinnen und Mitbürger an dieser Demokratie verzweifeln, wenn wir als Land nicht in der Lage sind, denen, die arbeiten wollen, auch wirklich die Möglichkeit zu geben, selbständig auf die eigenen Füße zu kommen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Sie reden von einem anderen Land!)

    — Ich habe in der Tat bei Ihren Reden den Eindruck gehabt, Sie reden von einem anderen Land. Ich komme darauf zurück.
    Ihr Gesetzentwurf ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Kollege Hoss hat einiges über die Genesis der letzten Jahre referiert. Ich will mir das ersparen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das war ja auch falsch!)

    Ich will Ihnen aber zwei Bemerkungen nicht ersparen. Erstens. Das Motiv für Ihren Gesetzentwurf ist nicht das Kümmern um die materielle Not von Arbeitslosen, sondern das Motiv ist ausschließlich finanzpolitisches Geschiebe, Entlastung des Bundes und zusätzliche Belastung der Bundesanstalt für Arbeit. Das ist das tragende Motiv Ihres Gesetzentwurfes. Als Abfallprodukt kommt dabei eine tendenzielle Verbesserung der Situation einiger Arbeitsloser herüber.

    (Cronenberg [Arnsberg] [FDP]: Das stört Sie auch? — Feilcke [CDU/CSU] : Was stört Sie daran, Herr Kollege? — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: So was nennt der Abfallprodukt!)

    Zweite Bemerkung. Ein Herr von der FDP hat eben hier berichtet, die SPD wolle soziale Wohltaten ausschütten. Ich will Ihnen einmal sagen, lieber Herr von der FDP,

    (Beckmann [FDP]: Gott sei Dank ist das ein Herr!)

    wenn Sie uns beschuldigen, mit Blick auf die materielle Situation der Arbeitslosen soziale Wohltaten
    ausschütten zu wollen: Fragen Sie sich doch erst ein-



    Schreiner
    mal, aus welchem Grund eigentlich die FDP an die Reichsten der Reichen dieser Republik fortgesetzt soziale Wohltaten ausschüttet, zuletzt noch in Form der Absenkung des Spitzensteuersatzes!

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: So kommt er auf die 25 %!)

    Ich zitiere — ich hoffe, Sie gehen sonntags in die Kirche — einen Kirchenmann vom 21. April 1987.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Das nützt auch nichts!)

    — Ja, das vermute ich in der Tat; denn Sie sind die klassische Verkörperung des Pharisäertums.

    (Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/ CSU)

    Wenn derjenige, der damals den Tempel von den Pharisäern und Falschmünzern leergfegt hat, hier wäre, wäre Ihre Fraktion die erste, die draußen vor der Tür wäre.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Lachen bei der CDU/CSU — Kolb [CDU/ CSU]: Sie sind heute nicht auf dem JusoKongreß!)

    Zitat aus der „Frankfurter Neuen Presse" vom 21. April 1987.

    (Bohl [CDU/CSU]: Muß das immer so laut sein? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Herr Präsident, die sind fortgesetzt so laut, daß ich hier kaum noch zur Rede komme.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Könnten Sie dieses Brüllorchester hier vorne etwas mäßigen?