Rede von
Dr.
Norbert
Blüm
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege, der Balanceakt, den wir vorzunehmen haben, liegt darin, § 128 so zu regeln, daß die Betriebe ihre Sozialpläne nicht auf Kosten der Bundesanstalt, also aller Beitragszahler, abwickeln, daß wir aber bei denen, die Sozialpläne nicht vorlegen können, die in Schwierigkeiten sind, über alle Schatten springen, damit dieser Streit nicht auf dem Buckel der Kollegen ausgetragen wird.
— Gemeinsam.
Ich will die Verlängerung der Zahlung des Arbeitslosengeldes auch deshalb als eine Hilfe für die Stahlarbeiter hinstellen, weil sie den Unternehmern Erleichterung bei den Kosten der Sozialpläne verschafft und weil gerade die bedrängten Kommunen
— Oberhausen, Duisburg, Dortmund — von Sozialhilfekosten entlastet werden und dies, wie ich hoffe,
auch einen Beitrag dazu leistet, daß diese Kommunen Spielraum für Investitionen erhalten.
Wir wollen im Zusammenhang mit den Montanhilfen ebenso das Wartegeld entsprechend der Verlängerung des Arbeitslosengeldes verlängern, wir wollen die Umschulungsbeihilfen erhöhen, und zwar von 60 DM für Ledige und 75 DM für Verheiratete auf 200 DM, weil Qualifizierung auch ein Beitrag dazu ist, mit unserer Sozialpolitik eine Perspektive zu verbinden und nicht einfach einen Zustand zu verwalten, und wir wollen bei den Übergangshilfen den Einkommenshöchstbetrag erhöhen.
Meine Damen und Herren, ich füge hinzu: Solche Hilfen können auch gebündelt werden, wenn Land, Bund, Arbeitgeber und Gewerkschaften nach neuen Wegen Ausschau halten. Laßt uns nicht in einen dogmatischen Streit über Stahlstiftung oder Beschäftigungsgesellschaft eintreten; laßt uns ohne Prestigedenken zusammen an einem Tisch sitzen, laßt uns klären, welche neuen Wege beschritten werden können! Da müssen sich alle etwas bewegen.
Zu den Bergleuten nur soviel: Graf Lambsdorff hat es gesagt, und ich denke auch, daß das Thema „Bergbau" ein anderes Thema als das Thema „Stahl" ist. Hier geht es darum, unsere energiepolitische Unabhängigkeit zu sichern, und das muß dieser Nation auch etwas wert sein. Das ist nicht mit den Kategorien des Wettbewerbs zu schaffen, sondern ist ein Stück unserer energiepolitischen Sicherheit. Wir wollen doch keineswegs von den Wellenbewegungen und manchmal auch Zufällen des Ölpreises abhängig sein. Insofern ist in Sachen Kohle die ganze Nation gefordert, und deshalb muß es — bei allen Weiterentwicklungen — bei dem Jahrhundertvertrag als einem Akt der Solidarität bleiben.
Ich füge etwas hinzu, was in der Politik ja auch eine Rolle spielen muß: Treue für Treue! Die Kumpels, wo immer sie Kohle aus der Erde geholt haben, haben im Nachkriegsdeutschland ein ganzes Volk davor bewahrt, daß es verhungert oder erfriert.
Wer damals geholfen hat, dem muß heute auch geholfen werden. Laßt uns auch hier bei allem Streit, zu dem wir fähig sind und der notwendig ist, den energiepolitischen Konsens suchen!
Dabei muß ich allerdings sagen, daß dazu auch die Kernenergie gehört. Zum energiepolitischen Konsens gehört eine gemischte Energieversorgung.
Wir wollen unsere energiepolitische Sicherheit nicht auf ein Bein stellen, denn ein Bein — das merken Sie bei jedem Stuhl — reicht nicht zur Balance. Deshalb, meine Damen und Herren, lassen Sie uns die Debatte heute dazu nutzen, zu versuchen, über Fraktionsgrenzen hinaus den Stahlkochern und den Kumpels zu helfen!